Vorselektion Teil 1: Woran erkennt man eine schlechte WEG vor dem Kauf?

Nach langer Suche haben Sie eine Wohnung gefunden. Die Zahlen sehen gut aus, offensichtlich rentiert sich das Investitionsobjekt und Sie nähern sich in großen Schritten Ihrem passiven Einkommen. Zeit, die faulen Eier auszusortieren, denn es gibt auch schlechte Wohnungen, die Sie auf gar keinen Fall anpacken sollten.

Jetzt geht es tiefer in die Materie, um eventuelle Katastrophenwohnungen schon vor dem Kauf zu erkennen und auszusortieren.

Das wichtigste an einer Eigentumswohnung sind nicht unbedingt Dach, Heizung oder Mietspiegel, sondern Eigentümergemeinschaft und Verwaltung. Beides können Sie fast gar nicht beeinflussen. Umso wichtiger ist es, einen großen Bogen um WEGs zu machen, bei denen etwas nicht stimmt.

In vielen Fällen sind Sie auf die Mitwirkung der Miteigentümer angewiesen. Sie möchten neue Fenster? Die sind Gemeinschaftseigentum. Bloß nicht austauschen, ohne zu fragen, das wäre Sachbeschädigung. Das gleiche gilt für Balkon (-außenseiten), Wohnungstüren, Hauptleitungen usw.

Sie müssen die WEG genauer unter die Lupe nehmen, damit Ihnen solche Situationen erspart bleiben. Nur Mut, die meisten Eigentümergemeinschaften sind unproblematisch. Aber ganz selten – und darauf müssen Sie achten – gibt es WEGs, bei denen die Stimmung völlig vergiftet ist. Alte Streitigkeiten haben sich mit der Zeit immer weiter hochgeschaukelt und zu tiefen Gräben entwickelt. Wenn Sie an eine WEG geraten, deren Eigentümer schon ganz allgemein nicht miteinander zurechtkommen oder sich dauernd gegenseitig blockieren, anschreien oder verklagen, dann können Sie bestimmt lange auf Ihre Erlaubnis zum Austausch der Fenster warten. Ganz zu schweigen von der Frage, wer die Fenster bezahlt. Strenggenommen die WEG, aber bei solchen Kaspern werden Sie nicht auf Gegenliebe stoßen, bestenfalls lassen Sie sich auf eine abweichende Kostenregelung ein („ich zahle selbst, aber gebt mir endlich die Erlaubnis“).

Es macht keinen Spaß, Mitglied in einer verseuchten WEG zu sein. Wichtig zu sagen: Das ist wirklich nur ein kleiner Bruchteil der Eigentümergemeinschaften. Trotzdem gibt es Erfahrungen, die ich Ihnen nicht wünsche. Abgesehen vom Geldbeutel der Anwälte kann niemand einen Nachbarschaftsstreit gewinnen. Auch nach dem Urteil werden Sie sich weiterhin das Grundbuch teilen. WEG-Mitglied zu sein, kostet dort unheimlich viel Zeit, Nerven – und Anwaltsgebühren. Oft ist es das Beste, die Wohnung schnellstens wieder zu verkaufen – oder gar nicht erst zu kaufen! Aber:

Wie kann man eine schlechte WEG schon vor dem Kauf erkennen?

Ein paar Stunden eigene Recherche kosten Sie nur einen kleinen Teil Ihrer Freizeit, aber danach können Sie sich relativ sicher sein, ob hier größere Probleme lauern oder nicht. (Eine variable Zinsbindung eignet sich oft als zusätzliche „Versicherung“.)

In erster Linie sind Sie auf die Aussagen des Verkäufers angewiesen, aber der sagt Ihnen vielleicht nicht die Wahrheit. Wenn es wirklich Probleme gibt, finden Sie meistens an bestimmten Stellen Anhaltspunkte, wenn Sie gründlich suchen. Diese sind:

  1. Die Protokolle vergangener Eigentümerversammlungen,
  2. die letzten WEG-Jahresabrechnungen (und bitte mehr als eine!) und
  3. ein Anruf oder Gespräch mit Hausverwaltung, Beirat oder Nachbarn.

Man braucht etwas Fingerspitzengefühl, denn nirgendwo werden Sie einen großen Vermerk finden „Achtung blöde Eigentümergemeinschaft, bitte nicht kaufen.“ Die Hinweise finden Sie natürlich zwischen den Zeilen. Auf welche Details müssen Sie achten? Fangen wir bei den Eigentümerversammlungen an:

Foto: Stephan Walochnik

Warum ist die Hausverwaltung nie erreichbar? Teil 3: Verrückte Kunden und die Negativselektion

Wenige Sandkörner im Getriebe können ausreichen, um den ganzen Motor lahmzulegen. Weil viele Verwalter sich nicht von Störenfrieden trennen, schauen sie irgendwann gar nicht mehr in ihre Mails, und wenn das Telefon klingelt, dreht sich ihnen der Magen um. Die Kunden wundern sich, warum sie niemanden erreichen oder erst Wochen später eine Rückmeldung bekommen.

Welche Kunden fressen denn Kapazität? Hier ein paar Beispiele: 

  • Erstens gibt es die Extremfälle, wo jemand offensichtliche … Probleme hat und seine Miteigentümer auf der Eigentümerversammlung anschreit. Aber mal abgesehen von solchen Extremfällen kenne ich viele weitere Spaßvögel:
  • Der pensionierte TÜV-Ingenieur ohne Fingerspitzengefühl, der das ganze Haus unaufgefordert nach abgelaufenen Prüfsiegeln, schiefliegenden Türmatten und lockeren Türklinken durchsucht – und dem Verwalter anschließend eine zwei Seiten lange Mail schreibt, um unter Fristsetzung um eine Stellungnahme zu bitten.
  • Der „Beiratspräsident“, der seinen Nachbarn verbieten will, Hunde zu halten, nach 19 Uhr zu musizieren oder im Treppenhaus miteinander zu reden.
  • Der pingelige Wirtschaftsprüfer, der die WEG-Jahresabrechnung durchleuchten und prüfen möchte, als wäre es eine Konzernbilanz (und dafür beim Verwalter fünf volle Arbeitstage blockiert, die keinem anderen Kunden mehr zur Verfügung stehen). 
  • Die Rentnerin, die sich beschwert, dass ihre Nachbarin nachts duscht, sich allerdings nicht traut, diese selbst anzusprechen, sondern Unterschriften sammelt, meine Privatadresse herausfindet und mich samstags mittags besucht, um mir einen Vortrag zu halten und den Brief mit den Unterschriften zu überreichen.

 Damit keine Missverständnisse entstehen: Ernstgemeinte Fragen dürfen Sie immer und jederzeit stellen, das ist Ihr grundlegendes Recht. Wenn Sie etwas nicht verstehen, sollten Sie nachfragen. Sie sind schließlich kein Mieter. Leider übertreiben jedoch manche Leute maßlos, und so gibt es auch ein paar „Beschäftigungstherapeuten“, die streng genommen keine ernsthaften Fragen stellen, sondern den Verwalter praktisch täglich mit neuen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen konfrontieren. Zum Beispiel, wenn sie etwas in der Zeitung gelesen haben oder sich am Wochenende im Treppenhaus nach Prüfsiegeln oder schief liegenden Türmatten umgesehen haben. Weil der Verwalter verpflichtet ist, jedem Hinweis nachzugehen, kann er ihre Anfragen nicht einfach ignorieren. Wenn doch etwas passieren sollte, wäre der Ärger groß.

Wie eine Beschäftigungstherapie im Einzelnen aussehen mag, ist natürlich ganz individuell. Wesentliche Kapazitätsfresser, die jeder Verwalter so oder so ähnlich in seinem Portfolio hat, fallen aber meist unter eine der folgenden Kategorien:

Tatsachen verschwiegen

Ich habe einmal eine WEG übernommen, die offenbar keinen neuen Verwalter mehr finden konnte und mir daher wesentliche Details verschwiegen hat. Beim Kennenlerngespräch versicherte man mir, dass es weder Sanierungsstau noch sonstige größere Probleme gibt, die erwähnenswert wären. Bei Übergabe der Verwaltungsunterlagen, wurden mir dann u.a. drei Regalmeter Gerichtsakten übergeben. Die Eigentümer trugen seit etlichen Jahren untereinander einen erbarmungslosen Rechtsstreit aus. Manche Prozesse lagen noch beim Amtsgericht, andere waren bereits in der zweiten oder dritten Instanz. Das sah man wohl im Vorfeld nicht als erwähnenswert an. Wer als Verwalter solche Akten durchlesen muss, um sich mit dem Thema vertraut zu machen, ist um 13 Uhr völlig erschöpft und kann sich schlafen legen. Zumindest löst man an diesem Tag keine kognitiven Aufgaben mehr. Und selbstverständlich hat man dann auch keine Zeit mehr für andere Kunden, die vielleicht auch ein berechtigtes Anliegen haben.

Unnötige Arbeit

Wer Eigentum hat, muss es regelmäßig instand halten, sonst verliert es bald an Wert. Diese Tatsache steht völlig außer Frage. Gewisse hyperaktive Eigentümer übertreiben es aber mit der Instandhaltungsplanung und thematisieren ständig neue Baumaßnahmen. Aber eben nicht, weil es nötig wäre, sondern weil sie Lust darauf haben. Sie sind überzeugt, dass die Rücklage eh zu voll ist und dass man jeden ausgegebenen Euro ja von der Steuer absetzen könnte. Dass die Entscheidung die Eigentümerversammlung trifft, können diese Leute zwar meistens grundsätzlich nachvollziehen, aber „der Beschluss“ muss ja vorbereitet werden – also leg los, Verwalter! Dass es auf der Eigentümerversammlung vielleicht gar keine Mehrheit für das Unterfangen gibt, sehen sie anders, „da kann man ja miteinander reden“. Wie wäre es also mit neuen Balkongeländern? Unsere sind ja gar nicht mehr zeitgemäß. Außerdem sollte man vielleicht mal die Kellertreppe verschönern lassen. Die sieht immer so schäbig aus. Und wo wir gerade darüber sprechen – wie wäre es mit einer neuen Haustür oder einer Umgestaltung des Vordergartens? Eine sprudelnde Quelle ständig neuer Ideen. Wird die WEG die Maßnahme denn überhaupt beschließen oder ist es bloße Beschäftigungstherapie? Der Verwalter muss jedenfalls erstmal Kontakt zu verschiedenen Handwerkern aufnehmen, Angebote anfragen und dafür natürlich mit jedem der Handwerker Ortstermine wahrnehmen. Und natürlich müssen mindestens drei Angebote eingeholt werden – somit pro Vorschlag mindestens drei Ortstermine – vorausgesetzt, die Handwerker erscheinen und jeder gibt ein Angebot ab, was nicht selbstverständlich ist. Wenn auf der EV endlich alle Angebote und Kosten auf dem Tisch liegen, findet die Mehrheit die Kosten zu teuer. Moment, 12.000 EUR für eine neue Kellertreppe!? Viel zu teuer, damit haben wir nicht gerechnet. Das Thema „vertagen“ wir auf die nächste Eigentümerversammlung. Bis dahin bitte weitere Angebote einholen. Oder der Vorschlag wird sofort begraben – der Verwalter hat umsonst gearbeitet.

Natürlich muss man hier differenzieren: Die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums gehört zu den Kernaufgaben des Verwalters. Es macht aber einen großen Unterschied, ob die Eigentümer eine Maßnahme wirklich umsetzen wollen – oder ob der Verwalter einfach mal willkürlich beschäftigt wird, Angebote für einen vagen Vorschlag einzuholen.

Doppelte Arbeit

Wenn eine Eigentümergemeinschaft sich untereinander nicht einig ist, steigert das die Arbeit deutlich. Wenn die Eigentümer kompliziert sind oder sich untereinander nicht verstehen, bekommt das auch der Verwalter ab. Man gibt ihm widersprüchliche Anweisungen, oder Beschlüsse werden gefasst und später wieder zurückgenommen. Das steigert Vorbereitungsarbeiten deutlich. Wenn die bei den Handwerkern abzufragenden Leistungen unklar sind, bleibt es meistens nicht bei drei Ortsterminen, um Angebote zu bekommen. Wenn sich die Anforderungen nach der EV ändern, müssen die Handwerker nochmal vorbeischauen, um abermals Angebote abzugeben.

Schwierige Eigentümergemeinschaften bringen aber nicht nur bei Instandhaltungsmaßnahmen doppelte und dreifache Arbeit. Oft werden Konflikte auf dem Rücken des Verwalters ausgetragen. Vielleicht können zwei Eigentümer sich nicht leiden und gönnen sich gar nichts. Nun wird die Jahresabrechnung wegen der Personenzahl in Zweifel gezogen. Die Schwiegereltern waren doch letzten Frühling für zwei Wochen da – das bedeutet zwei Personen mehr für drei Wochen. Es geht zwar nur um 23 EUR, aber wegen solcher Kleinigkeiten wird nun Einspruch gegen die Jahresabrechnung erhoben, und die Eigentümergemeinschaft besteht darauf, dass der Verwalter die Abrechnung nochmal neu erstellen muss. Auch hier hängt ein ganzer Rattenschwanz dran. Die Abrechnung muss im Computer korrigiert werden, Daten sichern, speichern, drucken, versenden. Und natürlich an die Fristen denken. Zwischen Versand der Abrechnung und Beschlussfassung auf der nächsten EV müssen mindestens drei Wochen liegen.

Vermeidbare Arbeit

Je weniger sich die Eigentümer untereinander einig sind, desto wahrscheinlicher sind Konflikte und der Gesprächsbedarf. Das bedeutet, dass wahrscheinlich mehrere Versammlungen im Jahr nötig sein werden, um den Gesprächs- und Diskussionsbedarf zu decken, auch wenn die Eigentümer sich trotzdem nicht einig werden. Mehrere Versammlungen stehen ihnen ja gesetzlich zu, wann immer es etwas zu besprechen gibt und 25% der Eigentümer die Einberufung einer EV fordern.

Das Ergebnis betrifft Sie

Wenn 10% der Kunden 90% der Arbeit verursachen, schauen die übrigen in die Röhren, obwohl sie Besseres verdient hätten. Wenn Sie nun Ihren Verwalter anrufen, weil Sie eine Frage zur Abrechnung haben, ist er nicht erreichbar, weil er gerade beschäftigt ist, Angebote einzuholen, die sowieso nie beschlossen werden, oder sich vom Wirtschaftsprüfer Konzernbilanzen erklären zu lassen, die für die WEG-Abrechnung unerheblich sind. Wenn sich Ihr Hausverwalter also gerade für die besagten 10% der Kunden im Hamsterrad abstrampelt, kommt er nicht dazu, sich um die guten 90% der Kunden zu kümmern, zu denen Sie vermutlich gehören. Sie warten nun viel zu lange auf Ihre Abrechnung oder auf die Einladung zur Eigentümerversammlung. Sie merken nur eins: Der Verwalter geht nicht ans Telefon, ruft nicht zurück und antwortet nicht auf Emails. 

Gebäudeversicherungen sind konsequenter als WEG-Verwalter. Dort betreibt man vehement eine gewisse „Kundenhygiene“. Wer eine üble Schadenquote hat, bekommt die Kündigung, weil die Versicherung sonst draufzahlt. Wer als Hausverwalter halbwegs unbeschadet das Renteneintrittsalter erreichen möchte, ohne seine Gesundheit den 10% zu opfern, die es ihm eh nicht danken, sollte sich vielleicht etwas mehr an Versicherungsgesellschaften orientieren.

Warum ist die Hausverwaltung nie erreichbar? Teil 2: Das Pareto-Prinzip

Der italienische Ökonom Vilfredo Pareto fand heraus, dass 20% der Erbsenpflanzen in seinem Garten am kräftigsten wachsen und 80% der Ernte hervorbrachten. Seitdem wird das sogenannte 80-20-Prinzip auf die unterschiedlichsten Sachverhalte angewendet, bei denen es um verschiedene Formen von Aufwand und Ertrag geht. Auf Hausverwaltungen bezogen bedeutet das Pareto-Prinzip, dass 20% der Kunden 80% der Arbeit verursachen können. Oftmals ist die Quote noch viel ausgeprägter, z.B. bei 10% zu 90%. Wenn aber 10% der Kunden satte 90% der Arbeit verursachen, wo ist dann noch Zeit für die übrigen 90% der Kunden? Was die Finanzen angeht, zahlen alle Kunden ja in der Regel eine ähnliche Grundgebühr. Im Extremfall könnte man sagen, dass 10% der Kunden nur 10% des Umsatzes ausmachen, aber 90% der Arbeit verursachen – während 90% des Umsatzes von Kunden quasi automatisch generiert wird, die nur 10% des Arbeitsaufwandes verursachen. Das ist in der Realität oft zu beobachten.

Fakt ist: Der Verwalter muss sich um die Wünsche und Anliegen der Eigentümer kümmern! Als Wohnungseigentümer sollten Sie Ihren Verwalter immer alles fragen können und haben einen Anspruch, dass man Ihnen kurzfristig antwortet. Leider reizen bestimmte Kunden dieses Recht gnadenlos aus.

WEG-Verwalter und Versicherungskonzerne haben viele Parallelen: Um sich nicht haftbar zu machen, müssen beide jedes Anliegen ernstnehmen, sei es nun eine Anfrage eines Eigentümers oder eine Schadenmeldung.

In beiden Fällen stehen konstante Grundgebühren (Verwaltervergütung bzw. Versicherungsprämien) einem variablen Aufwand gegenüber (Arbeitszeit, Personalkosten bzw. Schadenbeseitigungskosten). Vor allem in der Gebäudesparte haben Versicherungsgesellschaften mit hohen Schadenquoten zu kämpfen. Obwohl beide Ausgangspositionen sich ähneln, reagieren Verwalter und Versicherungen völlig unterschiedlich:

Versicherungen setzen schlechte Kunden vor die Tür, wenn die Schadenquote zu hoch ist (z.B. ein Haus mit fünf Wasserschäden pro Jahr). So bereinigen die Gesellschaften ihr Portfolio, um weiterhin kostendeckend arbeiten zu können und ihren Kunden im Schadenfall weiterhin schnell helfen zu können. Sie fühlen sich ihren Mitarbeitern und ihren guten Kunden gegenüber verpflichtet, so zu handeln.

Viele WEG-Verwalter hingegen behalten schlechte Kunden oftmals, weil sie Angst haben, nicht genug Umsatz zu machen, um die Mitarbeiter bezahlen zu können. Bei niedrigen Preisen muss es eben über die Masse gehen. Zwar gibt es immer mehr Eigentümergemeinschaften und immer weniger Verwalter, was zwangsläufig zu steigenden Preisen führen muss. Trotzdem ist dieses Denken bei den Ü50-Verwaltern noch extrem stark verwurzelt. Es stammt aus der Zeit vor der Jahrtausendwende, als jeder Hinz und Kunz sich berufen fühlte, nebenbei Häuser zu verwalten. Nach vielen Jahrzehnten Verwalterdasein haben sich die Mitarbeiter entweder wegbeworben oder sind verschlissen und demoralisiert. Gute Kunden haben es den Mitarbeitern gleichgetan und sind aus bekannten Gründen verschwunden. Die Verwaltung hat nur noch Schrott im Schlepptau, weil der Chef den Umsatz nicht verlieren möchte. Aber er hat vergessen: „Wer nur ja sagt, der macht Umsatz; wer auch nein sagt, macht Gewinn.“ Was passiert? Das Gegenteil! Die Mitarbeiter sind mittags schon völlig fertig und ausgelaugt, weil die besagten 10% der „Premium-Kunden“ ihnen bereits jetzt die letzte Energie geraubt haben. Sie haben keine Kraft mehr, um die Routinetätigkeiten zu erledigen, melden sich krank oder werden schwanger. Nachdem das Personal ausgefallen ist und sich heutzutage niemand mehr auf die Stellenanzeigen zum WEG-Verwalter bewirbt, muss der Chef nun mit anpacken – oder die ganze Arbeit alleine machen. Somit gerät er auch unter die Räder und erkennt viel zu spät, was es bedeutet, die falschen Kunden an Bord zu haben – und geht bestimmt nicht mehr ans Telefon, wenn Sie anrufen. Weil er sieht, dass das Geschäft nicht mehr läuft, senkt er die Preise noch weiter. Womit er sich nur sein eigenes Geschäft kaputtmacht, weil er noch weitere Schrottkunden anlocken wird, die ausschließlich auf den Preis achten und sich bei jeder Kleinigkeit beschweren.

Was soll das heißen, schlechte Kunden? Das lesen Sie in Teil 3:

Warum ist die Hausverwaltung nie erreichbar? Teil 1: Immer das gleiche

Es ist doch immer das gleiche: Die Hausverwaltung ist nicht erreichbar und ruft nicht zurück. Wenn Sie mal ein Anliegen haben, brauchen Sie starke Nerven und Durchhaltevermögen. Weder Gärtner noch Treppenhausreinigung machen ihren Job vernünftig. Von Monat zu Monat wird es schlimmer. Warum macht denn niemand etwas? Sie haben zwar schon versucht, es der Verwaltung zu melden, aber es war eine Tortur: Email? Haben die nicht. Sie konnten höchstens versuchen, auf den Anrufbeantworter zu sprechen. Vielleicht ruft ja in ein paar Wochen jemand zurück? Jedenfalls sehen Sie jedes Jahr in der Abrechnung, dass Sie von den faulen Handwerkern kräftig zur Kasse gebeten werden – und Ihnen fehlt jede Möglichkeit, sie zu kontrollieren oder auszutauschen.

Die Jahresabrechnung erhalten Sie frühestens im Herbst, und sie ist absolut unverständlich. Aktiva, Passiva, Saldenliste, da brummt Ihnen der Schädel. Die Verwaltung macht keine Anstalten, Ihnen die Abrechnung zu erklären. Ein ungeheures Zahlendickicht aus Kostenarten, Buchungskontonummern und sonstigen Ziffern. Was sind Soll- und Ist-Kosten? Und ist der „Saldo“ jetzt Nachzahlung oder Guthaben?

Auch in der Einladung zur Eigentümerversammlung keine Spur von Transparenz, nur ein paar ungenaue Überschriften. Da steht was von „Anstrich Treppenhaus“ und „Sanierung Balkone“, aber woher sollen Sie wissen, wie teuer die Maßnahme wird und welchen Anteil Sie bezahlen? Wird das aus der Rücklage finanziert oder wird eine dicke Sonderumlage erhoben? Wer entscheidet eigentlich, welcher Handwerker beauftragt wird? Hoffentlich nicht der Schwager des Verwalters, dem das Unternehmen gehört!

Von couragiertem Einsatz mit Leib und Seele erkennen Sie bei der Verwaltung überhaupt nichts, obwohl man Ihnen genau das damals bei der Neuwahl versprochen hat. Dabei haben Sie sich doch unbedingt eine größere Verwaltungsfirma gewünscht, damit Sie immer einen Ansprechpartner, eine Urlaubsvertretung und einen Notdienst haben. Genau das Gegenteil ist eingetreten. Die linke Hand weiß nicht, was die rechte tut. Jetzt haben Sie eine Verwaltung mit Fünfjahresvertrag an der Backe, aber wenn Sie ein Problem haben, lässt man Sie alleine. Wenn Sie anrufen, weiß niemand Bescheid, wenn überhaupt jemand drangeht. Sie können nur hoffen, dass Sie niemals dringend auf die Verwaltung angewiesen sind.

Solche Geschichten sind der Normalfall, wenn wir mit potentiellen Neukunden sprechen, die einen neuen WEG-Verwalter suchen. Es scheint, als gehöre es zum Berufsethos, seine Kunden im Regen stehen zu lassen. Transparenz scheint nicht erwünscht zu sein. Wie traurig, dass viele Immobilieneigentümer mit ihren Problemen allein gelassen werden. 

Woran liegt das? Gibt es da wirklich nur Pfeifen am Markt?

Natürlich gibt es immer mehrere Gründe, aber einer drängt sich auf: Bestimmte Kunden überlasten ihren WEG-Verwalter so sehr, dass einfach keine Kapazität mehr für alle anderen übrigbleibt. Ganz wenige Querulanten belästigen die Verwaltung mehrmals täglich, um über die unterschiedlichsten Themen zu diskutieren, sei es die Balkonsanierung die seiner Meinung nach bis Ende des Monats im Eilverfahren durchgezogen werden muss oder der Wunsch des Beirats nach wöchentlichen Meetings. Solche Kunden verdrängen alle anderen, weil für deren Belange keine Zeit mehr bleibt. Die guten Kunden wiederum wundern sich, dass sie telefonisch niemanden erreichen. Je niedriger die Grundgebühr der Verwaltung, desto schlimmer wird das Problem, weil weniger Personal für die Erledigung der Arbeit bezahlt werden kann.

Ein Verwalter kann und sollte gegensteuern, indem er eine bestimmte Negativselektion aus seiner Kundschaft konsequent vor die Tür setzt, um die übrigen Kunden zu schützen. Versicherungsgesellschaften machen das genauso. Zu hohe Schadenquote? Schon kommt am Ende des Jahres die Kündigung. Unterm Strich werden die guten Kunden damit geschützt. Diese Erkenntnis ist aber leider noch nicht zu den Hausverwaltern durchgedrungen. Stattdessen konkurriert man hier lieber über niedrige Preise und liefert im Ergebnis schlechten Service ab.

Warum können bestimmte Kunden die Verwaltung derart überbeanspruchen? Anders als Rechtsanwälte werden WEG-Verwalter mit der monatlichen Grundgebühr pauschal für einen Großteil ihrer Arbeit bezahlt. Dazu gehören auch Telefonate, die Beantwortung von Anfragen per Email und regelmäßige Meetings mit dem Beirat einer jeden WEG. Obwohl es laut Gesetz der Job des Beirats wäre, den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen, dreht dieser in der Realität manchmal den Spieß um – und beschäftigt den Verwalter mit kleinteiliger, zusätzlicher Arbeit. Rechtsanwälte stellen nach der Erstberatung eine Rechnung über 300 EUR plus MwSt. Da überlegt man sich, ob man wirklich nochmal anrufen sollte. Bei Verwaltern ist das anders: Kunden müssen keinen Cent bezahlen, um ihn zu kontaktieren, Dinge zu hinterfragen oder ihn mit verschiedensten Aufgaben zu beschäftigen.

Der Verwalter muss aber jedes Anliegen ernstnehmen, sonst macht er sich unter Umständen haftbar. Das ist ja auch sein Job, und dafür bezahlen Sie ihn. Es gibt aber bestimmte Kunden, die dieses Recht gnadenlos ausreizen (zu den Beispielen kommen wir gleich). Diese Menschen können oftmals nicht differenzieren, ob etwas dringend bzw. wichtig ist, oder kommen täglich mit neuen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf den Verwalter zu. Genau wie manche Patienten, die die Wartezimmer von Ärzten verstopfen, weil sie als Kassenpatient dafür nichts bezahlen müssen, gibt es auch im Immobilienbereich bestimmte Wohnungseigentümer, die ihre Verwaltung überlasten und an den Rand des Wahnsinns treiben. Nebensächliche Anfragen, die per Email gestellt werden, beginnen in der Betreffzeile mit „DRINGEND: …“. Nach wenigen Stunden kommt die zweite Mail mit Betreff „ERINNERUNG: …“ und fragen: „Wann können wir mit Ihrer Antwort rechnen?“ Und so kann es vorkommen, dass die Mitarbeiter der Hausverwaltung schon um zwölf Uhr mittags völlig ausgelaugt und klinisch tot sind. Leider haben sie dann schon keine Kraft mehr, die Anliegen der restlichen Kunden konzentriert abzuarbeiten. Und wenn Sie jetzt anrufen und eine kurze Frage zur Jahresabrechnung haben, können Sie sich leider vorstellen, was passiert.

Wie das geht? Lesen Sie in Teil 2, Beispiele folgen in Teil 3: 

Eine Wohnung unter Wert kaufen

Sie versuchen, eine Wohnung unter Wert zu kaufen? Klasse. Dann müssen Sie zuerst wissen, wo der Wert liegt.

Und wie bewertet man eine Eigentumswohnung? Es gibt viele gesetzlich normierte Verfahren, aber die taugen für Ihr Vorhaben nicht. Es sind schablonenhafte Formeln, mit denen man Steuer-Bemessungsgrundlagen oder gerichtlich festzusetzende Abfindungen berechnen kann. Mehr aber auch nicht. Sie werden Ihnen nicht helfen, den wahren Wert Ihrer Immobilie zu ermitteln.

Hier die gute Nachricht: Zur Immobilienbewertung brauchen Sie fast nur Ihren gesunden Menschenverstand.

Jedenfalls brauchen Sie keine verschachtelten mathematischen Formeln. Da blickt doch eh keiner durch. Bewertung ist einfach! Ich zeige Ihnen, wie es geht: Unter „Wert“ verstehe ich die Preisgrenze, ab der es sich nicht mehr lohnt, sich auf das Geschäft einzulassen.

Ein Beispiel: Sie haben eine Immobilie geerbt und wissen nicht, ob Sie sie behalten oder verkaufen sollten. „Verkauf oder Vermietung“ ist ein Tausch. Mathematisch betrachtet: Wenn Sie verkaufen, dann tauschen Sie einen (dauerhaften) Einkommensstrom (monatliche Mieteinnahmen) gegen einen (einmaligen) Preis.

Sie sind Käufer? Dann tauschen Sie noch mehr:

  • Der Käufer tauscht Geld gegen Immobilie, bzw.: Der Käufer tauscht Einmalbetrag (Kaufpreis) gegen wiederkehrende Mieteinnahmen.
  • Der Käufer braucht meistens auch einen Kredit. Er tauscht also 30 Jahre dauernde Monatsraten gegen einen Einmalbetrag (Darlehensbetrag, der direkt an den Verkäufer fließt). Dieser Zahlungsstrom an Abflüssen besteht aus Zins und Tilgung und zahlt die Verbindlichkeit im Laufe von XY Jahren ab.
  • Und jetzt kommt der Mieter: Der Mieter tauscht Geldabflüsse (monatliche Mietzahlungen) gegen das Nutzungsrecht an 71 qm Wohnraum im 2. OG und damit bezahlt er nach und nach Ihre Wohnung ab.

Und jetzt?

Bewerten heißt vergleichen. Man muss die Zeitkomponente ausschalten, um die ganzen getauschten Gelder miteinander zu vergleichen.

Foto: Stephan Walochnik

Aus Sicht des Käufers als Kapitalanleger:

Nehmen wir an, Sie kaufen eine bereits vermietete Wohnung. Der Wert ist ja Ihre „Preisobergrenze“. Sie suchen also die maximale Belastungsgrenze, bedeutet: Bei einem Kauf zum Wert „trägt sich“ die Wohnung gerade selber. Werttreiber sind Ihre Mieteinnahmen.

Wenn Preis = Wert, dann Mieteinnahmen = Finanzierungskosten.

Damit die Rechnung stimmt, müssen Sie die nicht umlagefähigen Nebenkosten von den Mieteinnahmen abziehen. Wenn die Wohnung komplett kreditfinanziert ist, müssen Sie folgende Daten kennen:

  • Die Kaltmiete
  • aber nicht die Heiz- und Betriebskosten, denn die sind ja ein durchlaufender Posten und fließen direkt weiter zu Stromversorger, Müllabfuhr, Gebäudeversicherung usw.
  • die nicht umlagefähigen Nebenkosten, denn die dürfen Sie nicht an Ihren Mieter weitergeben (z.B. Hausverwaltung, Rücklage, Reparaturen, Bankgebühren, ggfs. Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten).

Wichtig! Sie müssen Ihre Annuität kennen, d.h. den Prozentsatz von Zins und Tilgung. Deswegen ist es wichtig, frühzeitig mit Ihrer Bank zu sprechen, idealerweise bevor Sie eine Wohnung gefunden haben.

Ein Beispiel, nehmen wir an…:

  • Die Mietüberschüsse (Kaltmiete abzgl. nicht umlagefähiger Nebenkosten) betragen jährlich 4.000 EUR.
  • Die Annuität der Bank (= Zins + Tilgung) liegt bei 4% p.a.
  • Ihre Belastbarkeitsgrenze liegtdort, wo Mietüberschüsse genauso groß sind wie Zins + Tilgung. Sie rechnen also 4.000 EUR (Mietüberschüsse) geteilt durch 4% (Annuität) = 100.000 EUR.
  • Wenn Sie die Wohnung (incl. Erwerbsnebenkosten) für 100.000 EUR kaufen, dann zahlen Sie jährlich 4.000 EUR an die Bank (4% von 100.000 EUR) und bekommen pro Jahr 4.000 EUR vom Mieter (, was natürlich unabhängig vom Kaufpreis geschieht). Unter der Annahme, dass der Mieter immer pünktlich zahlt und es keinen Leerstand gibt.
  • Wenn Sie mehr als 100.000 EUR für die Wohnung ausgeben, dann zahlen Sie drauf. Und warum sollten Sie dieses Geschäft eingehen?

Der Wert (=Preisobergrenze) aus Sicht des Käufers liegt in diesem Beispiel also bei 100.000 EUR. Und der Preis? Der sollte natürlich möglichst weit davon weg sein! Ein Immobilieninvestor möchte ja auch etwas mit der Wohnung verdienen!

Sie wissen jetzt also, dass Sie Minus machen, wenn Sie mehr als 100.000 EUR für die Wohnung bezahlen. Wie Sie verhandeln, ist eine ganz andere Sache. Sie müssen natürlich einen Preis weit unterhalb von 100.000 EUR aushandeln, wenn Sie sich ein monatliches, passives Einkommen aufbauen möchten. Vielleicht schaffen Sie es, sich auf einen niedrigeren Preis zu einigen, z.B. 95.000 EUR, 90.000 EUR oder 85.000 EUR. Je niedriger, desto besser. Aber der Verkäufer muss sich ja auch darauf einlassen.

Foto: Stephan Walochnik

Eine praktische Faustformel, mit der Sie schnell Ihre Preisobergrenze berechnen können.

Sie haben schnell erkannt, dass die Preisobergrenze von mehreren Faktoren abhängig ist. In der Berechnung habe ich Annahmen getroffen:

  • Die Mieteinnahmen (4.000 EUR) und
  • die Annuität (4%)
  • stehen fest und sind bekannt.

Wenn Sie unter diesen Annahmen die Wohnung zu 100.000 EUR kaufen, machen Sie gerade ein Nullsummengeschäft. Sie haben aber mehrere Stellschrauben: Vielleicht bietet eine andere Bank einen niedrigeren Zinssatz an? Dann sinkt Ihre Annuität und die monatlichen Finanzierungskosten.

Oder vielleicht können Sie nach dem Kauf eine moderate Mieterhöhung durchführen (obwohl ich da wirklich kein Freund von bin, weil es die Mieter verscheucht).

Und Wert ist ja nicht gleich Preis, sondern Preisobergrenze. Hier können und sollten Sie verhandeln.

Bis dass der Tod euch scheidet: Eheschließungen und Immobilieninvestitionen

Immobilien und Scheidung? Ein Artikel, den Sie nicht ernst nehmen müssen. Und mal wieder ein Artikel über die panische Angst der Deutschen vor Immobilieninvestitionen. Denn obwohl Immobilien mein Beruf sind, habe ich mehr Scheidungskatastrophen gesehen als insolvente Wohnungseigentümer. Was ja auch nicht schwer ist, weil ich in zehn Berufsjahren noch keinen einzigen insolventen Wohnungseigentümer erlebt habe.

Diese Panikmache… wie läuft sie eigentlich ab? Meistens sind es die Freunde und Bekannten ohne immobilienbesitz, die einem mit ihren Horrorgeschichten so richtig Angst machen: Von der Investition in Eigentumswohnungen kann man ja nur abraten, so müsste man denken. Aber ja, Sie haben richtig gehört: Es sind die Leute, die in keinem einzigen Grundbuch stehen, aber die auf irgendwelchen Internetseiten gelesen haben, dass Vermietersein ja quasi gleichbedeutend mit der nahenden Privatinsolvenz ist. Und sowieso, es passiere ja alles auf einmal: Der Mieter zahlt nicht, und kann (angeblich) auch nicht rausgeklagt werden, gleichzeitig explodiert die Heizung und das Dach stürzt ein. Da kann man sich ja lieber gleich den Strick nehmen, anstatt eine Eigentumswohnung zu kaufen. Diesen Käse hört man auf jeder Geburtstagsparty.

Foto: Stephan Walochnik

Ich ärgere mich über diese Märchenstunden, und ich bin traurig über die fehlende Investitionsneigung der Deutschen, denn eine kreditfinanzierte Eigentumswohnung ist eine der besten Altersvorsorgen, die man haben kann. Besonders wenn man dem Mieter zeigt, dass man ein verlässlicher und vertrauenswürdiger Vertragspartner auf Augenhöhe ist, kann nicht mehr viel schiefgehen. Und wenn doch, hat man es ja mit Menschen zu tun, mit denen man sprechen und Probleme lösen kann. Betrachten wir es doch mal so:

Ich frage mich, warum überhaupt noch Leute heiraten,
obwohl es so viele teure Scheidungen gibt?

Vor der Investition in Immobilien haben offenbar viele Leute Todesangst, obwohl die Quote hier deutlich besser aussieht! Wenn sie konsequent wären, dann müssten dieselben Freunde und Bekannten doch eisern von jeder Eheschließung abraten, oder nicht?

Zugegeben, ich ziehe mal wieder ein Extrembeispiel aus dem Hut. Und zugegeben, ich bin nach wie vor (seit 2012) verheiratet und habe auch keine persönliche Erfahrung mit Scheidungen. Aber auch nicht mit Mietnomaden und Horrorimmobilien.

Aber auf jeder Cocktailparty und auf jedem Grillfest in der Nachbarschaft trifft man auf diese bestimmte Gruppe von Leuten, die so vehement vor der Investition in Eigentumswohnungen warnen und alles schwarzmalen. Mietbetrüger, zieht nicht aus, unkündbar, Wohnung wird versteigert, Privatinsolvenz. Die Wahrheit ist: Das habe ich noch nie erlebt. Nicht in dieser Extremform.

Aber im Freundeskreis (und auch bei manchen Kunden) habe ich (aus der Ferne) Scheidungen erlebt. Manche liefen friedlich, andere liefen unterhalb der Gürtellinie. Manchmal kochen die Emotionen hoch, einer ist fremdgegangen (oder beide), was bei Immobilien ja per se gar nicht geht, Streit um das Sorgerecht, um die Höhe vom Unterhalt oder den Zugewinnausgleich. Das sind alles gesellschaftliche Tabuthemen.

Aber sie sind oft deutlich teurer als eine fehlgeschlagene Eigentumswohnungsinvestition.

Nach der Scheidung bekommt also der Partner neben seinen begrabenen Träumen noch eine sechsstellige Abfindung? Chapeau! Und wieder einmal hantiere ich mit Extrembeispielen. Aber ich will das gar nicht werten. Eine Ehe sollte eine Partnerschaft sein. Man ist als Team angetreten und so teilt man sich die Aufgaben. Der eine leistet vielleicht seinen Beitrag, indem er ein hohes Gehalt nach Hause bringt und Ersparnisse aufbaut, der andere kümmert sich um Haushalt, Kinder, seelischen Ballast, Vorsorge, Aufmunterung, Gleichgewicht und emotionale Stabilität. Wie es auch immer gelagert ist; derjenige, der nicht gearbeitet hat, bekommt auch nach der Scheidung oft noch eine gewisse Zeit lang Unterhalt und seinen Anteil am Zugewinnausgleich. Gut so, ich will es gar nicht werten. Und gleichzeitig auch ein durchaus veraltetes Bild, das längst nicht mehr der Normalfall ist. Es gibt auch Scheidungen ohne jeglichen Unterhaltsanspruch und Zugewinnausgleich, und es gibt Fälle, da nimmt ein Partner auch mal ein sechsstelliges Vermögen mit aus der Ehe.

Ist das schlimm? Sofern es mit rechten Dingen und fair abläuft, nicht unbedingt. Aber wenn hohe Geldsummen von einem Konto auf das andere fließen, tut es immer weh. Aber die Leute wissen ja, worauf sie sich einlassen. Bei Eigentumswohnungen auch:

Und obwohl Immobilien mein Beruf sind, habe ich mehr Scheidungskatastrophen gesehen als insolvente Wohnungseigentümer.

„Meine Wohnung. Hier bin ich zu Hause, das ist mein Heim, alles ist traumhaft.“ In gewisser Weise gleicht der Kauf der ersten Eigentumswohnung ein Bisschen dem anfänglichen Gefühl der Verliebtheit.

Foto: Stephan Walochnik

„Sieben Wohnungen? Du musst ja wissen, was Du tust.“ So einen Quark höre ich öfters, auch: „Du musst verrückt sein.“ Als wäre das etwas Neues. Anstatt Leuten wie mir den Kauf einer Eigentumswohnung zu versalzen, sollten die oben beschriebenen Panikmacher lieber auf den Grillfesten und Cocktailpartys dieser Welt herumrennen und vor der Eheschließung warnen. „Oh, Ihr seid verlobt? Gratuliere!“ Wie wäre es, anstatt zu gratulieren, lieber einen Scheidungsanwalt zu empfehlen? Taktlos? Stillos? „Das macht man aber nicht“? Stimmt.

Genauso takt-, stil- und ahnungslos ist auch die Panikmache bei Eigentumswohnungen. Wenn jemand seiner Ex-Frau 5 Jahre lang 2.000 EUR im Monat überweisen muss, dann tut das bestimmt weh. Und ebenfalls, wenn in der WEG eine Heizung kaputtgeht und jeder Eigentümer einmalig (!) eine Sonderumlage von 800 EUR überweisen muss, um die kurzfristige Reparatur sicherzustellen. Macht sich aber weniger bemerkbar als eine 5 Jahre dauernde Leibrente.

Oder wenn die Hälfte eines 50.000 EUR-Aktiendepots scheidungsbedingt den Besitzer wechselt. Was macht es da aus, wenn der Mieter aufgrund von Lärm, Bauarbeiten oder sonstwas vielleicht mal zwei Monate lang 20 % Mietminderung geltend macht?

Oder wenn die Wohnung aufgrund Ihrer Renovierungsarbeiten mal 3 Monate leer steht, die Renovierungsmaßnahmen 8.000 EUR kosten, Sie aber anschließend eine höhere Miete erwarten können? Ich glaube, Sie werden es überleben. Wenn Sie also auf dem nächsten Grillfest von jemandem angesprochen werden, der Ihnen erklärt, dass der Kauf einer Wohnung angeblich eine dumme und riskante Idee ist, fragen Sie ihn doch lieber mal nach seinem Güterstand 🙂

Ihre selbstgenutzte Eigentumswohnung ist keine Investition!

Zu Beginn Ihrer Investitionentscheidung steht die Frage, ob Sie die Wohnung als Konsumgut oder als Investition kaufen. Auch wenn Sie kein Mathe-Nerd sind, für den die Welt nur aus Zahlen besteht: Bei Ihrer Immobilieninvestition sollten Sie sich angewöhnen, genauer auf die Zahlen zu schauen. Denn da geistern viele Halbwahrheiten durch die Köpfe:

  • Eine Eigentumswohnung ist immer eine gute Altersvorsorge.
  • Die Preise von Immobilien werden immer steigen.
  • Wenn Du selbst drin wohnst, sparst Du die Miete.
  • Du solltest jetzt investieren. Die Zinsen waren noch nie so günstig.
  • Du kannst die Wohnung später immer noch vermieten. Bis dahin werden die Mieten steigen.

Das mag alles sein. Aber kaufen Sie sich die Eigentumswohnung zur Selbstverwirklichung? Oder als Investitionsgut, um regelmäßige Rückflüsse zu erhalten? Das macht einen großen Unterschied.

Ihre selbstbewohnte Eigentumswohnung ist keine Investition.
Sie ist ein Konsumgut. Punkt.

Sie sagen jetzt vielleicht: „Aber bei der selbstgenutzten Wohnung spare ich mir doch die Miete.“ Das ist auch erstmal richtig. Doch steht die ersparte Miete wirklich immer so im Vordergrund, wie man glaubt? Oder wollen sie sich (berechtigterweise) auch ein Bisschen selbst verwirklichen, und die Wohnung nach Ihrem Geschmack gestalten? Machen sie das ruhig, es ist in Ordnung und ich verurteile es auch nicht. Ich möchte Ihnen nur folgende Perspektive aufzeigen: Viele Leute reden sich ein, dass sie eine Wohnung kaufen, um die Miete zu ersparen, die sie für eine gleichwertige Mietwohnung bezahlen müssten. Das greift zu kurz – davon abgesehen, dass Sie anstatt einer Miete erstmal viele Jahre die Rate an die Bank zahlen.

Und nach dem Einzug wird erstmal eine teure Küche gekauft und das Bad ganz nach Ihrem eigenen Geschmack saniert, schließlich wollen Sie sich zu Hause auch wohlfühlen. Machen Sie das. Aber reden Sie sich nicht ein, dass Sie damit Geld sparen oder fürs Alter vorsorgen. Ich kann das nachvollziehen und möchte es gar nicht abwerten. Der Mieter in seiner Mietwohnung würde wahrscheinlich nicht so viel investieren.

Sie kaufen sich doch auch kein Auto, um Bahn- und Taxikosten zu sparen. Sie wollen mit dem Cabrio dem Sonnenuntergang entgegendüsen.

Foto: Stephan Walochnik

Was ist der Unterschied zwischen Investition und Konsumgut?

Sagen wir, Sie hätten einen bestimmten Geldbetrag.

Fall 1: Schulden bzw. Verschwendung: Sie kaufen sich ein teures Auto, die Kohle ist weg und kommt auch nicht wieder. Sie fahren mit dem Auto durch die Gegend und in den ersten Wochen hat man viel Spaß an einem Neuwagen. Aber der Wagen ist nur noch die Hälfte wert, sobald Sie beim Autohändler vom Hof fahren. Natürlich ist der Wagen versichert und hat auch einen gewissen Restwert, der allerdings von Tag zu Tag und von Kilometer zu Kilometer immer weiter sinkt. Geld = weg.

Falls 2: Sie kaufen sich von dem Geld Aktien. Natürlich keine Zockeraktien, von denen Sie über einen heißen Tipp, einen Bekannten oder halbseriöse Newsletter erfahren haben. Sondern Anteile von großen Unternehmen, die jeder kennt, und natürlich streuen Sie. Das ist eine ganz andere Art der Geldverwendung, nämlich eine Investition. Das Geld ist zwar nicht mehr auf Ihrem Konto, aber es vermehrt sich, denn jedes Jahr fließt ein Teil davon in Form von Dividenden zurück auf Ihr Konto. Geld = kommt wieder.

Das gleiche gibt es auch bei Eigentumswohnungen:

Fall 1: Entweder Sie kaufen eine Wohnung, in der Sie sich selbst verwirklichen, selbst darin wohnen und sich pudelwohl fühlen. Sie kaufen sich eine 200.000 EUR-Wohnung und wohnen selbst darin. (Fall 1: Der Sportwagen, ein persönliches Konsumgut.)

Fall 2: Oder Sie kaufen eine Investition, eine vermietete Eigentumswohnung, die Ihr Geld in kleinen Schritten, aber kontinuierlich zurück auf Ihr Konto fließen lässt. Sie kaufen sich eine 100.000 EUR-Wohnung und vermieten sie. Dann bringt sie jedes Jahr z.B. 7.000 EUR Rückflüsse (Fall 2: Das Investitionsgut, die Dividendenaktie mit regelmäßigen Rückflüssen. Und Immobilien kann man kreditfinanzieren und braucht sehr wenig Kapitaleinsatz).

Natürlich gibt’s schlimmstenfalls auch mal Mietausfall oder Leerstand. Oder instandhaltungsmaßnahmen, bei denen jeder Eigentümer seinen Beitrag leisten muss. Genau wie selbst bei den besten Dividendenaktien in der Coronazeit mal die Dividende ganz ausfällt. Aber das macht keinen Unterschied, denn auf lange Sicht bringen Aktien und Immobilien viel zurück.

Und das Einfamilienhaus, in dem Sie wohnen? Das ist ein Konsumgut. Sie nehmen einen Kredit auf, bezahlen davon das Haus und Sie zahlen es 30 Jahre lang zurück. Sie konsumieren Ihr Haus langfristig, indem Sie darin wohnen. Dadurch wird es zum Konsumgut.

Ihr Einfamilienhaus bringt keine Dividende, vielmehr konsumieren Sie es.

Denken Sie doch mal an andere Konsumgüter, z.B. Äpfel, Nüsse, ein Audiobuch, den Sportwagen, ein Klavier oder Ihr Monatsticket für die Straßenbahn. Unabhängig davon, ob es vergänglich oder dauerhaft ist, ob Sie es bar bezahlen oder kreditfinanzieren – es dient erstmal Ihrem Konsum. Und bitte hoffen Sie nicht auf die Wertsteigerung in 20 Jahren. Die haben Sie nämlich auch, wenn Ihr Auto zum Oldtimer oder das Klavier zum Sammlerstück wird. Ich würde nicht darauf hoffen.

Die Wertsteigerung Ihrer selbstgenutzten Immobilie hängt von der Drittverwendungsmöglichkeit ab:

Eine selbstgenutzte Immobilie hat oft für die Eigentümer selbst einen sehr viel höheren Nutzen als für Dritte. Nach dem Kauf und vor dem Einzug möblieren oder renovieren Sie, wie Sie es in dieser hochwertigen Ausstattung niemals machen würden, wenn die Immobilie vermietet wäre. Vielleicht ein schickes neues Badezimmer, vielleicht in Luxusausstattung? Oder eine aufwendige Gestaltung des Gartens, wo Sie dem Mieter höchstens sagen würden: Ich erlaube es Dir, aber mach selber. Eine maßgeschneiderte Schreibtischausstattung für Ihr Homeoffice? Die passt aber nur in dieses Arbeitszimmer, sie ist ja maßgeschneidert.

In der eigenen Immobilie versucht man immer, sich selbst zu verwirklichen. Das ist auch in Ordnung.

Foto: Stephan Walochnik

Es spricht auch überhaupt nichts dagegen; für sein eigenes Leben und seine eigene Zufriedenheit sollte man unbedingt sorgen. Man darf sich dann nur nicht mehr einreden, dass man mit der Eigentumswohnung ganz viel Miete erspart, oder dass sie ein Investitionsgut ist, denn an den Stellen, wo die Renovierungs- und Bauarbeiten darüber hinausgehen, was man dem Mieter vertraglich schuldet, wird aus dem Konsumgut ein Luxusgut. Diese Wohnung (oder das Einfamilienhaus) würden Sie in der Form nicht so gut an Dritte vermieten können, weil Sie es individualisiert haben.

Und das sollen Sie ja auch, Sie sollen sich ja zu Hause wohlfühlen. Aber in erster Linie ist eine selbstgenutzte Immobilie wie ein schickes Auto: Man nutzt es selbst, man nutzt es gerne und genie0t es auch. Aber nicht nur, weil man sich dafür die Taxi- oder Bahnkosten spart.

Sondern weil man gerne mit dem Cabrio dem Sonnenuntergang entgegenfährt.

Vorschläge zur (Online- und Offline-) Eigentümerversammlung in der Corona-Zeit

Düsseldorf, den 29.07.2020. Wie es aussieht, wird die Corona-Situation noch etwas andauern. Selbst wenn Veranstaltungen mit bis zu 50, 100 oder 200 Personen wieder stattfinden könn(t)en, bleibt bei vielen Leuten ein unbehagliches Gefühl. Das gilt auch für die Eigentümerversammlung, selbst wenn es keine „private Spaßveranstaltung“ ist.

Es muss ja irgendwie weitergehen, denn schließlich gelten Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan bis zum Beschluss auf der Eigentümerversammlung als bloßer Entwurf, der das Papier nicht wert ist. Daher kann (und sollte!) der Verwalter die Guthaben vorher nicht auszahlen und die Nachzahlungen nicht einfordern. Ohne Beschluss hätte er ja keine Rechtsgrundlage. Und vielleicht müssen ja Instandhaltungsarbeiten beschlossen werden, die nicht lange warten sollten? Soll das der Verwalter mal mit dem Beirat klären? Weit gefehlt!

Im WEG-Recht ist allein die Eigentümerversammlung das „konstitutive Organ“. Niemand anders darf Entscheidungen von größerer Tragweite treffen.

Eine Versammlung muss her. Aber wie? Im März 2020 habe ich ja schon einmal über die Möglichkeit der Online-Eigentümerversammlung berichtet. Eine Video-Telefonkonferenz, z.B. mit Software wie Zoom oder Webex. Die ist so einfach zu bedienen wie WhatsApp. In der Corona-Zeit haben viele Institutionen verstanden, dass unbürokratische Hilfe wichtiger ist, als sich hinter Formalitäten zu verstecken. Und auch in der Verwalterbranche ist die Online-EV zu einer beliebten Idee geworden. Trotzdem ist sie (zumindest bis zum neuen WoEigG) nicht 100% rechtssicher. Bis dahin könnte man Beschlüsse nach der EV noch eine Zeit lang anfechten. Deswegen werden Verwalter sich nur bei guten Kunden darauf einlassen – oder zumindest dort, wo sie keinen potentiellen „Heckenschützen“ bzw. Anfechtungs-Spaßvogel vermuten. Wer sich als Verwalter die falschen Kunden an Land gezogen hat, der muss nämlich mit teuren Anfechtungsklagen rechnen.

Und egal, wie simpel die Software zu bedienen ist: Was tun, wenn es z.B. viele ältere Leute gibt, die kein Mobiltelefon und keinen Computer haben? Oder wenn die Eigentümer trotz der Vorteile einfach keine Online-EV möchten? Die Form der EV sollte ja nicht vom Verwalter allein entschieden werden, sondern von den Wohnungseigentümern.

Wichtig ist, dass niemand an der Teilnahme gehindert wird.

Wenn eine Online-EV einfach nicht geht oder unerwünscht ist, dann sehe ich (mindestens) die folgenden Möglichkeiten:

  • Wenn es keine dringenden Themen gibt, könnte man die EV bis auf weiteres ausfallen lassen, denn laut diesem „Notstandsgesetz“ gelten sowohl Verwalterbestellung als auch Wirtschaftsplan auf unbestimmte Zeit weiter. In vielen Fällen kann man das machen, aber es wirkt so inkonsequent.
  • Man könnte eine Geisterveranstaltung abhalten. Das ging auch schon vor Corona. Vor allem in vielen größeren WEGs ist das häufig zu beobachten. Da sitzt der Verwalter mit einem Bündel Vollmachten alleine im Raum (oder ggf. mit 1 oder 2 Eigentümern) und stimmt über die Jahresabrechnung ab. Voraussetzung: Die Vollmachten müssen auf 50,0001% der Stimmrechte kommen. Und man darf niemandem das Recht nehmen, persönlich zur Versammlung zu erscheinen. Keinesfalls sollte man „voraussetzen“ oder „verpflichten“, seine Vollmacht an Verwalter oder Beirat zu erteilen! Und: Weil man ja nie weiß, wie viele Eigentümer erscheinen werden, muss man den Raum trotzdem lieber zu groß als zu klein buchen.
Foto: Stephan Walochnik
  • Bei kleineren WEGs mit weniger als 20 WE könnte man sich auf dem Vorhof, im Garten der EG-Wohnung, in der Tiefgarage oder in einem großen Gemeindesaal der Kirche treffen und eine echte EV mit Masken und Riesenabstand veranstalten. Beschlussfassung über Abrechnung und Wirtschaftsplan und dann gehen alle wieder. Wichtig ist, dass man auf die Umstände achtet. Bei 6 Eigentümern wäre es fahrlässig, ein Treffen in der 8 qm großen Waschküche anzuberaumen, aber wie ist es bei 16 Eigentümern und einer weitläufigen Tiefgarage? Ich hielte die letzte Option für gangbar. Wenn es im und um das Gebäude nicht genug Platz gibt, dann reservieren Sie lieber den Gemeindesaal – auch wenn das mehr kostet. Und man muss natürlich auf die Nichtöffentlichkeit der EV achten, sonst ist jeder Beschluss anfechtbar.
  • Wenn die Größe der WEG überschaubar ist, sollten Verwalter meiner Meinung nach zuerst den Umlaufbeschluss versuchen, um Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan beschließen zu lassen. Der UB ist eine Art „Unterschriftenzettel“. Formelle Besonderheit: Jeder Wohnungseigentümer, also 100%, müssen den UB unterschreiben, sonst kommt er nicht zustande. Deswegen klappt es meistens nur bei kleineren WEGs. Und nach derzeitigem WoEigG reicht kein Fax oder Scan für die Rücksendung, es muss eine echte Unterschrift aus Tinte sein. Aber warum sollte man es nicht versuchen? Wenn keine größeren Themen zu beschließen sind, sollte man es probieren. Wenn es klappt, dann spart der Verwalter Zeit und kann an weiteren effizienten Ideen für seine Kunden arbeiten.

Welcher Vorschlag Ihnen auch immer am besten gefällt: Bitte denken Sie an Ihren Verwalter, denn im Zweifel haftet er für die Veranstaltung.

Weil man ja nie weiß, wie viele Eigentümer erscheinen werden, muss man den Raum trotzdem lieber zu groß als zu klein buchen.

In meinen ortsgebundenen Veranstaltungen (sofern sie beim besten Willen nicht online stattfinden), müssen die Eigentümer auch während der Veranstaltung ihre Maske oder ihren Schal vor der Nase haben. Sorry, alles andere ist mir zu gefährlich. Zwar teilte der Berufsverband der Hausverwalter erst kürzlich mit, dass ortsgebundene „echte EVs“ (in NRW) derzeit wieder zulässig sind, weil es sich nicht um private „Spaßveranstaltungen“ handelt, aber natürlich unter Einhaltung aller Hygiene- und Abstandsvorschriften! Trotzdem kommt Ihr Verwalter in Erklärungsnot, wenn sich aufgrund seiner Veranstaltung jemand mit Corona ansteckt. Wichtig ist, dass sich auch im Eingangsbereich kein Gedränge bildet. Und auch beim besten Verhältnis der Eigentümer untereinander darf sich niemand die Hand geben. Komme was wolle, zwei Meter Abstand muss (und kann) man immer einhalten. Der Verwalter kann bei dm oder Rossmann für 70 Cent ruhig mal ein paar Tuben Desinfektionsgel kaufen und an die Eigentümer verschenken. … zudem eine tolle Idee für die Kundenbindung!

Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund!

Dr. Stephan Walochnik

Foto: Stephan Walochnik

WEG-Abrechnung bei Eigentümerwechsel während des Jahres

Wenn Sie Ihre Eigentumswohnung nicht gerade zum 31.12. eines Jahres gekauft haben sollten, möchten Sie wahrscheinlich wissen, wie die Abrechnung zwischen Ihnen und dem ehemaligen Eigentümer aufgeteilt wird. Rechtlich ist das klar geregelt: Die WEG-Abrechnung ist eine „objektbezogene Jahresabrechnung“.

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Jahresabrechnung bedeutet, dass die WEG-Abrechnung nicht differenziert, von wann bis wann der ehemalige Eigentümer im Grundbuch stand. Wenn Guthaben und Nachzahlungen der Jahresabrechnung auf der Eigentümerversammlung beschlossen wurden, sind diese fällig und vom aktuellen Eigentümer zu tragen (bzw. an ihn zu erstatten). Das gilt auch für die laufenden Kosten: Sobald Sie im Grundbuch eingetragen sind, müssen Sie das monatliche Hausgeld tragen.

Objektbezogen bedeutet, dass die Wohnung, wie sie in der Teilungserklärung steht, Gegenstand der Abrechnung bzw. der laufenden Kosten ist – und nicht der Eigentümer mit einem bestimmten Zeitraum.

Diese Regelung stößt verständlicherweise oft auf Verwunderung, aber im WEG-Recht geht es nur um die Sicht der WEG. Aus dieser ist allein der Eigentümer relevant, der zum Zeitpunkt vom Beschluss über die Jahresabrechnung im Grundbuch eingetragen ist. Ein Beschluss einer Eigentümerversammlung kann nur gegenüber den Personen „Bindungswirkung entfalten“, die gerade im Grundbuch eingetragen sind. Nur diese bekommen das Guthaben oder können von der WEG zu Nachzahlungen verpflichtet werden. Dies gilt sogar, wenn der Verkäufer noch das ganze letzte Jahr in der Wohnung gewohnt hat. Der Adressat der Abrechnung ist der Eigentümer, der zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung imGrundbuch steht.

Wieso eigentlich Eigentümerversammlung? Nun, die Jahresabrechnung ist ja nur ein „Entwurf“, bis sie auf der Eigentümerversammlungrechtsgültigbeschlossen wird. Und ein WEG-Beschluss kann nur Wohnungseigentümer binden. Wenn jemand z.B. seine Wohnung im Januar 2024 verkauft und die Eigentümerversammlung im März 2024 stattfindet, dann bekommt der neue Eigentümer das Guthaben aus der Jahresabrechnung 2023 (oder muss nachzahlen), obwohl er im Abrechnungszeitraum noch gar nicht dabei gewesen ist.

Was für Sie wichtig ist: Käufer und Verkäufer müssen natürlich intern miteinander verrechnen. Das steht auch in fast jedem Notarvertrag. Aber es ist nicht Aufgabe der WEG-Abrechnung, die Kosten zwischen Ihnen aufzuteilen. Würde schon auf WEG-Ebene eine Zwischenabrechnung erstellt und der Eigentümerversammlung zum Beschluss vorgelegt, wäre der Beschluss nicht rechtswirksam. Sie sehen schon – das WEG-Recht ist sehr formalistisch.

Dies widerspricht der gewöhnlichen Vorstellung einer Stichtagsabrechnung, aber hier gibt es zwei Ebenen. Einmal die WEG gegenüber allen Eigentümern, wo es keine Zwischenabrechnung gibt und alles gegenüber „dem neuen“ verrechnet wird. Und dann gibt es neuen und alten Wohnungseigentümer, die diese Summe dann untereinander aufteilen müssen. Am Ende wird der Verkäufer für die Kosten vor dem Stichtag aufkommen und der Käufer für die Zeit danach.

Die beschriebene Regelung betrifft also nur die Eigentümerversammlung und das WEG-Konto, von dem aus mit den aktuellen (!) Eigentümern abgerechnet wird. Der WEG-Verwalter muss aber gut aufpassen, damit er nicht für einen rechtswidrigen Beschluss verantwortlich ist, wenn er eine Zwischenabrechnung erstellt und beschließen lässt. Für ihn kann das teuer werden.

Eine offizielle WEG-Zwischenabrechnung gibt es nicht. Ein guter Verwalter wird Ihnen helfen, eine interne Zwischenabrechnung zu erstellen, ansonsten kann man das auch sehr schnell selbst mit Excel erledigen. Das geht ganz schnell mit einfachem Dreisatz.

Langsam nervt’s! „Aber der Vermieter muss doch alle Reparaturen bezahlen!“

Eigentumswohnungen lohnen sich nicht?

Fortsetzung von einem Artikel, wo ein fiktiver Wohnungseigentümer seine Wohnung nach 30 Jahren wieder verkauft und bis dahin 210.000 EUR Mieteinnahmen bekommen hat.

Artikel: Siehe hier.

Kosten werden manchmal auch UNTERschätzt, aber immer dieses: „Davon muss der Vermieter erstmal die Reparaturen bezahlen.“ Ich kann es nicht mehr hören.

Würden Sie diese Eigentumswohnung kaufen? Foto: Stephan Walochnik

Als ob 30 Jahre Mieteinnahmen komplett in Reparaturkosten verschwinden würden, ich bitte Sie!

Diese 210.000 EUR sind erstmal zum Vermieter nach Hause gekommen.

  • Ungefähr 7000 EUR im Jahr.
  • In 10 Jahren sind es 70.000 EUR
  • Und in 30 Jahren sind es 210.000 EUR.

Das ist eine große Menge Geld. Ich gratuliere Ihnen. Anstatt ebenfalls zu gratulieren, kommen jetzt die Angsthasen (, die kein Immobilienvermögen besitzen,) und sagen, dass das gesamte Geld für Reparaturen draufgeht. („Davon muss man ja auch erstmal die Reparaturen bezahlen.“)

Ich als langjähriger Hausverwalter und Wohnungseigentümer verspreche Ihnen, dass es meistens nicht so schlimm ist! Sie geben doch nicht in 30 Jahren 210.000 EUR an Reparaturen aus! Wofür?! So ein Blödsinn, der da immer verzapft wird.

Und von welchen Reparaturen reden wir denn hier? Was wird repariert? Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum? Reparaturen am Gemeinschaftseigentum zahlt die WEG gemeinsam, meistens aus der Rücklage. Die füllen Sie über Ihr monatliches Hausgeld.

Nur Reparaturen am Sondereigentum zahlt der Vermieter selbst. Sondereigentum? Das sind Reparaturen an der INNENseite Ihrer Wohnung. Zum Sondereigentum gehören z.B.

  • Tapeten,
  • Laminat und Fliesen,
  • Innentüren,
  • Innenseite vom Balkon,
  • Heizkörper und Wasserhähne,
  • Deckenlampen, Lichtschalter und Steckdosen,
  • Einbauküche,
  • Badezimmerausstattung.

Das war’s fast schon. Grob gesagt. Wen es genau interessiert: Da gibt es tonnenweise juristische Literatur, wo ganz genau auseinandergefriemelt wird, was Sonder- und Gemeinschaftseigentum ist. Aber ganz vieles ist Gemeinschaftseigentum! (Auch dazu gibt’s hier einen eigenen Beitrag.)

Und beim Neueinzug habe ich selten erlebt, dass jemand die ganze Wohnung kernsaniert. Wieso auch? Wenn Sie tragende Wände oder den Estrich rausreißen, ist das Sachbeschädigung (Gemeinschaftseigentum). Vielmehr überlässt man dem Mieter meistens die Schönheitsreparaturen und die Renovierung beim Einzug. Der soll die Wohnung vor dem Einzug so streichen, wie er gerne möchte. Schließlich soll der sich ja wohlfühlen! Dann ist man das Problem schon mal los, und der Mieter ist glücklich, weil er eine Wohnung gefunden hat, in der er sich selbst verwirklichen kann. Sie ist ja für viele Jahre sein Zuhause.

Und Reparaturen am Gemeinschaftseigentum? Die zahlt man als Vermieter ja auch nicht selber. Zumindest nicht ganz. Alle Eigentümer zahlen, so steht das im Gesetz. Dafür gibt man ja einen regelmäßigen Obolus ins Sparschwein der WEG, die sog. Rücklage. Die ist dafür gedacht, dass man daraus Reparaturen bezahlt. Nur wenn der Verwalter schlecht gewirtschaftet hat, oder nicht vorausgeschaut hat, oder wenn die Wohnungseigentümer sich gegen eine Zuführung zur / Erhöhung der Rücklage gesträubt haben, meistens nur dann gibt es eine Sonderumlage. Also eine Reparatur, die durch eine Sonderzahlung bezahlt werden muss.

Und selbst wenn. Denken Sie nochmal an das Beispiel oben. Das ist ein Fünffamilienhaus. Als die mal eine neue Heizung kaufen mussten, da waren das 7.000 EUR, macht 1.400 EUR pro Eigentümer. Selbst wenn die keine Rücklage gehabt hätten. Der Eigentümer hat in 30 Jahren 210.000 EUR eingenommen und dann muss er halt mal 1.400 EUR für eine neue Heizung bezahlen, die er sogar noch von der Steuer absetzen kann. Also bitte!

Foto: Stephan Walochnik

Und in den meisten Fällen werden die Reparaturen am Gemeinschaftseigentum von der Rücklage abgedeckt. Und den monatlichen Betrag, den kennt man ja. Der steht in der Abrechnung. Und die Rücklage reicht ja meistens auch aus.

Dann bekommt der Eigentümer im Beispiel halt nicht 7.000 EUR im Jahr, sondern nur 6.500 EUR (bei z.B. 500 EUR jährlicher Beitragspflicht zur Rücklage). Und ich hatte ja schon von 7.200 EUR abgerundet! Oder man macht die Reparatur steuerlich geltend. Oder man erhöht die Miete aufgrund der Modernisierungsmaßnahme an der Heizung!

Ich will nicht sagen, dass man nicht scharf rechnen soll.

Doch, das sollte man! Aber immer diese übertriebene Panikmache. Und natürlich gibt es Eigentümergemeinschaften, die ihr Geld nur so rausschmeißen. Wenn z.B. die Substanz vor sich hin bröckelt, oder wenn die Eigentümer ihr Geld für staatlich subventionierte Konjunkturmaßnahmen verplempern, z.B. Sondermüllverpackungen für Bestandsgebäude (sog. „Wärmedämmung“). Klar kann man sein Geld auch zum Fenster rausschmeißen.

Aber ich kann das Argument nicht mehr hören, dass der Vermieter seine ganzen Mieteinnahmen für Reparaturen ausgeben muss. So ein Unsinn.

Meistens sagen es übrigens Leute, die selbst kein Immobilieneigentum (und keine Ahnung davon) haben 🙂 „Ja, aber der Kollege eines Schwagers, der hatte mal eine Eigentumswohnung, und da…“

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