Die Teilungserklärung: Wie wird ein Mehrfamilienhaus zu Eigentumswohnungen?

Foto: Stephan Walochnik

Der Gesetzgeber wollte nach dem Krieg möglichst vielen Menschen bezahlbaren Wohnraum ermöglichen und schuf 1951 die Rechtsform „WEG“. Das Prozedere ist ganz einfach: Wenn der bisherige Alleineigentümer (z.B. der Bauträger) zum Notar geht und seinem Haus „die Teilung erklärt“, spricht man von der notariellen Teilungserklärung. Anschließend gibt es ebenso viele Grundbücher wie Wohneinheiten, obwohl es sich um ein einziges Grundstück handelt. Von nun an können unterschiedliche „Teile“ (=Wohnungen) desselben Gebäudes verschiedenen Eigentümern gehören.

Nun können Sie eine einzelne Wohnung kaufen, ohne gleich das ganze Haus mit Grundstück kaufen zu müssen.

Das „normale“ Gesamteigentum:

Vor 1951 war es nach den „normalen“ Regeln des BGB zwar möglich, dass mehrere Eigentümer eine Sache gemeinsam besitzen. Aber jedem gehört nur ein ideeller Anteil.

Bei BGB-Gesamteigentum besitzt jeder ein Bisschen von allem. Niemandem gehört diese oder jene Wohnung allein.

Beispiele zum Gesamteigentum:

  • Zwei Freunde kaufen ein Ferienhaus in der Eifel. Jedem gehört 50%. Beide besitzen einen ideellen Anteil an Küche, Bad, Wohnzimmer, etc.
  • Eheleute kaufen ein neues Auto. Niemand besitzt allein Lenkrad, Beifahrersitz oder Reserverad. Beiden gehört die Hälfte von allem.
  • Vier Geschwister erben das gemeinsame Elternhaus. Jedem gehört jetzt jeweils ein Viertel. Keller, Treppenhaus, Etagen und Räume gehören zur gemeinsamen Erbmasse. Wenn die Geschwister das Haus vermieten möchten, müssen alle dem Mietvertrag zustimmen (das macht Hausverwaltung bei Erbengemeinschaften zur Strafarbeit…)

„Alles meins“ – das Alleineigentum:

Jeder kennt es, niemand hat Probleme damit: Das Alleineigentum. Alles gehört einem allein, man muss es eigentlich nicht erklären:

  • Sie kaufen sich einen USB-Stick,
  • Sie kaufen eine Jacke,
  • Sie kaufen sich das neueste Handy, …

Alles gehört Ihnen. 🙂

WEG = Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum:

Die Rechtsform „WEG“ kombiniert Gesamteigentum mit Alleineigentum:

  1. Direktes Alleineigentum an bestimmten Räumen (Sondereigentum) und
  2. Ideelles Gesamteigentum am ganzen Rest (Gemeinschaftseigentum).

Sondereigentum findet man z.B. in Form von Gewerbe- oder Wohneinheiten, Kellerräumen, Garagen usw. Wohnräume nennt man Wohnungseigentum. Gewerbe-, Praxis-, Büro-, Kellerräume oder Garagen nennt man Teileigentum. Dann gibt es da noch die „Sondernutzungsrechte“, z.B. Gartenflächen oder Stellplätze. Bis zur WEG-Reform 2020 konnte man sie nicht zu Sondereigentum machen, weil sie räumlich nicht abgeschlossen waren (Sie haben kein Dach!). Seit der Reform hat sich das geändert, aber die alten Teilungserklärungen ändern sich dadurch nicht automatisch. Man behalf sich durch die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts, dem Sondernutzungsrecht.

Sondereigentum entsteht durch ausdrückliche Zuordnung bestimmter Räume in der Teilungserklärung. Zum Beispiel könnte da stehen:

„Die im Grundriss (Anlage 1) mit Ziffer 4 bezeichneten Wohnräume im 1.OG links (65,43 qm) werden dem Sondereigentum Nr. 4 zugeordnet…“,

Alles andere bleibt Gemeinschaftseigentum und gehört allen zusammen – wie bei der BGB-Gemeinschaft. Zwingendes Gemeinschaftseigentum sind z.B. Gebäudeteile,

  • die das äußere Erscheinungsbild beeinflussen (Mauern, Fassade, Fenster, Dach) oder
  • die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen (Treppenhaus, Heizung, Aufzug).

Jeder Sondereigentümer besitzt Anteile am Gemeinschaftseigentum. Der ideelle Miteigentumsanteil (MEA) ist untrennbar mit dem Sondereigentum verbunden.

Was gehört denn zum Sondereigentum?

Zwar ist vielen Eigentümern klar, was Sonder- und Gemeinschaftseigentum unterscheidet, aber nicht, was zum Sondereigentum gehört. Hier tauchen viele Missverständnisse auf.

Zwangsläufig zum Gemeinschaftseigentum gehören jedenfalls:

  • Tragende Wände,
  • Fenster (bzw. „Außenfenster“ … aber wer bitteschön hat Innenfenster?),
  • sogar die Wohnungstüre ist Gemeinschaftseigentum.

Man bekommt schnell den Eindruck, dass auch das Sondereigentum nur so eine Art Nutzungsrecht zu sein scheint, wenn nicht mal die Wohnungstür oder die Fenster Ihnen gehören. Aber unterm Strich ist für Sie ja nur interessant. Türe zu, und keiner darf rein. Willkommen in Ihrem neuen Zuhause! Hier noch einmal die Tabelle zur Einordnung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum:

Definition Sondereigentum:Beispiel Sondereigentum:
o  In der Teilungserklärung ausdrücklich benannte und nach außen hin abgeschlossene Wohnräume (Wohnungseigentum) oder nicht zu Wohnzwecken dienende Räume
(Teileigentum) und
 
o  zu diesen Räumen gehörende Gebäudeteile, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch anderes Sondereigentum beeinträchtigt oder gemeinschaftliches Eigentum oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert werden.
 
Seit der WEG-Reform 2020 können auch Teile des Grundstücks (z.B. Gärten) zum Sondereigentum einer Wohnung gehören.
o  „Die im Grundriss (Anlage 1 zur Teilungserklärung) mit Ziffer 4 bezeichneten Wohnräume im 1.OG links. (65,40 qm)…“, einschließlich
o  nichttragende Zwischenwände,
o  Innentüren, Heizkörper,
o  Decken-, Wand- und Fußbodenbelag,
o  Versorgungsleitungen ab dem Zwischenzähler bzw. ab der ersten Absperrmöglichkeit nach dem Abzweig vom Hauptstrang.
o  Der Garten einer Wohnung.
Definition Gemeinschaftseigentum:Beispiel Gemeinschaftseigentum:
Grundstück und

Gebäudeteile, Anlagen und Einrichtungen,

o die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, auch wenn sie sich im Sondereigentum befinden,

o die für Bestand oder Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind oder

o die nicht zu Sondereigentum erklärt wurden.
o  Dach,
o  Treppenhaus,
o  Zentralheizung,
o  Gartenfläche,
o  Fassade,
o  (Außen-) Fenster,
o  (tragende) Wände,
o  Wohnungstüren,
o  Kellerflure,
o  Hausanschlussraum,
o  Hebeanlage,
o  Tiefgaragentor.

3 Gedanken zu „Die Teilungserklärung: Wie wird ein Mehrfamilienhaus zu Eigentumswohnungen?“

  1. Ich vermisse die Darstellung, dass ein Garten durchaus Sondereigentum werden/sein kann, insbesondere problemlos bei Neubauten, wenn dies von vornherein festgelegt wird.
    Dies finde ich durchaus sinnvoll, da die Miteigentümer mir nicht den kleinen Gartenteich oder das Aufstellen eines kleinen Gartenhauses strittig machen können.

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