Ihre selbstgenutzte Eigentumswohnung ist keine Investition!

Zu Beginn Ihrer Investitionentscheidung steht die Frage, ob Sie die Wohnung als Konsumgut oder als Investition kaufen. Auch wenn Sie kein Mathe-Nerd sind, für den die Welt nur aus Zahlen besteht: Bei Ihrer Immobilieninvestition sollten Sie sich angewöhnen, genauer auf die Zahlen zu schauen. Denn da geistern viele Halbwahrheiten durch die Köpfe:

  • Eine Eigentumswohnung ist immer eine gute Altersvorsorge.
  • Die Preise von Immobilien werden immer steigen.
  • Wenn Du selbst drin wohnst, sparst Du die Miete.
  • Du solltest jetzt investieren. Die Zinsen waren noch nie so günstig.
  • Du kannst die Wohnung später immer noch vermieten. Bis dahin werden die Mieten steigen.

Das mag alles sein. Aber kaufen Sie sich die Eigentumswohnung zur Selbstverwirklichung? Oder als Investitionsgut, um regelmäßige Rückflüsse zu erhalten? Das macht einen großen Unterschied.

Ihre selbstbewohnte Eigentumswohnung ist keine Investition.
Sie ist ein Konsumgut. Punkt.

Sie sagen jetzt vielleicht: „Aber bei der selbstgenutzten Wohnung spare ich mir doch die Miete.“ Das ist auch erstmal richtig. Doch steht die ersparte Miete wirklich immer so im Vordergrund, wie man glaubt? Oder wollen sie sich (berechtigterweise) auch ein Bisschen selbst verwirklichen, und die Wohnung nach Ihrem Geschmack gestalten? Machen sie das ruhig, es ist in Ordnung und ich verurteile es auch nicht. Ich möchte Ihnen nur folgende Perspektive aufzeigen: Viele Leute reden sich ein, dass sie eine Wohnung kaufen, um die Miete zu ersparen, die sie für eine gleichwertige Mietwohnung bezahlen müssten. Das greift zu kurz – davon abgesehen, dass Sie anstatt einer Miete erstmal viele Jahre die Rate an die Bank zahlen.

Und nach dem Einzug wird erstmal eine teure Küche gekauft und das Bad ganz nach Ihrem eigenen Geschmack saniert, schließlich wollen Sie sich zu Hause auch wohlfühlen. Machen Sie das. Aber reden Sie sich nicht ein, dass Sie damit Geld sparen oder fürs Alter vorsorgen. Ich kann das nachvollziehen und möchte es gar nicht abwerten. Der Mieter in seiner Mietwohnung würde wahrscheinlich nicht so viel investieren.

Sie kaufen sich doch auch kein Auto, um Bahn- und Taxikosten zu sparen. Sie wollen mit dem Cabrio dem Sonnenuntergang entgegendüsen.

Foto: Stephan Walochnik

Was ist der Unterschied zwischen Investition und Konsumgut?

Sagen wir, Sie hätten einen bestimmten Geldbetrag.

Fall 1: Schulden bzw. Verschwendung: Sie kaufen sich ein teures Auto, die Kohle ist weg und kommt auch nicht wieder. Sie fahren mit dem Auto durch die Gegend und in den ersten Wochen hat man viel Spaß an einem Neuwagen. Aber der Wagen ist nur noch die Hälfte wert, sobald Sie beim Autohändler vom Hof fahren. Natürlich ist der Wagen versichert und hat auch einen gewissen Restwert, der allerdings von Tag zu Tag und von Kilometer zu Kilometer immer weiter sinkt. Geld = weg.

Falls 2: Sie kaufen sich von dem Geld Aktien. Natürlich keine Zockeraktien, von denen Sie über einen heißen Tipp, einen Bekannten oder halbseriöse Newsletter erfahren haben. Sondern Anteile von großen Unternehmen, die jeder kennt, und natürlich streuen Sie. Das ist eine ganz andere Art der Geldverwendung, nämlich eine Investition. Das Geld ist zwar nicht mehr auf Ihrem Konto, aber es vermehrt sich, denn jedes Jahr fließt ein Teil davon in Form von Dividenden zurück auf Ihr Konto. Geld = kommt wieder.

Das gleiche gibt es auch bei Eigentumswohnungen:

Fall 1: Entweder Sie kaufen eine Wohnung, in der Sie sich selbst verwirklichen, selbst darin wohnen und sich pudelwohl fühlen. Sie kaufen sich eine 200.000 EUR-Wohnung und wohnen selbst darin. (Fall 1: Der Sportwagen, ein persönliches Konsumgut.)

Fall 2: Oder Sie kaufen eine Investition, eine vermietete Eigentumswohnung, die Ihr Geld in kleinen Schritten, aber kontinuierlich zurück auf Ihr Konto fließen lässt. Sie kaufen sich eine 100.000 EUR-Wohnung und vermieten sie. Dann bringt sie jedes Jahr z.B. 7.000 EUR Rückflüsse (Fall 2: Das Investitionsgut, die Dividendenaktie mit regelmäßigen Rückflüssen. Und Immobilien kann man kreditfinanzieren und braucht sehr wenig Kapitaleinsatz).

Natürlich gibt’s schlimmstenfalls auch mal Mietausfall oder Leerstand. Oder instandhaltungsmaßnahmen, bei denen jeder Eigentümer seinen Beitrag leisten muss. Genau wie selbst bei den besten Dividendenaktien in der Coronazeit mal die Dividende ganz ausfällt. Aber das macht keinen Unterschied, denn auf lange Sicht bringen Aktien und Immobilien viel zurück.

Und das Einfamilienhaus, in dem Sie wohnen? Das ist ein Konsumgut. Sie nehmen einen Kredit auf, bezahlen davon das Haus und Sie zahlen es 30 Jahre lang zurück. Sie konsumieren Ihr Haus langfristig, indem Sie darin wohnen. Dadurch wird es zum Konsumgut.

Ihr Einfamilienhaus bringt keine Dividende, vielmehr konsumieren Sie es.

Denken Sie doch mal an andere Konsumgüter, z.B. Äpfel, Nüsse, ein Audiobuch, den Sportwagen, ein Klavier oder Ihr Monatsticket für die Straßenbahn. Unabhängig davon, ob es vergänglich oder dauerhaft ist, ob Sie es bar bezahlen oder kreditfinanzieren – es dient erstmal Ihrem Konsum. Und bitte hoffen Sie nicht auf die Wertsteigerung in 20 Jahren. Die haben Sie nämlich auch, wenn Ihr Auto zum Oldtimer oder das Klavier zum Sammlerstück wird. Ich würde nicht darauf hoffen.

Die Wertsteigerung Ihrer selbstgenutzten Immobilie hängt von der Drittverwendungsmöglichkeit ab:

Eine selbstgenutzte Immobilie hat oft für die Eigentümer selbst einen sehr viel höheren Nutzen als für Dritte. Nach dem Kauf und vor dem Einzug möblieren oder renovieren Sie, wie Sie es in dieser hochwertigen Ausstattung niemals machen würden, wenn die Immobilie vermietet wäre. Vielleicht ein schickes neues Badezimmer, vielleicht in Luxusausstattung? Oder eine aufwendige Gestaltung des Gartens, wo Sie dem Mieter höchstens sagen würden: Ich erlaube es Dir, aber mach selber. Eine maßgeschneiderte Schreibtischausstattung für Ihr Homeoffice? Die passt aber nur in dieses Arbeitszimmer, sie ist ja maßgeschneidert.

In der eigenen Immobilie versucht man immer, sich selbst zu verwirklichen. Das ist auch in Ordnung.

Foto: Stephan Walochnik

Es spricht auch überhaupt nichts dagegen; für sein eigenes Leben und seine eigene Zufriedenheit sollte man unbedingt sorgen. Man darf sich dann nur nicht mehr einreden, dass man mit der Eigentumswohnung ganz viel Miete erspart, oder dass sie ein Investitionsgut ist, denn an den Stellen, wo die Renovierungs- und Bauarbeiten darüber hinausgehen, was man dem Mieter vertraglich schuldet, wird aus dem Konsumgut ein Luxusgut. Diese Wohnung (oder das Einfamilienhaus) würden Sie in der Form nicht so gut an Dritte vermieten können, weil Sie es individualisiert haben.

Und das sollen Sie ja auch, Sie sollen sich ja zu Hause wohlfühlen. Aber in erster Linie ist eine selbstgenutzte Immobilie wie ein schickes Auto: Man nutzt es selbst, man nutzt es gerne und genie0t es auch. Aber nicht nur, weil man sich dafür die Taxi- oder Bahnkosten spart.

Sondern weil man gerne mit dem Cabrio dem Sonnenuntergang entgegenfährt.

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