Wenn etwas kaputt ist, dann muss es repariert werden. Wem ein Gebäude gehört, der muss es auch instand halten. Das gilt auch für Wohnungseigentümergemeinschaften, aber da ist der Abstimmungsbedarf höher. Nur der Verwalter darf Aufträge erteilen, aber die Eigentümer entscheiden per Beschluss. Der Verwalter muss also Vorarbeit leisten, um den Instandsetzungsbedarf festzustellen und die Eigentümer über Reparaturmöglichkeiten zu informieren. Und dazu trifft er sich mit Handwerkern am Gebäude und bittet sie um ein Angebot.
Manchmal erlebt man aber auch Folgendes: Die Schadenursache ist eindeutig geklärt und die Ursache liegt eindeutig im Gemeinschaftseigentum. In der Teilungserklärung steht nichts Abweichendes über die Kosten, und damit ist klar, wer instand setzen muss, nämlich die WEG.
Kann es losgehen? Nein.
Manchmal passiert es, dass Wohnungseigentümer weder die Notwendigkeit noch die Kosten einer Reparaturmaßnahme richtig einordnen können. Sie fühlen sich vielleicht unsicher, nicht ausreichend über die Maßnahme aufgeklärt oder glauben, dass es noch viele andere Möglichkeiten gibt, um das zu reparieren. Jedenfalls möchten sie die Reparatur nicht, obwohl ja jeder weiß, dass Gebäudesubstanz mit der Zeit erhalten werden muss. Vielleicht hat der Verwalter keine gute Vorarbeit geleistet und die Eigentümer nicht gut informiert? Seine Aufgabe ist ja schließlich die Kommunikation. Wenn die Eigentümer sich vor einer Baumaßnahme verschließen, erlebt man auf den Eigentümerversammlungen oft zwei Klassen von Ausreden:
- Weigerung oder Unverständnis oder
- die Forderung nach mindestens 3 Vergleichsangeboten.
Weigerung und Unverständnis:
Manchmal stößt der Verwalter bei der WEG auf Widerstand. Manche Eigentümer verweigern sich und zeigen wenig Verständnis dafür, dass Bausubstanz auch erhalten sein will. Da kommen konstruierte Ausreden, z.B. Geldnot („Haben wir überhaupt genug in der Rücklage?“, eine Frage, die jeder auch vor der Eigentümerversammlung stellen konnte.). Manchmal erklärt sich ein Eigentümer auch zum allwissenden Fachmann und sagt, dass es ja noch gar nicht klar ist, ob überhaupt repariert werden muss (oder kann?). Oft wird auch das vorliegende Angebot angezweifelt, wird damit auch wirklich die Ursache behoben? Kann der Handwerker dafür einen Garantieschein ausstellen?
Bestimmt sind hier ein paar berechtigte Fragen dabei. Aber es ist schade, wenn die Eigentümer schon lange vom Schaden wussten, den Verwalter auf Lösungssuche geschickt haben („Mach Du mal“), nur um das Thema dann hinauszuzögern. Da gibt es den (grundlosen) Wunsch zur Vertagung: „Das besprechen wir dann auf der nächsten Eigentümerversammlung“ … im nächsten Jahr? Lass‘ bröckeln das Bauwerk!
Juristisch besonders heiß ist die rechtswidrige Delegation der Entscheidung auf den Verwaltungsbeirat. Der Beirat ist kein Entscheidungsorgan (§29 (2) WoEigG: „Der Verwaltungsbeirat unterstützt den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben.“) Hoffentlich passiert nichts, denn wenn der Beirat etwas entscheidet, macht er sich voll persönlich haftbar. Er darf nichts entscheiden (ebenso wenig wie der Verwalter) – im Gesetz steht, dass die (also alle!) Eigentümer per Mehrheit entscheiden (§23 WoEigG). Und noch vieles mehr.
Wenn es ganz hart kommt, taucht bei manchen Wohnungseigentümern auch Skepsis gegenüber dem Wohnungseigentumsgesetz auf, manche zweifeln die Wirksamkeit der Teilungserklärung an („Kann doch nicht sein“). Manche probieren lieber Hokuspokus aus, also „unkonventionelle“ Sanierungsmethoden, die natürlich deutlich billiger und – fast immer – völlig wirkungslos sind.
Und natürlich die Forderung nach drei (, vier, fünf oder zehn?) Vergleichsangeboten:
Und natürlich: Eine viel zu geringe Anzahl an Reparaturangeboten. Die Eigentümer „beschließen“ dass der Verwalter zunächst mal drei Vergleichsangebote einzuholen soll. (Anmerkung: Beschlussgegenstand? Hier passiert nichts als Gelaber, daher muss man auch nichts beschließen.)
Moment. 3 Angebote? Die Grundidee ist in Ordnung. Aber meistens ist der Weg trotzdem eine Sackgasse. Die Eigentümer werden selten Geld sparen. Warum?
Die Grundidee ist so einfach wie simpel: Wenn man 3 Angebote für die gleiche Leistung hat, erkennt man den fairen Marktpreis und preisliche Ausreißer. Die Ausreißer werden erstmal aussortiert und dann kann man den Billigsten beauftragen. Soweit die Theorie. Bei einfachen Sachen (z.B. Anstrich Treppenhaus) kann man das auch so machen.
Selten sind die Angebote überhaupt vergleichbar,
weil es sich um unterschiedliche Ausführungsvorschläge handelt.
Die Handwerker bieten unterschiedliche Leistungen an. Selten führen sie Untersuchungen durch, denn die Angebotserstellung ist meistens für den Kunden kostenlos. Da möchte niemand mehr Arbeit als nötig investieren.
Und das ist dann wie Lotto. Falls Sie nicht gerade selbst Architekt sind und Leistungsverzeichnisse verstehen, beauftragt die WEG einen der nicht vergleichbaren Ausführungsvorschläge. Ob der Handwerker das Problem hundertprozentig verstanden hat, sehen Sie in der Ausführungsphase. Da kann es richtig teuer werden: Plötzlich kommen Handwerker mit unabsehbaren Zusatz- und Nachtragsangeboten um die Ecke.
Aber Sie haben doch einen festen Kostenrahmen beschlossen! Der beauftragte Kostenrahmen ist plötzlich egal. Auf einmal nicht mehr gültig, sagt der Handwerker: „Die zusätzlichen Arbeiten waren bei Angebotserstellung halt nicht absehbar, tut uns leid, leider müssen Sie mehr bezahlen – oder wir stellen die Arbeiten ein.“ Erpressung? Mag sein. Keine einfache Entscheidung? Selber schuld, wenn die WEG an der falschen Stelle Geld sparen wollte.
Schlimmer noch: Wenn nicht genug Geld in der Rücklage ist, müssen die Eigentümer eine kurzfristige Sonderumlage zahlen – das Geld muss ja irgendwo herkommen. Und spätestens hier schimpfen alle auf den Verwalter und Beirat.
Ach ja: Gute Handwerker finden Sie nicht mit dem 3-Angebots-Modell.
Die Suche nach drei Angeboten kann ziemlich anstrengend sein. In der derzeitigen Konjunkturlage (Stand 2020) ist den Handwerkern nicht gerade langweilig und sie reißen sich nicht gerade darum, ein Angebot abzugeben. Das war 2007 zwar mal anders, aber heutzutage muss man sich als Hausverwalter bei (guten) Handwerkern ganz hinten anstellen, um möglicherweise und mit viel Wohlwollen ein Angebot und keine Absage zu bekommen.
Immer mehr Aufträge und immer weniger Handwerker? Ein großes Problem – ich höre immer wieder, dass es einfach keinen Nachwuchs mehr gibt. Die alten Handwerker gehen in den Ruhestand, und „Generation Z“ will lieber Blogger oder Influencer werden – oder schlimmstenfalls studieren und Wirtschaftsprüfer werden. Warum auch nicht? Nur leider sterben hierdurch die Handwerker aus. Für die Immobilienbranche entwickelt sich der Handwerkermangel zum ernsthaften Problem.
Gute Handwerker lassen sich immer seltener darauf ein, eines von drei Angeboten abzugeben. Warum auch? Schließlich wissen auch die Handwerker, dass der niedrigste Preis gewinnt. (Wenn ein Hausverwalter anfragt, weiß jeder Handwerker, dass der gerade dabei ist, 3 Angebote einzuholen.) Es gibt immer jemanden, der bereit ist, die Arbeiten etwas billiger und ein kleines Bisschen schlechter zu machen. Das billigste Angebot wird nicht das Beste sein.
Für den Verwalter besonders blöd: Wenn zu viele Angebote nicht beauftragt wurden, sind Handwerker irgendwann nicht mehr dazu bereit, mit ihm nochmal zusammenzuarbeiten, geschweige denn das x-te Angebot abzugeben.
Wenn es also nicht gerade darum geht, das Treppenhaus anzustreichen, den Handlauf oder sonstige Kleinigkeiten zu reparieren:
Es geht auch besser:
Beauftragen Sie einen Architekten mit der Fachplanung. Der kennt sich aus – und kostet nicht viel (noch so ein Irrglaube…). So ein Fachplaner hat tägliche Routine und sieht sofort, welche Arbeiten zu tun sind – und welche Folgearbeiten es für gewöhnlich gibt.
Er hat viele Jahre Ingenieurswissenschaften studiert und kennt auch die juristischen Hintergründe, z.B. Unfallverhütungsvorschriften, Brandschutzvorschriften, Hinweispflichten, Anmeldung, Abnahme, etc. Wussten Sie, dass Verstöße grundsätzlich auf Sie als Eigentümergemeinschaft zurück fallen? Egal, gegen welche Vorschrift hier gerade verstoßen wird – Bauherr = Träger von Pflichten und Verantwortlicher ist in den meisten Fällen die WEG. Jeder Eigentümer haftet im Außenverhältnis in voller Höhe persönlich.
Muss man die Baustelle beim Amt anmelden? Welche Beschilderung etc. muss man aufstellen? Der Architekt weiß, was zu tun ist.
Damit bewahrt er die Eigentümer im Handumdrehen vor vierstelligen Bußgeldern.
Zu den rechtlichen Hintergründen gehört natürlich auch die Gewährleistung. Der Fachplaner weiß, wann Gewerke abnahmereif sind und wann Nachbesserungen erforderlich sind. Selbst wenn in mehreren Jahren Reklamationen auftauchen, weiß er sofort, was zu tun ist.