Gibt es überhaupt noch lohnenswerte Eigentumswohnungen? Oder ist das die Suche nach der Nadel im Heuhaufen? Ich denke nicht. Zwar liegt das Geld nicht auf der Straße, aber wenn Sie die vier Grundrechenarten beherrschen, ist es nicht schwer. Trotzdem sollten Sie etwas Zeit investieren, um sich die Zahlen genauer anzuschauen. Schließlich geht es um viel Geld – und um Ihre finanzielle Unabhängigkeit. Ich habe als absoluter Immobilienamateur angefangen und inzwischen sechs Nadeln im Heuhaufen gefunden. Je mehr Routine und Erfahrung Sie sammeln, desto schneller finden Sie weitere Nadeln.
Es gibt also zwei Typen von Ausgaben und zwei Typen von Einnahmen. Jetzt sind Sie gefragt! Setzen Sie sich an den Schreibtisch oder ans Telefon, um das Datenmaterial möglichst genau zusammenzutragen. Bei aller Genauigkeit dürfen Sie aber niemals vergessen, dass vergangenheitsbezogene Zahlen nicht immer auf die Zukunft hochgerechnet werden können.
- Stand die Wohnung wegen einer größeren Renovierung längere Zeit leer? Diesen Leerstand würde ich nicht hochrechnen, dafür aber vielleicht die Miete.
- Oder hat die Stadt einmalige Erschließungskosten für eine Straßenbaumaßnahme auf die WEG umgelegt? Wenn die Maßnahme abgeschlossen ist, brauchen Sie mit solchen Kosten nicht mehr zu rechnen.
Beim Kredit und den Mieteinnahmen haben Sie vermutlich etwas mehr Planungssicherheit als bei den nicht umlagefähigen Betriebskosten. Doch auch diese werden relativ konstant sein, wenn sie nur aus Verwaltungs- und Bankgebühren bestehen und die Rücklage locker für alle möglichen Reparaturen ausreicht.
Übernehmen Sie jedenfalls nicht einfach blind irgendwelche Vergangenheitsdaten.
Zumindest nicht, ohne genauer hinzusehen. Andererseits dürfen Sie sich aber auch nicht tot-analysieren, sonst gehen Sie vermutlich nie zum Notar.
Bei einem Kredit können Sie z.B. eine zehnjährige Zinsbindung vereinbaren, dann wird sich die Rate ein Jahrzehnt lang nicht ändern. Wenn Sie eine Eigentumswohnung in einer vernünftigen Lage mit vernünftiger Ausstattung kaufen, können Sie davon ausgehen, dass Sie die vergangene Miete auch in Zukunft erwarten können.
Möglicherweise wird die Instandhaltung der Immobilie in Zukunft hohe Kosten mit sich bringen. Vielleicht ist es nötig, Balkone oder Fassaden aufwendig zu sanieren und die Eigentümergemeinschaft muss zur Planung auch auf einen Architekten bzw. Fachplaner zurückgreifen. Wenn die Rücklage für bestimmte Maßnahmen nicht ausreicht, ist dann und wann eventuell eine Sonderzahlung erforderlich.
Viele Dinge müssen Sie mangels Alternative auf Basis von Vergangenheitswerten schätzen und hochrechnen. Wenn die Wohnung z.B. vor dem Kauf schon viele Jahre langfristig vermietet gewesen ist, und das bei konstanter Miete, können Sie diese Einnahmen grundsätzlich als stabil betrachten. Gab es in den letzten 20 Jahren keine Rechtsstreitigkeiten innerhalb der Eigentümergemeinschaft, müssen Sie solche Kosten auch nicht unbedingt für die Zukunft einplanen. Wenn allerdings in den letzten Eigentümerversammlungen immer wieder von Fassadensanierung oder Anstrich gesprochen wurde, dann sollten Sie sich überlegen, was das kosten könnte und nachschauen, ob genügend Geld in der Rücklage vorhanden ist.
Man sollte sich einerseits nicht tot-analysieren, aber andererseits unbedingt solche Überlegungen anstellen, die Ihnen der gesunde Menschenverstand gebietet. Je höher der Bildungsstand, desto eher neigt der Investor dazu, in die Analyse-Paralyse zu verfallen. Damit tun Sie sich auch keinen Gefallen. Entweder verbrauchen Sie zu viel Zeit oder ärgern den Verkäufer so lange mit unwichtigen Fragen, die er auch nicht beantworten kann, bis er kein Interesse mehr am Vertragsabschluss hat.
Wenn Sie also bspw. das geometrische Wachstum der Niederschlagswassergebühren der letzten 10 Jahre ausrechnen, um es auf die nächsten 20 Jahre zu extrapolieren, ist das irgendwie zu viel des Guten. Und bitte fangen Sie auch nicht mit Kaffeesatzleserei an, indem Sie die Lohnkosten des Gärtners für die nächsten 15 Jahre schätzen wollen, oder vom Verwalter eine verbindliche Zusage über sein zukünftiges Honorar verlangen. Damit werden Sie am Ende bei Miteigentümern und Verwaltung nicht auf Gegenliebe stoßen, weil es für die zu anstrengend ist.
Gesucht ist also ein gesundes Mittelmaß aus akribischer Datenanalyse einerseits und andererseits die Kirche im Dorf zu lassen, während Sie die Daten zusammentragen.