Nachträgliches „Ümlügen“ von Beschlüssen. Wir möchten das Protokoll ändern!

Foto: Stephan Walochnik.

Das Protokoll der Eigentümerversammlung dient der Rechtssicherheit aller Eigentümer, um den Beschluss zu dokumentieren, der auf der EV gefasst wurde und bereits ab dem Zeitpunkt der Verkündung gültig ist. Würde man das Protokoll nachträglich ändern, würde man alle Anwesenden und Vollmachtgeber um ihr Stimmrecht betrügen.

Dass der Beschlusstext sich nochmal geringfügig ändert, bevor er zur Abstimmung gestellt wird, ist üblich und oftmals sogar sinnvoll, weil Sie als Eigentümer ja in die Entscheidungsfindung einbezogen werden – solange die Änderungen unwesentlich bzw. vorhersehbar sind.

Der Versammlungsleiter muss aufpassen, dass es keine Missverständnisse gibt. Vor der Abstimmung sollte der neue Text unbedingt nochmal vorgelesen und in die Runde gefragt werden, ob es weitere Ergänzungen oder Rückfragen gibt. Nun sollte klar sein, über welchen Beschlussgegenstand entschieden wird. Dann wird abgestimmt, der Verwalter zählt die Stimmen und verkündet, ob und mit welcher Mehrheit der Beschluss zustande gekommen ist.

Ein Beschluss wird durch Verkündung rechtswirksam. Also wenn der Verwalter bspw. sagt: „Der Beschluss wurde mehrheitlich angenommen mit 18 Ja, 0 Nein und 2 Enthaltungen.“ Sobald er das ausgesprochen hat, ist der Beschluss juristisch in der Welt. Er wird nämlich nicht erst dann wirksam, wenn er ins Protokoll aufgenommen oder vom Beirat unterschrieben wird.

Das Protokoll dient der Dokumentation, weil man im Laufe der Zeit vieles vergisst. Vielleicht wurde am 02.03.1984 unter TOP 7 die Vermietung einer Teilfläche vom Hof (Gemeinschaftseigentum) an den Eigentümer der Wohnung 2 beschlossen? Sie benötigen Rechtssicherheit, weil ein Beschluss ab seiner Verkündung für alle bindend ist – auch für zukünftige Wohnungseigentümer. Deswegen müssen Beschlüsse vom Verwalter auch in die Beschlusssammlung aufgenommen werden. Ein sinnvolles Hilfsmittel: Wenn Sie Ihre Wohnung verkaufen, können Sie die Beschlusssammlung beim Verwalter anfordern und dem Käufer aushändigen, damit er die vollständige Rechtslage direkt einsehen kann.

Damit Sie Gewissheit haben, dass der verkündete Beschluss auch gültig ist, darf ein Protokoll nachträglich auf keinen Fall geändert werden. Der Beschlussvorschlag wurde auf der EV ja klargestellt und das Abstimmungsergebnis ist sofort nach der Verkündung wirksam geworden. Ihre Stimme ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Ähnlich einem Brief, den Sie zur Post geben, oder einer Überweisung von Ihrem Girokonto können Sie Ihre Stimme nach der Beschlussfassung nicht zurückziehen. Ansonsten würden alle Eigentümer rückwirkend um ihr Stimmrecht gebracht, die anwesend waren und mit ihrer Stimme etwas entschieden haben. Es würde ansonsten nichts mehr bringen, überhaupt noch zur EV zu gehen, wenn Ihre demokratische Entscheidung nachträglich von jemandem geändert werden dürfte.

Warum sollte überhaupt jemand fordern, dass das Protokoll nachträglich geändert wird? Wenn die Tagesordnung der Eigentümerversammlung vernünftig vorbereitet und der Beschlussvorschlag klar kommuniziert wurde, kann eigentlich nichts passieren. Trotzdem fordern manche Eigentümer oder Beiräte gelegentlich eine Änderung des Protokolls. Dann muss etwas schiefgelaufen sein.

Es beginnt mit der Vorbereitung: Wurden Sie schon in der Einladung ausführlich über alle Themen informiert? Worüber soll entschieden werden? Welche Konsequenzen folgen? Wer zahlt? Und so weiter. Wenn Sie umfassend aufgeklärt wurden, sind die meisten Fallstricke schon ausgeräumt.

Vielleicht haben Sie auch einfach versäumt, rechtzeitig in die Einladung zu schauen und möchten Ihre Stimme nachträglich ändern. Das ist aber Ihre eigene Verantwortung, und an der abgegebenen Stimme kann man nach der Versammlung nichts mehr ändern. Jetzt aufzubegehren und Änderungen zu fordern wäre unfair gegenüber den anderen Eigentümern.

Möglicherweise haben die Anwesenden aber auch auf den Verwalter eingeredet und ihn überredet, irgendwelche größeren Ergänzungen am Beschluss vorzunehmen, die in der Einladung so gar nicht erkennbar waren. Und jetzt soll ein Teil davon rückgängig gemacht werden. Oder vielleicht hat der Verwalter auch gar nicht alle diese Änderungen aufgenommen, aber die Teilnehmer nicht klar genug informiert, dass wesentliche Änderungen nicht spontan möglich sind, sondern eine neue Eigentümerversammlung erfordern. Also unterschiedliche Ansichten und Meinungen während der Versammlung. Wenn dann noch unklar geblieben ist, über welchen genauen Beschlusstext abgestimmt wird, sind Missverständnisse absehbar.

Im Protokoll muss wörtlich stehen, welcher Beschlussvorschlag zur Abstimmung gestellt wurde – und welche Stimmen dann abgegeben wurden. Blöd, wenn jemand mit seinem Nachbarn gequatscht und nicht zugehört hat. Wenn aber ein anderer Text ins Protokoll geschrieben wurde, hat der Verwalter unprofessionell gearbeitet. Mit Änderungen im Nachgang der Versammlung sollte man aufpassen. Wenn bei einer WEG in Eigentümerversammlungen schon öfters ein gewisses Durcheinander aufgekommen ist, sollte man lieber den Beschlusstext vor der Abstimmung aufschreiben und direkt nach der Stimmenauszählung unterschreiben lassen. Wenn andernfalls der echte Beschlusstext später nicht mehr nachgewiesen werden kann, hilft nur eine Wiederholung der Versammlung – bzw. des in Rede stehenden Tagesordnungspunktes. Das erzeugt viel vermeidbaren Aufwand. Diese und alle weiteren Versammlungen der WEG sollten von nun an sofort vor Ort protokolliert werden.

Wenn der Verwalter transparent arbeitet und sofort protokolliert, entsteht das Problem gar nicht erst – oder kann abgewehrt werden. Der Beschluss ist rechtlich bindend und ist bereits durch Verkündung entstanden – das Protokoll ist nur Beiwerk, das der Dokumentation dient.

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