Rechtswidriger Beschluss Teil 1: Autsch, das kann teuer werden

„Wir reden auf der Eigentümerversammlung mal darüber und dann schauen wir mal weiter“. Das scheint das Motto vieler Wohnungseigentümer zu sein – oder zumindest eine immer noch verbreitete Ansicht. Knapp 70 Jahre nach Einführung des WoEigG hat sich die Erkenntnis, was der Gesetzgeber eigentlich wollte, leider immer noch nicht durchgesetzt, zumindest nicht flächendeckend. Dabei hat das Wohnungseigentumsrecht eine klare Vorstellung:

Entscheidungen trifft allein die Eigentümerversammlung, niemand sonst.

  • Der Verwalter hat die Aufgabe, Entscheidungen vorzubereiten und muss die WEG über vieles informieren. Der Beirat hat bei dieser Vorbereitung die Aufgabe, den Verwalter zu unterstützen.
  • Die Entscheidung trifft die Eigentümerversammlung.
  • Danach ist wieder der Verwalter gefragt, seine Aufgabe ist wieder die Umsetzung der Entscheidung, welche die Eigentümerversammlung gefällt hat. Der Verwaltungsbeirat muss ihm bei der Umsetzung helfen, so steht es im Gesetz.

Die (rechtswidrige) Realität sieht in vielen Fällen noch so aus, siehe Abbildung.

Skizze: Stephan Walochnik

Da gibt es also eine lockere Idee, aber wenig konkretes. Die Idee heißt z.B. „Sanierung der Balkone“. Das steht dann manchmal ohne weitere Informationen als Überschrift auf der Einladung zur Eigentümerversammlung. Das ist kein Beschluss, schon allein deshalb nicht, weil der Inhalt nicht hinreichend bestimmbar ist.

Wenn sich aus einem „Beschluss“ keine konkrete Handlung ableiten lässt, dann ist der „Beschluss“ nichtig. Er ist schlichtweg nicht rechtsgültig.

Einen potentiell gültigen Beschluss erkennen Sie daran, dass auch ein x-beliebiger Wohnungseigentümer aus der Ferne mit JA oder NEIN abstimmen könnte.

In so einem „Beschlussvorschlag“ bleibt aber vieles ungeklärt:

  • Über welche Balkone reden wir eigentlich? Alle Balkone? Nur die Straßenseite, nur die Rückseite?
  • Was soll „Sanierung“ genau heißen? Sollen nur die Fliesen neu gelegt werden oder geht es um eine Komplettsanierung im handwerklichen Sinne, inklusive Estrich, tragender Schichten, einschließlich fachgerechter Herstellung eines vernünftigen Gefälles?
  • Also was versteht man unter den Begriffen? Schon allein dafür ist ja mal ein Angebot notwendig, und daraus geht dann die nächste Frage hervor:
  • Wie hoch sind die Kosten und wer bezahlt sie? Gibt es eine Sonderumlage oder geht es zu Lasten der Rücklage?
  • Und welcher Handwerker soll es machen?

Alle diese Fragen müssen vorher in einem Beschluss geklärt werden. Noch mal: Ein Beschluss, aus dem sich keine konkrete Handlung ableiten lässt, ist nichtig! Er ist einfach nicht gültig.

Nochmal zurück zu der rechtswidrigen Wackelkonstruktion. Ein solcher „Beschluss“ (oder sollten wir besser sagen, so eine „Überschrift“) geht dann in die Versammlung. Dann wird da viel geplappert und alle sind sich irgendwie einig: „Ja, ja, machen wir“.

Einig zumindest solange, wie die Eigentümer nicht wissen, dass eine fachgerechte Balkonsanierung (je nach Komplexität) pro Balkon mindestens 5.000 EUR kostet, oftmals viel mehr.  Und wenn der Eigentümer das vorher wüsste, dann würde er so einem „Beschluss“ wie hier ganz sicher nicht zustimmen.

Nach der Eigentümerversammlung geht es oft noch weiter: Da erlebt man Dinge, die eigentlich für den Beschluss wichtig gewesen wären. Im Nachgang gibt es dann plötzlich Eigentümer mit neuen und zusätzlichen Ideen, die ihnen vorher irgendwie nicht eingefallen sind, z.B. Änderungswünsche, usw. Dann gibt es ein unglaubliches Durcheinander,

aber die Eigentümerversammlung ist ja schon zu Ende und man kann gar nicht mehr miteinander zu einem Konsens finden.

Und oft trifft am Schluss der Beirat die sogenannte „Entscheidung“, die natürlich keine ist. Wenn der Verwalter blöd genug ist, erteilt er dann einen Auftrag ohne jegliche Rechtsgrundlage. Das ist vielen Leuten gar nicht klar: Der Verwalter kann nur auf Basis eines gültigen Beschlusses einen Auftrag erteilen. Aus so einem Beschluss muss ganz klar hervorgehen, wer / was / wann / wie teuer gemacht werden soll. Und wenn jemand den Verwalter ärgern möchte, verklagt er ihn auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, der aber schwer zu erreichen bzw. zu definieren ist.

Also führen Sie bis zur Rente einen Gerichtsprozess. Das wünsche ich niemandem.

Foto: Stephan Walochnik

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