Beispiel Balkon (Sonder- und Gemeinschaftseigentum)

Vielleicht gehört zu Ihrer Eigentumswohnung auch ein Balkon? Sonder- und Gemeinschaftseigentum ist bei Balkonen etwas komplizierter als bei Fenstern, denn dieser besteht aus vielen Elementen, Schichten und Bauteilen, die größtenteils zum Gemeinschafts- und wenige zum Sondereigentum gehören. Folgende Skizze soll die Verhältnisse erläutern:

Zum Sondereigentum gehört neben dem Bodenbelag eigentlich nur der „Balkonraum“, also der Luftraum, der von den Balkonbrüstungen umgeben ist. Immer diese Juristen! Jetzt besitzen Sie also einen Aufenthaltsraum im Außenbereich Ihrer Wohnung.

Vielleicht fragen Sie sich, was Sie überhaupt gekauft haben, wenn Ihnen weder Fenster, Rollläden, Wohnungstür noch der eigentliche Balkon gehören. Als Besitzer einer Eigentumswohnung gehören Ihnen eigentlich nur sehr wenige Baumaterialien – vielleicht ein paar nichttragende Innenwände, Heizkörper, Tapeten und Vinylboden sowie die Küche. Viel wichtiger – Sie sind Besitzer einer Vielzahl von Nutzungsrechten, die Sie zudem für bares Geld vermieten können – und Sie haben zudem den Anspruch gegenüber der Eigentümergemeinschaft, dass Sachen repariert werden, wenn sie kaputt sind. Das ist doch eigentlich ganz praktisch.

Viele Teile des Balkons sind jedenfalls Gemeinschaftseigentum, weil sie entweder das äußere Erscheinungsbild des Hauses beeinflussen oder tragend-konstruktiv sind („Bestand oder Sicherheit des Gebäudes“). Es ist ja eigentlich das gleiche wie in Ihrer Wohnung, wo die tragenden Mauern ja auch der WEG gehören, aber der Innenraum der Wohnung ganz allein Ihr Sondereigentum ist – und von niemandem außer Ihnen genutzt werden kann. Genauso ist es auch bei Ihrem Balkon.

Gehen wir das Bild einmal von links nach rechts durch:

Markisen sind Gemeinschaftseigentum, denn sie sind von außen sichtbar und beeinflussen das Erscheinungsbild des Gebäudes. Wenn Sie eine Markise neu anbringen möchten, brauchen Sie die Genehmigung der WEG. Nicht zuletzt, weil diese für Folgekosten verantwortlich wäre – Schäden am Gemeinschaftseigentum zahlt die Eigentümergemeinschaft! Es kommt häufig vor, dass in der Teilungserklärung Sonderregelungen zu finden sind, also schauen Sie genau hin. Möglicherweise erlaubt Ihre Teilungserklärung die eigenständige, fachmännische Anbringung von Markisen, wenn ein bestimmtes Modell oder eine bestimmte Farbe verwendet wird. Üblicherweise werden Reparaturkosten an Sie übertragen.

Auch ein Anstrich beeinflusst das äußere Erscheinungsbild. Daher sind alle Stellen, die man (potentiell) von außen sehen kann, Gemeinschaftseigentum. Welche dies sind, kann im Einzelfall sehr unterschiedlich sein und umfasst auch den Blick von anderen Balkonen. Wenn jemand seinen verwitterten Balkon auf der Innenseite in derselben Farbe neu streicht, wird sich wahrscheinlich niemand daran stören. Aber was würden Sie sagen, wenn der Nachbar schräg unter Ihnen die Innenseiten seines Balkons orange oder grün streicht? Sie fänden es wahrscheinlich nicht besonders einladend. Daher ist der Begriff hier eher weit auszulegen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, gibt es auch hier entweder eine Regel in der Teilungserklärung oder noch besser: Sprechen Sie das Thema in der Eigentümerversammlung an und bitten Sie Ihre Nachbarn, einen Beschluss zu fassen, um das Thema dauerhaft zu klären.

Nicht nur die Außenwand an sich, sondern auch der Übergang zwischen Balkonboden und Außenwand hat eine Isolierung, z.B. eine Abdichtung gegen Feuchtigkeit oder bei neueren Baujahren auch eine Wärmedämmung. Diese schützt die Bausubstanz vor Witterungs- und anderen äußeren Einflüssen und gehört somit zu den Bauteilen, die „für Bestand oder Sicherheit des Gebäudes“ wichtig sind. Damit sprechen wir von Gemeinschaftseigentum.

Die Unterkonstruktion von Balkonen besteht aus mehreren Teilen. Die tragende Schicht ist oftmals eine Betonplatte (auskragende Geschossdecke) oder eine vorgesetzte Metallkonstruktion. Darauf befinden sich in der Regel eine Dämmschicht und Estrich. Weil all dies tragend-konstruktiv (Bestand und Sicherheit des Gebäudes) und von außen sichtbar ist (äußeres Erscheinungsbild), muss auch dies alles Gemeinschaftseigentum sein.

Oft verläuft auch ein Abfluss durch die Unterkonstruktion, z.B. ein Regenfallrohr. Auch dies gehört zum Gemeinschaftseigentum, denn nicht abfließendes Wasser könnte die Bausubstanz schädigen. Damit sind wir wieder bei Bestand und v.a. Sicherheit des Gebäudes. Außerdem wird ja das Niederschlagswasser aller Balkone über die Abläufe entwässert, womit wir hier ebenfalls im Bereich der gemeinschaftlichen Nutzung sind.

Immerhin ist der Fußbodenbelag Ihr Sondereigentum. Wenn Sie also neue Fliesen haben oder Holzbohlen verlegen möchten – auf in den Baumarkt! Aber bitte lesen Sie trotzdem vorsichtshalber Ihre Teilungserklärung. Nicht dass Sie noch eine Sonderregelung finden. Schließlich kann man auch den Fußbodenbelag von anderen Balkonen aus sehen. Ein potentieller Streitpunkt, den der Gesetzgeber so nicht bedacht hat?

Bei Balkonsanierungen gilt es hinsichtlich des Fußbodens auch die Regelungen aus §14 Abs. 3 WoEigG zu beachten. Es kommt oft vor, dass die Abdichtungsschicht unter den Platten eines Tages undicht wird und Wasser in den Unterboden eindringen kann. Sie erkennen das oft an Ausblühungen an der Balkondecke eine Etage tiefer. Bei einer Sanierung der Abdichtungsschichten von Balkonen ist die WEG zuständig. Sie muss ein Unternehmen beauftragen, den Untergrund abzutragen und komplett zu erneuern (Gemeinschaftseigentum). Um überhaupt dort dranzukommen, werden höchstwahrscheinlich auch Fliesen kaputtgehen (Sondereigentum). Laut §14 Abs. 3 WoEigG bekommen Sie von der WEG einen „angemessenen Ausgleich in Geld“ – und können davon neue Fliesen verlegen lassen. Noch besser wäre es, wenn die WEG die Fliesen im Rahmen der Gesamtmaßnahme gleich mit erneuern lässt, damit es keine Unstimmigkeiten zum „angemessenen Ausgleich“ gibt.

Die Außenwände des Balkons, die Brüstungsmauer bzw. das Geländer gehören zum Gemeinschaftseigentum, weil man sie von überall sehen kann und sie das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes ausmachen. Die obere Abdeckung der Mauer (genannt Kronenblech) ist nicht nur sichtbar, sondern schützt die Mauer auch vor eindringendem Wasser (Schutz des Gebäudes) und damit Gemeinschaftseigentum.

Ihr Garten – ein ganz besonderes Privileg

Gärten sind fast immer Sondernutzungsrechte. Zumindest, wenn sie nicht Gemeinschaftseigentum sind. Unter Sondernutzungsrechten versteht man Grundstücks- bzw. Gartenflächen, die zum Gemeinschaftseigentum gehören, an denen aber einer bestimmten Partei das ausschließliche Nutzungsrecht eingeräumt wurde.

Bis zur WEG-Reform 2020 war der Gesetzgeber nämlich der Meinung, dass Gärten räumlich nicht abgeschlossen sein können, weil sie weder Wände noch ein Dach haben. Räumliche Abgeschlossenheit war bis 2020 aber die wesentliche Voraussetzung für die Schaffung von Sondereigentum. Und so hat man behelfsweise das Recht eingeräumt, diesen Teil des Grundstücks alleine zu nutzen, obwohl er Gemeinschaftseigentum ist.

Sowohl die Zuordnung zu Sondereigentum als auch die Einräumung eines Sondernutzungsrechts bewirkt, dass Sie Ihren Garten alleine nutzen dürfen. Es macht aber durchaus einen Unterschied in Bezug auf die Kostentragung und das Recht, Veränderungen vorzunehmen. Ein Garten mit Sondernutzungsrecht ist immer noch Gemeinschaftseigentum, daher dürfen Sie keine wesentlichen Veränderungen vornehmen, z.B. kein Gartenhäuschen bauen und keinen großen Baum pflanzen, ohne die Nachbarn zu fragen.

Besonders brisant: Wenn es in der Teilungserklärung keine anderslautende Regelung gibt, muss die gesamte WEG sich an den Kosten der Gartenpflege beteiligen, z.B. an den Kosten für den Gärtner, weil die Fläche nach wie vor Gemeinschaftseigentum ist – auch wenn dieses mit einem Sondernutzungsrecht belegt ist. Weil das vielen Leuten unfair erscheint, gibt es in vielen Teilungserklärungen individuelle Regeln zu den Pflege- und Instandhaltungskosten. Es ist auch zulässig, die Kostentragung über einen Beschluss zu regeln.

Wie bereits angekündigt, können Gärten seit der WEG-Reform im Jahr 2020 auch ohne Dach und Wänden zu Sondereigentum erklärt werden. Aber Vorsicht! Ältere Teilungserklärungen ändern sich nicht automatisch durch die Gesetzesreform – und Sie haben auch keinen Anspruch auf Anpassung. In Ihren alten Passat von 1970 wurde ja auch nicht nachträglich ein Airbag nachgerüstet, oder? Wenn Ihr Garten bisher ein Sondernutzungsrecht gewesen ist, dann bleibt es so. Es sei denn, alle Eigentümer würden freiwillig beim Notar einer Änderung der Teilungserklärung zustimmen.

Ihr Miteigentumsanteil kennt keine Quadratmeter

Ganz allgemein gehört Ihnen nicht nur Ihre Eigentumswohnung (das Sondereigentum), sondern auch ein prozentualer Anteil am Gemein-schaftseigentum. So steht es in §6 WoEigG: Beides ist untrennbar verbunden. In der Teilungserklärung gibt es wahrscheinlich einen Abschnitt „Liste der Miteigentumsanteile“, in dem Sie Ihre Wohnung finden:

„106,49 / 1.000 Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung 4, 1. Obergeschoss links, bestehend aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Diele, Bad, WC, Balkon, Kellerraum mit einer Wohnfläche von ca. 65,43 qm, im Aufteilungsplan mit Nummer 4 bezeichnet.“

Das Besondere am Wohnungseigentum ist, dass zwei Eigentumsarten miteinander verbunden sind, nämlich direktes, ausschließliches Eigentum an Ihrer Wohnung und ein ideeller, prozentualer Anteil am Gesamteigentum.

Die Miteigentumsanteile müssen übrigens nicht dem prozentualen Verhältnis der Quadratmeter aller Wohnungen entsprechen, auch wenn viele Eigentümer das immer noch glauben. Der MEA hat aber wirklich nichts mit der Wohnfläche Ihrer Wohnung zu tun.

Während die Quadratmeter ein Flächenmaß für den Inhalt Ihrer Wohnung sind, die übrigens hauptsächlich im Mietrecht gebraucht werden, stammen MEA aus dem Wohnungseigentumsrecht und sagen etwas über Ihren prozentualen Anteil am Gemeinschaftseigentum aus. Der Miteigentumsanteil muss durch die Teilungserklärung erst mit Ihrer Wohnung verbunden werden.

 „106,49 / 1.000 Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung 4, 1. Obergeschoss links, bestehend aus…“

  • Die qm messen als Flächenmaß die Innenseite Ihrer Wohnung (Sondereigentum).
  • Die MEA geben Auskunft, wie viel Prozent vom Grundstück bzw. vom Gemeinschaftseigentum Ihnen gehört (Gemeinschaftseigentum).

Trotzdem stimmen die prozentualen Verhältnisse von Quadratmeter und MEA in vielen Teilungserklärungen überein (aber längst nicht in allen), weil z.B. der Bauträger das geläufige Missverständnis von vornerein vermeiden möchte. MEA und qm werden für verschiedene Abrechnungen gebraucht:

  • Im Mietrecht sind qm der vorrangige Umlageschlüssel für die Betriebskostenabrechnung. Wenn im Mietvertrag nichts anderes vereinbart ist, werden Kosten nach qm auf die Mieter umgelegt. Man setzt die Flächen der Wohnungen zueinander in Beziehung.
  • Im Wohnungseigentumsrecht verwendet man die MEA als Umlageschlüssel für die Jahresabrechnung, sofern in der Teilungserklärung oder per Beschluss nichts anderes vereinbart wurde. Also kein Flächenmaß für die Innenseite Ihrer Wohnung, sondern ein Prozentsatz für Ihren Anteil am Grundstück bzw. am Gemeinschaftseigentum.

Vielleicht ahnen Sie schon, dass vermietende Wohnungseigentümer zwei Abrechnungen mit ganz anderen Umlageschlüsseln erstellen müssen? Schließlich bekommen Sie vom WEG-Verwalter eine Jahresabrechnung, die die Kosten nach MEA verteilt, und müssen dem Mieter gegenüber nach qm abrechnen. Falls MEA und qm abweichen, kommt auf jeden Fall ein anderes Abrechnungsergebnis heraus. Das weiß auch der Gesetzgeber und hat das Dilemma im Jahr 2020 gelöst: Das Mietrecht regelt in §556a BGB, dass der Vermieter einer Eigentumswohnung auch seinem Mieter gegenüber nach MEA abrechnen darf – zumindest, wenn im Mietvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde.

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