Liebe Buchhalter aufgepasst, haltet Euch Augen und Ohren zu, dieser Artikel wird Euch nicht gefallen. Vieles ist im Wohnungseigentumsrecht verboten, was für Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften verbindlich vorgeschrieben ist. Insbesondere Rechnungsabgrenzungsposten, die Lieblinge von Wirtschaftsprüfern, Bilanzbuchhaltern und Steuerberatern, gibt es bei Wohnungseigentümergemeinschaften nicht. Keine Regel ohne Ausnahme, aber dazu später.
Jede Kapitalgesellschaft (AG, GmbH,…) muss laut HGB (Handelsgesetzbuch) einen Jahresabschluss veröffentlichen. Also eine Gewinnrechnung, aus der die Eigentümer ablesen können, wie viel man verdient hat. Und eine Bilanz, in der man erkennt, wie es um die Vermögenslage eines gewinnorientierten Unternehmens steht. Im Mittelpunkt steht der Gläubigerschutz.
Der „Jahresabschluss“ einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat andere Ziele – und ganz nebenbei trägt er den Namen „Jahresabrechnung“. Er soll für jeden Eigentümer schnell und einfach nachvollziehbar sein. Deswegen ist die Abrechnung eine einfache Kassenrechnung, die sich an Geldbewegungen auf dem Konto orientiert. Schließlich verfolgt die WEG keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern deckt das menschliche Grundbedürfnis „Wohnen“.
Bei Kapitalgesellschaften benutzt man Rechnungsabgrenzungsposten, um periodenfremde Zahlungen dem richtigen Jahr zuzuordnen, damit der Gewinnausweis nicht verzerrt wird. Im Wohnungseigentumsrecht gibt es sowas nicht. Stellen Sie sich mal folgendes vor:
- Die Rechnung für den Dezember-Winterdienst wird erst im Januar gezahlt.
- Sie überweisen Hausgeld am 31.12., es kommt aber erst am 01.01. an.
Und nun, was macht man mit so Rechnungen? Gar nichts, so die Regelung im Wohnungseigentumsrecht. Ob die Kosten zur Abrechnungsperiode gehören, ist nicht von Bedeutung. Sie werden im Jahr der Kontobewegung gebucht.
- Der Winterdienst wird im Januar gezahlt und auch im Januar gebucht.
- Ihre Vorauszahlung kommt im Januar an und wird im Januar gebucht.
Fertig. Was im Abrechnungsjahr über das Konto fließt, gehört ausnahmslos in die Abrechnung, alles andere bleibt draußen. Eine WEG verfolgt keine Gewinnerzielungsabsicht, deswegen müssen „Aufwendungen“ und „Erträge“ auch nicht periodisiert werden. Gegenstand einer WEG-Jahresabrechnung sind Geldbewegungen auf dem Bankkonto, mehr nicht.
Simpel, klar und gut. Wenn ein Eigentümer oder der Beirat die Abrechnung auf Richtigkeit überprüfen möchte, dann hat er nicht die Routine eines Wirtschaftsprüfers. Wahrscheinlich macht er sich eine eigene Liste als Hilfsrechnung. Er nimmt sich vielleicht die Kontoauszüge, summiert gleichartige Kosten (z.B. Strom, Hausmeister, …) und vergleicht sie mit den Gesamtbeträgen der Abrechnung. Wenn er die Kontoauszüge von Januar bis Dezember in der Hand hat, muss dort alles zu finden sein, was er braucht. Dann ist die Arbeit einfach – und Manipulationen quasi nicht möglich.
Keine Regel ohne Ausnahme: Heizkosten und Warmwasserkosten.
Das Wohnungseigentumsgesetz stammt aus dem Jahr 1951, die Heizkostenverordnung kam irgendwann in den 70er Jahren. Der Gesetzgeber hatte erkannt, dass man die Leute zum Energiesparen sensibilisieren muss. Schnell wurde eine allgemeinverbindliche Heizkostenverordnung auf die Beine gestellt, die sich in den Paragraphen eins bis drei kurzerhand Vorrang einräumt, gegenüber allen anderen vertraglichen Regelungen – und sich selbst natürlich auch für das Wohnungseigentum verbindlich vorschreibt.
Das einfache Prinzip der Kassenrechnung passt nicht ins Bild der HeizKV. Man meinte, dass die Leute nur lernen, auf ihren Brennstoffverbrauch zu achten, wenn man die Heizkosten genauso abrechnet, wie sie verbraucht wurden – also periodisiert. Wenn im Januar 2020 die Gasrechnung für 2019 kommt, dann gehört sie zum Jahr 2019. Und zwar, obwohl sie erst 2020 bezahlt wird! Sie sehen schon, das beißt sich mit den WEG-Regeln.
Die Konsequente Schlichtheit der WEG-Kassenrechnung wurde ausgehebelt. Seitdem gibt es einen Unterschied zwischen Einzel- und Gesamtabrechnung. Die Gesamtabrechnung ist eine Liste der tatsächlich abgeflossenen Gelder und zeigt auch nur die Heizkosten, die im Kalenderjahr bezahlt wurden. In der Einzelabrechnung müssen Kosten für Heizung und Warmwasser aber nach dem Leistungsprinzip abgerechnet werden. Ausschließlich der im Abrechnungszeitraum verbrauchte Brennstoff darf angesetzt werden – nicht die Geldbewegungen auf dem Bankkonto. Hier sind Rechnungsabgrenzungsposten also doch vorgeschrieben.
Verpassen Sie keinen Artikel mehr. Melden Sie sich zum Newsletter an, und ich informiere Sie, wenn ein neuer Artikel online ist.
Sehr geehrter Herr Walochnik,
wenn ich Sie recht verstehe, werden in der Einnahme-Ausgabe-Rechnung – abgesehen von den Heizkosten – Nach- und Rückzahlungen aus den Jahresabrechnungen der Energieversorger (Wasser, Strom, Kanal u.ä.) und die monatlichen Abschlagszahlungen im Jahre der Kontogut-/-lastschriften gebucht.
Beispiel: Das Stadtwerk bucht den 12. Abschlag Wasser am 7.1.2020 ab, rechnet diesen Abschlag aber für 2019 (Dezember). In der Mitte Januar eingehenden Jahresabrechnung 2019 ist der Abschlag vom 7.1.2020 enthalten. Insgesamt ergibt sich eine Nachzahlung von 100 Euro.
Für uns Eigentümer ist es – nicht zuletzt schon wegen der Mieterabrechnung – wichtig, dass sowohl der Abschlag vom 7.1.2020 als auch die Nachzahlung von 100 Euro in die WEG-Abrechnung 2019 aufgenommen wird, obwohl die Beträge im Kontoauszug 2020 stehen.
Können wir Eigentümer vom Verwalter verlangen, dass er den Abschlag und die Nachzahlung unter dem 31.12.2019 bucht, damit das Buchführungsprogramm diese Beträge in die WEG-Abrechnung 2019 übernimmt? Wir Eigentümer legen darauf großen Wert. Eine Buchung der beiden Beträge für 2020 entsprechend Kontoauszug macht zudem die Rechnungsprüfung unübersichtlich.
Danke für Ihre Hilfe und Ihren Rat
Günter Schott
Sehr geehrter Herr Schott, vielen Dank für Ihre Fragen.
Ein paar Worte vorab: Ich mache hier ja keine Rechtsberatung, ich bin schließlich Webseitenbetreiber und kein Rechtsanwalt. Viele Dinge richten sich nach dem Einzelfall und allgemeine Ratschläge können im Einzelfall in die Irre führen. Bitte beachten Sie auch meine Hinweise zum Haftungsausschluss: http://stephanwalochnik.de/haftungsausschluss/ Bitte konsultieren Sie im Zweifelsfall immer einen Rechtsanwalt. Ein guter Rechtsanwalt ist wie ein Kompass: Er bricht keinen Streit vom Zaun, sondern berät und klärt auf.
Ich kann gut nachvollziehen, dass die Eigentümer sich eine andere Art der Abrechnung wünschen würden, aber die könnte für den Verwalter teuer werden. Der Verwalter muss sich an die simple Einnahmen-Ausgaben-Rechnung halten, auch wenn der Abschlag so kurz nach Jahresende verbucht wurde, gerade mal 7 Tage, trotzdem darf der Verwalter den Abschlag nur im Jahr 2020 buchen (es sind ja keine Heizkosten). Wenn er es anders machen würde, dann wäre er haftbar. Es genügt ein Eigentümer, der eine Anfechtungsklage anzettelt, schon zahlt der Verwalter alle Anwalts- und Gerichtskosten. Wenn das nicht passiert, wäre er zumindest über viele Jahre erpressbar.
Es gibt eine bessere Lösung. Es gibt ein Gerichtsurteil, dass ein vermietender Wohnungseigentümer die Kosten in genau dieser Art der Abrechnung auch an seine Mieter weitergeben darf, also ohne Rechnungsabgrenzung, einfach nach dem reinen Prinzip der Zahlungsströme. Ich habe das Aktenzeichen aber nicht zur Hand, Sie müssen es bitte selbst googeln.
Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund
Stephan Walochnik