Was läuft da bloß verkehrt? Alltag in der Hausverwalter-Branche

Foto: Stephan Walochnik

Ist die Jahresabrechnung im September endlich fertig, verstehen Sie nur Bahnhof. Ein Urwald aus Begriffen wie „Saldo“, „WP-Soll“ oder „Beiratsabrechnung“ (was soll das bitte sein?) macht den Leser schwindelig und Sie erkennen, dass ein Kurs in höherer Mathematik wahrscheinlich spannender ist als die Lektüre dieses Zahlenwerks. Nach zwei oder drei Versuchen, das Zahlendickicht (Schriftart Courier New, Größe 12) doch zu bändigen. geben Sie entnervt auf und suchen einfach nur nach Ihrem Ergebnis. Ob Ihnen ein Guthaben zusteht oder Sie eine Nachzahlung leisten müssen, erkennen Sie erst auf den zweiten Blick, wenn Sie die Zahlen mit Ihren Vorauszahlungen vergleichen. Aber – wer macht jetzt eigentlich die Abrechnung für Ihren Mieter?

Zu den Eigentümerversammlungen gehen Sie schon seit Jahren nicht mehr – oder nur mit Zähneknirschen. Die Tagesordnungspunkte sind doch immer nur das Gleiche. Wirklich? Oder versteckt sich unter TOP 13b doch eine richtig dicke Instandsetzungsmaßnahme? Zwar haben Sie davon noch nie etwas gehört, weil der Verwalter die Eigentümer nicht auf dem Laufenden hält und nicht transparent kommuniziert. Wozu haben Sie eigentlich einen Beirat, wenn Sie auch von dem nichts hören? Aber keine Sorge: Ihr Geldbeutel wird Ihnen spätestens bei der Erhebung der Sonderumlage eine Rückmeldung geben.

Damit nicht genug. Jede Kontaktaufnahme zur Hausverwaltung scheitert an Kommunikationsbarrieren. Es gibt keine Mailadresse und Ihre Hausverwaltung hat feste Telefonzeiten – wie auf dem Postamt in den 70er Jahren, was wohl auch die Arbeitseinstellung (im Sinne einer Corporate Identity?) zum Ausdruck bringen soll: Der Anrufbeantworter zeichnet zwar nicht auf, empfiehlt Ihnen aber, dass Sie ein Fax schicken? Aber Ihr Fax steht verstaubt im Keller, weil es seit den 90ern niemand mehr nutzt… Ja, es nervt.

Man spricht neuerdings – vermutlich scherzhaft – von „Digitalisierung“.

Diese „Digitalisierung“ ist in doppelter Hinsicht ein Synonym: Entweder für überteuerte „Lehrgänge“, zu denen ich mich – ganz digital – per Fax anmelden kann. Oder für noch viel teurere „Software-Lösungen“, die nicht mehr bieten als die guten alten Standardprograme wie Microsoft Excel und Word, sofern man diese bedienen kann.

Die Branche sollte nicht von „Digitalisierung“ sprechen (geschweige denn flüstern), bevor es nicht Routine ist, Kunden die Jahresabrechnung per E-Mail zuzusenden. Bevor es nicht selbstverständlich ist, das Protokoll der Eigentümerversammlung mit kurzer Frist per Mail zuzusenden. Das kann nicht sein? Doch, kann es. Denn ein Protokoll ist kein nachträgliches „Umlügen“ von Beschlussergebnissen (durch jeden, der sich laut genug beschwert?). Ein Protokoll ist ein Festhalten dessen, worüber wie abgestimmt wurde – und es gibt keinen Grund, es nicht direkt vor Ort anzufertigen.

Regeln sind nicht dazu gemacht, um dem Kunden zu erklären, dass man ihm nicht helfen kann.

Viele Verwalter sollten zweckspezifischer agieren. Man muss Regeln so auslegen, dass sie der Eigentümergemeinschaft den größten Nutzen bringen – und nicht als Vorwand, untätig zu bleiben. Natürlich innerhalb eines gesunden, angemessenen Rahmens. Aber eben situationsspezifisch. Worum geht es, was möchten die jeweiligen Eigentümer? Der Zweck bestimmt die Vorgehensweise. Leider benutzen viele Verwalter die Regeln von WoEigG, DSGVO & Co. als Vorwand, um sich den Kunden vom Leib zu halten. Meine Branche benötigt wirklich dringend Hilfe.

Wie es überhaupt erst zu diesen Zuständen kommen konnte, erfahren Sie in diesem Artikel.

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