
Manche Eigentümer sehen sich nur einmal im Jahr, nämlich auf der Versammlung. Das gilt besonders für Vermieter, die nicht selbst im Objekt wohnen. Selbstverständlich gibt es viel Gesprächsbedarf, um Sichtweisen, Vorstellungen und Fragen untereinander auszutauschen und sich Meinungen zu bestimmten Themen zu bilden.
Verständlicherweise sprechen Sie meistens über weit mehr, als auf der Tagesordnung stand. Das ist auch gut so, damit Ihnen und Ihren Miteigentümern klar ist, wie das gegenseitige Meinungsbild zu bestimmten Themen aussieht. Solange aber nicht über einen Tagesordnungspunkt abgestimmt wird, hat diese kollektive Meinungsfindung nichts mit einer Beschlussfassung zu tun, sondern ist eine ganz normale Besprechung, die Sie theoretisch auch im Hausflur oder per WhatsApp halten können.
Ein Beispiel: Vielleicht möchten Sie den Eingangsbereich umgestalten oder wünschen sich eine neue Haustür. Um die richtigen Angebote einzuholen, muss zuerst besprochen werden, was sich die Mehrheit wünscht, z.B. Farbton, Gestaltung, Layout usw. Und natürlich, ob die Mehrheit das überhaupt so haben möchte. Diese Willensbildung ist sehr wichtig, damit der Verwalter weiß, welche Angebote er einholen soll und welche Wünsche er den Handwerkern vermitteln soll. Wenn die Angebote dann vorliegen, die Details und der Kostenrahmen klar sind, dann ist ein Beschluss nötig – und erst dann ist er möglich, damit es in die Umsetzung gehen kann.
Der Beschluss nämlich ist eine konkrete Anweisung an den Verwalter, eine klar bezeichnete Maßnahme mit einem bestimmten Kostenrahmen zu beauftragen. Und das ist der ganze Unterschied zwischen Beschlüssen einerseits und bloßen Anregungen, Ideen, Fragen oder Anmerkungen andererseits: Der Beschluss regelt eine ganz bestimmte Sache verbindlich, z.B. die Ausrüstung der Heizung mit einem Fernwartungssystem, die Aufstellung einer neuen Hausordnung oder die Beauftragung einer bestimmten Reparatur. Ein Beschluss ist für Sie und alle übrigen Eigentümer verbindlich – auch für Ihren Nachfolger, wenn Sie Ihre Wohnung verkaufen. Aufgrund dieser Tragweite werden bestimmte Anforderungen an jeden Beschluss gestellt. Er ist nur gültig, wenn die Formulierungen und Anweisungen klar und verständlich zu deuten sind – auch für diejenigen, die nicht an der EV teilgenommen haben.
Die Beschlüsse von morgen entstehen oft durch die unverbindlichen Gespräche auf der Eigentümerversammlung von heute. Wenn Sie auf der EV mit Ihren Nachbarn oder dem Verwalter ins Gespräch kommen, äußern Sie vielleicht Ihre Vorstellungen zu einem bestimmten Thema, hören die Sichtweise der Nachbarn und einigen sich sogar schon vorläufig auf Kompromisse oder Alternativen. Das alles ist ungeheuer wichtig, aber Sie dürfen nicht so weit gehen, dass ein spontan aufgekommenes Thema heute sofort beschlossen wird – sofern es nicht in der Einladung angekündigt wurde. Eine sofortige Entscheidung scheitert meistens an gesetzlichen Formvorschriften zum Verbraucherschutz, weil jeder Beschlussgegenstand, über den eine Entscheidung getroffen werden soll, klar und eindeutig in der Einladung stehen muss. Diese muss Ihnen drei Wochen vor der Versammlung zugestellt worden sein. Sie sollen auf der Eigentümerversammlung nicht spontan überrumpelt und zur Stimmabgabe genötigt werden, sonst wäre der Beschluss ungültig oder zumindest angreifbar.
Bei der Besprechung auf der Eigentümerversammlung – oftmals im letzten Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ stellen Sie also die Weichen für die Zukunft. Es ist eine Einordnung, damit auch der Verwalter weiß, was Sie sich wünschen und wo die Reise hingehen soll. Der letzte Punkt der Eigentümerversammlung darf gerne etwas länger dauern, denn eine ausgiebige Meinungsfindung ist sehr wichtig, aber sie hat nichts mit Beschlussfassung zu tun.
Ein Gedanke zu „Eigentümerversammlung: Was ist der Unterschied zwischen einer Besprechung und einem Beschluss?“