Die Jahresabrechnung – einfach und verständlich?

Foto: Stephan Walochnik

Die Jahresabrechnung ist für Sie gemacht. Sie müssen sie verstehen, auch wenn Sie kein ausgebildeter Buchhalter sind. Auch die Bank schickt Ihnen Kontoauszüge in einer Form, die Sie verstehen. Das gleiche gilt auch in der WEG: Der Verwalter ist verantwortlich, Ihnen darzulegen, wohin Ihr Geld geflossen ist.

Ich weiß nicht genau, warum derart viele Beschlüsse angefochten werden. Oftmals hat es damit zu tun, dass Eigentümer sich verschaukelt fühlen. Müssen Sie ein ausgebildeter Buchalter sein, um Ihr Zahlenwerk zu durchblicken? Muss eine Jahresabrechnung unbedingt ein Urwald voller komischer Begriffe und Zahlen sein? Was ist ein Sollsaldo (aus wessen Sicht? WEG oder Eigentümer)? Was bitte soll eine „Beiratsabrechnung“ sein, hat der Sonderrechte? Was ist ein „Rücklagensoll“ oder ein „Soll laut Wirtschaftsplan“?

Es wird einem ganz schwindelig, wenn man sich die Jahresabrechnung anschaut. Angenommen, Sie bekommen eine Jahresabrechnung, die Sie einfach nicht verstehen. Vielleicht fechten Sie den Beschluss an, weil Sie einen größeren Betrag nachzahlen müssen? Weil Sie nicht verstehen, warum? Und weil die Hausverwaltung keine Anstalten macht, es Ihnen zu erklären? Manchmal sind Anfechtungsklagen berechtigt und manchmal unvermeidbar. Dennoch sollten wir überlegen, was wir tun können, damit Transparenz herrscht darüber, was mit dem Geld der Eigentümergemeinschaft letztes Jahr passiert ist.

Die Jahresabrechnung hat zwei Gesichter:

Erstens soll sie dem Eigentümer zeigen, ob er etwas zurückbekommt oder nachzahlen muss. Jeder soll sie verstehen können. Vor allem die Eigentümer, die keine Bilanzbuchhalter sind. Sie soll einfach sein. Ach ja: Und sie soll im März fertig sein.

Zweitens möchte der Gesetzgeber, dass die Abrechnung bestimmte Angaben enthält. Deswegen wird sie manchmal viel länger, als man es möchte. Was ist der goldene Mittelweg zwischen diesen beiden Anforderungen?

Selbstverständlich kann es sein, dass Sie einen größeren Betrag nachzahlen müssen. Aber der Aufbau ist entscheidend dafür, ob der Eigentümer die Abrechnung versteht. Diese Frage muss immer im Mittelpunkt stehen.

Wie kann man das tun? Es ist wichtig, dass Sie als Eigentümer die Abrechnung verstehen. Auch – oder erst recht – dann, wenn Sie kein Bilanzbuchhalter sind. Deswegen ist die Jahresabrechnung keine Bilanz. Sie ist eine einfache Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Natürlich gibt es für bestimmte Dinge Sonderregelungen und alle Hausverwalter müssen sich an bestimmte Darstellungsformen halten.

Vertrauen kommt von Vertrauenswürdigkeit. Deswegen muss ein Hausverwalter die Abrechnung so transparent wie möglich machen für diejenigen, die sie überprüfen möchten, nicht nur für den Beirat.

Im Mittelpunkt des Rechenwerks steht die Transparenz gegenüber den Eigentümern. Der Verwalter legt durch die Abrechnung Rechenschaft ab, dass er gut auf das treuhänderische Vermögen aufgepasst hat. Die Rechnung soll so einfach und verständlich wie möglich aufgebaut sein, damit jeder Eigentümer sie verstehen kann.

Was läuft da bloß verkehrt? Alltag in der Hausverwalter-Branche

Foto: Stephan Walochnik

Ist die Jahresabrechnung im September endlich fertig, verstehen Sie nur Bahnhof. Ein Urwald aus Begriffen wie „Saldo“, „WP-Soll“ oder „Beiratsabrechnung“ (was soll das bitte sein?) macht den Leser schwindelig und Sie erkennen, dass ein Kurs in höherer Mathematik wahrscheinlich spannender ist als die Lektüre dieses Zahlenwerks. Nach zwei oder drei Versuchen, das Zahlendickicht (Schriftart Courier New, Größe 12) doch zu bändigen. geben Sie entnervt auf und suchen einfach nur nach Ihrem Ergebnis. Ob Ihnen ein Guthaben zusteht oder Sie eine Nachzahlung leisten müssen, erkennen Sie erst auf den zweiten Blick, wenn Sie die Zahlen mit Ihren Vorauszahlungen vergleichen. Aber – wer macht jetzt eigentlich die Abrechnung für Ihren Mieter?

Zu den Eigentümerversammlungen gehen Sie schon seit Jahren nicht mehr – oder nur mit Zähneknirschen. Die Tagesordnungspunkte sind doch immer nur das Gleiche. Wirklich? Oder versteckt sich unter TOP 13b doch eine richtig dicke Instandsetzungsmaßnahme? Zwar haben Sie davon noch nie etwas gehört, weil der Verwalter die Eigentümer nicht auf dem Laufenden hält und nicht transparent kommuniziert. Wozu haben Sie eigentlich einen Beirat, wenn Sie auch von dem nichts hören? Aber keine Sorge: Ihr Geldbeutel wird Ihnen spätestens bei der Erhebung der Sonderumlage eine Rückmeldung geben.

Damit nicht genug. Jede Kontaktaufnahme zur Hausverwaltung scheitert an Kommunikationsbarrieren. Es gibt keine Mailadresse und Ihre Hausverwaltung hat feste Telefonzeiten – wie auf dem Postamt in den 70er Jahren, was wohl auch die Arbeitseinstellung (im Sinne einer Corporate Identity?) zum Ausdruck bringen soll: Der Anrufbeantworter zeichnet zwar nicht auf, empfiehlt Ihnen aber, dass Sie ein Fax schicken? Aber Ihr Fax steht verstaubt im Keller, weil es seit den 90ern niemand mehr nutzt… Ja, es nervt.

Man spricht neuerdings – vermutlich scherzhaft – von „Digitalisierung“.

Diese „Digitalisierung“ ist in doppelter Hinsicht ein Synonym: Entweder für überteuerte „Lehrgänge“, zu denen ich mich – ganz digital – per Fax anmelden kann. Oder für noch viel teurere „Software-Lösungen“, die nicht mehr bieten als die guten alten Standardprograme wie Microsoft Excel und Word, sofern man diese bedienen kann.

Die Branche sollte nicht von „Digitalisierung“ sprechen (geschweige denn flüstern), bevor es nicht Routine ist, Kunden die Jahresabrechnung per E-Mail zuzusenden. Bevor es nicht selbstverständlich ist, das Protokoll der Eigentümerversammlung mit kurzer Frist per Mail zuzusenden. Das kann nicht sein? Doch, kann es. Denn ein Protokoll ist kein nachträgliches „Umlügen“ von Beschlussergebnissen (durch jeden, der sich laut genug beschwert?). Ein Protokoll ist ein Festhalten dessen, worüber wie abgestimmt wurde – und es gibt keinen Grund, es nicht direkt vor Ort anzufertigen.

Regeln sind nicht dazu gemacht, um dem Kunden zu erklären, dass man ihm nicht helfen kann.

Viele Verwalter sollten zweckspezifischer agieren. Man muss Regeln so auslegen, dass sie der Eigentümergemeinschaft den größten Nutzen bringen – und nicht als Vorwand, untätig zu bleiben. Natürlich innerhalb eines gesunden, angemessenen Rahmens. Aber eben situationsspezifisch. Worum geht es, was möchten die jeweiligen Eigentümer? Der Zweck bestimmt die Vorgehensweise. Leider benutzen viele Verwalter die Regeln von WoEigG, DSGVO & Co. als Vorwand, um sich den Kunden vom Leib zu halten. Meine Branche benötigt wirklich dringend Hilfe.

Wie es überhaupt erst zu diesen Zuständen kommen konnte, erfahren Sie in diesem Artikel.

Was ist eine WEG?

Auf dem Grundstück steht zwar nur ein Haus, aber die verschiedenen Wohnungen darin können unterschiedlichen Personen gehören. Man spricht von einer WohnungsEigentümerGemeinschaft, kurz WEG. Sie ist eine Rechtsform, ähnlich einem Verein oder einer Aktiengesellschaft. Man spricht aber nicht von der Musterstraße 123 e.V., sondern von der WEG Musterstraße 123, die laut Gesetz immer die Adresse des Anwesens beinhalten muss. Der Gesetzgeber wollte nach dem Krieg möglichst vielen Menschen bezahlbaren Wohnraum ermöglichen und schuf 1951 das Wohnungseigentumsgesetz, kurz WoEigG. Die Gemeinschaft wird also als WEG bezeichnet, während das Gesetz mit WoEigG abgekürzt wird.

Als Wohnungseigentümer sind Sie Teilhaber der WEG, quasi einer ihrer „Aktionäre“. Ihre Eigentumswohnung gehört Ihnen ganz alleine – und daneben ein prozentualer Teil vom restlichen Gebäude und seinen Bauteilen, z.B. von Treppenhaus, Dach und Heizung.

Ohne WEG gäbe es nach den normalen gesetzlichen Regeln entweder nur Alleineigentum oder nur BGB-Gesamteigentum, aber nicht beides zusammen. Bevor es das WoEigG gab, war es zwar auch schon möglich, dass mehrere Leute ein Mehrfamilienhaus gemeinsam besitzen, aber jedem Eigentümer gehörte dann ein ideeller Anteil von allem. Ohne WEG würde einfach alles zum gemeinsamen Grundbesitz gehören: Sämtliche Wohnzimmer, alle Keller, sämtliche Räume und Treppenhäuser, alle Etagen usw. Niemand wäre Eigentümer einer bestimmten Wohnung, sondern prozentual an allem beteiligt. Dieses Modell gibt es natürlich immer noch.

Eine WEG entsteht durch notarielle Teilungserklärung. Der bisherige Alleineigentümer – z.B. der Bauträger oder eben der frühere Alleineigentümer – „erklärt“ seinem Haus „die Teilung“. Und lässt den Notar eine Urkunde verfassen, die das Gebäude in einzelne Wohnungen und gemeinschaftliche Flächen aufteilt. Anschließend gibt es ebenso viele Grundbücher wie Wohneinheiten, obwohl es sich um ein einziges Grundstück handelt. Von nun an können unterschiedliche „Teile“ desselben Gebäudes verschiedenen Eigentümern gehören, also z.B. Wohnungen, Garagen, Büros usw. Nun können Sie sich eine einzelne Wohnung kaufen, ohne gleich das ganze Haus kaufen zu müssen.

Die Teilungserklärung ist ein Dokument, das beim Grundbuchamt hinterlegt wird. Normalerweise erhalten Sie es vom Verkäufer, vom Makler oder spätestens vom Notar, bevor der Kaufvertrag beurkundet wird. Außerdem können Sie es jederzeit beim Grundbuchamt anfordern.

Zu Ihrem Sondereigentum gehören Räume, die in der Teilungserklä-rung ausdrücklich genannt sind und Ihnen zugeordnet wurden. Vo-raussetzung dafür ist übrigens, dass die Räume nach außen hin abge-schlossen sind, also dass Mauern Ihre Wohnung nach außen hin be-grenzen bzw. eine Türe sie vom Treppenhaus trennt. In der Teilungs-erklärung könnte z.B. stehen:

„Die im Grundriss (Anlage 1) mit Ziffer 4 bezeichneten Wohnräume im 1.OG links (65,43 qm) werden dem Sondereigentum Nr. 4 zugeordnet…“

Während Sondereigentum also ausdrücklich zugeordnet werden muss (und ansonsten Gemeinschaftseigentum bleibt), gibt es wiederum bestimmte Fälle, in denen Gebäudeteile aus gesetzlichen Gründen auf jeden Fall Gemeinschaftseigentum bleiben müssen, selbst wenn die Teilungserklärung etwas anderes sagt. Diese Bereiche des Hauses gehören dann allen gemeinsam – wie in der BGB-Gemeinschaft.

Zwingendes Gemeinschaftseigentum sind z.B. Teile des Gebäudes, die

  • seine äußere Gestaltung beeinflussen           
    (z.B. Wohnungstüren, Fassade, Fenster, Dach),
  • für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind
    (z.B. Fundamente, tragende Wände) oder
  • dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen   
    (z.B. Treppenhaus, Heizung, Aufzug).

Auch, wenn diese sich innerhalb Ihrer Wohnung befinden.

Sie sehen schon, dass nicht alles, was sich hinter Ihrer Wohnungstüre befindet, zwangsläufig Ihnen gehört: Beispielsweise tragende Wände sowie die Hauptleitungen für Wasser und Strom sind Gemeinschaftseigentum, auch wenn sie durch Ihre Wohnung laufen, denn sie dienen dem Bestand des Gebäudes bzw. dem gemeinschaftlichen Gebrauch. Wohnungstür, (Außen-) Fenster und Rollläden sind ebenfalls zwangsläufig Gemeinschaftseigentum, weil sie das Erscheinungsbild des Gebäudes prägen.

Nicht nur eine Wohnung kann Sondereigentum sein, sondern auch ein Ladenlokal, eine Praxis, ein Kellerraum oder eine Garage. Die Begriffe unterscheiden sich in diesem Fall:

  • Wohnräume nennt man Wohnungseigentum.
  • Gewerbe-, Praxis-, Büro-, Kellerräume oder Garagen, also alles, worin man nicht so richtig wohnen kann, nennt man Teileigentum.
  • Sondernutzungsrechte sind kein Sondereigentum, sondern das ausschließliche Recht, einen Teil des Gemeinschaftseigentums allein zu nutzen, z.B. Gärten. Seit der WEG-Reform im Jahr 2020 können Gärten übrigens auch Sondereigentum sein (müssen es aber nicht).

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