Online- und Hybride Eigentümerversammlung

Grundlagen Hybride Eigentümerversammlung

Seit der WEG-Reform im Jahr 2020 ist die Online-Teilnahme an Ihrer Eigentümerversammlung gesetzlich in § 23 Abs. 1 WoEigG verankert. Bevor Sie jedoch loslegen können, muss die WEG erst einmal beschließen, dass die Eigentümer sich online zuschalten dürfen. Weiterhin ist vorgeschrieben, dass es immer einen „echten“ Versammlungsort geben muss, den Sie aufsuchen können, falls Sie weder einen Internetanschluss noch ein Mobiltelefon besitzen. Es ist also niemals eine reine Online-EV, sondern eine Hybrid-Versammlung an einem bestimmten Ort, zu dem sich einige, manche oder alle Eigentümer aus der Ferne zuschalten können. Auf die rechtlichen Voraussetzungen kommen wir im nächsten Abschnitt noch einmal im Detail zurück. Hybride Eigentümerversammlungen sind effizient und nützen allen Beteiligten. Und weil sie so praktisch sind, kommt es immer häufiger vor, dass der Verwalter einsam am Laptop sitzt, weil kein Eigentümer mehr persönlich erscheint. Das gilt übrigens besonders für ältere Eigentümer, denen man zu Unrecht fehlende Technik-Affinität nachsagt.

Grundlage reine Online-Eigentümerversammlung

Etwas später wurde im WoEigG dann § 23 Abs. 1a ergänzt. Nun sind auch reine Online-Eigentümerversammlungen (ohne physischen Ort) zulässig. Leider liegen hier die rechtlichen Barrieren sehr hoch, wodurch man leicht die erforderlichen Fristen aus den Augen verlieren kann:

Ihre WEG muss mit Dreiviertelmehrheit beschließen, dass sie Online-Eigentümerversammlungen durchführen will. Der Beschluss ist für maximal drei Jahre gültig und muss dann auf einer normalen Eigentümerversammlung wiederholt werden.

Sie können sich sicherlich vorstellen, dass diese Vorschrift einen unnötigen bürokratischen Aufwand mit sich bringt. Was passiert, wenn der Verwalter nach drei Jahren vergisst, dass nun wieder eine ortsgebundene Eigentümerversammlung veranstaltet werden muss? Sind dann alle Beschlüsse, die im vierten Jahr gefasst werden, nichtig oder angreifbar? Es dürfte sich als organisatorisch schwierig erweisen, die Dreijahresfrist dauerhaft zuverlässig nachzuhalten.

Wegen der beschriebenen Hürden für reine Online-Eigentümerversammlungen bezieht sich der nachfolgende Text in erster Linie auf hybride Eigentümerversammlungen, die aus meiner Sicht ein verlässlicheres rechtliches Fundament besitzen.

Vorteile

Es hat sich gezeigt, dass Eigentümerversammlungen sehr effizient sind, zu denen Sie sich online zuschalten können. Eigentümer, die weiter entfernt wohnen, sind von Beginn an entspannter, weil ihnen die mühselige Anreise erspart bleibt. Unsere Hausverwaltung betreut z.B. viele Düsseldorfer Gebäude, aber die Eigentümer wohnen ja nicht alle in der Umgebung. Fast immer ist jemand dabei, der aus der Ferne anreisen muss. Aber auch die nähere Umgebung kann strapaziös sein: Auf der Strecke zwischen Köln und Düsseldorf ist beispielsweise ständig Stau. Wer von Köln nach Düsseldorf (-city) zur EV fährt, sollte im Berufsverkehr lieber eine Stunde mehr einplanen, weil der nervenaufreibende Weg sehr lange dauern kann. Selbst die Verkehrsverhältnisse innerhalb Düsseldorfs sind am späten Nachmittag nicht immer angenehm. Wer also bisher ständig zu spät zur EV kam, weil er nach dem Stau noch einen Parkplatz suchen musste, für den ist die Online-Teilnahme eine große Erleichterung. Wer online teilnimmt, hat weder Stress, Kosten noch Zeitverlust durch Hinfahrt, Parkplatzsuche oder Strafzettel.

Die Kostenseite spricht klar für die Online-Teilnahme: Zwar muss es bei der hybriden Eigentümerversammlung für jeden Eigentümer immer die Möglichkeit geben, an einen bestimmten Ort zu kommen, um körperlich an der EV teilzunehmen. Aber es kann hilfreich sein, wenn der Verwalter um Mitteilung bittet, wer persönlich erscheint. Wenn sich nur sehr wenige Leute ankündigen, ist es möglich, auf die teure Saalmiete zu verzichten, und die wenigen Teilnehmer ins Büro der Verwaltung einzuladen.

Als ich 2020 mit den ersten Online-Eigentümerversammlungen angefangen habe, war ich erstaunt, dass vor allem ältere Leute sehr angetan waren. Dabei liegen die Vorteile für die ältere Generation auf der Hand: Die Technik hat sich schließlich in den letzten Jahren so stark entwickelt, dass man kein Computerspezialist mehr sein muss, um an Videokonferenzen teilzunehmen. Im Gegenteil: Leichte Bedienbarkeit ist zur wichtigsten Anforderung jeglicher Software geworden. Als wir in der Corona-Pandemie besorgt waren, uns anzustecken, gehörten viele ältere Leute zur Risikogruppe. Für manche wäre es lebensgefährlich gewesen, unter Leute zu gehen und sich anzustecken. Eine ältere Dame wohnt in Baden-Württemberg und kam schon seit Jahren nicht mehr zur EV, weil die mühsame Anreise nach Düsseldorf ihr einfach zu viel war. Aber es gibt ja auch viele junge und alte Menschen mit körperlichen Behinderungen, denen die persönliche Teilnahme erschwert ist. Und selbst, wenn Sie in Urlaub sind, es aber auf der EV trotzdem ein Thema gibt, bei dem Sie mitreden möchten, können Sie von Griechenland aus ebenso dabei sein wie von Kapstadt. Für all diese Menschen wird die Teilnahme an der EV nun so einfach wie nie.

Viele Eigentümer sind von der Technik beeindruckt und berichten, dass die Online-Teilnahme an einer gut organisierten Eigentümerversammlung so „greifbar“ ist wie nie zuvor. Greifbar in dem Sinne, dass man ihnen an ihrem Computerbildschirm zu Hause die Dokumente oder Bilder zeigen kann, über die gerade gesprochen wird. Der Verwalter kann seinen Bildschirm „freigeben“, das heißt, für alle Teilnehmer sichtbar machen. Für die vor Ort Anwesenden wäre es dann natürlich gut, einen Beamer mit Leinwand zu haben, damit auch sie den Bildschirm sehen können. Sie können dann z.B. die vorbereiteten Beschlusstexte direkt mitlesen oder der Verwalter zeigt Ihnen am Bildschirm den Energieausweis, die Heizkosten- oder Jahresabrechnung oder eine Rechnung aus der Abrechnung, bei der es Erklärungsbedarf gibt. Ihr Einsichtsrecht in die Verwaltungsunterlagen nach § 18 (4) WoEigG kann richtig anschaulich sein, wenn es auf der EV ausgeübt wird. Der Verwalter kann Ihnen auch Fotos vom Einfahrtsbereich zeigen, wenn dieser neu gepflastert werden soll, oder vom Pflegezustand des Gartens, über den es in letzter Zeit öfters Beschwerden gab.

Deswegen sind Online- (gestützte) Eigentümerversammlungen auch so effizient: Alle Fragen werden ausführlich und anschaulich beantwortet und die Teilnehmer können sich aufs Wesentliche konzentrieren. Schließlich sitzt der Verwalter ja am Computer und hat alle Dokumente digital griffbereit. Daher verlaufen viele Versammlungen – trotz der ausführlichen Beantwortung vieler Fragen – wesentlich schneller, als Sie es von früher gewohnt sind. Wenn sich nur wenige (bis gar keine) Teilnehmer ankündigen, kann die Versammlung im Büro des Verwalters stattfinden. Anstatt die Zeit nach dem Ende der Veranstaltung mit 30 Minuten Heimfahrt zu vergeuden, kann er bereits anfangen, das Protokoll zu finalisieren oder die Guthaben der Jahresabrechnung zu überwiesen,während ernormalerweise noch im Auto gesessen hätte.

Glücklicherweise ist die Corona-Pandemie endlich vorbei. Ich persönlich werde auch in Zukunft ständig Hybrid-Veranstaltungen anbieten – einen Beschluss der WEG vorausgesetzt. Immer dann, wenn es jemanden gibt, der nicht selbst im Gebäude wohnt („weit weg“ ist ein relativer Begriff), werde ich Ihnen die Möglichkeit bieten, dass Sie sich online zuschalten können, sofern die WEG sich nicht verweigert.

Software

In der Coronazeit haben sich Softwarelösungen für digitale Konferenzen explosionsartig (weiter‑) entwickelt. Nun fordert der Gesetzgeber einen WEG-Beschluss über das „ob“ und das „wie“, also unter welchen (technischen) Voraussetzungen die Eigentümergemeinschaft damit einverstanden ist, die „alternative Teilnahme an einer ortsgebundenen EV über digitale Kommunikationswege“ zu erlauben.

Welche Anforderungen an die Software zu stellen sind, mit der Sie Ihre Online-Eigentümerversammlung veranstalten, wird bewusst offengelassen, um künftige technische Entwicklungen nicht kaputtzuregulieren. Trotzdem ist es wichtig, dass gewisse Mindeststandards eingehalten werden. Sowohl auf einer ortsgebundenen als auch auf einer hybriden Eigentümerversammlung muss die Nichtöffentlichkeit gewahrt sein, damit Sie unter sich sind und in Ruhe Ihre Angelegenheiten besprechen können. Unbefugte Dritte dürfen also nicht einfach so die Möglichkeit haben, zufällig zuzuhören oder unkontrolliert (virtuell) hereinzuspazieren. Wenn die Versammlung auf einer öffentlich einsehbaren Streaming-Plattform stattfinden würde, bei der sich alle möglichen Leute jederzeit ohne Passwort zuschalten könnten, wäre das ein grober Anfängerfehler des Verwalters. Gut geschützt sind die gängigen Softwarelösungen wie Zoom, Cisco Webex oder Microsoft Teams, die inzwischen auch von Behörden verwendet werden – oder die oftmals überteuerten Branchenlösungen für Verwalter, die auch nicht viel mehr Funktionen bieten. Bei allen genannten Programmen können Sie nur teilnehmen, wenn Sie die Meetingnummer und das Passwort kennen, welches Sie z.B. in der Einladung von der Verwaltung erhalten haben. Damit sich keine unbefugten Dritten online zuschalten, sollte Ihr Verwalter natürlich ein paar Verhaltenshinweise geben, z.B. Sie in der Einladung darauf hinweisen, dass Sie das Passwort nicht weitergeben dürfen – und dass nur im Grundbuch eingetragene Eigentümer oder deren Bevollmächtigte teilnehmen dürfen.

Die Funktionsweise der verfügbaren Softwarelösungen ist immer ähnlich: Für die Teilnahme vom Computer aus genügt es meistens, einen Link anzuklicken, den Sie vom Verwalter bekommen haben. Wenn Sie via Handy oder Tablet teilnehmen, müssen Sie in der Regel vorher eine entsprechende App herunterladen – und dann Meetingnummer und Passwort eingeben. Schon sind Sie dabei – egal, ob Sie gerade auf Ibiza am Strand liegen oder zu Hause im Arbeitszimmer sitzen.

Nach der Anmeldung kann es sein, dass Sie in einem sog. Warteraum landen, von wo aus der Veranstalter Sie dann bald reinlässt. Nun sehen Sie per Video auf Ihrem Bildschirm die Gesichter der anderen Teilnehmer und hören über die Lautsprecher deren Stimmen. Ihr Laptop oder Ihr Handy haben ebenfalls Kamera und Mikrophon, deren Zugriff Sie der App übrigens einmalig erlauben müssen. Hierüber können die anderen Teilnehmer Sie dann ebenfalls sehen und hören. Damit Sie sicher sein können, dass die Technik funktioniert, wird Ihr Verwalter sicherlich vorher eine Probeveranstaltung anbieten, zu der Sie sich nach Belieben einwählen und Ihre Technik ausprobieren können.

Technische Probleme

Jeder, der mal im Aufzug steckengeblieben ist oder einen platten Reifen hatte, weiß, dass technische Probleme immer mal vorkommen können. Was die Online-Teilnahme an der EV angeht, muss man an den Verwalter und dessen Vorsorgemaßnahmen andere Maßstäbe anlegen als an Sie als Eigentümer, denn er ist ja der Veranstalter.

Aber fangen wir mit Ihnen an: Wir gehen mal davon aus, dass der Verwalter einen Link zur Verfügung gestellt hat, wo Sie Ihre Bild- und Tontechnik vor der Versammlung ausprobieren konnten – und dass Sie das auch getan haben. Wenn jetzt am Abend der Versammlung Ihr Handy streikt oder Sie Verbindungsprobleme haben, werden dadurch trotzdem nicht alle Ergebnisse der Versammlung ungültig. Sie sind leider eben einfach nicht dabei. Beziehungsweise erst später, denn Probleme mit Handy oder Internet bekommt man ja meistens doch irgendwann in den Griff. Rechtlich verhält sich das wie eine Autopanne auf dem Weg zur Versammlung. Dass Sie nicht teilnehmen konnten, gehört eben zur höheren Gewalt. Aber es gibt Schutzmaßnahmen, nämlich rechtzeitig loszufahren – und wenn Sie liegenbleiben, notfalls ein kostenpflichtiges Taxi zu rufen. Auch im Digitalen gibt es solche Schutzmaßnahmen: Ein Zweithandy mit schneller Internetverbindung und einen WLAN-Stick für den Computer zu beschaffen. Wenn am Abend der Versammlung das Internet auf der ganzen Straße ausfällt, weil bei Tiefbauarbeiten versehentlich ein Kabel durchtrennt wurde, können Sie einfach mit dem Handy einen Hotspot erstellen und den Computer verbinden.

Technische Probleme könnten aber auch beim Verwalter auftreten. Bei ihm sind aber ganz andere Maßstäbe anzulegen, da er als Vertreter der WEG auch Veranstalter der Versammlung ist. Die verwendete Technik muss er beherrschen, sei es Zoom, Teams oder Webex. Auch ihm kann es passieren, dass er mit dem Auto liegenbleibt oder sein Computer kaputtgeht. Nur ist er halt für die Veranstaltung verantwortlich, daher muss er die Online-Plattform vorher ausgiebig getestet haben und mit den wesentlichen Systemfunktionen vertraut sein. Sollte Microsoft Teams trotzdem am Abend der EV einen deutschlandweiten Ausfall haben, ist das natürlich nicht seine Schuld. Wohl aber, wenn er die Technik nicht beherrscht und die Eigentümer nicht einmal aus dem Warteraum einlassen kann.

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