Der Umzugswagen steht rückwärts in der Einfahrt und Ihre Verwandten und Freunde fangen gerade an, die Möbel auszuladen. Da kommt eine grauhaarige, schmächtige Gestalt um die Ecke geschlichen und überreicht Ihnen seine noble Visitenkarte mit Familienwappen: Johann Adalbert von Bergmannshausen, Vorsitzender des Verwaltungsbeirats der Eigentümergemeinschaft Marienstraße 20a-d. So steht es ausdrücklich auf der noblen Karte. Haben Sie sowas schon einmal gesehen?
Er richtet sich auf und verweist auf die Hausordnung: Laut Beschluss vom 02. September 1978 ist die Benutzung des Treppenhauses nur in Zimmerlautstärke gestattet, Umzüge sind dem Beirat schriftlich mit Frist von 14 Tagen zur Genehmigung einzureichen und am Sonntag ist generell Ruhe zu bewahren. Und jetzt fragt dieser Möchtegern-Staatsanwalt Sie nach dem Wochentag. Ja, es ist Sonntag, weil Sie nur heute Ihre Mitstreiter zum Umzug zusammentrommeln konnten. Von Ihrem persönlichen Lebenswandel lässt er sich nicht weiter beeindrucken und führt aus, dass er aufgrund der rechtsgültig beschlossenen Hausordnung keine andere Möglichkeit habe, als Ihnen (im Namen der Eigentümergemeinschaft) den heutigen Umzug zu untersagen. Bei Zuwiderhandlung werde er unverzüglich das Ordnungsamt rufen.
Ganz eindeutig – dieser Mensch leidet unter einer klar erkennbaren Verhaltensstörung. Ob der Beschluss aus dem Jahre 1978 gerichtsfest ist? Zweifelhaft. Sei es nun Sonntag oder nicht: Darf der Beiratspräsident Ihnen die Mitbenutzung des Gemeinschaftseigentums untersagen? Unwahrscheinlich, schließlich gehört es ja auch Ihnen anteilig. Aber leider glaubt Ihr neuer Freund, er habe das Recht – nein, die Pflicht – sich hier aufzuspielen, um Ihnen den Umzugstag gehörig zu versalzen.
Lassen Sie ihn ruhig das Ordnungsamt, die Polizei oder die Zoobehörde rufen. Vielleicht hören Sie auch einfach weg oder singen ihm ein Lied. Das eigentliche Problem ist, dass manche Beiräte ihre Kompetenzen ein wenig überschätzen und sich als Präsident der WEG sehen – und natürlich entsprechend behandelt werden möchten. Laut Gesetz hat der Beirat die Aufgabe, den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen. Aber leider findet man immer wieder bestimmte Menschentypen im Beirat, die genau das nicht tun, sondern lieber Verwalter und Miteigentümer herumkommandieren oder ihnen Anweisungen geben möchten.
Die Eigentümergemeinschaft hat sicherlich ihre eigenen Probleme mit diesem Typen. Aber was bedeutet das für Sie? Wenn die Wohnung einmal gekauft ist, ist es zu spät. Wenn Sie nicht gerade Psychiater oder Zirkusdirektor sind, wäre es besser, Sie hätten das Problem vorher erkannt und jemand anderen die Bude kaufen lassen. Es wäre schon gut, die Situation vorher zu kennen, oder? Deswegen sollten Sie bei Ihrer Wohnungsrecherche unbedingt Gespräche mit Beirat und zukünftigen Miteigentümern einplanen.