Wenn Gemeinschaftseigentum zum Problem wird

Ob vermietet oder selbstbewohnt – als Inhaber einer Eigentumswohnung sind Sie in bestimmten Situationen auf die Mithilfe der anderen Eigentümer bzw. des Verwalters angewiesen. Wenn Schäden am Gemeinschaftseigentum Ihr Sondereigentum beeinträchtigen, ist die WEG zuständig, den Schaden zu beheben. Sie wird durch den Verwalter vertreten, und dieser ist in vielen Angelegenheiten auf einen Beschluss der WEG angewiesen. Dazu gehören auch Sanierungsthemen. Entsprechend unangenehm kann es für Sie sein, wenn die Miteigentümer Ihnen bei Schäden die Unterstützung verweigern oder der Verwalter trödelt.

Anders als bei einem Mehrfamilienhaus, das Ihnen selbst allein gehört, können Sie als Wohnungseigentümer nicht immer alles alleine entscheiden und umsetzen. Entscheidungsprozesse dauern aufgrund der Mitspracherechte in der Rechtsform WEG einfach länger. Deshalb sollten Sie sich Ihre Nachbarn gut aussuchen. Ebenso den Verwalter, denn niemand außer ihm darf die WEG nach außen hin vertreten, also z.B. Handwerkern Aufträge erteilen.

Aber obwohl nur der Verwalter im Namen der WEG Aufträge erteilen darf – der vorgelagerte Prozess, die sogenannte Willensbildung einer WEG, also das Treffen einer Entscheidung, passiert auf der Eigentümerversammlung. Dort wird entschieden, was der Verwalter beauftragen darf. Die Eigentümerversammlung – zu dieser später mehr – beschließt über das „ob“ und das „wie“, z.B. von baulichen Maßnahmen. Der Verwalter kann nur bei Dingen von untergeordneter Bedeutung selbst eine Entscheidung treffen.

Weder der Beirat noch einzelne Wohnungseigentümer dürfen sich darüber hinwegsetzen. Allerdings darf der Verwalter meist auch ohne Versammlung Reparaturen bis zu einem bestimmten Gegenwert beauftragen, der in der Verwaltervollmacht, im Verwaltervertrag oder in einem Beschluss festgelegt wurde. Ebenso in dringenden Notfällen, bei denen es keinen Ermessensspielraum gibt. In allen anderen Fällen führt kein Weg an einer Versammlung vorbei.

Ein Beispiel: Die Zentralheizung ist ausgefallen. Sie gehört zum Gemeinschaftseigentum, daher ist die WEG zuständig. Der Verwalter muss die Reparatur beauftragen. Liegt der Kostenrahmen oberhalb seiner Verwaltervollmacht, muss schnellstens eine Eigentümerversammlung einberufen werden. Natürlich sind sich bei diesem Extrembeispiel schnell alle einig, weil niemand frieren will. Wenn es um eine Reparatur oder ein Ersatzteil geht, wird sich ein umsichtiger Verwalter sicherlich im Einzelfall über seine Verwaltervollmacht hinwegsetzen, wenn das im Sinne seiner Kunden ist, damit diese nicht während der Einladungsfrist zur EV frieren müssen.

Aber es gibt auch andere Situationen, in denen sich Schäden am Gemeinschaftseigentum auf Ihr Sondereigentum auswirken, bei denen nicht sofort allen Beteiligten klar ist, dass schnelles Handeln geboten ist, zum Beispiel:

  • Die Außenbeleuchtung flackert vor Ihrem Schlafzimmerfenster und Sie können nicht schlafen.
  • Die Abdichtung des Balkons ist kaputt und ruiniert Ihren Parkettboden.
  • Die Fenster sind undicht – es zieht.
  • Das Dach ist undicht, aber niemand weiß wo. Eintrittsstelle ungleich Austrittstelle. Aber alle zwei Jahre haben Sie in Ihrer DG-Wohnung Wasserflecken an der Decke.

Nehmen wir das letzte Beispiel. Auch wenn „nur“ die DG-Wohnung den Schaden unmittelbar spürt, sollte die WEG schnell handeln. Es kann aber viel Zeit ins Land ziehen, denn bei einem größeren Schaden muss der Verwalter Ursachensuche betreiben, Angebote einholen und eine Eigentümerversammlung vorbereiten. Oftmals ist die Ursache auch einfach nicht so schnell gefunden, wie alle Beteiligten sich das wünschen.

In einer WEG mit vernünftigen Eigentümern, anständigem Miteinander und fähigem Verwalter ist die Eigentümerversammlung schnell einberufen, es wird umfassend über die Situation aufgeklärt, und die Lage ist schnell verstanden. Alle wissen, dass man schnell etwas tun muss. Notwendige Beschlüsse werden gefasst und kurzfristig umgesetzt. Ihre Decke ist wieder trocken, gestrichen und Ihr Mieter ist wieder glücklich. Der Vorfall ist bald Schnee von gestern. Die Eigentümer einerguten WEG ziehen am gleichen Strang, um zu einem Beschluss zu kommen, damit es weitergeht, und der Verwalter kann Mängel schnell und konsequent beseitigen.

Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.Leider gibt es auch Eigentümergemeinschaften, die sich auf der Versammlung in Grund und Boden diskutieren, sich immer wieder vertagen, bevor Entscheidungen getroffen, geschweige denn umgesetzt werden. Vielleicht wird die Notwendigkeit nicht erkannt, die Reparatur als Unfug abgetan, es ist kein Geld da oder der Tagesordnungspunkt wird von einer Versammlung zur nächsten vertagt, um immer neue Angebote einzuholen oder sich nicht festzulegen. Sei es aus Unwissen, Gleichgültigkeit oder Geldnot – Sie bekommen einfach nicht die notwendige Mehrheit, obwohl es doch so dringend weitergehen müsste. Auch viele Verwalter sind mit Arbeit so überladen oder mit manchen Situationen derart überfordert, dass sie gar nicht erst zur Eigentümerversammlung einladen oder Beschlüsse nur im Schneckentempo umsetzen. Sprich: Sie kommen mit Ihrem Problem nicht vom Fleck. Die Substanz bröckelt vor sich hin und der Wert Ihrer Eigentumswohnung schmilzt wie Eis im Sommer. Zwar haben Sie einen Anspruch auf Instandhaltung, aber den können Sie ja mal einklagen. Anwalts- und Gerichtskosten müssen Sie vorstrecken – und sich auf längere Wartezeiten einstellen. Wenn Sie in einer WEG auf dem Klageweg weiterkommen möchten, kann das Monate oder Jahre dauern.

Solche Extremfälle in Eigentümergemeinschaften sind glücklicherweise sehr selten. Die meisten Menschen erkennen, wenn ein Nachbar Hilfe benötigt. Als Wohnungseigentümer sind Sie aber in jedem Fall auf die Kooperationsbereitschaft anderer Menschen angewiesen, was Sie in eine gewisse Abhängigkeit bringt. Suchen Sie sich Ihre Nachbarn also gut aus.

Beispiel Balkon (Sonder- und Gemeinschaftseigentum)

Vielleicht gehört zu Ihrer Eigentumswohnung auch ein Balkon? Sonder- und Gemeinschaftseigentum ist bei Balkonen etwas komplizierter als bei Fenstern, denn dieser besteht aus vielen Elementen, Schichten und Bauteilen, die größtenteils zum Gemeinschafts- und wenige zum Sondereigentum gehören. Folgende Skizze soll die Verhältnisse erläutern:

Zum Sondereigentum gehört neben dem Bodenbelag eigentlich nur der „Balkonraum“, also der Luftraum, der von den Balkonbrüstungen umgeben ist. Immer diese Juristen! Jetzt besitzen Sie also einen Aufenthaltsraum im Außenbereich Ihrer Wohnung.

Vielleicht fragen Sie sich, was Sie überhaupt gekauft haben, wenn Ihnen weder Fenster, Rollläden, Wohnungstür noch der eigentliche Balkon gehören. Als Besitzer einer Eigentumswohnung gehören Ihnen eigentlich nur sehr wenige Baumaterialien – vielleicht ein paar nichttragende Innenwände, Heizkörper, Tapeten und Vinylboden sowie die Küche. Viel wichtiger – Sie sind Besitzer einer Vielzahl von Nutzungsrechten, die Sie zudem für bares Geld vermieten können – und Sie haben zudem den Anspruch gegenüber der Eigentümergemeinschaft, dass Sachen repariert werden, wenn sie kaputt sind. Das ist doch eigentlich ganz praktisch.

Viele Teile des Balkons sind jedenfalls Gemeinschaftseigentum, weil sie entweder das äußere Erscheinungsbild des Hauses beeinflussen oder tragend-konstruktiv sind („Bestand oder Sicherheit des Gebäudes“). Es ist ja eigentlich das gleiche wie in Ihrer Wohnung, wo die tragenden Mauern ja auch der WEG gehören, aber der Innenraum der Wohnung ganz allein Ihr Sondereigentum ist – und von niemandem außer Ihnen genutzt werden kann. Genauso ist es auch bei Ihrem Balkon.

Gehen wir das Bild einmal von links nach rechts durch:

Markisen sind Gemeinschaftseigentum, denn sie sind von außen sichtbar und beeinflussen das Erscheinungsbild des Gebäudes. Wenn Sie eine Markise neu anbringen möchten, brauchen Sie die Genehmigung der WEG. Nicht zuletzt, weil diese für Folgekosten verantwortlich wäre – Schäden am Gemeinschaftseigentum zahlt die Eigentümergemeinschaft! Es kommt häufig vor, dass in der Teilungserklärung Sonderregelungen zu finden sind, also schauen Sie genau hin. Möglicherweise erlaubt Ihre Teilungserklärung die eigenständige, fachmännische Anbringung von Markisen, wenn ein bestimmtes Modell oder eine bestimmte Farbe verwendet wird. Üblicherweise werden Reparaturkosten an Sie übertragen.

Auch ein Anstrich beeinflusst das äußere Erscheinungsbild. Daher sind alle Stellen, die man (potentiell) von außen sehen kann, Gemeinschaftseigentum. Welche dies sind, kann im Einzelfall sehr unterschiedlich sein und umfasst auch den Blick von anderen Balkonen. Wenn jemand seinen verwitterten Balkon auf der Innenseite in derselben Farbe neu streicht, wird sich wahrscheinlich niemand daran stören. Aber was würden Sie sagen, wenn der Nachbar schräg unter Ihnen die Innenseiten seines Balkons orange oder grün streicht? Sie fänden es wahrscheinlich nicht besonders einladend. Daher ist der Begriff hier eher weit auszulegen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, gibt es auch hier entweder eine Regel in der Teilungserklärung oder noch besser: Sprechen Sie das Thema in der Eigentümerversammlung an und bitten Sie Ihre Nachbarn, einen Beschluss zu fassen, um das Thema dauerhaft zu klären.

Nicht nur die Außenwand an sich, sondern auch der Übergang zwischen Balkonboden und Außenwand hat eine Isolierung, z.B. eine Abdichtung gegen Feuchtigkeit oder bei neueren Baujahren auch eine Wärmedämmung. Diese schützt die Bausubstanz vor Witterungs- und anderen äußeren Einflüssen und gehört somit zu den Bauteilen, die „für Bestand oder Sicherheit des Gebäudes“ wichtig sind. Damit sprechen wir von Gemeinschaftseigentum.

Die Unterkonstruktion von Balkonen besteht aus mehreren Teilen. Die tragende Schicht ist oftmals eine Betonplatte (auskragende Geschossdecke) oder eine vorgesetzte Metallkonstruktion. Darauf befinden sich in der Regel eine Dämmschicht und Estrich. Weil all dies tragend-konstruktiv (Bestand und Sicherheit des Gebäudes) und von außen sichtbar ist (äußeres Erscheinungsbild), muss auch dies alles Gemeinschaftseigentum sein.

Oft verläuft auch ein Abfluss durch die Unterkonstruktion, z.B. ein Regenfallrohr. Auch dies gehört zum Gemeinschaftseigentum, denn nicht abfließendes Wasser könnte die Bausubstanz schädigen. Damit sind wir wieder bei Bestand und v.a. Sicherheit des Gebäudes. Außerdem wird ja das Niederschlagswasser aller Balkone über die Abläufe entwässert, womit wir hier ebenfalls im Bereich der gemeinschaftlichen Nutzung sind.

Immerhin ist der Fußbodenbelag Ihr Sondereigentum. Wenn Sie also neue Fliesen haben oder Holzbohlen verlegen möchten – auf in den Baumarkt! Aber bitte lesen Sie trotzdem vorsichtshalber Ihre Teilungserklärung. Nicht dass Sie noch eine Sonderregelung finden. Schließlich kann man auch den Fußbodenbelag von anderen Balkonen aus sehen. Ein potentieller Streitpunkt, den der Gesetzgeber so nicht bedacht hat?

Bei Balkonsanierungen gilt es hinsichtlich des Fußbodens auch die Regelungen aus §14 Abs. 3 WoEigG zu beachten. Es kommt oft vor, dass die Abdichtungsschicht unter den Platten eines Tages undicht wird und Wasser in den Unterboden eindringen kann. Sie erkennen das oft an Ausblühungen an der Balkondecke eine Etage tiefer. Bei einer Sanierung der Abdichtungsschichten von Balkonen ist die WEG zuständig. Sie muss ein Unternehmen beauftragen, den Untergrund abzutragen und komplett zu erneuern (Gemeinschaftseigentum). Um überhaupt dort dranzukommen, werden höchstwahrscheinlich auch Fliesen kaputtgehen (Sondereigentum). Laut §14 Abs. 3 WoEigG bekommen Sie von der WEG einen „angemessenen Ausgleich in Geld“ – und können davon neue Fliesen verlegen lassen. Noch besser wäre es, wenn die WEG die Fliesen im Rahmen der Gesamtmaßnahme gleich mit erneuern lässt, damit es keine Unstimmigkeiten zum „angemessenen Ausgleich“ gibt.

Die Außenwände des Balkons, die Brüstungsmauer bzw. das Geländer gehören zum Gemeinschaftseigentum, weil man sie von überall sehen kann und sie das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes ausmachen. Die obere Abdeckung der Mauer (genannt Kronenblech) ist nicht nur sichtbar, sondern schützt die Mauer auch vor eindringendem Wasser (Schutz des Gebäudes) und damit Gemeinschaftseigentum.

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