Eigentümerversammlung oder Umlaufbeschluss

Foto: Stephan Walochnik.

Wenn Ihre Wohnung nicht gerade in einer sehr großen Eigentümergemeinschaft liegt, kann ein Umlaufbeschluss sinnvoll sein, einen Beschluss außerhalb einer Eigentümerversammlung zu fassen, um einen Vorgang zu beschleunigen.

Ein Umlaufbeschluss bezeichnet einen „Unterschriftenzettel“, auf dem sich die Eigentümer einer WEG mit einem Beschlussvorschlag einverstanden erklären, ohne dass es einer Eigentümerversammlung bedarf. Weil praktisch keine Formalitäten (z.B. Einladungsfristen) eingehalten werden müssen, müssen alle Eigentümer zustimmen, d.h. 100% der im Grundbuch eingetragenen Eigentümer.

Es ist möglich, einen Umlaufbeschluss mit einfacher Mehrheit zu fassen. Weil Sie aber als Privatperson vom Gesetzgeber geschützt werden sollen, geht das nur dann, wenn die Eigentümerversammlung sich schon einmal grob mit einem Thema vorbefasst hat und die einfache Mehrheit für diesen Einzelfall genehmigt hat.

Eine zusätzliche Eigentümerversammlung ruft einen gewissen Koordinationsaufwand hervor. Man muss eine Einladung und Tagesordnung erstellen, das Protokoll vorbereiten, einen Versammlungsort finden, die Einladungen verschicken und später auch das Protokoll und vieles mehr.

Wenn ein Thema aber nicht allzu besprechungsintensiv ist, und wenn die WEG eine überschaubare Größe hat, kann man den ganzen Aufwand umgehen: Der Verwalter kann einen „Unterschriftenzettel“, den sog. Umlaufbeschluss an die Eigentümer verteilen. Seit 2020 können Sie sogar in Textform zustimmen, d.h. per Email oder Fax. Weil ein Umlaufbeschluss praktisch ohne Frist zustande kommen kann, gelten aber andere Mehrheitsverhältnisse: Alle im Grundbuch eingetragenen Eigentümer müssen zustimmen.

Vielleicht ist am Ende der letzten EV ein zusätzliches Thema aufgetaucht, bei dem es wenig zu besprechen gibt und die Sache eigentlich klar ist? Vielleicht möchten Sie die WEG um Erlaubnis bitten, auf eigene Kosten eine Balkonsolaranlage oder einen E-Auto-Anschluss zu installieren? Zu diesen und anderen Themen benötigen Sie einen Beschluss der Eigentümer, den die WEG auch erteilen muss. Der Beschluss kann außerhalb einer Eigentümerversammlung gefasst werden, wenn alle Eigentümer zustimmen (§ 23 Abs. 3 WoEigG). Wichtig ist, dass jeder dem gleichen Beschlusstext zustimmt – und niemand etwas dazuschreibt oder durchstreicht.

Ein Umlaufbeschluss ist eine gute Möglichkeit, einen Vorgang bei überschaubarem Aufwand zu beschleunigen, ohne auf die nächste EV warten zu müssen. Er kann eine echte Alternative sein, wenn es um ein einziges Thema geht, zu dem wenig Gesprächsbedarf besteht und die Zustimmung voraussichtlich klar ist. Das größte Problem ist, dass wirklich alle Eigentümer zustimmen müssen. Wenn nur einer nicht antwortet, kommt der Beschluss nicht zustande und Sie brauchen doch eine Eigentümerversammlung. Daher funktionieren Umlaufbeschlüsse besonders in kleinen Eigentümergemeinschaften sehr gut. Aber auch in gut gemanagten, mittelgroßen Anlagen mit gutem Kommunikationsfluss können Umlaufbeschlüsse funktionieren. Wenn es allerdings viel Gesprächs- und Erklärungsbedarf gibt, ist eine Eigentümerversammlung wohl die bessere Wahl. Das gilt für alle größeren Themen, bei denen ein Informations- und Meinungsaustausch wichtig ist.

Ein Überblick über die Vor- und Nachteile von Umlaufbeschlüssen im Vergleich zu einer Eigentümerversammlung gibt die nachfolgende Tabelle:

 UmlaufbeschlussEigentümerversammlung
MehrheitAlle Eigentümer müssen zustimmen.Die einfache Mehrheit genügt (von Sonderfällen abgesehen).
FristenKeinerlei Vorlauf- oder Einladungsfristen.Einladungsfrist: Drei Wochen (ggfs. längere Fristen in Ihrer Teilungserklärung).
OrtNicht benötigt.Kostenpflichtiger Versammlungsort.
DauerWenige Sekunden: Unterschrift bzw. Zustimmung per E-Mail genügt.Etwas länger: Sie müssen einen Abend für die Veranstaltung opfern.
ThemenEin einziges Thema. Ansonsten sind mehrere Umlaufbeschlüsse denkbar.Beliebig viele Themen auf der Tagesordnung.
AbstimmungDer Verwalter muss nachhalten, wer bereits zugestimmt hat und ggf. erinnern.Abstimmung per Handzeichen. Das Ergebnis steht sofort fest.
ErgebnisEin Umlaufbeschluss kann im Sande verlaufen, wenn nur eine Person sich nicht meldet. Je größer bzw. anonymer die WEG, desto schwieriger wird es.Auch auf der EV kann es passieren, dass die Mehrheit ein Thema ablehnt.

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