Berufswunsch: Influencer oder Hausverwalter?

Foto: Stephan Walochnik

Wahrscheinlich möchten sich private Wohnungseigentümer nicht so gern mit dem Berufsbild „Hausverwalter“ und seinen Aussichten auseinandersetzen, aber es wird Ihre Nebenkosten in den nächsten Jahrzehnten deutlich verändern. Gerade komme ich vom jährlichen Branchentreffen in Münster und habe mal wieder festgestellt: Alle Kollegen sind sich einig, dass es fast keine fähigen WEG-Verwalter mehr gibt.

Nicht nur die Eigentümergemeinschaften finden keine Verwalter mehr. Auch die Verwaltungsbetriebe schaffen es nicht, (wenn überhaupt) an bezahlbares Personal zu kommen. Und es wird jährlich schlimmer, oder anders formuliert: Die Konditionen werden sich zu unseren Gunsten verbessern. Das freut mich.

Liebe Eigentümer bitte verstehen Sie das nicht falsch. Sie wissen, dass ich immer 100% gebe, damit Sie zufrieden sind. Aber als ich angefangen habe, musste ich eine Menge Klinken putzen, und ausgesprochen billige Eröffnungsangebote abgeben, anders kam ich als Quereinsteiger vor 10 Jahren nicht in den Markt. Scheinbar hat die ganze Branche mir das nachgemacht, jedenfalls herrschte viele Jahre ein ungerechtfertigter Preiskampf, der scheinbar erst vor ein paar Jahren zu Ende war. Andererseits sind die Verwalterhonorare in den letzten Jahren kaum gestiegen. Ich habe irgendwo aufgeschnappt, dass Grundbesitzabgaben in den letzten Jahrzehnten um 2.000 Prozent gestiegen sind, während sich die Verwalterhonorare nur verdoppelt haben. Doof. Das ist vielen Eigentümern nicht klar, obwohl viele wahrscheinlich mehrfach die Miete erhöht haben und die Eigentumswohnungen eine enorme Wertsteigerung erfahren haben. In der Branche fängt zum Glück langsam ein Umdenken an, dass kein Verwalter mehr seine Arbeitskraft für 25 EUR pro Wohnung und Monat verscherbelt.

Auch in diesem Jahr war auf der Konferenz die Rede davon, dass die Kollegen Objekte unter zehn Einheiten einfach nicht mehr annehmen. „Wir schaffen von der Kapazität her nicht und die Leute sind auch nicht bereit es zu bezahlen.“ Vor allem im Segment der „kleinen Häuser“ unter 10 WE verschärft sich der Wettbewerb (auf Seite der Nachfrager!) dramatisch.

Es ist ja auch kaum zu übersehen: Überall wird gebaut, es gibt immer mehr Eigentumswohnungen und immer weniger WEG-Verwalter. Wer will schon so einen Beruf machen? Verstaubtes Image, Eigentümerversammlung nach 19 Uhr, Büroalltag und häufig Notfälle. Ich habe mich vielleicht schon daran gewöhnt, aber die meisten jungen Leute, die gerade vor der Berufswahl stehen, wollen lieber Blogger werden, Influencer, oder um die Welt reisen. Bestenfalls BWL studieren und Wirtschaftsprüfer werden. Jedenfalls nicht Hausverwalter. Der Nachwuchs geht langsam aus und die Preise werden sich verschärfen.

Foto: Stephan Walochnik

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