Oft wird der Begriff „ordnungsmäßige Verwaltung“ dahingehend falsch verstanden, dass einzelne Eigentümer dem Verwalter für bestimmte Maßnahmen gerne Anweisungen geben möchten, sich sofort und kurzfristig um die Umsetzung kümmern müsse, ohne die anderen Eigentümer zu fragen. Das ist aber nur teilweise richtig.
Ordnungsmäßig ist die Verwaltung dann, wenn sie dem „billigen Ermessen“, also dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer dient, so steht es in § 18 WoEigG. Also Maßnahmen, die man von einer ordentlichen, normalen WEG-Verwaltung erwarten kann, und die dem gewöhnlichen Interesse von Wohnungseigentümern im Allgemeinen entsprechen. Sie sehen schon: Es ist ein Begriff mit viel Definitionsspielraum. Die Rechtsprechung sagt: Etwas zählt zur ordnungsmäßigen Verwaltung, wenn es aus neutraler, objektiver Sichtweise betrachtet für die Gesamtheit der Eigentümer grundsätzlich nützlich ist, wobei die individuellen Umstände und auch die finanziellen Verhältnisse der WEG zu würdigen sind.
Sie als Eigentümer können von der Gemeinschaft Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung verlangen und notfalls auch gerichtlich einfordern. Dass die WEG vom Verwalter repräsentiert wird, bedeutet aber nicht, dass dieser sofort loslegen muss, wenn ein Einzelner etwas von ihm verlangt, was ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Denn man darf nicht vergessen, dass der Verwalter alleine keine Entscheidungen treffen darf, z.B. einen Handwerker zu beauftragen und Geld für eine Reparatur auszugeben. Wenn es kein Notfall und keine Maßnahme von untergeordneter Bedeutung ist, bleibt die Entscheidung immer noch bei der Eigentümerversammlung.
Der Unterschied liegt darin, dass die Eigentümerversammlung nicht unbegründet „nein“ sagen und einen Beschlussantrag ablehnen kann, wenn die Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Als Wohnungseigentümer haben Sie nämlich einen Anspruch darauf, dass bestimmte Dinge gemacht werden, die „dazugehören“, ansonsten können Sie sie auch gerichtlich durchsetzen.
Und warum müssen diese trotzdem von der EV beschlossen werden? Das liegt daran, dass die EV sich mit dem „ob“ und mit dem „wie“ auseinandersetzen muss. So gehört bspw. die „ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums“ zur ordnungsmäßigen Verwaltung, sagt § 19 WoEigG. Aber über die Fragen, wie im vorliegenden Fall das Gemeinschaftseigentum erhalten werden soll, wer den Auftrag bekommt, was es kosten darf und wie es finanziert wird, darüber entscheidet die Eigentümerversammlung – und nicht Verwalter, Beirat oder ein betroffener Eigentümer. Zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört auch die Jahresabrechnung, die der Verwalter ohne weitere Aufforderung in der ersten Jahreshälfte aufstellen sollte, um auf dessen Basis die Abrechnungsspitze zu beschließen.
Auch über Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung muss ein Beschluss gefasst werden, aber die WEG darf die Maßnahme nicht unbegründet ablehnen. Man kann sich im Einzelfall bestimmt darüber streiten, wann etwas zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört oder nicht. Es muss eben im Sinne der Gemeinschaft der Eigentümer sein. Und weil das so ein schwammiger Begriff ist, liefert der Gesetzgeber im WoEigG mehrere Beispiele:
- Aufstellen einer Hausordnung,
- ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums,
- Abschluss einer Gebäude-Sachversicherung sowie einer Haftpflichtversicherung,
- Ansammlung einer angemessenen Erhaltungsrücklage,
- Aufstellen von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung,
- Einberufung der Eigentümerversammlung,
- Ihnen Einsicht in Verwaltungsunterlagen gewähren,
- usw.
Somit sind diese Verwaltungsmaßnahmen schon einmal definiert und Sie können einen Anspruch geltend machen, damit diese beschlossen werden. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Auch weitere Maßnahmen, die dem „billigen Ermessen“, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer dienen, entsprechen ordnungsmäßiger Verwaltung. Was das ist, hängt stark von Situation und Eigentümergemeinschaft ab. Natürlich bietet so eine schwammige Definition viel Spielraum für Interpretationen, weil der Gesetzgeber die Türe für weitere Maßnahmen offenhalten wollte. Damit wurde in Kauf genommen, dass viele Diskussionen, Literatur und Rechtsprechung entstehen.
Ordnungsmäßige Verwaltung bedeutet also nicht, dass Sie kurzerhand an den Verwalter herantreten können, wenn Sie einen Wunsch haben, und dass der Verwalter dann sofort so handeln muss. Er muss in diesen Fällen auf jeden Fall handeln, aber er darf die anderen Eigentümer nicht umgehen. Er muss die Eigentümerversammlung nach dem „ob“ und dem „wie“ fragen.