Der Vermieter zwischen Mietvertrag und WEG – Teil 2 – Schäden am Gemeinschaftseigentum

Foto: Stephan Walochnik. (Aufgenommen 2018 in Budapest, Ungarn. Solche Bauwerksschäden habe ich in Deutschland zum Glück bisher nicht gesehen.)

Brenzlig sind Mängel im Gemeinschaftseigentum:

Es kann vorkommen, dass Schäden am Gemeinschaftseigentum die Nutzbarkeit des Sondereigentums beeinträchtigen oder Schäden verursachen. Das Mitbenutzungsrecht an Treppenhaus, Aufzug und Heizung gehört zum „vertragsgemäßen Gebrauch“ der Mietsache. Gibt es einen Mangel, muss der Vermieter ihn nach den Regeln im Mietvertrag beseitigen. Bis dahin darf der Mieter die Miete zu einem gewissen Prozentsatz mindern, egal was die WEG gerade macht. Was die Höhe der Mietminderung angeht, findet man im Internet Tabellen für verschiedene Mängel. Der Vermieter kann seinen Schaden aber häufig nicht – zumindest nicht sofort – gegenüber der WEG durchsetzen.

Beispiel: Die Heizung ist ausgefallen. Sie gehört zum Gemeinschaftseigentum, d.h. die WEG ist zuständig. Den Reparaturauftrag an die Heizungsfirma darf nur der WEG-Verwalter erteilen. Ungeachtet dessen stehen dem Mieter in vielen Fällen Minderungsrechte zu, obwohl der Vermieter selbst gar nichts machen oder beschleunigen kann. Er kann den Mietausfall nur selten an die Eigentümergemeinschaft weitergeben, denn die WEG haftet nur für Verschulden (z.B. Trödeln), während die Mietminderung dem Mieter verschuldens-unabhängig zusteht. Es kann vorkommen, dass bis zur Reparatur viel Zeit verstreicht. Zumal der Verwalter in bestimmten Fällen keine ausreichenden Befugnisse hat und die Eigentümerversammlung um eine Entscheidung bitten muss. Wenn die Sache klar ist, ist es einfach. Zum Beispiel wenn die Heizung ein Ersatzteil braucht und es wenig zu diskutieren gibt. Sollte die Heizung aber einen Totalschaden haben, muss die Entscheidung zwischen verschiedenen Typen einer Neuanlage gefällt werden, z.B. Gasheizung, Wärmepumpe, Fernwärme. Dies müsste auf der Eigentümerversammlung entschieden werden.

Die gesetzliche Regelung lautet:  Die Willensbildung einer WEG geschieht allein auf der Eigentümerversammlung durch Beschluss.

Das Heizungsbeispiel ist nicht immer passend. Wenn die Reparaturkosten in einem bestimmten Rahmen liegen, darf der Verwalter aufgrund der Verwaltervollmacht in der Regel sofort Reparaturen beauftragen. Und wenn die Heizung kalt ist, sind sich alle Eigentümer schnell einig.

Aber was ist in folgenden Fällen?

  • Die Außenbeleuchtung flackert vor dem Schlafzimmerfenster des Mieters.
  • Die schadhafte Abdichtung des Balkons ruiniert den Parkettboden.
  • Das Dach ist irgendwo undicht. Keiner weiß, wo das Wasser eintritt. Aber alle zwei Monate hat der DG-Mieter Wasserflecken an der Decke. Wo ist das Leck?
  • Es zieht. Die Fenster sind undicht (Gemeinschaftseigentum!)

Foto: Stephan Walochnik. (Aufgenommen 2018 in Budapest, Ungarn. Solche Bauwerksschäden habe ich in Deutschland zum Glück bisher nicht gesehen… immerhin wurde das Regenfallrohr saniert!)

Sind sich die WEG-Mitglieder in diesen Situationen auch immer so schnell einig? Die gute Nachricht: In einer WEG mit vernünftigen Eigentümern, gutem Klima und fähigem Verwalter ist die Lage schnell erklärt (Verwalter), notwendige Beschlüsse werden schnell gefasst (Eigentümerversammlung) und umgesetzt (Verwalter). Der Mieter ist wieder glücklich und die Mietminderung Schnee von gestern. Die Eigentümer einerguten WEG ziehen am gleichen Strang, der Verwalter kann Mängel schnell und konsequent beseitigen.

Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Es gibt WEGs, die sich in Grund und Boden diskutieren und nie eine Entscheidung treffen. Vielleicht wird die Notwendigkeit von Reparaturen per se geleugnet, vielleicht wird der Verwalter spaßeshalber damit beschäftigt, immer weitere Angebote oder Untersuchungen einzuholen. Anstatt eine Reparatur zu beauftragen, werden immer neue Theorien zur Schadenursache in den Raum gestellt. Der Tagesordnungspunkt wird von einer Versammlung zur nächsten vertagt, um irgendwelche neuen Ideen auszuprobieren, die am Ende nichts bringen und den Schaden vergrößern. Die Substanz bröckelt vor sich hin – und mit ihr die Vermietbarkeit.

Für den vermietenden Eigentümer keine schöne Situation. Zwar hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Instandhaltung. Diesen auf dem Rechtsweg durchzusetzen, kann aber dauern. Daher sollte man die Blockadehaltungen von Miteigentümern nicht unterschätzen, wenn sie die notwendige Mehrheit für den Beschluss verweigern. Sei es aus Unwissen, Gleichgültigkeit oder Geldnot. Und was ist, wenn der Verwalter Termine verschleppt? Dem Mieter stehen ungeachtet dessen Mietminderungsrechte zu.

Der Vermieter kann ja klagen, um seine Rechte durchzusetzen. Aber hält das jeder durch? Finanziell kann es teuer werden, und auch zeitlich zur Strapaze werden. Die Mietminderung läuft weiter, vielleicht zieht der Mieter zwischendurch ins Hotel oder kündigt? Der Eigentümer zahlt jedenfalls erstmal Anwalts- und Gerichtskostenvorschüsse und kann sich auf eine längere Wartezeit einstellen.

Die meisten Eigentümergemeinschaften erkennen den Punkt, an dem sich ein anderer Eigentümer in einer Notlage befindet, in der man besser helfen sollte. Trotzdem lässt sich festhalten: Wie lange Sie warten müssen und mit welchen Folgekosten Sie zu rechnen haben, hängt von der Erfahrung und Qualifikation des Verwalters und von der Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der Miteigentümer ab.

Schließen Sie niemals die Haustüre ab!

Foto: Stephan Walochnik

Oft sieht man im Eingangsbereich von Mehrfamilienhäusern Schilder wie „Türe bitte ab 22 Uhr abschließen“. Wenn Ihr Verwalter solche Schilder duldet oder darüber hinwegsieht, bekommt er große Probleme, wenn etwas passiert. Und die Eigentümergemeinschaft auch. Die Haustüre ist nämlich der erste Rettungsweg, der niemals blockiert werden darf.

Stellen Sie sich vor, der Notarzt steht nachts vor der Türe. Die Türe ist abgeschlossen und jemand aus der zweiten Etage braucht Hilfe. Er schafft es vielleicht zum Türöffner an der Gegensprechanlage, aber weiter kommt er nicht. Weil die Türe abgeschlossen ist, tut sich nichts. Während der Hilferufende die Treppen nicht benutzen kann, reagieren andere Anwohner nicht, schlafen oder sind nicht zu Hause. Nun gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Erstens: Der Notarzt ruft die Feuerwehr, die kommt zehn Minuten später und zertrümmert die Haustüre. Das Beste, was Ihnen passieren kann.
  • Zweitens: Der Hilferufende stirbt oder sein Gesundheitszustand verschlimmert sich, weil der Notarzt nicht rechtzeitig zu ihm gelangt.

In beiden Fällen können sich Anwohner und Hausverwalter am nächsten Morgen mit der Schuldfrage auseinandersetzen, und nichts ist mehr wie vorher. Im Optimalfall ist nur die teure Haustüre ruiniert und lädt Einbrecher zum nächtlichen Besuch ein. Ihr Hausverwalter wird seiner Haftpflicht-Versicherung kaum erklären können, wieso er nicht gegen das ständige Abschließen der Haustür vorgegangen ist. Und wer bezahlt dann die neue Haustür? Vielleicht findet die Gebäudeversicherung heraus, wer die Türe abgeschlossen hat – und macht ihn haftbar.

Im schlimmsten Fall ist jemand tot, weil der Notarzt nicht reinkam. Sind Sie der Meinung, Sie vermeiden Einbrüche, indem Sie Flucht- und Rettungswege versperren? Jedes Haus hat dutzende Sicherheitslücken. Die Haustüre ist nur eine davon.

Dass jedes Gebäude zumindest über einen gut passierbaren ersten Flucht- und Rettungsweg verfügen muss, darf nicht ins Leere laufen. Die Passierbarkeit wird durch eine abgeschlossene Tür erheblich beeinträchtigt. Wenn es brennt, sind die Leute in Panik. Sie merken erst unten, dass die Türe zu und ihr Schlüssel noch oben ist. Wenn Menschenmassen in Panik zum Ausgang laufen, können sie auch einem Schlüsselinhaber den Weg verstellen. Schnell überschätzt man seine Kräfte: Wieder nach oben rennen? Zu gefährlich! Ich bin stark, ich trete die Türe ein. Klappt nicht. Erst jetzt merken Sie, wie sicher die Türe wirklich ist.

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