
Liebe Buchhalter und Wirtschaftsprüfer aufgepasst, haltet Euch Augen und Ohren zu, dieser Artikel wird Euch nicht gefallen. Vieles ist im Wohnungseigentumsrecht verboten, was für Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften vorgeschrieben ist. Und andersrum. Vor allem Rechnungsabgrenzungsposten, die Lieblinge von Wirtschaftsprüfern, Bilanzbuchhaltern und Steuerberatern, gibt es bei Wohnungseigentümergemeinschaften nicht. Keine Regel ohne Ausnahme, aber dazu später.
Jede Kapitalgesellschaft (AG, GmbH,…) muss laut Handelsgesetzbuch einen Jahresabschluss veröffentlichen. Also eine Gewinnrechnung, aus der die Anteilseigner ablesen können, wie viel man verdient hat. Außerdem eine Bilanz, in der man erkennt, wie es um die Vermögenslage eines gewinnorientierten Unternehmens steht. Gewinnrechnung und Bilanz sind u.a. wichtig für Gewinnbeteiligung und Gläubigerschutz.
Der Jahresabschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft heißt Jahresabrechnung und hat andere Ziele. Hier kommt es weder auf Gewinnbeteiligung noch auf Gläubigerschutz an, denn WEGs machen keinen Überschuss, sondern decken laufende Kosten. Und nur sehr selten finanzieren sie Maßnahmen per Kredit. Die WEG-Jahresabrechnung hat das Ziel, für jeden Eigentümer leicht verständlich zu sein. Man soll sie schnell und einfach nachvollziehen können. Daher ist die Jahresabrechnung eine einfache Kassenrechnung, die sich an Geldbewegungen auf dem Konto orientiert.
Bei Kapitalgesellschaften nutzt man Rechnungsabgrenzungsposten, um periodenfremde Zahlungen dem richtigen Jahr zuzuordnen, damit der Gewinnausweis nicht verzerrt wird. So könnte man bspw. Wartungskosten, die nur alle drei Jahre anfallen, jedem der drei Jahre zu einem Drittel zuordnen. In Wohnungseigentümergemeinschaften darf man so etwas nicht, damit jeder Eigentümer die Jahresabrechnung anhand von Kontobewegungen desselben Jahres einfach und schnell selbst prüfen kann. Zum Beispiel:
- Die Rechnung für den Winterdienst im Dezember wird erst im Januar gezahlt.
- Sie überweisen Hausgeld am 31.12., es kommt aber erst am 02.01. an.
Und nun, was macht man mit solchen Rechnungen? Gar nichts, keine Änderung, so die Regeln im Wohnungseigentumsrecht. Zu welchem Jahr die Kosten gehören, ist ohne Bedeutung. Sie werden im Jahr der Kontobewegung gebucht. Ganz simpel:
- Der Winterdienst gehört zwar eigentlich zum letzten Dezember, aber er wurde im Januar gezahlt und somit auch im Januar gebucht.
- Ihre Vorauszahlung haben Sie zwar im Dezember abgeschickt, aber sie ist im Januar angekommen und wird daher auch im Januar gebucht.
Fertig. Was im Abrechnungsjahr über das Konto fließt, gehört ausnahmslos in die Abrechnung, alles andere bleibt draußen. Eine WEG verfolgt keine Gewinnerzielungsabsicht, deswegen müssen „Aufwendungen und Erträge“ auch nicht periodisiert werden. Gegenstand einer WEG-Jahresabrechnung sind die Geldbewegungen auf dem Bankkonto.
Simpel, klar und gut. Wenn Sie oder der Beirat die Abrechnung auf Richtigkeit überprüfen möchten, haben Sie nicht unbedingt die Routine eines Wirtschaftsprüfers, der sowas beruflich macht. Wahrscheinlich machen Sie sich eine Liste für Nebenrechnungen oder Summen. Vielleicht nehmen Sie sich die Kontoauszüge und summieren gleichartige Kosten (z.B. Strom, Hausmeister, …), die Sie dann mit den Gesamtbeträgen aus der Abrechnung vergleichen. Wenn Sie die Kontoauszüge von Januar bis Dezember in der Hand haben, muss dort alles zu finden sein, was Sie zur Kontrolle brauchen. Dann ist die Arbeit einfach – und Manipulationen praktisch unmöglich.
Übrigens: Auch wenn Sie kein Beiratsmitglied sind, können Sie laut §18 Abs. 4 WoEigG jederzeit von der WEG (vertreten durch den Verwalter) Einsicht in die Unterlagen verlangen, um genau diese Prüfung vorzunehmen.
Keine Regel ohne Ausnahme: Heiz- und Warmwasserkosten.
Das Wohnungseigentumsgesetz stammt aus dem Jahr 1951, die Heizkostenverordnung kam in den 70er-Jahren. Der Gesetzgeber hatte erkannt, dass man die Leute zum Energiesparen animieren sollte, weil Öl- und Gaskosten immer teurer wurden. Schnell gab es andere Pläne, die nicht mehr zur simplen Logik der Kassenrechnung im WEG passten.
Damit möglichst viele Bürger (Heiz‑) Energie sparen, wurde eine allgemeinverbindliche Heizkostenverordnung (HeizKV) auf die Beine gestellt. Diese räumte sich in den Paragraphen eins bis drei kurzerhand Vorrang gegenüber allen anderen Regelungen ein und wurde auch für WEGs verbindlich.
Das einfache Prinzip der Kassenrechnung passt nicht ins Bild der HeizKV. Man nahm an, dass Sie nur auf Ihren Brennstoffverbrauch achten würden, wenn die Heizkosten periodengerecht zugeordnet werden, d.h. dem jeweiligen Verbrauchsjahren zugerechnet. Wenn im Januar 2026 die Gasrechnung für 2025 kommt, dann gehört sie zum Jahr 2025. Und zwar, obwohl sie erst 2026 bezahlt wird! Sie sehen schon, das ist ein ziemlicher Unterschied zu den bisherigen WEG-Regeln. Die konsequente Schlichtheit der WEG-Kassenrechnung war damit ausgehebelt. Seitdem gibt es einen Unterschied zwischen Einzel- und Gesamtabrechnung. Die Gesamtabrechnung ist eine Liste der tatsächlich abgeflossenen Gelder und zeigt auch nur solche Heizkosten, die im Kalenderjahr bezahlt wurden. In der Einzelabrechnung für Ihre Wohnung müssen Kosten für Heizung und Warmwasser aber nach dem Leistungsprinzip abgerechnet, d.h. abgegrenzt werden. Ausschließlich der im Abrechnungszeitraum verbrauchte Brennstoff darf angesetzt werden – nicht die Geldbewegungen auf dem Bankkonto. Für Heiz- und Warmwasserkosten sind Rechnungsabgrenzungsposten seitdem also doch vorgeschrieben.
Verpassen Sie keinen Artikel mehr. Melden Sie sich zum Newsletter an, und ich informiere Sie, wenn ein neuer Artikel online ist.
Sehr geehrter Herr Walochnik,
wenn ich Sie recht verstehe, werden in der Einnahme-Ausgabe-Rechnung – abgesehen von den Heizkosten – Nach- und Rückzahlungen aus den Jahresabrechnungen der Energieversorger (Wasser, Strom, Kanal u.ä.) und die monatlichen Abschlagszahlungen im Jahre der Kontogut-/-lastschriften gebucht.
Beispiel: Das Stadtwerk bucht den 12. Abschlag Wasser am 7.1.2020 ab, rechnet diesen Abschlag aber für 2019 (Dezember). In der Mitte Januar eingehenden Jahresabrechnung 2019 ist der Abschlag vom 7.1.2020 enthalten. Insgesamt ergibt sich eine Nachzahlung von 100 Euro.
Für uns Eigentümer ist es – nicht zuletzt schon wegen der Mieterabrechnung – wichtig, dass sowohl der Abschlag vom 7.1.2020 als auch die Nachzahlung von 100 Euro in die WEG-Abrechnung 2019 aufgenommen wird, obwohl die Beträge im Kontoauszug 2020 stehen.
Können wir Eigentümer vom Verwalter verlangen, dass er den Abschlag und die Nachzahlung unter dem 31.12.2019 bucht, damit das Buchführungsprogramm diese Beträge in die WEG-Abrechnung 2019 übernimmt? Wir Eigentümer legen darauf großen Wert. Eine Buchung der beiden Beträge für 2020 entsprechend Kontoauszug macht zudem die Rechnungsprüfung unübersichtlich.
Danke für Ihre Hilfe und Ihren Rat
Günter Schott
Sehr geehrter Herr Schott, vielen Dank für Ihre Fragen.
Ein paar Worte vorab: Ich mache hier ja keine Rechtsberatung, ich bin schließlich Webseitenbetreiber und kein Rechtsanwalt. Viele Dinge richten sich nach dem Einzelfall und allgemeine Ratschläge können im Einzelfall in die Irre führen. Bitte beachten Sie auch meine Hinweise zum Haftungsausschluss: http://stephanwalochnik.de/haftungsausschluss/ Bitte konsultieren Sie im Zweifelsfall immer einen Rechtsanwalt. Ein guter Rechtsanwalt ist wie ein Kompass: Er bricht keinen Streit vom Zaun, sondern berät und klärt auf.
Ich kann gut nachvollziehen, dass die Eigentümer sich eine andere Art der Abrechnung wünschen würden, aber die könnte für den Verwalter teuer werden. Der Verwalter muss sich an die simple Einnahmen-Ausgaben-Rechnung halten, auch wenn der Abschlag so kurz nach Jahresende verbucht wurde, gerade mal 7 Tage, trotzdem darf der Verwalter den Abschlag nur im Jahr 2020 buchen (es sind ja keine Heizkosten). Wenn er es anders machen würde, dann wäre er haftbar. Es genügt ein Eigentümer, der eine Anfechtungsklage anzettelt, schon zahlt der Verwalter alle Anwalts- und Gerichtskosten. Wenn das nicht passiert, wäre er zumindest über viele Jahre erpressbar.
Es gibt eine bessere Lösung. Es gibt ein Gerichtsurteil, dass ein vermietender Wohnungseigentümer die Kosten in genau dieser Art der Abrechnung auch an seine Mieter weitergeben darf, also ohne Rechnungsabgrenzung, einfach nach dem reinen Prinzip der Zahlungsströme. Ich habe das Aktenzeichen aber nicht zur Hand, Sie müssen es bitte selbst googeln.
Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund
Stephan Walochnik