Worauf Sie beim Kauf einer Eigentumswohnung wirklich achten sollten

Bevor Sie eine Eigentumswohnung kaufen, werden Sie von Ihren Freunden gewarnt: Ob Sie sich das wirklich antun möchten? Ihre Freunde (, die meistens nicht mal Wohnungseigentümer sind,) sagen, dass Sie plötzlich mit unvorhersehbaren Großreparaturen konfrontiert sind und unabsehbare Sonderzahlungen leisten müssen. Wissen diese Leute, wovon sie reden? Und wenn ja, ist vielleicht der Kauf einer Eigentumswohnung der beste Weg in die Privatinsolvenz?

Foto: Stephan Walochnik.

Und dann bekommen die Leute panische Angst davor,

  • dass „das Dach gemacht werden“ muss (was bedeutet das eigentlich?),
  • dass die Heizung von heute auf morgen ausfällt und komplett erneuert werden muss, oder
  • dass Fassade und Fenster im Rahmen (meist sinnloser) „Energieeffizienzmaßnahmen“ mit großen Mengen Sondermüll ausgestopft werden (sog. „Wärmedämmung“).

Fakt ist: Diese Sachen sind selten. Außerplanmäßige Großprojekte sind meistens sehr früh im Voraus absehbar und werden nicht übers Knie gebrochen. Zwar sind sog. „Energieeffizienzmaßnahmen“ bei jungen enthusiastischen Verwaltern manchmal ein Thema, wenn sie erst noch die Erfahrung machen müssen, dass sich die Energiekosten dadurch kaum senken lassen. Jedenfalls kann man solche Dinge vor Abschluss des Kaufvertrags erfragen, denn sowas wird langfristig geplant. Jedenfalls sind solche Großprojekte nicht besonders häufig und lenken nur ab von denjenigen Merkmalen, auf die Sie beim Wohnungskauf tatsächlich achten sollten.

Egal ob Selbstnutzung oder Vermietung – Ihr Ziel sollte sein, dass Sie sich möchten wenig mit unnötigen Nebensächlichkeiten herumschlagen müssen. Bei Vermietung ist das noch viel wichtiger: Wenn Ihr Ziel ein passives Einkommen ist, wenn Sie pro Jahr maximal 3 Stunden Arbeitszeit in Ihre Eigentumswohnung investieren möchten, dann

  • brauchen Sie glückliche Mieter,
  • müssen Sie größere Gefahrenquellen möglichst vermeiden und
  • sollten zeitraubenden Streitigkeiten mit anderen Eigentümern möglichst aus dem Weg gehen.
Foto: Stephan Walochnik.

Nochmal zurück zu Ihren panischen Freunden: Die lenken Sie von den wesentlichen Merkmalen ab, weil sie immer nur vom Dach und von der Heizung reden. Fehlgeleitet achten die meisten Leute beim Kauf einer Eigentumswohnung auf die falschen Merkmale.

Schön, dass im Fernsehen immer die Rede ist von tropfenden Wasserhähnen, undichten Toiletten und großflächiger Dachsanierung. Viel schlimmer sind Eigentümergemeinschaften, die sich nicht einigen können, dauernd im Kreis drehen oder schlimmer noch – ihre Kraft und Energie mit langwierigen WEG-Binnenstreitigkeiten verschwenden.

Hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Der Wert einer Eigentumswohnung steht und fällt mit der Fähigkeit von Verwalter und Eigentümern, Probleme anzupacken und zu lösen, anstatt sich über Jahre hinweg gegenseitig zu blockieren.

Weil Sie in vielen Fällen auf deren Mitwirkung angewiesen sind, gehört es zur Analyse des Bewertungsobjekts, auf charakterliche Merkmale von Verwalter und Eigentümern zu achten.

Es gibt jedenfalls eine Reihe an Faktoren, die auf eine problematische Eigentümergemeinschaft schließen lassen (aber nicht müssen). Dazu gehören z.B. Eigentümer mit offensichtlichen psychischen Problemen, wie Beiratsvorsitzende mit eigenen Visitenkarten, die auch noch vom Familienwappen geziert werden. Mindestens genauso schlimm sind total überforderte Verwalter. Aber die verraten sich selber, weil sie nämlich einfach nicht auf Ihre Anfragen reagieren, wenn Sie vor dem Kauf versuchen, Kontakt aufzunehmen. Das wird auch nach dem Kauf nicht besser.

Als Datenquellen kommen die Protokolle vergangener Eigentümerversammlungen oder ggfs. ehemalige Jahresabrechnungen in Frage sowie Gespräche mit Eigentümern und Verwaltung.

Viele Faktoren können Sie nirgends ablesen. Aber Sie können zumindest nach Warnzeichen suchen. Schauen Sie sich die Beschlusssammlung und die Protokolle der letzten Versammlungen an, werfen Sie auch einen Blick auf die letzten Jahresabrechnungen und sprechen Sie mit Eigentümern und Verwalter. Es kann natürlich schwierig sein, die wesentlichen Knackpunkte zu identifizieren, schließlich gibt ja kein Eigentümer mit komplizierter Persönlichkeit gern zu, dass er die ganze WEG blockiert und vor sich her treibt.

Aber in den Protokollen kann man erkennen, ob Reparaturen aus Geldnot oder Unverständnis abgelehnt oder „vertagt“ wurden. Dann sind größere Probleme absehbar. Eine Umfrage des Berufsverbands DDIV aus dem Jahr 2017 hat gezeigt, dass man selbst bei einem hauptberuflichen Verwalter keineswegs selbstverständlich von dessen Professionalität oder Kenntnis derartiger Vorschriften ausgehen kann – schlimm! Anhaltspunkte, ob der Verwalter sein Handwerk versteht, kann die Jahresabrechnung liefern, weil sie die Einhaltung vieler sehr spezieller Formalien fordert.

Indizien für eine schlechte Wohnungseigentümergemeinschaft können (müssen aber nicht) sein:

  • Späte Jahresabrechnungen (Quelle: Datum auf der Jahresabrechnung).
  • Späte Eigentümerversammlungen (Quelle: Datum der EV in der Beschlusssammlung).
  • Häufige oder zeitintensive Eigentümerversammlungen (Quelle: Beschlusssammlung oder Uhrzeit auf den EV-Protokollen).
  • Tagesordnungspunkte zu Versicherungsschäden, Zahlungsrückständen oder juristischen Konflikten (Quelle: Beschlusssammlung).
  • Häufige oder „vertagte“ Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen (Quelle: vergangene EV-Protokolle. Beschlüsse, die nicht zustande gekommen sind, werden nicht in die Beschlusssammlung eingetragen).
Foto: Stephan Walochnik.

Indizien für eine gute Wohnungseigentümergemeinschaft können (müssen aber nicht) sein:

  • Nur eine Eigentümerversammlung pro Jahr (Quelle: Beschlusssammlung).
  • Kein Rechtsstreit (Quelle: Beschlusssammlung).
  • Kein Zahlungsrückstand (Quelle: Jahresabrechnung).
  • Kein Sanierungsstau, d.h. immer wieder auftretende Reparatur-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen (Quelle: Beschlusssammlung oder Jahresabrechnung).
  • Überschaubare Anzahl von Versicherungsschäden (Quelle: Beschlusssammlung oder Jahresabrechnung).

Formen und Fristen der Eigentümerversammlung am Beispiel „kaputte Fenster“

Wenn etwas innerhalb Ihrer Wohnung kaputt ist, merken Sie es sofort. Aber viele Bauteile „in“ Ihrer Wohnung sind trotzdem Gemeinschaftseigentum. Zum Beispiel Fenster, Balkon, Wasserrohre, usw. Sie dürfen nicht selbst reparieren. Was ist zu tun?

Beispiel Fenster:

Es zieht! Die Fensterelemente Ihrer Wohnung sind marode und ausgetrocknet. Bei starkem Regen wird sogar der Boden nass! Sie brauchen neue Fenster, sonst droht Mietminderung. Gut, wir beeilen uns, aber: Fenster sind Gemeinschaftseigentum, weilsie das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes beeinflussen. Das hat die Rechtsprechung oft genug bestätigt. Sie benötigen die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer, also den Beschluss einer Eigentümerversammlung (EV). Das bedeutet Wartezeit. Warum? Der Beschluss soll ja nicht an formellen Gründen scheitern.

Foto: Stephan Walochnik.

An der eigentlichen Vorbereitungszeit liegt es jedenfalls nicht. Der Verwalter muss zwar die Einladung zwar vorbereiten, schreiben, ausdrucken, eintüten und zur Post bringen. Aber hierfür haben die meisten Verwalter Vorlagen. Mit etwas Routine dauert es nicht länger als einen Arbeitstag. Aber die meisten Verwaltungen haben mehrere Dinge zu tun und brauchen Vorlaufzeit. Und: Wenn die WEG die Kosten tragen soll, müssen mehrere Angebote eingeholt werden. Das dauert länger, aber in diesem Beitrag geht es nur um die reine Genehmigung.

Vor allem müssen verschiedene Fristen eingehalten werden:

Die Einladungsfrist beträgt laut WoEigG 14 Tage. Es handelt sich um eine Soll-Frist, die man abkürzen kann, wenn es dringend ist. Sie dient dem Schutz der Eigentümer, damit niemand überrumpelt wird.

Übrigens: Die Unterscheidung zwischen „ordentlicher“ und „außerordentlicher“ EV existiert nur in den Köpfen vieler Leute. Der Gesetzgeber kennt sie nicht. Egal, ob die EV im März, im Sommer oder bei Vollmond stattfindet. Es gibt keine Unterscheide hinsichtlich Formen und Fristen. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass man sich bei jeder „größeren Kleinigkeit“ zur EV trifft, abstimmt und nach ein „paar Minuten“ wieder geht. Jedes Jahr kann es beliebig viele Versammlungen geben.

Die EV findet also 14 Tage später statt. Wenn mehr als 50% der Eigentümer erscheinen (oder eine Vollmacht erteilen), ist die EV beschlussfähig (andernfalls wäre eine Zweitversammlung erforderlich). Mit Stimmenmehrheit kann ein Beschluss gefasst werden, der den Austausch der Fenster genehmigt.

Der Beschluss muss bestimmte formelle Kriterien erfüllen: Wichtig ist vor allem die inhaltliche Bestimmtheit. Die Beschaffenheit der neuen Fenster muss aus dem Beschlusstext klar hervorgehen (bspw. Größe, Farbe, Form usw.).

Je nach Beschlussgegenstand braucht man unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse, damit der Beschluss erfolgreich zustande kommt. Beispielsweise liegen die Hürden bei sog. baulichen Veränderungen höher. Neue Fenster mit gleicher Rahmenfarbe hingegen verändern in der Regel das Erscheinungsbild des Gebäudes nicht, so dass von „normaler Instandsetzung“ auszugehen ist und eine einfache Mehrheit genügt.

In der Abstimmung zählt der Verwalter die Stimmen. Wenn es mehr Ja- als Nein-Stimmen gibt, dann verkündet der Verwalter, dass der Beschluss zustande gekommen ist. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung kommt der Beschluss durch Verkündung zustande – und nicht durch Aufnahme in das Protokoll, welches lediglich zur Dokumentation dient.

Der Beschluss ist sofort rechtsgültig und kann direkt umgesetzt werden.

Sie haben sofort die Erlaubnis, die Fenster auszutauschen – und nicht erst mit Anfertigung des Protokolls, welches nur zu Beweiszwecken dient und darf nicht vom Wortlaut abweichen. Es sind 14 Tage vergangen und Sie können morgen sofort den Auftrag erteilen, neue Fenster einzubauen.

Foto: Stephan Walochnik.

Wenn Sie sicher gehen wollen, warten Sie noch zwei Monate.

Warum? Innerhalb der einmonatigen Frist kann der Beschluss von jedem Eigentümer aus etlichen formellen Gründen angefochten werden. Wenn dem Verwalter Formfehler unterlaufen sind, erklärt das Gericht den Beschluss dann für ungültig. Ein zweiter Monat kann für die gerichtliche Zustellungsfrist vergehen, bis der Verwalter von der Anfechtung erfährt. Erst danach ist sicher, dass der Beschluss Bestandskraft hat.

Zusammenfassung:

Selbst bei idealen Voraussetzungen müssen Sie etwas warten, wenn Ihre Wohnung neue Fenster benötigt. Zu den Einflussfaktoren gehören:

  • Notwendige organisatorische Vorbereitung der EV, formell einwandfreie Einladung: Ein Arbeitstag + Vorlaufzeit.
  • Einholung von 3 Angeboten: Abhängig von den Handwerkern.
  • Gesetzliche Einladungsfrist: 2 Wochen (Sollvorschrift).
  • Voraussetzung für Beschlussfähigkeit: Mindestens 50% der Eigentümer erscheinen zur EV. Ansonsten Zweitversammlung: Nochmal 2 Wochen.
  • Wurde Anfechtungsklage erhoben? Wartezeit nach der Eigentümerversammlung: Ein Monat + Zustellungsfrist.

Ach ja… wer zahlt eigentlich?

In diesem Artikel ging es um den Genehmigungsbeschluss, also um die reine Erlaubnis, Fenster auf eigene Kosten auszutauschen. Und dann wäre da noch die Frage, wer die Fenster zahlt. Die Fenster sind Gemeinschaftseigentum, das hat die Rechtsprechung oft genug bestätigt. Aber:

Verwechseln Sie bitte nicht „Eigentum“ und „Kostentragung“.

Trotz der feststehenden Eigentumsverhältnisse gibt es Teilungserklärungen, die dem einzelnen Wohnungseigentümer die Kostenübernahme aufbürden. Das ist zulässig. Dann zahlen Sie sowieso. Wenn Ihre Teilungserklärung keine solche Regelung enthält, müssen die neuen Fenster grundsätzlich von allen bezahlt werden. Das mögen zwar nicht alle Eigentümer, aber der Anspruch ist gesetzlich fest verankert. Wenn der Eigentümer auf seinem Recht besteht, erhebt er Klage (und wird gewinnen). Trotzdem ist es möglich, durch Beschluss im Einzelfall eine andere Kostentragung zu regeln.

Rücklage: Das Vereinssparschwein der WEG

Foto: Stephan Walochnik.

Als Wohnungseigentümer müssen Sie neben Betriebskosten auch Ihren Anteil an der Rücklage bezahlen.

Die Rücklage ist das Vereinssparschwein der WEG.

Sie dient dem vorsorglichen Sparen für zukünftige Reparaturen, die man heute noch nicht kennt. Selbst die beste WEG bekäme Zahlungsprobleme, wenn sie sich erst bei Fälligkeit ums Geld kümmert.

Jeder Eigenheimbesitzer weiß, dass Reparaturen unregelmäßig auftreten und meistens dann kommen, wenn man sie nicht gebrauchen kann. Und jeder Eigenheimbesitzer weiß auch, dass Heizung, Waschmaschine und Backofen gleichzeitig kaputtgehen. (Zurück in die Steinzeit?) Jedenfalls ist da wieder unser beliebtestes Beispiel „Totalausfall der Heizungsanlage“. Aber der Eigenheimbesitzer wohnt allein im eigenen Haus, seine Heizung versorgt keinen Nachbarn. Mietminderung ausgeschlossen.

In der WEG geht das nicht. Es gibt keinen Alleineigentümer – der Verwalter ist verantwortlich für Reparaturen des Gemeinschaftseigentums. Gäbe es keine Rücklage, könnte er das nötige Geld nicht auftreiben – zumindest nicht kurzfristig. Selbst wenn der Verwalter mit dem Klingelbeutel durchs Treppenhaus geht – es wäre schon ein kleines Wunder, wenn 100% aller Eigentümer praktisch über Nacht ihren Anteil an einer neuen Heizung aus dem Ärmel schütteln könnten – von Formalitäten und Beschlussfassung ganz abgesehen. Der Verwalter müsste mittel- und hilflos zusehen, wie verschiedene Eigentümer mit Mietminderungen und Hotelkosten der Mieter konfrontiert werden.

Und es bleibt ja nicht bei einer Maßnahme. Im Leben einer Immobilie gibt es immer wieder Instandhaltungsbedarf. Schließlich würde das Gemeinschaftseigentum mit der Zeit verwahrlosen, weil immer wieder jemand Probleme hätte, kurzfristig das nötige Kleingeld aufzubringen. Die Bausubstanz beginnt zu bröckeln – und mit ihr die Vermietbarkeit.

Deswegen wird fleißig in die Rücklage gespart. Es ist einfach beruhigend, dass der Verwalter notfalls einen Rücklagentopf hat, auf den er zurückgreifen kann. Ohnehin darf er das Geld nur verwenden, wenn es hierfür einen Beschluss gibt. Aber im Notfall können so auch größere Maßnahmen schnell finanziert werden, ohne einzelne Eigentümer finanziell zu überfordern.

Über die „richtige“ Höhe der Rücklage streiten sich die Geister! Dazu näheres in diesem Beitrag 🙂

Separater Dauerauftrag?

Die Beitragspflicht zur Rücklage ist im monatlichen Hausgeld enthalten. Die Zahlungspflicht entsteht durch Beschluss über den Wirtschaftsplan (=Jahressumme). Beispiel eines Wirtschaftsplans mit Rücklagenbeitrag:

Kosten-
art
Gesamt-kostenUmlage-schlüsselEinheiten gesamtIhre
Einheiten
Ihre Kosten
Wasser2.000Personen102400,00
Regen-
wasser
450MEA100011551,75
Straßen-
reinigung
200MEA100011523,00
Müll-
abfuhr
600MEA100011569,00
Haus-
meister
6.000MEA1000115690,00
Versiche-
rung
1.200MEA1000115138,00
Heizung4.500Heizk.4500900900,00
Beitrag Rücklage 2.600MEA1000115299,00
Summe gesamt: 17.550Ihre Summe:2.570,75
durch 12 Monate:214,23

Der Wirtschaftsplan führt zu einem Gesamtbetrag. Der Gesetzgeber differenziert nicht zwischen „Rücklage und Rest“. Trotzdem haben viele Eigentümer das Bedürfnis, den Rücklagenanteil zu berechnen, schließlich wird dieser Teil ja nicht ausgegeben, sondern gespart. Im Beispiel muss der Eigentümer monatlich 214 EUR an die WEG überweisen. Darin enthalten ist ein monatlicher Rücklagenbeitrag von 24,92 EUR.

Übrigens ist schon die Umrechnung auf einen Monat nicht ganz korrekt. Es handelt sich um einen jährlichen Finanzierungsbeitrag. Fälligkeit entsteht durch Abruf durch den Verwalter. Aber man ist monatliche Abschläge irgendwie gewohnt, daher wird es in der Praxis oft so gehandhabt.

Und in der Abrechnung?

Anders als die übrigen Nebenkosten verlässt der Rücklagenbeitrag das Konto der WEG (erstmal) nicht. Umbuchungen vom / ans Sparbuch ändern daran nichts: Das Geld befindet sich weiterhin im Vermögen der WEG. Sie besitzen das Geld noch, das Sie ins Sparschwein namens „Rücklage“ stecken. Es ist erst „weg“, wenn damit Reparaturmaßnahmen bezahlt werden.

Trotzdem muss der Beitrag schon im Abrechnungsjahr irgendwie als Ausgabe aufgeführt werden. Sonst wäre es ein ewiger Kreislauf: Wenn das Geld, das ins Sparschwein reingeht, den Eigentümern nicht in Rechnung gestellt würde, bekämen sie den Betrag mit der Jahresabrechnung zurück. Die Rücklage bliebe leer. Also hat die Rechtsprechung entschieden, dass die Rücklage nicht durch Überweisung ans Sparbuch entsteht, sondern durch Buchungsvorgang im Computer der Hausverwaltung. Die Hin- und Herbucherei muss rechnerisch in der Jahresabrechnung die gleiche Wirkung haben wie echte Ausgaben. Natürlich muss der Betrag durch Guthaben auf Sparbuch oder Girokonto der WEG gedeckt sein, sonst geht die Rechnung nicht auf.

Merke: Nicht das Vorhandensein irgendeines Sparbuchs entscheidet über die Höhe der Rücklage, sondern nur der buchungstechnische Vorgang.

Der Vermieter zwischen Mietvertrag und WEG – Teil 2 – Schäden im Gemeinschaftseigentum

Foto: Stephan Walochnik. (Aufgenommen 2018 in Budapest, Ungarn. Solche Bauwerksschäden habe ich in Deutschland zum Glück bisher nicht gesehen.)

Brenzlig sind Mängel im Gemeinschaftseigentum:

Es kann vorkommen, dass Schäden am Gemeinschaftseigentum die Nutzbarkeit des Sondereigentums beeinträchtigen. Das Mitbenutzungsrecht an Treppenhaus, Aufzug und Heizung gehört in der Regel zum „vertragsgemäßen Gebrauch“ der Mietsache. Laut Mietvertrag ist der Vermieter verpflichtet, den Mangel zu beseitigen. Bis dahin darf der Mieter die Miete mindern, egal was die WEG gerade macht. Der Vermieter kann aber häufig seine Ansprüche gegenüber der WEG nicht sofort durchsetzen.

Abgedroschenes Beispiel: Ausfall der Heizung. Heizung = Gemeinschaftseigentum. Die WEG ist zuständig. Außenvertretungsbefugt ist allein der WEG-Verwalter und kein anderer. Ungeachtet dessen stehen dem Mieter in vielen Fällen bereits Minderungsrechte zu, obwohl der Vermieter gar nichts machen kann. Viel Zeit kann verstreichen, selbst bei einem kooperativen Verwalter. Er ist zwar außenvertretungsbefugt, darf aber aufgrund gesetzlicher Regelungen keine Reparaturaufträge erteilen. Ohne Beschluss der Eigentümerversammlung hat er keinerlei Entscheidungsspielraum.

Die zwingende gesetzliche Regelung lautet:  

Die Willensbildung einer WEG geschieht allein auf der Eigentümerversammlung durch Beschluss. Verwalter und Beirat entscheiden gar nichts.

Andernfalls handeln sie als Vertreter ohne Vertretungsmacht und zahlen alles selbst. Zugegeben, das Extrembeispiel „Heizung“ ist wirklich ziemlich abgedroschen. Liegen die Reparaturkosten in einem bestimmten Rahmen, darf der Verwalter aufgrund der Vollmacht meist trotzdem sofort Reparaturen beauftragen. Und: Ist die Heizung kalt, sind sich alle Eigentümer schnell einig. Aber was ist in folgenden Fällen?

  • Die Außenbeleuchtung flackert vor dem Schlafzimmerfenster des Mieters.
  • Die schadhafte Abdichtung des Balkons ruiniert den Parkettboden.
  • Das Dach ist irgendwo undicht. Keiner weiß, wo. Eintrittsstelle ungleich Austrittstelle. Aber alle zwei Jahre hat der DG-Mieter Wasserflecken an der Decke.
  • Es zieht. Die Fenster sind undicht (Gemeinschaftseigentum!).

Sind sich die WEG-Mitglieder in diesen Situationen auch immer so schnell einig? Die gute Nachricht: Ja, zumindest in einer gesunden WEG.

Seine Nachbarn muss man sich gut aussuchen.

In einer WEG mit vernünftigen Eigentümern, gutem Klima und fähigem Verwalter ist die gesetzliche Lage schnell erklärt (Verwalter) und notwendige Beschlüsse schnell gefasst (WEG) und umgesetzt (Verwalter). Der Mieter ist wieder glücklich und die Mietminderung Schnee von gestern. Die Eigentümer einerguten WEG ziehen am gleichen Strang, der Verwalter kann Mängel schnell und konsequent beseitigen.

Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Es gibt Eigentümergemeinschaften, die sich in Grund und Boden diskutieren. Vielleicht wird die Notwendigkeit von Reparaturen per se geleugnet, vielleicht wird der Verwalter (spaßeshalber?) damit beschäftigt, ein Angebot nach dem nächsten einzuholen. Der Tagesordnungspunkt wird von einer Versammlung zur nächsten vertagt. Die Substanz bröckelt vor sich hin – und mit ihr die Vermietbarkeit.

Foto: Stephan Walochnik. (Aufgenommen 2018 in Budapest, Ungarn. Solche Bauwerksschäden habe ich in Deutschland zum Glück bisher nicht gesehen… immerhin wurde das Regenfallrohr saniert!)

Für den vermietenden Eigentümer keine schöne Situation. Zwar hat jeder Wohnungseigentümer einen einklagbaren Anspruch auf Instandhaltung. Trotzdem sollte man die Blockadehaltungen von Miteigentümern nicht unterschätzen, wenn sie die notwendige Mehrheit für den Beschluss verhindern. Sei es aus Unwissen, Gleichgültigkeit oder Geldnot. Und was ist, wenn der Verwalter Termine verschleppt? Dem Mieter können ungeachtet dessen Mietminderungsrechte zustehen. Streng genommen ist das ja egal, denn der Vermieter kann sein Recht ja einklagen.

Aber hält das jeder durch? Finanziell kann es eng werden. Die Mietminderung läuft weiter, vielleicht zieht der Mieter zwischendurch ins Hotel? Oder kündigt? Der Eigentümer zahlt jedenfalls erstmal Anwalts- und Gerichtskostenvorschüsse und kann sich auf eine längere Wartezeit einstellen.

Solche Eigentümergemeinschaften sind zum Glück nicht alltäglich. Die meisten Menschen sind ehrlich und erkennen den Punkt, an dem sich ein anderer Eigentümer in einer Notlage befindet und man besser helfen sollte. Trotzdem lässt sich festhalten: Wie lange Sie warten müssen und mit welchen Folgekosten Sie zu rechnen haben, hängt ab von Erfahrung und Qualifikation des Verwalters und von der Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der Miteigentümer. Suchen Sie sich Ihre Nachbarn gut aus.

Der Vermieter zwischen Mietvertrag und WEG – Teil 1 – Rechte und Pflichten

Foto: Stephan Walochnik

Kennen Sie das klassische Bild vom Vermieter? Merkwürdige Person zwischen 50 und 60, komische Ansichten, streng, keine Kinder, schlecht gelaunt (warum wohl?), die Hausordnung ist sein Heiligtum. Wenn er auftaucht, gehen schnell alle Türen zu und Fernseher aus: Die Mieter tun so, als ob sie nicht da wären. Dem gehört das ganze Haus, dafür aber keine Email-Adresse, schickt alle zwei Jahre eine auf Schreibmaschine getippte Mieterhöhung, meckert rum, repariert nichts und „verbittet sich Rückfragen“.

Komisches Märchen.

Der Vermieter einer Eigentumswohnung kann sich sowas nicht leisten. Er sitzt zwischen allen Stühlen und sieht sich im Wohnungseigentum ziemlich vielen Besonderheiten gegenüber, die ihm das Leben schwer machen.

Miet- und Wohnungseigentumsrecht sind kaum aufeinander abgestimmt.

Anders als der Vermieter eines ganzen Mehrfamilienhauses kann ein vermietender Wohnungseigentümer nicht agieren, wie er gerne möchte: Gegenüber dem Mieter ist er (miet-) vertraglich gebunden und muss sich an die BGB-Regeln zum Mietrecht halten (§§ 535 ff. BGB). Im Verhältnis zur Eigentümergemeinschaft ist er Gesellschafter und muss sich an die Spielregeln des Wohnungseigentumsgesetzes (WoEigG) und der Teilungserklärung halten.

Im Verhältnis zur WEG gelten u.a. folgende Rechte und Pflichten:

  • Mitbenutzung des Gemeinschaftseigentums (Heizung, Aufzug, …),
  • anteilige Kostenbeteiligung,
  • Stimmrecht in der Eigentümerversammlung.

Im Verhältnis zum Mieter ist er Vertragspartner: Jeder Eigentümer kann mit seinem Sondereigentum „nach Belieben verfahren“, sofern „nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen“ (§ 13 WoEigG). Es besteht Vertragsfreiheit. Der Vermieter entscheidet über die Auswahl der Mieter und über die Gestaltung des Mietvertrags.

Der Mietvertrag führt zu völlig anderen Rechten und Pflichten, z.B.:

  • Anspruch auf Miete
  • Anspruch auf Betriebskostenvorauszahlung,
  • Recht zur Mieterhöhung,
  • Pflicht zur jährlichen Abrechnung der Betriebskosten,
  • Sorgfaltspflichten, z.B. Aufrechterhaltung des vertragsgemäßen Zustands.

Der Mieter wohnt zwar im Gebäude, ist aber überhaupt nicht an Beschlüsse bzw. Vereinbarungen der WEG gebunden.

Die Teilungserklärung und jegliche Beschlüsse haben nur „Bindungswirkung“ für im Grundbuch eingetragene Eigentümer. Was in der WEG erlaubt oder verboten ist, gilt für den Mieter nicht. Andererseits kann der Mieter aus dem Mietvertrag Ansprüche herleiten, die der Vermieter gegenüber der Eigentümergemeinschaft vielleicht gar nicht durchsetzen kann.

Doof.

Sie ahnen schon, hier gibt es Zündstoff: Zum Beispiel entfaltet eine Hausordnung nur innerhalb der Eigentümergemeinschaft Bindungswirkung und ein Hundehaltungsverbot gilt für den Mieter nicht. Zwar ist es für die Mitglieder der WEG bindend. Die WEG kann deren Einhaltung nur vom vermietenden Sondereigentümer, nicht aber von seinem Mieter fordern.

Brenzlig sind Mängel im Gemeinschaftseigentum (siehe folgender Beitrag).

Wie berechnet man die optimale Höhe der Rücklage?

Foto: Stephan Walochnik

Zur Berechnung des Beitrags zur Rücklage verwendet man Durchschnittswerte, weil man praktisch keine Alternative hat. Der Beitrag sollte sich an zukünftigen Instandhaltungskosten orientieren, aber wie hoch sind die? In der Literatur findet man immer die gleichen Formeln und Werte: Die Peters’sche Formel sowie die drei Werte aus der II.BV (Zweite Berechnungsverordnung).

Es mangelt nicht an Kritik. Die II. Berechnungsverordnung ist ein Gesetz für den sozialen Wohnungsbau. Man differenziert dort lediglich drei Altersklassen von Gebäuden: Jünger als 22 Jahre, zwischen 22 und 32 Jahren sowie ältere Gebäude. Keine Würdigung, ob ein Gebäude einen Aufzug oder eine Tiefgarage hat. Die Instandhaltungskosten, die man in §28 findet, haben sich nicht geändert, seit ich sie 2009 zum ersten Mal gesehen habe … obwohl Baukosten täglich klettern. Aber die Werte sind ja auch gar nicht für den Ansatz im Wirtschaftsplan einer WEG gedacht. Man verwendet sie einfach.

Eigentlich sollte es ganz anderes sein: Instandhaltungskosten sind stark vom Einzelfall abhängig, z.B. Alter und Zustand des Gebäudes, Gebäudetechnik, etc. Praktisch werden solche Faktoren aber fast nie berücksichtigt. Dass man Durchschnittswerte verwendet, liegt nicht daran, dass bisher niemand eine bessere Idee hatte. Ein Hochrechnen von Lebensdauer und Folgekosten jedes Bauteils würde zu einer Komplexitätsexplosion führen, die jeden Verwalter sofort auf Jahre beschäftigen würde.

Jede Immobilie umfasst so viele unterschiedliche Gewerke. Möchten Sie wirklich für Heizung, Dach, Abwasserleitungen und vieles mehr die Verarbeitungsqualität, Haltbarkeit und Restnutzungsdauer abschätzen? Oder zukünftige Sanierungskosten? Sachverständige kommen nicht umsonst. Für Dach, Heizung und Tiefgaragentor brauchen Sie andere Fachleute. Und am Ende der ganzen zeit- und kostenintensiven Besichtigungen sind sie auch nicht schlauer als vorher.

Es hilft nicht, den Austausch des Heizkessels in 4,3 Jahren vorauszusagen (Preis?). Oder die Lebensdauer Ihres Balkons mit 21,7 Jahren zu prognostizieren (Folgekosten?). Entweder Ihre Heizung geht kaputt oder nicht.

Durchschnitte und statistische Vergangenheitsdaten sind nun einmal mit Vorsicht zu genießen. Viele Autoren sind zahlenverliebt und in den Lehrbüchern steht, dass man nur genug Daten erheben muss, um treffende Prognosen abzugeben.

Aber wer Lehrbücher schreibt, kümmert sich nicht um die Instandhaltung von Gemeinschaftseigentum.

Vor diesem Hintergrund ist es durchaus gerechtfertigt, wenn die (ohnehin überlastete) Verwalterbranche sich dann eben doch gerne an einfachen Formeln und Werten aus dem Netz orientiert. Man sollte trotzdem ein Bisschen differenziert vorgehen.

Was also tun?

Zweck der Rücklage ist es, einen Puffer zu bieten, um die Eigentümer vor plötzlichen finanziellen Lasten größeren Umfangs zu schützen. Anstatt einen Leistungswettbewerb mit dem Kraken-Orakel Paul vom Zaun zu brechen, sollten Verwalter alles tun, um Wohnungseigentümer vor der finanziellen Katastrophe zu bewahren.

Als Verwalter kann man durchaus in den eigenen Akten recherchieren, wie viel Geld in der Vergangenheit für Instandhaltungsmaßnahmen ausgegeben wurde. Wenn man genügend Daten findet, kann man daraus einen (z.B. gewichteten) Durchschnitt bilden oder mit einem bestimmten Prozentsatz in die Zukunft hochrechnen, um eine angemessene Beitragspflicht zu berechnen.

Auch hier sollte man ruhig mal näher hinsehen, anstatt die Werte blindlings hochzurechnen. Sind die eigenen Vergangenheitsdaten deutlich niedriger als in der II.BV? Dann verwenden Sie lieber den höheren Wert, denn Sie wollen die Eigentümer ja vor dicken Sonderumlagen schützen! Gab es in der Vergangenheit größere Schwankungen? Dann lassen Sie niedrige Werte beim Hochrechnen lieber aus. Das Ansparen einer Rücklage hat ja zumindest theoretisch einen periodischen Glättungseffekt und gleicht größere Sprünge im Zeitverlauf aus – zumindest theoretisch.

Deswegen spielt nicht nur die jährliche Zuführung zur Rücklage eine Rolle – wichtig ist auch ein Blick auf die bereits angesparten Mittel. Wenn der jährliche Rücklagenbeitrag niedrig und die Kasse fast leer ist, sollte die WEG schnellstens höhere Sparraten beschließen. Oder ist die Kasse bereits sehr voll, obwohl in den letzten Jahren kaum Instandhaltungen aufgetreten sind? Möglicherweise kann man die Beitragspflicht etwas reduzieren oder zumindest nicht weiter erhöhen, um die Eigentümer zu entlasten? Es kann aber auch sein, dass die WEG in letzter Zeit viel Glück hatte und größere Reparaturen bevorstehen.

Fisch oder Fleisch? (Hausverwalter oder Architekt?)

Foto: Stephan Walochnik

In Anfragen potentieller Neukunden lese ich manchmal folgendes:

  •  „Eine Dachsanierung steht an. Ein Angebot wurde bereits eingeholt“
  • „Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen sind geplant“
  •  „Die Wohnungseigentümergemeinschaft plant den Einbau energiesparender Fenster und einer neuen Heizung. Die Maßnahmen sollten vom neuen Verwalter begleitet und abgenommen werden und binnen 6 Monaten abgeschlossen sein.“

Obwohl ich auf derartige Anfragen nicht antworte, scheinen sie durchaus ernst gemeint zu sein. Es sind Textschnipsel von echten Anfragen, die ich in den letzten Jahren gesammelt habe.

Bei Neukunden ist sowieso genug zu tun.

Dass ein Verwalter an Neukunden im ersten Jahr Geld verdient, dürfte ausgesprochen selten vorkommen, denn für den Verwalter gibt es genug zu tun. Unter der Überschrift „Datenübernahme und Einpflegen ins System“ verbirgt sich weit mehr, als man sich vorstellt. Zuerst muss er die ganzen Daten aus den Unterlagen des Vorverwalters übernehmen. Und die sind ja selten digital, mit anderen Worten – sie müssen von Hand abgetippt werden, und am besten werden die wichtigsten Unterlagen gescannt. Also ganz viel zu tun, was meistens sehr viel Mühe macht. Es geht um Stammdaten, Buchhaltung, bestehende Verträge, Versorger, Ämter (natürlich müssen die alle angeschrieben werden). Dann noch Eröffnung oder Wechsel des WEG-Kontos und selbstverständlich muss man die neuen Kunden kennen lernen – also alle Eigentümer und deren Wünsche und Vorstellungen. Nur so kann man eine WEG entsprechend den Wünschen der Eigentümer verwalten.

Und dann bringen die Neukunden noch einen Rucksack voll mit außerplanmäßigen Großprojekten mit?

Scheinbar glauben viele Eigentümer, dass WEG-Verwalter für 50 EUR Stundenlohn eine Berufsqualifikation besitzen, die einem Architekten gleichgeordnet ist.


Das ist nicht nur kurzsichtig, sondern sehr gefährlich.

Warum soll der Verwalter das machen? Ein WEG-Verwalter sitzt in erster Linie am Schreibtisch. Er kümmert sich um Konten, Abrechnung, Aufträge, organisiert und kommuniziert. Sein Job ist es, auf alle Belange Ihres Hauses aufzupassen – und Sie ständig auf dem Laufenden zu halten. Aber er hat weder Architekturstudium noch Baustellenerfahrung.

Foto: Stephan Walochnik

Hausverwalter oder Architekt?

Manchmal überfordern größere Instandhaltungsmaßnahmen die Eigentümergemeinschaft – nicht nur finanziell, sondern auch inhaltlich. Damit die Maßnahme gutgeht, braucht man gute Beratung. Ein Fachmann mit Routine und Erfahrung muss her. Ein nach Stundenhonorar bezahlten Fachplaner also jemand, der tagein tagaus nichts anderes macht, als Instandhaltungsmaßnahmen zu begleiten. Anstatt so jemanden mit einer gründlichen Diagnose (und später auch mit der Planung der Maßnahme) zu beauftragen, haben bestimmte „kostensensitive“ Kapitalanleger etwas andere Vorstellungen: Sie verwechseln plötzlich den Verwalter mit einem Hochbauingenieur und erwarten von ihm die kosten- und ziellose Beschaffung von drei, vier oder besser fünf Reparaturangeboten.

Es kann ja auch sinnvoll sein, dass der Verwalter selbst Angebote einholt und vergleicht – aber nur, wenn es um überschaubare Vorgänge geht, z.B. den Anstrich eines Treppenhauses. Aber bei komplexeren Maßnahmen sind die Angebote (=Ausführungsvorschläge!) der Handwerker selten vergleichbar! Und so stolpern WEGs von einem Angebot zum nächsten und schimpfen auf den Verwalter, weil alles so lange dauert, während die Rücklage leer bleibt und die Substanz vor sich hin bröckelt. Darunter leidet dann auch die Vermietbarkeit Ihrer Eigentumswohnung!

Foto: Stephan Walochnik

Kein gutes Ende?

Eins sollte klar sein: Ihr Verwalter riskiert seine Mitgliedschaft im Berufsverband, wenn er glaubt, dass er mir nichts dir nichts Bauplanungen ausführen oder Abnahmen erklären darf.

Das kollidiert mit der Berufsordnung und gefährdet den Versicherungsschutz.

Architekten und Ingenieure durchlaufen ein mehrjähriges, intensives Studium an einer Fachhochschule oder Universität und müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllen, um Mitglied in der Berufskammer zu werden. Wollen sie auch als Bauplaner zugelassen werden, müssen sie eine bestimmte (und teure) Berufshaftpflichtversicherung abschließen, die es für Verwalter nicht gibt.

Begibt sich ein Verwalter trotz besserem Wissen auf das millimeterdünne Eis, ist er selbst schuld.

Sobald mehrere Gewerke im Spiel sind (Elektriker, Maurer, Gerüstbauer, Maler, Dachdecker, …), ist Koordinationsarbeit nötig. Ohne fundierte Baukenntnisse, die nur ein Architekt haben kann, geht es ganz bestimmt schief: Plötzlich fällt während der Bauarbeiten auf, dass irgendwas doch nicht so geht, wie geplant. Schlecht geplant? Jedenfalls will keiner der Handwerker schuld sein. Und jetzt? Völlig unerwartet muss jetzt entschieden werden, wie es weitergeht – aus dem Stegreif. Das Gerüst steht jedenfalls rum und kostet Miete für jeden Tag der Standzeit. Erpressung? Meinetwegen, aber keiner der Handwerker wird sich den Schuch anziehen – es war eben bei Angebotserstellung nicht absehbar.

Jetzt wird es teuer – und zwar richtig. Wenn die Eigentümer konsequent sind, zahlen sie die Zeche, in die sie den Verwalter getrieben haben, aber meistens wollen selbst erwachsene Menschen nichts mehr von ihrer eigenen Entscheidung wissen. Beliebter ist – bzw. praktischer erscheint es manchen Eigentümergemeinschaften, den Verwalter vor Gericht zu ziehen. Vergessen sind die Versprechungen von gestern („Ein Architekt kostet doch nur Geld“, „das möchten wir uns sparen“, „Unfug“). Die Eigentümer, die am lautesten geschrien haben, besinnen sich urplötzlich auf den gesunden Menschenverstand: „Das hätten Sie uns doch sagen müssen“. Selten hat der umsichtige Verwalter einen schriftlichen Vermerk im Protokoll der Eigentümerversammlung gemacht.

Die Haftpflichtversicherung des Verwalters wird sich auf die AGB berufen, denn versichert sind Schreibtischtätigkeiten, Organisation, Koordination und Kommunikation – Verwaltertätigkeiten eben.

Versucht sich der Hausverwalter sich als Hobbyelektriker, Steuerberater oder Chauffeur, ist das ebenso wenig versichert wie tollkühne Ausflüge ins Land der Architekten.

Foto: Stephan Walochnik.

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