In den vorherigen Beiträgen haben Sie gesehen, wie viele
Formalitäten nötig sind, um auf einer Eigentümerversammlung (EV) einen
Beschluss zu fassen. Der Gesetzgeber möchte Sie schützen, weil die meisten
Wohnungseigentümer Privatpersonen ohne juristische Vorbildung sind.
Nur noch einmal eine kleine Auswahl der erforderlichen
Formalien:
Alle Themen, über die ein Beschluss gefasst
werden soll, müssen auf der Tagesordnung stehen. Mehr noch: der Verwalter steht
in der Pflicht, sie den Eigentümern zu erklären! Die Eigentümer müssen verstehen,
was gemacht werden soll und müssen über alle Konsequenzen ausreichend informiert
werden.
Beschlüsse müssen auch für fremde Dritte
verständlich sein. Auch mit Vollmacht muss es möglich sein, einfach mit ja /
nein abzustimmen.
Beschlüsse sind für alle Zukunft bindend, auch bei
Verkauf einer Wohnung.
Themen, die irgendwem spontan einfallen, können
nicht beschlossen werden.
Die Einladungsfrist beträgt 14 Tage und darf nur
im Notfall unterschritten werden.
Eine ganze EV zu veranstalten, ist aufwendig. Die Vorbereitungszeit der Hausverwaltung kann durchaus einen ganzen Arbeitstag fressen (bei einem Tagesordnungspunkt). Viele Verwalter sind sowieso schon kapazitätsmäßig überlastet. Eine rechtssichere EV frisst Vorbereitungszeit und Kapazität. Außerdem muss die WEG meistens einen kostenpflichtigen Versammlungsort buchen.
Vielleicht ist am Ende der letzten EV ein zusätzliches Thema aufgetaucht, wo es wenig zu besprechen gibt und ein Beschluss schnell geht? In bestimmten Fällen kann ein Umlaufbeschluss anstatt einer EV hilfreich sein.
Ein Beschluss kann auch außerhalb einer EV zustande kommen, wenn
alle Eigentümer den gleichen Beschlusstext unterschreiben. Man nennt diesen „Unterschriftenzettel“
auch Umlaufbeschluss.
Hier eine Auswahl von Vor- und Nachteilen vom Umlaufbeschluss,
verglichen mit einer normalen EV. Der Umlaufbeschluss…
… erfordert die Zustimmung von 100% aller
Eigentümer.
… bindet Ihre Kapazität nicht den ganzen Abend
lang.
… muss vom Verwalter nachgehalten werden. Haben
alle schon unterschrieben? Wer fehlt?
… kommt in größeren WEGs oftmals nicht zustande,
weil irgendwer nicht unterschreibt.
Der Umlaufbeschluss kann eine Alternative sein, wenn es nur
um ein einziges Thema geht und die Entscheidung klar zu sein scheint. Problematisch
ist jedenfalls, dass wirklich 100% aller Eigentümer zustimmen müssen. Wenn nur
einer fehlt, war alles für die Katz. Möglicherweise geht wertvolle Zeit
verloren. Wenn der UB nicht zustande kommt, muss man sich ja doch zur EV
treffen. Und dann beginnt die 14-tägige Frist von vorn.
Der Beschlussgegenstand muss klar und eindeutig in der Einladung zur Eigentümerversammlung stehen. Er muss so einfach verständlich sein, dass auch ein fremder Dritter ihn versteht und nachvollziehen kann. Mehr noch, er muss in der Lage sein, per Vollmacht mit Ja oder Nein abzustimmen.
Manchmal tauchen Änderungswünsche sogar während der Eigentümerversammlung (EV) auf. Obwohl alle Eigentümer den Beschluss schon aus der Einladung kannten, bittet noch irgendwer um eine Ergänzung. Der Verwalter muss abwägen, ob er solche Ergänzungen verantworten kann. Wenn der Beschluss wesentlich verändert würde, ist eine neue Versammlung erforderlich.
Damit möchte der Gesetzgeber Ihnen nicht das Leben schwer machen. Er möchte Sie schützen, damit Sie nicht überrumpelt werden.
Sie sollen ausreichend Zeit haben, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Das schützt Eigentümer, die eine Vollmacht erteilt haben, vor dem Quasi-Verlust ihres Stimmrechts. Jedenfalls darf ein Beschlusstext durchaus im Laufe der Versammlung um unwesentliche Zusätze ergänzt werden. Dann wird dann abgestimmt. Der Verwalter zählt die Stimmen und verkündet, ob der Beschluss zustande gekommen ist.
Ein Beschluss entsteht durch Verkündung.
Was wurde am 02.03.1984 unter TOP 7 besprochen und beschlossen?
Weil man im Laufe der Zeit vieles vergisst, dient das Protokoll der
Dokumentation. Sie benötigen
Rechtssicherheit, weil ein Beschluss für alle Ewigkeit bindend ist – auch
für zukünftige Wohnungseigentümer. Wenn Sie Ihre Wohnung verkaufen, sind Sie verantwortlich,
dem Käufer wahrheitsgemäß alle Beschlüsse mitzuteilen. Daher müssen Sie Gewissheit
haben, dass der verkündete Beschluss auch gültig ist.
Ein Protokoll darf nachträglich nicht geändert werden,
das wäre rechtsmissbräuchlich. Alle Eigentümer, die da waren und mit ihrer Stimme etwas entschieden haben, würden sonst rückwirkend um ihr Stimmrecht gebracht. Wieso würden Sie noch hingehen, wenn Ihre demokratische Entscheidung nachträglich geändert werden darf? Genau.
Warum das ganze Thema?
Warum sollte jemand fordern, dass das Protokoll nachträglich geändert werden soll? Es passiert gelegentlich. Bis dahin muss viel schiefgelaufen sein.
Sicherlich kann es passieren, dass ein Eigentümer einfach
geschlafen hat. Weder Einladung noch Beschlusstext vorher gelesen? Meinetwegen,
aber es ist unfair gegenüber den anderen Eigentümern, jetzt hervorzuspringen
und Änderungen zu fordern.
Oder haben die Anwesenden auf den Verwalter eingeredet und ihn überredet, irgendwelche Ergänzungen am Beschluss vorzunehmen, die in der Einladung nicht erkennbar waren? Bei wesentlichen Änderungen hätte er ohnehin eine neue Versammlung einladen müssen. Hat er nicht gemacht? Jetzt hat er den Salat. Notfalls droht eine teure Anfechtungsklage.
Meistens gilt: Wenn der Verwalter transparent arbeitet, entsteht das Problem gar nicht erst.
Es beginnt schon mit der Vorbereitung: Der Verwalter sollte die Eigentümer schon mit der Einladung anschaulich und detailliert informieren, worum es geht. Worüber werden Sie abstimmen? Was bedeutet es? Welche Konsequenzen folgen? Wer zahlt? Und so weiter. Wenn die Eigentümer umfassend informiert sind, ist das schon die halbe Miete.
Weiter geht es auf der Versammlung. Warum sollte der Verwalter das Protokoll nicht sofort anfertigen und von zwei Eigentümern unterschreiben lassen? Sie können ganz beruhigt unterschreiben, denn es handelt sich nur um eine Art „Zeugenunterschrift“. Der Beschluss ist bereits durch Verkündung entstanden und das Protokoll dient nur der Dokumentation.
Wenn etwas innerhalb Ihrer Wohnung kaputt ist, merken Sie es
sofort. Aber viele Bauteile „in“ Ihrer Wohnung sind trotzdem
Gemeinschaftseigentum. Zum Beispiel Fenster, Balkon, Wasserrohre, usw. Sie
dürfen nicht selbst reparieren. Was ist zu tun?
Beispiel Fenster:
Es zieht! Die Fensterelemente Ihrer Wohnung sind marode und
ausgetrocknet. Bei starkem Regen wird sogar der Boden nass! Sie brauchen neue
Fenster, sonst droht Mietminderung. Gut, wir beeilen uns, aber: Fenster sind Gemeinschaftseigentum, weilsie das äußere Erscheinungsbild des
Gebäudes beeinflussen. Das hat die
Rechtsprechung oft genug bestätigt. Sie benötigen die Zustimmung der anderen
Wohnungseigentümer, also den Beschluss einer Eigentümerversammlung (EV). Das bedeutet Wartezeit. Warum? Der
Beschluss soll ja nicht an formellen Gründen scheitern.
Foto: Stephan Walochnik.
An der eigentlichen
Vorbereitungszeit liegt es jedenfalls nicht. Der Verwalter muss zwar die
Einladung zwar vorbereiten, schreiben, ausdrucken, eintüten und zur Post
bringen. Aber hierfür haben die meisten Verwalter Vorlagen. Mit etwas Routine dauert es nicht länger
als einen Arbeitstag. Aber die meisten Verwaltungen haben mehrere Dinge zu
tun und brauchen Vorlaufzeit. Und: Wenn die WEG die Kosten tragen soll, müssen mehrere
Angebote eingeholt werden. Das dauert länger, aber in diesem Beitrag geht es
nur um die reine Genehmigung.
Vor allem müssen verschiedene Fristen eingehalten werden:
Die Einladungsfrist
beträgt laut WoEigG 14 Tage. Es
handelt sich um eine Soll-Frist, die man abkürzen kann, wenn es dringend ist.
Sie dient dem Schutz der Eigentümer,
damit niemand überrumpelt wird.
Übrigens: Die Unterscheidung zwischen „ordentlicher“ und „außerordentlicher“
EV existiert nur in den Köpfen vieler Leute. Der Gesetzgeber kennt sie nicht.
Egal, ob die EV im März, im Sommer oder bei Vollmond stattfindet. Es gibt keine
Unterscheide hinsichtlich Formen und Fristen. Der Gesetzgeber schreibt vor,
dass man sich bei jeder „größeren
Kleinigkeit“ zur EV trifft, abstimmt und nach ein „paar Minuten“ wieder geht. Jedes Jahr kann es beliebig
viele Versammlungen geben.
Die EV findet also 14 Tage später statt. Wenn mehr als 50% der
Eigentümer erscheinen (oder eine Vollmacht erteilen), ist die EV beschlussfähig
(andernfalls wäre eine Zweitversammlung erforderlich). Mit Stimmenmehrheit kann
ein Beschluss gefasst werden, der den Austausch der Fenster genehmigt.
Der Beschluss muss bestimmte formelle Kriterien erfüllen: Wichtig ist vor allem die inhaltliche Bestimmtheit. Die
Beschaffenheit der neuen Fenster muss aus dem Beschlusstext klar hervorgehen (bspw.
Größe, Farbe, Form usw.).
Je nach Beschlussgegenstand braucht man unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse, damit der Beschluss erfolgreich
zustande kommt. Beispielsweise liegen die Hürden bei sog. baulichen Veränderungen
höher. Neue Fenster mit gleicher Rahmenfarbe hingegen verändern in der Regel das
Erscheinungsbild des Gebäudes nicht, so dass von „normaler Instandsetzung“
auszugehen ist und eine einfache Mehrheit genügt.
In der Abstimmung zählt der Verwalter die Stimmen. Wenn es
mehr Ja- als Nein-Stimmen gibt, dann verkündet der Verwalter, dass der
Beschluss zustande gekommen ist. Im
Gegensatz zur landläufigen Meinung kommt der Beschluss durch Verkündung zustande
– und nicht durch Aufnahme in das Protokoll, welches lediglich zur
Dokumentation dient.
Der Beschluss ist sofort rechtsgültig und kann direkt umgesetzt werden.
Sie haben sofort die Erlaubnis, die Fenster auszutauschen –
und nicht erst mit Anfertigung des Protokolls, welches nur zu Beweiszwecken
dient und darf nicht vom Wortlaut abweichen. Es sind 14 Tage vergangen und Sie
können morgen sofort den Auftrag erteilen, neue Fenster einzubauen.
Foto: Stephan Walochnik.
Wenn Sie sicher gehen wollen, warten Sie noch zwei Monate.
Warum? Innerhalb der einmonatigen Frist kann der Beschluss
von jedem Eigentümer aus etlichen formellen Gründen angefochten werden. Wenn
dem Verwalter Formfehler unterlaufen sind, erklärt das Gericht den Beschluss
dann für ungültig. Ein zweiter Monat kann für die gerichtliche Zustellungsfrist
vergehen, bis der Verwalter von der Anfechtung erfährt. Erst danach ist sicher,
dass der Beschluss Bestandskraft hat.
Zusammenfassung:
Selbst bei idealen Voraussetzungen müssen Sie etwas warten,
wenn Ihre Wohnung neue Fenster benötigt. Zu den Einflussfaktoren gehören:
Notwendige organisatorische Vorbereitung der EV,
formell einwandfreie Einladung: Ein Arbeitstag + Vorlaufzeit.
Einholung von 3 Angeboten: Abhängig von den
Handwerkern.
Voraussetzung für Beschlussfähigkeit: Mindestens
50% der Eigentümer erscheinen zur EV. Ansonsten Zweitversammlung: Nochmal 2 Wochen.
Wurde Anfechtungsklage erhoben? Wartezeit nach
der Eigentümerversammlung: Ein Monat + Zustellungsfrist.
Ach ja… wer zahlt
eigentlich?
In diesem Artikel ging es um den Genehmigungsbeschluss, also um die reine Erlaubnis, Fenster auf eigene Kosten auszutauschen. Und dann wäre da noch die Frage, wer die Fenster zahlt. Die Fenster sind Gemeinschaftseigentum, das hat die Rechtsprechung oft genug bestätigt. Aber:
Verwechseln Sie bitte nicht „Eigentum“ und „Kostentragung“.
Trotz der feststehenden Eigentumsverhältnisse gibt es Teilungserklärungen, die dem einzelnen Wohnungseigentümer die Kostenübernahme aufbürden. Das ist zulässig. Dann zahlen Sie sowieso. Wenn Ihre Teilungserklärung keine solche Regelung enthält, müssen die neuen Fenster grundsätzlich von allen bezahlt werden. Das mögen zwar nicht alle Eigentümer, aber der Anspruch ist gesetzlich fest verankert. Wenn der Eigentümer auf seinem Recht besteht, erhebt er Klage (und wird gewinnen). Trotzdem ist es möglich, durch Beschluss im Einzelfall eine andere Kostentragung zu regeln.
Viele Einladungen zur Eigentümerversammlung versprechen eine kurze Versammlung. Die jährlichen Standard-Themen:
Bericht Verwaltung,
Beschlussfassung Jahresabrechnung,
Beschlussfassung Wirtschaftsplan,
Entlastung Verwalter,
Entlastung Beirat,
Sonstiges,
Ende der Versammlung.
Gefährlich ist der Tagesordnungspunkt (TOP) „Sonstiges“. Hier
kann man ein bisschen plaudern, aber keinen Beschluss fassen. Dafür gibt es
viele gute Gründe. Im Mittelpunkt steht der Schutz der Eigentümer, damit sie
nicht überrumpelt werden. Vor allem die Nichtanwesenden sollen vor dem
Quasi-Verlust ihres Stimmrechts beschützt werden, wenn plötzlich neue Themen
auftauchen. Und: Damit Ihr Verwalter Sie richtig beraten kann, muss er sich auf
die Themen vorbereiten. Wenn ein unerwartetes Thema vom Himmel fällt, geht das
nicht.
Der Gesetzgeber verbietet jegliche Beschlussfassung unter dem TOP „Sonstiges“ als Formfehler.
Eigentlich sollte man den TOP Sonstiges einfach weglassen,
weil er zu falschen Erwartungen und Missverständnissen führt. Nicht selten gibt
es Streit und landet vor Gericht – das kann richtig teuer werden. Aber einfach
weglassen? So einfach ist es nicht.
Was passiert in der
Realität?
Die eigentliche Versammlung wäre nach 15 Minuten vorbei, der
Verwalter beginnt schon einzupacken, da tauchen plötzlich ganz neue und
unerwartete Themen auf. Ein Eigentümer nach dem anderen wirft noch einen Hut in
den Ring. Eine ziellose Diskussion
beginnt und schon dauert die Versammlung mehr als 2 Stunden.
Unter „Sonstiges“ tauchen die unterschiedlichsten Wünsche
auf, zum Beispiel:
Wir würden gern das Treppenhaus neu streichen lassen. (Wer ist wir?)
Der Garagenhof muss besser beleuchtet werden. (Was heißt besser?)
Wir möchten den Eingangsbereich umgestalten. (Was bedeutet das?)
Ich brauche neue Fenster, sie sind undicht. (Das fällt Ihnen heute ein?)
Warum ist das so schlimm?
Außer einer ziellosen Diskussion haben Sie nichts gewonnen,
weil Sie nichts beschließen können. Jeder Beschluss unter „Sonstiges“ ist laut Gesetz
per se nichtig und damit wirkungslos. Finden Sie doof? Meinetwegen. Lesen Sie
doch mal die Rechtsprechung. Oder vergleichen Sie es mit Fußball: Die
Abseits-Regelung ist komisch, aber jeder kennt und akzeptiert sie.
Warum ist es
verboten?
Weil jeder Beschluss verbindlich ist – für die gesamte WEG
und zwar für immer und ewig. Und zwar nicht nur für die aktuellen Eigentümer,
sondern auch für Nachfolger, wenn die Wohnung verkauft wird – selbst wenn die
Käufer davon nichts wussten.
Die WEG hat 1976 ein Musizierverbot beschlossen? Dann taugt Ihr
neues Klavier nur noch als Dekoartikel. Wussten Sie nicht? Spielt keine Rolle,
Sie sind daran gebunden. Oder 1984 wurde beschlossen, dass jeder „seine“ Holzfenster
jährlich streichen muss? Hat Ihnen keiner gesagt? Egal. Sie haben Ihre
Obhutspflicht ggü. der WEG verletzt und sind schadenersatzpflichtig. Fenster
sind Gemeinschaftseigentum.
Um Sie als Eigentümer zu schützen, gibt es so hohe Hürden für die Beschlussfassung, u.a.:
Es kann nur beschlossen werden, was fertig vorbereitet in der Einladung stand. Die Eigentümer sollen ausreichend Zeit haben, sich vor der Versammlung mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Ein Beschluss ist nur gültig, wenn er eindeutig und nachvollziehbar ist, auch für fremde Dritte. Ansonsten ist er nichtig.
Wenn ein Beschluss nicht sofort nichtig ist, sondern nur wackelig, kann er noch 4 Wochen lang angefochten werden. Die Folge ist ein jahrelanger Rechtsstreit und am Ende erklärt das Gericht auch so einen Beschluss für nichtig.
Der Verwalter muss jeden Beschluss in die Beschlusssammlung eintragen. Wer die Wohnung verkauft, muss dem Käufer die Beschlusssammlung geben, damit der Bescheid weiß.
Warum gibt es dieses Bedürfnis bei den Eigentümern?
Unabhängig davon: Es ist ja ganz wichtig, regelmäßig eine
Art Brainstorming zu veranstalten, die Meinungsfindung ist schließlich sehr wichtig.
Das Treppenhaus SOLLTE gestrichen werden.
Die Beleuchtung vom Garagenhof IST viel zu
dunkel und gefährlich.
Die Fenster SIND undicht.
Aber so unvermittelt… Was soll der Verwalter denn machen? Irgendeinen Handwerker blanko beauftragen, das Treppenhaus zu streichen? Und einfach ein paar Lampen am Garagenhof montieren lassen? Solche Themen müssen vorbereitet werden, sonst geht das schief.
Foto: Stephan Walochnik.
Wie kann man das
besser lösen?
Sie müssen sich äußern können, welche Themen Ihnen wichtig sind. Man KANN und SOLLTE vieles besprechen. Das sollte man am Ende jeder Versammlung auch tun. Aber der Unterschied zwischen „Besprechung“ und „Beschluss“ muss allen klar sein.
Vor Einholung der Angebote muss besprochen werden, was von der Mehrheit gewünscht ist.
Das ist eine Besprechung, hat aber nichts mit
Beschlussfassung zu tun. Ein Beschluss
ist eine konkrete Regelung und Auftrag an den Verwalter, die genau bezeichnete
Maßnahme zu beauftragen. Viele Kollegen machen das anders, handeln dann
aber ohne Vertretungsmacht und begehen unbewusst Sachbeschädigung. Wenn es
Streit gibt, bezahlt der Verwalter alles selber, einschließlich Rückbau.
Sie müssen den Kostenrahmen kennen und sich vorstellen können, wie das Resultat aussehen soll. Deswegen ist eine zweistufige Vorgehensweise sinnvoll.
Nennen wir den TOP „Sonstiges“ lieber „Ausblick“.
Hier können wir selbstverständlich besprechen, welche Themen Ihnen am Herzen
liegen.
Der Verwalter hat dann Gelegenheit, alles
vorzubereiten. Auf der nächsten Eigentümerversammlung wird es dann beschlossen.
Dann aber rechtssicher, mit Angeboten und klar verständlichem Entwurf in der
Einladung.
Diese nächste Versammlung muss nicht erst nächstes Jahr sein! Sie kann auch in 3 Wochen stattfinden.
Viele Eigentümer denken, die EV sei eine stundenlange Sitzung, die einmal im Jahr stattfindet. Aber das stimmt nicht: Der Gesetzgeber schreibt vor, dass man sich bei jeder „größeren Kleinigkeit“ zur EV trifft, abstimmt und nach ein „paar Minuten“ wieder geht.Alles andere entsteht in den Köpfen. (Siehe Beitrag: „Die Eigentümerversammlung – der missverstandene Riese?“)
Wer hätte das gedacht? Das Modell „Eigentümerversammlung“
hat sich ganz anders entwickelt, als der Gesetzgeber es 1951 vorhatte. Von der
gesetzlichen Lage findet man in der Realität herzlich wenig. Viele Eigentümer
denken, die EV sei eine stundenlange Sitzung, die einmal im Jahr
stattfindet. So machen es die meisten Hausverwaltungen ja auch.
Und weil es so langweilig ist, geht kaum jemand hin. Irgendwie laufen Entscheidungen im Hintergrund, und wenn Sie Glück haben, stimmen sich immerhin Verwalter und Beirat ab, wenn Aufträge zu erteilen sind oder Verträge gekündigt werden müssen. Zumindest bis zur ersten Niederlage vor Gericht geht das gut. … Moment, was soll das heißen? Ganz einfach: Das beschriebene Verhalten ist rechtswidrig. Aber wie macht man es denn richtig?
Zur Sachlage:
Laut WoEigG hat die Rechtsform „Wohnungseigentümergemeinschaft“
drei Organe:
Eigentümerversammlung (Aufgabe: Willensbildung = Treffen von Entscheidungen),
Verwalter (Aufgabe: Umsetzung von Entscheidungen),
Beirat (Aufgabe: Unterstützung bei Umsetzung von Entscheidungen).
Der Gesetzgeber schreibt zwingend vor: Allein die Eigentümerversammlung trifft Entscheidungen – und keiner sonst. Laut WoEigG trifft man sich bei jeder „größeren Kleinigkeit“ zur EV, stimmt ab und geht nach ein „paar Minuten“ wieder. Der Beirat ist kein Entscheidungsorgan. Der Verwalter auch nicht. Beide sind an Mehrheitsbeschlüsse der EV gebunden. Wenn ein Thema im Raum steht, sind sie verantwortlich, einen Beschluss herbeiführen.
Viele Eigentümer denken, die EV seieine stundenlange Sitzung, die einmal im Jahr stattfindet. Aber das stimmt nicht: Der Gesetzgeber sieht vor, dass Entscheidungen ab einer gewissen Tragweite von der EV getroffen werden, nicht von Verwalter oder Beirat. Das Gesetz sagt, dass man sich bei jeder „größeren Kleinigkeit“ zur EV trifft, abstimmt und nach ein „paar Minuten“ wieder geht.
Alles andere entsteht in den Köpfen. Dort hat es sich fest verwurzelt. In der Regel findet in jedem Jahr wirklich nur eine Eigentümerversammlung statt.
Der jährliche Turnus ist u.a. der Jahresabrechnung
geschuldet. Sie kommt einmal im Jahr und gilt bis zum Beschluss auf der
Eigentümerversammlung als Entwurf. Schon deswegen muss man sich einmal im Jahr treffen
und abstimmen. Regelmäßig stehen auch noch die Standard-Themen auf der Agenda:
Bericht der Verwaltung
Beschlussfassung Jahresabrechnung
Beschlussfassung Wirtschaftsplan
Entlastung Verwaltung
Entlastung Beirat
Oft hört man auch die Begriffe „ordentliche“ und „außerordentliche“ Eigentümerversammlung. In
diesem Sinne ist eine EV „ordentlich“, wenn sie die o.g. Themen enthält.
Wirklich eigenartig, denn der
Gesetzgeber kennt diese Unterscheidung nicht. Aber sie hat sich
eingebürgert und festgekrallt.
Und weiter?
Nicht dringende Themen hat der Verwalter im Laufe des Jahres abgeheftet. Sie stehen jetzt auf der Themenliste. Die ist lang und undurchsichtig. Oft lassen einsilbige Überschriften wie „Balkonsanierung 2021“ in der Einladung nur erahnen, worum es geht. Mehr Informationen gibt es aber nicht.
Das darf nicht sein. Bei allen Dingen von einer gewissen Tragweite muss der Verwalter alle Eigentümer einbeziehen, nicht nur den Beirat. Es gehört zu den Kernaufgaben des Verwalters, alle Informationen so aufzubereiten, dass die Eigentümer eine vernünftige Entscheidungsgrundlage haben.
Dringende Themen wurden von der Verwaltung während des Jahres bereits irgendwie erledigt und stehen nicht mehr auf der Agenda. Autsch. Das kann brenzlig werden, denn auch für dringende Themen gilt die gesetzliche Regelung, dass nur die EV entscheiden darf – und keiner sonst.
Allerdings ist hier eine differenzierte Sichtweise wichtig: Wenn Gefahr im Verzug ist, muss der Verwalter schnellstens handeln. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Problematisch sind Grenzfälle mit gewissem Entscheidungsspielraum. Aus rechtlicher Sicht muss eine Eigentümerversammlung stattfinden, wenn auch nur ein minimaler Entscheidungsspielraum besteht.
Und was ist mit einem blockierten Aufzug? Aus rechtlicher Sicht könnte man ja 14 Tage auf die Beschlussfassung warten. Und wenn im 3. OG ein Rollstuhlfahrer wohnt? Meiner Meinung muss auch ein teures Ersatzteil direkt bestellt werden. Solche Grenzfälle können für den Verwalter natürlich brenzlig sein. Vertreter ohne Vertretungsmacht? Schlimmstenfalls zahlt er alles selbst. Trotzdem: Solange es im Sinne der Kunden ist, sollte man sich als Verwalter in bestimmten Fällen aus dem Fenster lehnen, um den Kunden ohne Beschluss schnell zu helfen. Das gilt zumindest bei Vorgängen, die keinen Aufschub dulden und die Entscheidung klar ist. Umsichtige Verwalter kommunizieren transparent und teilen allen Eigentümer per Mail mit, wie es steht – und was man vorhat. Je transparenter die Kommunikation, desto geringer das Risiko.
Das gilt natürlich nur, wenn zwischen WEG und Verwalter ein jahrelanges, beidseitiges Vertrauensverhältnis herrscht, denn niemand macht sich gern zur Zielscheibe. Auch der Verwalter nicht. Eigentümergemeinschaften, bei denen es schon Anfechtungsklagen gegeben hat, sollten sich auf diese Kulanz besser nicht verlassen.
Als Wohnungseigentümer müssen Sie neben Betriebskosten auch Ihren
Anteil an der Rücklage bezahlen.
Die Rücklage ist das Vereinssparschwein der WEG.
Sie dient dem vorsorglichen Sparen für zukünftige
Reparaturen, die man heute noch nicht kennt. Selbst die beste WEG bekäme Zahlungsprobleme,
wenn sie sich erst bei Fälligkeit ums Geld kümmert.
Jeder Eigenheimbesitzer weiß, dass Reparaturen unregelmäßig auftreten
und meistens dann kommen, wenn man sie nicht gebrauchen kann. Und jeder Eigenheimbesitzer
weiß auch, dass Heizung, Waschmaschine und Backofen gleichzeitig kaputtgehen. (Zurück
in die Steinzeit?) Jedenfalls ist da wieder unser beliebtestes Beispiel „Totalausfall
der Heizungsanlage“. Aber der Eigenheimbesitzer wohnt allein im eigenen Haus,
seine Heizung versorgt keinen Nachbarn. Mietminderung ausgeschlossen.
In der WEG geht das nicht. Es gibt keinen Alleineigentümer – der Verwalter ist verantwortlich für Reparaturen des Gemeinschaftseigentums. Gäbe es keine Rücklage, könnte er das nötige Geld nicht auftreiben – zumindest nicht kurzfristig. Selbst wenn der Verwalter mit dem Klingelbeutel durchs Treppenhaus geht – es wäre schon ein kleines Wunder, wenn 100% aller Eigentümer praktisch über Nacht ihren Anteil an einer neuen Heizung aus dem Ärmel schütteln könnten – von Formalitäten und Beschlussfassung ganz abgesehen. Der Verwalter müsste mittel- und hilflos zusehen, wie verschiedene Eigentümer mit Mietminderungen und Hotelkosten der Mieter konfrontiert werden.
Und es bleibt ja nicht bei einer Maßnahme. Im Leben einer
Immobilie gibt es immer wieder Instandhaltungsbedarf. Schließlich würde das Gemeinschaftseigentum
mit der Zeit verwahrlosen, weil immer wieder jemand Probleme hätte, kurzfristig
das nötige Kleingeld aufzubringen. Die Bausubstanz beginnt zu bröckeln – und mit
ihr die Vermietbarkeit.
Deswegen wird fleißig in die Rücklage gespart. Es ist einfach
beruhigend, dass der Verwalter notfalls einen Rücklagentopf hat, auf den er
zurückgreifen kann. Ohnehin darf er das Geld nur verwenden, wenn es hierfür
einen Beschluss gibt. Aber im Notfall können so auch größere Maßnahmen schnell
finanziert werden, ohne einzelne Eigentümer finanziell zu überfordern.
Die Beitragspflicht zur Rücklage ist im monatlichen Hausgeld enthalten. Die Zahlungspflicht entsteht durch Beschluss über den Wirtschaftsplan (=Jahressumme). Beispiel eines Wirtschaftsplans mit Rücklagenbeitrag:
Kosten- art
Gesamt-kosten
Umlage-schlüssel
Einheiten gesamt
Ihre Einheiten
Ihre Kosten
Wasser
2.000
Personen
10
2
400,00
Regen- wasser
450
MEA
1000
115
51,75
Straßen- reinigung
200
MEA
1000
115
23,00
Müll- abfuhr
600
MEA
1000
115
69,00
Haus- meister
6.000
MEA
1000
115
690,00
Versiche- rung
1.200
MEA
1000
115
138,00
Heizung
4.500
Heizk.
4500
900
900,00
…
…
…
…
…
…
Beitrag Rücklage
2.600
MEA
1000
115
299,00
Summe gesamt:
17.550
Ihre Summe:
2.570,75
durch 12 Monate:
214,23
Der Wirtschaftsplan führt zu einem Gesamtbetrag. Der Gesetzgeber differenziert nicht zwischen „Rücklage
und Rest“. Trotzdem haben viele Eigentümer das Bedürfnis, den Rücklagenanteil
zu berechnen, schließlich wird dieser Teil ja nicht ausgegeben, sondern gespart.
Im Beispiel muss der Eigentümer monatlich 214 EUR an die WEG überweisen. Darin enthalten
ist ein monatlicher Rücklagenbeitrag von 24,92 EUR.
Übrigens ist schon die Umrechnung auf einen Monat nicht ganz
korrekt. Es handelt sich um einen jährlichen Finanzierungsbeitrag. Fälligkeit
entsteht durch Abruf durch den Verwalter. Aber man ist monatliche Abschläge irgendwie
gewohnt, daher wird es in der Praxis oft so gehandhabt.
Und in der Abrechnung?
Anders als die übrigen Nebenkosten verlässt der Rücklagenbeitrag
das Konto der WEG (erstmal) nicht. Umbuchungen vom / ans Sparbuch ändern daran nichts:
Das Geld befindet sich weiterhin im Vermögen der WEG. Sie besitzen das Geld
noch, das Sie ins Sparschwein namens „Rücklage“ stecken. Es ist erst „weg“, wenn
damit Reparaturmaßnahmen bezahlt werden.
Trotzdem muss der Beitrag schon im Abrechnungsjahr irgendwie als Ausgabe aufgeführt werden. Sonst wäre es ein ewiger Kreislauf: Wenn das Geld, das ins Sparschwein reingeht, den Eigentümern nicht in Rechnung gestellt würde, bekämen sie den Betrag mit der Jahresabrechnung zurück. Die Rücklage bliebe leer. Also hat die Rechtsprechung entschieden, dass die Rücklage nicht durch Überweisung ans Sparbuch entsteht, sondern durch Buchungsvorgang im Computer der Hausverwaltung. Die Hin- und Herbucherei muss rechnerisch in der Jahresabrechnung die gleiche Wirkung haben wie echte Ausgaben. Natürlich muss der Betrag durch Guthaben auf Sparbuch oder Girokonto der WEG gedeckt sein, sonst geht die Rechnung nicht auf.
Merke: Nicht das Vorhandensein irgendeines Sparbuchs entscheidet über die Höhe der Rücklage, sondern nur der buchungstechnische Vorgang.
Liebe Buchhalter aufgepasst, haltet Euch Augen und Ohren zu,
dieser Artikel wird Euch nicht gefallen. Vieles ist im Wohnungseigentumsrecht
verboten, was für Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften verbindlich
vorgeschrieben ist. Insbesondere Rechnungsabgrenzungsposten, die Lieblinge von
Wirtschaftsprüfern, Bilanzbuchhaltern und Steuerberatern, gibt es bei
Wohnungseigentümergemeinschaften nicht. Keine Regel ohne Ausnahme, aber dazu
später.
Jede Kapitalgesellschaft (AG, GmbH,…) muss laut HGB
(Handelsgesetzbuch) einen Jahresabschluss veröffentlichen. Also eine
Gewinnrechnung, aus der die Eigentümer ablesen können, wie viel man verdient
hat. Und eine Bilanz, in der man erkennt, wie es um die Vermögenslage eines
gewinnorientierten Unternehmens steht. Im Mittelpunkt steht der
Gläubigerschutz.
Der „Jahresabschluss“ einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat andere Ziele – und ganz nebenbei trägt er den Namen „Jahresabrechnung“. Er soll für jeden Eigentümer schnell und einfach nachvollziehbar sein. Deswegen ist die Abrechnung eine einfache Kassenrechnung, die sich an Geldbewegungen auf dem Konto orientiert. Schließlich verfolgt die WEG keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern deckt das menschliche Grundbedürfnis „Wohnen“.
Bei Kapitalgesellschaften benutzt man Rechnungsabgrenzungsposten,
um periodenfremde Zahlungen dem richtigen Jahr zuzuordnen, damit der
Gewinnausweis nicht verzerrt wird. Im Wohnungseigentumsrecht gibt es sowas
nicht. Stellen Sie sich mal folgendes vor:
Die Rechnung für den Dezember-Winterdienst wird
erst im Januar gezahlt.
Sie überweisen Hausgeld am 31.12., es kommt aber
erst am 01.01. an.
Und nun, was macht man mit so Rechnungen? Gar nichts, so die Regelung im Wohnungseigentumsrecht. Ob die Kosten zur Abrechnungsperiode gehören, ist nicht von Bedeutung. Sie werden im Jahr der Kontobewegung gebucht.
Der Winterdienst wird im Januar gezahlt und auch
im Januar gebucht.
Ihre Vorauszahlung kommt im Januar an und wird
im Januar gebucht.
Fertig. Was im Abrechnungsjahr über das Konto fließt, gehört ausnahmslos in die Abrechnung, alles andere bleibt draußen. Eine WEG verfolgt keine Gewinnerzielungsabsicht, deswegen müssen „Aufwendungen“ und „Erträge“ auch nicht periodisiert werden. Gegenstand einer WEG-Jahresabrechnung sind Geldbewegungen auf dem Bankkonto, mehr nicht.
Simpel, klar und gut. Wenn ein Eigentümer oder der Beirat die Abrechnung auf Richtigkeit überprüfen möchte, dann hat er nicht die Routine eines Wirtschaftsprüfers. Wahrscheinlich macht er sich eine eigene Liste als Hilfsrechnung. Er nimmt sich vielleicht die Kontoauszüge, summiert gleichartige Kosten (z.B. Strom, Hausmeister, …) und vergleicht sie mit den Gesamtbeträgen der Abrechnung. Wenn er die Kontoauszüge von Januar bis Dezember in der Hand hat, muss dort alles zu finden sein, was er braucht. Dann ist die Arbeit einfach – und Manipulationen quasi nicht möglich.
Keine Regel ohne Ausnahme: Heizkosten und Warmwasserkosten.
Das Wohnungseigentumsgesetz stammt aus dem Jahr 1951, die
Heizkostenverordnung kam irgendwann in den 70er Jahren. Der Gesetzgeber hatte
erkannt, dass man die Leute zum Energiesparen sensibilisieren muss. Schnell
wurde eine allgemeinverbindliche Heizkostenverordnung auf die Beine gestellt,
die sich in den Paragraphen eins bis drei kurzerhand Vorrang einräumt,
gegenüber allen anderen vertraglichen Regelungen – und sich selbst natürlich
auch für das Wohnungseigentum verbindlich vorschreibt.
Das einfache Prinzip der Kassenrechnung passt nicht ins Bild
der HeizKV. Man meinte, dass die Leute nur lernen, auf ihren
Brennstoffverbrauch zu achten, wenn man die Heizkosten genauso abrechnet, wie
sie verbraucht wurden – also periodisiert. Wenn im Januar 2020 die Gasrechnung für
2019 kommt, dann gehört sie zum Jahr 2019. Und zwar, obwohl sie erst 2020
bezahlt wird! Sie sehen schon, das beißt sich mit den WEG-Regeln.
Die Konsequente Schlichtheit der WEG-Kassenrechnung wurde ausgehebelt. Seitdem gibt es einen Unterschied zwischen Einzel- und Gesamtabrechnung. Die Gesamtabrechnung ist eine Liste der tatsächlich abgeflossenen Gelder und zeigt auch nur die Heizkosten, die im Kalenderjahr bezahlt wurden. In der Einzelabrechnung müssen Kosten für Heizung und Warmwasser aber nach dem Leistungsprinzip abgerechnet werden. Ausschließlich der im Abrechnungszeitraum verbrauchte Brennstoff darf angesetzt werden – nicht die Geldbewegungen auf dem Bankkonto. Hier sind Rechnungsabgrenzungsposten also doch vorgeschrieben.
Wie berechnet man, wie viele Nebenkosten ich für meine Wohnung bezahlen muss? Den Maßstab zur Verteilung der Gesamtkosten auf die Wohnungen nennt man Umlageschlüssel (oder Kostenverteilschlüssel). Die sogenannte Gesamtabrechnung ist eine Art Übersicht bzw. Liste. Sie zeigt Ihnen die tatsächlich abgeflossenen Beträge für das Gesamthaus, sortiert nach Kostenarten.
Ein Beispiel:
Kostenart
Gesamtkosten 2019
Frisch- und Abwasser
2.200 EUR
Regenwasser
450 EUR
Müllabfuhr
1.600 EUR
Straßenreinigung
50 EUR
Allgemeinstrom
200 EUR
Hausreinigung
1.500 EUR
Gartenpflege
900 EUR
Winterdienst
200 EUR
Versicherung
1.600 EUR
Wartungskosten
330 EUR
Heizkosten
7.100 EUR
Summe Gesamthaus
16.130 EUR
Aber Sie möchten ja wissen, welchen Anteil Sie davon bezahlen
müssen. Dafür gibt es die Einzelabrechnung für jede Wohnung. Hier werden die Gesamtbeträge
auf den Anteil der jeweiligen Wohnung umgerechnet. Die verwendeten Faktoren
(Zähler & Nenner) heißen Umlageschlüssel (oder Kostenverteilschlüssel).
Wenn in der Teilungserklärung nichts anderes steht, dann ist der Miteigentumsanteil (MEA) der gesetzliche Standard zur Kostenverteilung.
Ein Beispiel:
Kosten Müllabfuhr
/ Einheiten gesamt
x Ihre Einheiten
= Ihre Kosten
1.600 EUR
/ 1.000 MEA
x 115 MEA
= 184 EUR
Weil jede Kostenart einen anderen Umlageschlüssel haben kann, muss man jede Kostenposition einzeln umrechnen. Man kann nicht einfach die Gesamtkosten nach Miteigentumsanteil umrechnen. In der Einzelabrechnung wird dieser Rechenschritt nacheinander für sämtliche Kostenarten durchgeführt. Zum Beispiel:
Kostenart
Gesamt-kosten
Umlage-schlüssel
Einheiten Gesamt
Ihre Einheiten
Ihre Kosten
Frisch- und Abwasser
2.200 EUR
Zähler-stand
4.000
535
294,25 EUR
Regen-wasser
450 EUR
MEA
1.000
115
51,75 EUR
Müll-abfuhr
1.600 EUR
MEA
1.000
115
184,00 EUR
Straßen-reinigung
50 EUR
MEA
1.000
115
5,75 EUR
Allgemein-strom
200 EUR
Personen
15
2
26,67 EUR
Haus-reinigung
1.500 EUR
MEA
1.000
115
172,50 EUR
Garten-pflege
900 EUR
MEA
1.000
115
103,50 EUR
Winter-dienst
200 EUR
MEA
1.000
115
23,00 EUR
Versiche-rung
1.600 EUR
MEA
1.000
115
184,00 EUR
Wartungs-kosten
330 EUR
MEA
1.000
115
37,95 EUR
Heiz-kosten
7.100 EUR
Heiz-kosten
7.100
815
815,00 EUR
Summe gesamt:
16.130 EUR
Ihre Summe:
1.898 EUR
Und woher weiß man, welcher Umlageschlüssel der richtige
ist?
Im Wohnungseigentumsrecht gibt die notarielle Teilungserklärung den Umlageschlüssel verbindlich vor.
Wenn in der Teilungserklärung nichts geregelt ist oder wenn
eine Kostenart dort nicht aufgeführt ist, dann greift der gesetzliche
Umlageschlüssel: Die Kosten werden nach Miteigentumsanteil (MEA) auf die
Eigentümer verteilt. Die Eigentümer können den Umlageschlüssel später auch mit
entsprechender Mehrheit per Beschluss ändern.
Übrigens: Der Umlageschlüssel bindet nur die WEG, also alle im
Grundbuch eingetragene Eigentümer. Der Mietvertrag ist ein vertragliches
Verhältnis und hiervon völlig unberührt.
Zeit, mit einem
weiteren Märchen aufzuräumen: Es gibt keinerlei Verbindung zwischen Miteigentumsanteil
und Quadratmeter.
Es gibt keinerlei Verbindung zwischen Miteigentumsanteil und Quadratmeter.
Der im Mietrecht geltende Quadratmeter ist ein Flächenmaß. Er bezeichnet die Wohnfläche innerhalb der Wohnung.
Der wohnungseigentumsrechtliche Miteigentumsanteil ist ein prozentuales Anteilsrecht am Gemeinschaftseigentum – also an Dingen außerhalb des Sondereigentums.
Es gibt natürlich viele Teilungserklärungen, in denen das Verhältnis
der MEA dem Verhältnis der Quadratmeter entspricht. Eine gesetzliche
Verpflichtung hierzu besteht nicht. Aber vermutlich hatten Sie einen vorausschauenden
Bauträger oder Notar, der den Zündstoff schon gewittert hat und deswegen qm und
MEA harmonisiert hat, damit es keine Schwierigkeiten gibt. Oft erkennt man, dass
er in der Teilungserklärung versucht, individuellen Gegebenheiten gerecht zu
werden, indem er entsprechende Umlageschlüssel vorgibt.
Häufig verwendete
Umlageschlüssel:
Meiner Erfahrung nach verwendet man häufig folgende Umlageschlüssel. Was sinnvoll ist, kommt natürlich immer auf den Einzelfall an – und die Liste ist selbstverständlich nicht allgemeingültig:
Frischwasser
Personen, Zählerstände, MEA
Abwasser
Personen, Zählerstände, MEA
Niederschlagswasser
MEA
Müllabfuhr
Personen, MEA, Wohnungen
Straßenreinigung
Personen, MEA, Wohnungen
Allgemeinstrom
Personen, Wohnungen, MEA
Hausmeister
MEA, Wohnungen
Hausreinigung
MEA, Wohnungen
Gartenpflege
MEA, Wohnungen
Winterdienst
MEA, Wohnungen
Versicherungsprämien
MEA
Kabel-TV
Wohnungen, MEA
Wartungskosten
MEA, Wohnungen
Heizkosten und Warmwasser
Aufteilung:
70-50% der Kosten nach Verbrauch
30-50% der Kosten nach Beheizter Fläche
Verwaltungskosten
Wohnungen, MEA
Bankgebühren
MEA
Instandhaltung und Instandsetzung
MEA
Beitragspflicht zur Rücklage
MEA
Da fällt mir gerade ein: Wie ist es mit Aufzügen? Auch hier gilt selbstverständlich der MEA als gesetzlicher Standard-Umlageschlüssel. Jeder muss seinen Anteil tragen, keine Ausnahmen. In bestimmten Sonderfällen können aber spezielle Umlageschlüssel sinnvoll sein.
Wenn der Aufzug z.B. nicht bis in den Keller fährt und die Bewohner im EG ihn einfach nicht benutzen (warum auch?). Die Eigentümer im DG benutzen ihn logischerweise andauernd – wer möchte schon wöchentlich die schweren Sprudelkästen bis ins DG schleppen?
Mit entsprechender Mehrheit kann die WEG einen Umlageschlüssel
beschließen, um der etagenabhängigen Nutzung gerecht zu werden. In Abhängigkeit
vom Einzelfall ist vom Verwalter hier sehr viel Fingerspitzengefühl gefordert.
Denn Gleichbehandlung bedeutet auch, niemanden zu Unrecht von Kosten
auszuschließen.
Was interessiert Sie am meisten, wenn Sie Ihre Abrechnung im
Briefkasten finden? Der Betrag, der mit Ihnen verrechnet wird. Kosten minus
Vorauszahlungen. Oder: Muss ich
nachzahlen?
Alles klar. Die Jahresabrechnung besteht dann aus Kosten minus Vorauszahlungen? Nö. Der Bundesgerichtshof hat 2012 entschieden, dass so eine Abrechnung formell falsch wäre. Er sieht das Rechenwerk als Zwillings-Geschwisterpaar, bestehend aus Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung. Vorgeschrieben ist ein Zwischenschritt:
Eines der beiden Geschwister ist der Wirtschaftsplan. Er gibt vor, wieviel ein Eigentümer monatlich (voraus-)bezahlen muss und unterscheidet Soll- und Ist-Vorauszahlungen. Der Wirtschaftsplan ist eine eigene Anspruchsgrundlage mit eigener Verjährungsfrist. Das kann für eine WEG sehr wichtig sein, wenn ein Eigentümer nicht bezahlt.
Größere Rückstände sind für eine WEG gefährlich, weil z.B. Lastschriften platzen. Ihr Versicherungsschutz kann gefährdet sein, wenn die Prämie mangels Kontodeckung nicht eingezogen wird. Damit die WEG sich schon während des Jahres wehren kann, wenn ein Eigentümer nicht zahlen möchte oder kann, ist der Wirtschaftsplan ein eigenständiger, klagbarer Anspruch, der schon vor der Jahresabrechnung beschlossen wurde … und früher verjährt. Der Verwalter darf nicht bis zur Abrechnung warten, weil die WEG in vielen Fällen ernste Probleme bekommen kann.
Das zweite der beiden Geschwister ist die Jahresabrechnung. Weil Zahlungsrückstände über den Wirtschaftsplan geltend gemacht werden können (und müssen!), passen sie nicht mehr in die Jahresabrechnung. Deswegen vergleicht man in der Jahresabrechnung die TATSÄCHLICHEN Kosten mit den SOLL-Vorauszahlungen.
Fazit: Die Jahresabrechnung rechnet tatsächliche Kosten
minus Soll-Vorauszahlungen. Der Wirtschaftsplan rechnet Soll- minus
Ist-Vorauszahlungen. Zusammen besteht das ganze Zahlenwerk also trotzdem
irgendwie aus echten Vorauszahlungen minus echter Kosten. Das ist aber nicht
das, was der Bundesgerichtshof unter „Jahresabrechnung“ versteht. Eine strenge
Trennung zwischen Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung ist erforderlich, die
manche Eigentümer verständlicherweise irritiert. Aber ohne sie fällt die Abrechnung
vor Gericht aus formellen Gründen um.
Saldo, Abrechnungsspitze, Wirtschaftsplan – Alles paletti?
Ein Beispiel:
Der beschlossene Wirtschaftsplan verpflichtet den
Wohnungseigentümer, im Laufe des Kalenderjahres 1.200 EUR Hausgeld zu bezahlen
(Soll-Vorauszahlung). Leider hat er vergessen, den Dauerauftrag zu ändern und
hat in 12 Monaten nur 1.000 EUR überweisen (Ist-Vorauszahlung). Der Verwalter
hätte rechtzeitig dafür sorgen müssen, dass der Eigentümer das volle Hausgeld
bezahlt. Jedenfalls besteht jetzt ein Rückstand von 200 EUR. Er hat eine eigene
Verjährungsfrist. Weil eine bestehende Forderung nicht erneut beschlossen
werden kann, ist der Rückstand kein Bestandteil der Jahresabrechnung. Weil der
Wirtschaftsplan meistens ein Jahr vorher beschlossen wurde, endet seine Verjährungsfrist
auch früher.
Anfang nächsten Jahres erstellt der Verwalter die Jahresabrechnung. Auf die Wohnung entfallen tatsächliche Kosten von 900 EUR (Ist-Kosten). Die Jahresabrechnung vergleicht diese mit den geschuldeten 1.200 EUR (Soll-Vorauszahlung). Die Differenz (Abrechnungsspitze) beträgt 300 EUR zugunsten des Eigentümers. Sie ist der Beschlussgegenstand der Jahresabrechnung – aber nicht die rückständigen Zahlungen!
In der Sekunde der
Beschlussfassung ist die Abrechnungsspitze von 300 EUR fällig geworden. Der Eigentümer hat einen Anspruch auf Überweisung.
Unabhängig davon schuldet er der WEG aber 200 EUR aufgrund des Wirtschaftsplans (und die sind schon vorher fällig gewesen). Jetzt muss der Verwalter sich darum kümmern, die beiden Forderungen gegeneinander aufzurechnen. Dem Eigentümer bleibt ein Guthaben von 100 EUR (Saldo). Es gibt zwei Rechenwege:
Um laufende Kosten bezahlen zu können, werden Finanzierungsvorschüsse erhoben, die man Hausgeld (oder Wohngeld) nennt. Für jedes Jahr stellt der Verwalter eine Prognoserechnung auf, genannt Wirtschaftsplan. Eigentlich ist es eine Liste der erwarteten Auszahlungen, sortiert nach Kostenarten (z.B. Frischwasser, Abwasser, Straßenreinigung, Versicherungsprämien…). Die einzelnen Kosten werden auf die Wohneinheiten umgerechnet, mit den gleichen Umrechnungsfaktoren, die auch in der Jahresabrechnung verwendet werden (sog. Umlageschlüssel). So errechnet der Verwalter für jede Wohnung eine monatliche Vorauszahlung, die man Wohn- oder Hausgeld nennt.
Deswegen sieht der Wirtschaftsplan auch fast so aus wie eine Abrechnung. Sie erkennen den Unterschied an der Überschrift „Wirtschaftsplan“. Ein Beispiel:
Kostenart
Gesamt- kosten
Umlage- schlüssel
Einheiten gesamt
Ihre Einheiten
Ihre Kosten
Wasser
2000
Personen
10
2
400,00
Regen- wasser
450
MEA
1000
115
51,75
Straßen- reinigung
200
MEA
1000
115
23,00
Müll- abfuhr
600
MEA
1000
115
69,00
Haus- meister
6000
MEA
1000
115
690,00
Versiche- rung
1200
MEA
1000
115
138,00
Heizung
4500
Heiz- kosten
4500
900
900,00
Summe gesamt:
14950
Ihre Summe:
2271,75
durch 12 Monate:
189,31
Der Wirtschaftsplan basiert immer auf einer Prognose, die sich auf das Jahr bezieht. Mit den Umlageschlüsseln (Personen, MEA, …) werden die Jahreskosten auf Ihre Wohnung umgerechnet. Ergebnis ist immer ein jahresbezogenes Hausgeld, im Beispiel 2.271,75 EUR. Die Bezahlung erfolgt trotzdem meistens monatlich, weil man das von Stromrechnungen etc. so gewohnt ist.
Bis zum Beschluss auf der Versammlung gilt diese Vorauszahlung übrigens als Entwurf. Und wann ist die Zahlung fällig? Der Gesetzgeber spricht davon, dass der Verwalter von den Eigentümern auf Grundlage des Wirtschaftsplans Zahlungen anfordert. Ein komischer Begriff. In den meisten Fällen werden jedenfalls 12 gleiche Monatsraten gezahlt.
Weil der Verwalter als Treuhänder
von fremdem Vermögen fungiert, muss er den Eigentümern nach Jahresende über
dessen Verwendung Rechenschaft ablegen.
Dazu dient die Jahresabrechnung.