WEG-Reform 2020: Wenn die Eigentümer die Kostenverteilung nachträglich ändern möchten

Das neue WoEigG erlaubt, dass Sie per Mehrheitsbeschluss die Umlageschlüssel „für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten“ ändern dürfen (Erläuterung s.u.). Die Änderung darf aber nicht willkürlich sein, sonst ist der Beschluss angreifbar.

„Umlageschlüssel“ – so nennt man den Maßstab, mit dem die Kosten auf die Wohnungseigentümer verteilt werden. Gängige Umlageschlüssel sind u.a.

  • Miteigentumsanteile (MEA),
  • Personen x Tage (PxT),
  • Anzahl (Wohn-)Einheiten,
  • Gemessener Verbrauch (z.B. Wasserzähler).

(Siehe Artikel: WEG-Jahresabrechnung Teil 4 – Umlageschlüssel?)

Änderung der Kostenverteilung: Wenn die Teilungserklärung es nicht regelt und auch kein Beschluss existiert, werden Kosten in einer WEG grundsätzlich nach MEA umgelegt. Manchmal sind andere Umlageschlüssel aber passender. Beispiel Treppenhausreinigung: Bei Umlage nach Anzahl der (Wohn­) Einheiten zahlt jeder den gleichen Betrag. Für Treppenhauslicht oder Müll ist vielleicht die Personenzahl der beste Maßstab.

Sie können die Umlageschlüssel auf der Eigentümerversammlung per Mehrheitsbeschluss ändern.

Seit der WEG-Reform 2020 dürfen Sie Umlageschlüssel mit einfacher Mehrheit auf der EV dauerhaft für die Zukunft ändern. Allerdings müssen die Kosten konkret benannt werden (z.B. Aufzug, Winterdienst, Hausmeister…) – Sie dürfen nicht einfach den gesetzlichen Standard MEA durch Quadratmeter oder Personenzahl ersetzen. Natürlich können Sie auch direkt eine ganze Reihe von Kosten neu „besetzen“.

Der Gesetzestext spricht von einzelnen Kosten und bestimmten Kostenarten. Damit ist gemeint:

  • Einzelne Kosten: Das gab es auch schon vor der Reform: Sie können die Kostenverteilung für konkrete, einmalig anfallende Kosten festlegen, ohne die Verteilung dauerhaft zu ändern. Zum Beispiel: „Dem Eigentümer X wird gestattet, auf eigene Kosten eine neue Wohnungstür einbauen zu lassen.“ (Ja korrekt, die Wohnungstür gehört zum Gemeinschaftseigentum!) Aber selbst hier sind Sie an die sog. Maßstabskontinuität bei Folgebeschlüssen gebunden. Sie können ja nicht bei Eigentümer X beschließen, dass er die Wohnungstür auf seine Kosten austauschen darf, wenn zwei Jahre später die neue Tür von Eigentümer Y nach MEA auf alle umgelegt wird.
  • Kostenarten: Das sind die regelmäßig wiederkehrenden Positionen, die Sie aus der Abrechnung kennen: Hausmeister, Allgemeinstrom, Bankgebühren, Verwaltungskosten usw. Die tauchen ja jedes Jahr erneut auf. Seit der WEG-Reform können sie deren Umlageschlüssel mit Mehrheitsbeschluss ändern. Früher ging das nur bei Betriebskosten.

Austausch der Fenster:

Neu ist, dass man jetzt auch mit einfacher Mehrheit die Kosten bestimmter Bauteile regeln kann. Das ist im Sinne der Gleichbehandlung nur zu empfehlen! Sie können jetzt z.B. beschließen, dass jeder Eigentümer die Kosten von Reparaturen „seiner“ Fenster selbst trägt. Das gilt dann für die Zukunft. Sofern keine greifbare Maßnahme anstand, ging das früher nicht – man hätte die Teilungserklärung ändern müssen, jetzt nicht mehr.

Auch wenn Sie das beschließen – Fenster und Wohnungstüren sind Gemeinschaftseigentum. Sie haben dann zwar die Kosten geklärt, sollten die WEG aber trotzdem um Genehmigung bitten, wenn Sie Wohnungstür oder Fenster erneuern lassen möchten.

Keine Willkür

Die neuen Umlageschlüssel müssen verteilgerecht sein und dürfen niemanden willkürlich benachteiligen. Richtig, es geht um Willkür. Jede Änderung der Umlage verschiebt die Kostenlast ja zwischen den Eigentümern. Der Gesetzgeber räumt Ihnen einen Ermessensspielraum ein, weil sonst immer jemand die Änderung verhindern könnte, weil er mehr zahlt als vorher. Willkür bedeutet z.B.: „Wohnung 5 zahlt die gesamten Versicherungsprämien alleine“. Das wäre unzulässig.

Den Gebrauchsmöglichkeiten entsprechend

Daher sollte erkennbar sein, dass Sie sich über die Gebrauchsmöglichkeiten Gedanken gemacht haben. Ein paar Vorschläge:

  • Bei Wartungskosten von Rauchmeldern könnte man die Kosten nach deren Anzahl in jeder Wohnung verteilen.
  • Die Kosten der Fensterwartung könnte man nach Fensterflügeln umlegen.
  • Für die Aufzugskosten kann man statt Miteigentumsanteilen auch „Aufzugspunkte“ verwenden. Hier gibt es sogar ein Urteil vom Landgericht Nürnberg-Fürth, dass dies der verhältnismäßigen Beteiligung am Gebrauch entspricht (Urteil vom 25. 3. 2009 – 14 S 7627/08). Wer höher wohnt, zahlt mehr. Man differenzierte man nach Stockwerken:
    • EG: 1,3 Punkte
    • 1. OG: 1,4 Punkte
    • 2. OG: 1,5 Punkte
    • usw.
  • Wenn alle Balkone saniert werden sollen, aber EG- und DG-Wohnungen über gar keine Balkone verfügen, könnte man diese von den Kosten ausnehmen.
  • Auch eine Tiefgaragensanierung kann man nach Anzahl (oder MEA) der Stellplätze verteilen. Interessant vor allem, wenn es Stellplatzeigentümer gibt, die keine Wohnung im Haus besitzen (Stellplätze haben oft separate Grundbücher).

Kombi-Umlageschlüssel

Wenn man sich gar nicht einigen kann, sind auch Kombi-Umlageschlüssel eine gute Möglichkeit zum Kompromiss. So könnte man Treppenhausreinigung oder Allgemeinstrom zu 50% nach MEA und zu 50% nach Personen verteilen.

Standard ist und bleibt der MEA

Sie sollten aber nicht übertreiben, denn der Gesetzgeber hat sich schon etwas dabei gedacht, dass er sich den Miteigentumsanteil als Standard-Umlageschlüssel im WEG ausgedacht hat. Bei der Sanierung der Fassade sollte man nicht unbedingt diskutieren, wer hier mehr „Gebrauch“ von der Fassade macht – genauso beim Dach. Das gehört allen und kann auch nach neuem Recht nicht dem DG-Eigentümer allein auferlegt werden. Trotzdem öffnet die neue Gesetzeslage viele neue Perspektiven, die man auch nutzen sollte, wenn es angebracht ist.

Verpassen Sie keinen Artikel mehr. Melden Sie sich zum Newsletter an, und ich informiere Sie, wenn ein neuer Artikel online ist.

4 Gedanken zu „WEG-Reform 2020: Wenn die Eigentümer die Kostenverteilung nachträglich ändern möchten“

  1. Sehr geehrter Herr Dr. Walochnik,
    der Verteilerschlüssel -Hausmeisterkosten- wurde vor 4 Jahren von MEA auf Wohneinheiten geändert. Gem. der Teilungserklärung mit mehr als 3/4 der Eigentümer.
    Eine Eigentümerin möchte zur nächsten Eigentümerversammlung den Antrag stellen, dass die Hausmeisterkosten wieder nach MEA abgerechnet werden.
    Kann nach der WEG-REFORM 2020 dies mit einfacher Mehrheit beschlossen werden obwohl in der Teilungserklärung …mit mehr als 3/4 der Eigentümer ..
    steht?
    Für eine kurze Rückantwort bedanke ich mich.
    Mit freundlichen Grüßen
    Armin Fröbel

  2. Lieber Herr Fröbel,

    wir sind uns einig, dass ich Hausverwalter und kein Rechtsanwalt bin – und daher keine Rechtsberatung gebe (siehe auch „Haftungsausschluss“). Außerdem kenne ich die Rahmenbedingungen des Einzelfalls nicht, denn je nach Kontext muss man die Frage ganz anders beantworten.

    Grundsätzlich bleiben Regelungen aus der Teilungserklärung bestehen, auch wenn nach der WEG-Reform etwas anderes gilt. Das Gesetz bestimmt, was passiert, wenn es keine anderslautenden Regelungen gibt. Aber das ist ja hier aufgrund Ihrer Teilungserklärung der Fall. Es bleibt also dabei, wie es in der Teilungserklärung steht.

    Herzliche Grüße
    Dr. Stephan Walochnik

  3. Sehr geehrter Herr Dr.Walochnik,
    ich habe gerade eine Wohnung in einem 22 Familienhaus erworben. Diese Wohnung muss kernsaniert werden. Unter Anderem müssen hier alle Fenster und Fensteranlagen erneuert werden. Die Teilungserklärung besagt, dass die Kostentragung die Gemeinschaft zu leisten hat. Es wurde aber wohl 2016 ein Beschluss gefasst, dass die Kostentragung bei Instandsetzung und -haltung der jeweilige Eigentümer zu tragen hat. Greift diese Vereinbarung überhaupt?
    Mit freundlichen Grüßen
    Domenico Tartaglione

    1. Sehr geehrter Herr Tartaglione,

      wir sind uns einig, dass ich Hausverwalter und kein Rechtsanwalt bin – und daher keine Rechtsberatung gebe (siehe auch „Haftungsausschluss“). Außerdem kenne ich die Rahmenbedingungen des Einzelfalls nicht, denn je nach Kontext muss man die Frage ganz anders beantworten. Es wäre wahrscheinlich sinnvoll, einem Rechtsanwalt Ihre Teilungserklärung zur Prüfung zu geben, damit er schauen kann, ob es eine Öffnungsklausel gibt (also einen Paragraphen, der solche Beschlussfassungen generell erlaubt).

      Denn der 2016er Beschluss hat ja vor der Änderung des WoEigG stattgefunden. Seit der Reform darf die WEG beschließen: „Jeder zahlt ’seine‘ Fenster selbst“. Vorher war das nur im Einzelfall zulässig, also z.B. „Dem Eigentümer der WE 5 wird gestattet, die Fenster seiner WE auf eigene Kosten auszutauschen“.

      Unterm Strich hilft es aber auch nicht viel. Wahrscheinlich holt der Verwalter den Beschluss dann jetzt nach – nach neuem Recht wäre der Beschluss dann ja gültig, wenn er heute nochmal gefasst werden würde.

      Herzliche Grüße
      Stephan Walochnik

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.

Datenschutzerklärung