Lohnt sich das? Teil 1: Die vier Erfolgsgrößen

Ich habe gute Nachrichten für Sie: Es gibt jede Menge Eigentumswohnungen, mit denen Sie sich Ihr passives Einkommen aufbauen können. Aber nicht jede Eigentumswohnung ist geeignet. Manche Objekte rechnen sich einfach nicht. Das wichtigste Prinzip, um mit Ihrer Eigentumswohnung Geld zu verdienen, lautet:

Der Überschuss Ihrer Eigentumswohnung darf nicht negativ sein.

Für den Überschuss gibt es vier Einflussfaktoren, auf die es ankommt:

In diesem 4-teiligen Artikel möchte Ihnen die „Vier Riesen“ Ihres Erfolgs genauer vorstellen, aus denen sich Ihr Geldfluss zusammensetzt:

  1. Einnahmen: (Kalt-) Miete
  2. Einnahmen: Betriebskosten (durchlaufender Posten)
  3. Ausgaben: Kreditrate (incl. Tilgung!)
  4. Ausgaben: WEG-Hausgeld

Ich wünsche mir, dass Sie am Ende dieses Artikels selber berechnen können, ob sich eine bestimmte Eigentumswohnung lohnt oder nicht.

Immobilienkredit: Zinsbindung und Hebeleffekt

Im Normalfall sind Eigentumswohnungen kreditfinanziert. Die häufigste Form der Immobilienfinanzierung sind grundpfandrechtlich besicherte Darlehen von Banken und Versicherungen.

Man spricht auch von einem Hebeleffekt, weilder Kreditbetrag oft um ein Vielfaches höher ist als Ihr Jahreseinkommen. Wegen der langen Lebensdauer und hohen Kapitalbindung finanziert man Eigentumswohnungen meistens auch sehr langfristig. Meistens geht man davon aus, dass der Betrag erst nach etwa 30 bis 40 Jahren zurückgezahlt ist – das ist ein ganzes Erwerbsleben lang.

Zwar ist der Immobilienkredit auf 30 bis 40 Jahre ausgelegt, aber die „Zinsbindung“ ist meistens viel kürzer. Was bedeutet das? Der Kreditzins wird meistens für einen bestimmten Zeitraum fest vereinbart. Ihre monatliche Rate, bestehend aus Zins und Tilgung, ändert sich während dieser Zeit nicht. Danach muss man mit der Bank neu verhandeln. Üblicherweise schreibt man den Zins „nur“ für fünf oder zehn Jahre fest.

Zum Beispiel leihen Sie sich von der Bank 300.000 EUR zu 0,8 Prozent Zinsen. Sie einigen sich auf eine Zinsbindung von 10 Jahren. Während dieser Zeit werden Sie 0,8 Prozent Zinsen bezahlen. Was danach kommt, weiß der Geier. Obwohl es bei einer so hohen Summe sehr gefährlich sein kann, macht es irgendwie jeder.

Der Hebeleffekt ist wirklich erheblich. Bei Ablauf der Zinsbindung können die monatlichen Kosten sprunghaft steigen – selbst bei relativ geringen Zinserhöhungen. Anders als z.B. Aktien können Sie Ihre Eigentumswohnung nicht kurzfristig verkaufen. Selbst wenn Sie schnell einen Käufer finden, dauert allein die Abwicklung eine gewisse Zeit, weil so viele Akteure mitspielen (z.B. Bank, Grundbuchamt, Käufer, Notar).

Denken Sie bspw. an eine Kreditsumme von „nur“ 100.000 EUR. Wenn der Zins um zwei Prozent steigt, zahlen Sie jährlich 2.000 EUR mehr – nur für die Zinsen. Das sind 166 EUR im Monat. Wenn Sie nicht aufpassen, geraten Sie in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten. Es geht aber auch andersrum:

Seit meiner Berufsausbildung zum Bankkaufmann (2006) war „der Zins noch nie so günstig wie heute“. Aber jedes Jahr aufs Neue 🙂

Wenn der Zins um zwei Prozent fällt, dann ist Ihre neue Kreditrate auch 166 EUR niedriger.

Foto: Stephan Walochnik

Die drei Arten von Immobilienkrediten

Im Normalfall sind Eigentumswohnungen kreditfinanziert. Nur sehr selten wird ein größerer Anteil des Kaufpreises aus Eigenmitteln aufgebracht. Private Immobilieninvestoren nehmen meistens ein langfristiges Bankdarlehen auf.

Banken bieten zur Finanzierung von Immobilieneigentum in der Regel grundpfandrechtlich besicherte Darlehen an. Über eine Grundschuld oder Hypothek wird die Immobilie an das Darlehen gekoppelt. Die Verpfändung ist die Kreditvoraussetzung. Sie können die Wohnung also nur deswegen kaufen, weil die Bank Ihnen einen langfristigen Kredit zur Verfügung stellt und im Gegenzug das Grundbuch Ihres Eigenheims mit einer Verbindlichkeit belastet.

Grundpfandrechtliche Immobilienkredite unterscheidet man oft hinsichtlich der Tilgungsmodalitäten in Annuitäten-, Raten- und endfällig zu tilgende Festdarlehen:

  • Annuitätendarlehen sind in Deutschland am verbreitetsten: Durch die kontinuierliche Tilgung nimmt die Restschuld immer weiter ab, aber die monatliche Rate (sog. Annuität) verändert sich nicht. Die enthaltenen Schuldzinsen nehmen immer weiter ab, während der Tilgungsanteil der Rate steigt.
  • Der Tilgungsanteil von Raten(tilgungs)darlehen bleibt immer gleich. Damit „schmilzt“ die Restschuld von Monat zu Monat. Damit nimmt auch die Zinslast immer weiter ab – und ebenfalls die monatliche Rate. Ich habe noch nie verstanden, wer sowas braucht. Wer sich die hohe Anfangsrate leisten kann, sollte sie beibehalten, um die Schulden schnellstens loszuwerden, und wer „steuerliche Vorteile“ sucht, sollte seine Bank um 12 Prozent Zinsen bitten.
  • Festdarlehen (oder endfällige Darlehen) sind genauso komisch: Während der gesamten Laufzeit ist überhaupt keine Tilgung vorgesehen, Sie zahlen ausschließlich Zinsen – und die werden deshalb auch nicht weniger. Ein sog. „Tilgungsersatzmittel“ (z.B. eine Lebensversicherung), dient zur vollständigen Rückzahlung am Laufzeitende (und nicht vorher). Bis 2005 wurde dieses „Wackelmodell“ beworben mit der steuerlichen Absetzbarkeit von Schuldzinsen im Rahmen von Vermietung und Verpachtung, zudem waren die Habenzinsen aus Lebensversicherungen steuerfrei. Aber auch nach Steuern waren die Kreditzinsen viel höher als die Guthabenzinsen der Lebensversicherung! Ich befürchte, sobald man den Leuten mit „steuerlichen Vorteilen“ kommt, unterschreiben sie alles.
Foto: Stephan Walochnik

Ältere Wohnungen sind besser als ihr Ruf

Was meinen Sie? Eigentlich gefällt sie Ihnen gut, aber Sie können sich nicht damit anfreunden, eine Wohnung aus den 70ern zu kaufen?

Ich teile diese Sorge nicht. Im Gegenteil!Dann heißt es immer, Strom- und Wasserleitungen müssten vielleicht bald erneuert werden, aber ich kann diesen Gedanken nicht ohne weiteres bestätigen. Ganz davon abgesehen, dass eine Sanierung des Leitungsnetzes vermutlich die Höchststrafe für jeden Verwalter ist. Zum Glück habe ich auch das in meinen 10 Verwalterjahren noch nicht erlebt.

Nein, ältere Gebäude müssen keine schlechten Investitionsobjekte sein. Ganz im Gegenteil:

Insbesondere bei Neubauten drohen ausufernde Wartungskosten, wenn umfangreiche technische Ausstattung vorhanden ist.

Manche alten Gebäude hingegen verfügen über (fast) gar keine Anlagen mit viel Wartungsaufwand, abgesehen vielleicht von Heizung und Dach. Manchmal kommt noch ein Gärtner, Hausmeister oder Treppenhausreiniger dazu. Aber vor allem im bei Neubauten findet man zum Teil ausufernde Gebäudetechnik, die ein Gebäude aufgrund von Brandschutz- und Betreibervorschriften (und ähnlichem) mit hohen Folgekosten belasten und für Selbstnutzer und Mieter sehr unattraktiv machen.

Wenn das Gebäude einen Aufzug besitzt, kommen hohe Kosten auf die Eigentümer zu: Da gibt es eine ganze Reihe von Betreibervorschriften. Betreiber ist nicht die Aufzugsfirma, sondern die Eigentümergemeinschaft. Sie können sich einstellen auf quartalsweise Wartungen und jährliche TÜV-Prüfungen. Die kosten richtig Geld. Und wehe, Sie versäumen mal eine Prüfung – das ist nämlich genauso, als würden Sie mit dem Auto ohne TÜV durch die Gegend fahren. Wenn Sie einen Aufzug betreiben, gibt es die monatliche oder quartalsweise Wartung (Aufzugsfirma), die Haupt- und Zwischenprüfung (TÜV), Stromkosten (Stadtwerke), Telefonleitung (Telekom) und die Aufschaltung zur Notrufzentrale (Aufzugsfirma), wenn mal jemand steckenbleiben sollte.

Ich möchte Ihnen eine Vorstellung von den Kosten eines Aufzugs geben. Als Beispiel schaue ich in die Abrechnung 2019 eines 10-Familien-Hauses mit Aufzug:

  • Quartalsweise Wartung (Aufzugsfirma): 970 EUR p.a.
  • Zwischenprüfung (TÜV): 440 EUR
  • Stromkosten (Stadtwerke): 930 EUR p.a.
  • Telefonleitung für den Notruf (Telekom): 265 EUR p.a.
  • Aufschaltung zur Notrufzentrale (d.h. Call-Center der Aufzugsfirma): 625 EUR p.a.
  • Reparaturen im Jahr 2019: 400 EUR
  • Gesetzlich vorgeschriebene Einweisung von Eigentümern als „Aufzugswärter“: 265 EUR

In Summe 3.895 EUR für 2019.

Ganz schön viel für einen Aufzug, finden Sie nicht?

Foto: Stephan Walochnik

Besonders Brandschutzvorschriften können bei Neubauten ganz schön ins Geld gehen: Ich kenne ein Wohngebäude mit Tiefgarage (11 Doppel- und 16 Einzelstellplätze, sagen wir also 38 Stellplätze). Die Tiefgarage besitzt eine breite Palette an Brandschutztechnik und zieht enorme Kosten nach sich.

Die Nebenkosten (nicht Miete!) pro Einzelstellplatz lagen bei etwa 500 EUR für das Jahr 2019, bei Doppelstellplätzen ca. 850 EUR für 2019.

Neben gewöhnlichen Grundbesitzabgaben wie Verwaltungs- und Hausmeisterkosten war die umfangreiche Gebäudetechnik der Grund für die extremen Kosten – und die ist in Neubauten größtenteils vorgeschrieben.

Kaufmännisch gerundet entfielen im Jahr 2019 die folgenden Kosten auf die Tiefgarage:

  • 4.100 EUR Strom Beleuchtung,
  • 4.300 EUR (planmäßige!) Wartungskosten der Sprinkleranlage,
  • 400 EUR TÜV-Prüfung Sprinkleranlage,
  • 1.000 EUR (planmäßige!) Wartungskosten der Abluftanlage,
  • 200 EUR (planmäßige!) WartungskostenTiefgaragentor sowie
  • 200 EUR TÜV-Prüfung von Notbeleuchtung und deren Stromversorgung,

In Summe 10.200 EUR für 38 Stellplätze.

Dann gibt es noch Brandschutztechnik, die für Gebäude und Tiefgarage gemeinsam vorgesehen ist. Hier wurden weitere Kosten verursacht (auch kaufmännisch gerundet):

  • 700 EUR (planmäßige!) WartungskostenderBrandmeldeanlage (BMA),
  • 3.300 EUR Aufschaltung der BMA zur Feuerwehr sowie
  • 800 EUR (planmäßige!) Wartungskostenvon Brandschutzklappen.

Ergibt in Summe nochmal 4.800 EUR, zusammen also rund 15.000 EUR.

Diese laufenden Wartungskosten beinhalten keinerlei Reparaturen und keinerlei außerplanmäßige Kosten.

Das ist vielleicht ein Extrembeispiel, aber es zeigt die Auswirkungen der teuren (und vorgeschriebenen) Gebäudetechnik bei Neubauten. Ich persönlich kaufe jedenfalls lieber 70er-Jahre-Wohnungen.

Foto: Stephan Walochnik

Vorselektion Teil 4: Gespräch mit Hausverwaltung, Beirat oder Nachbarn

Sie können ja ganz offen sagen, dass Sie die Wohnung vor dem Kauf analysieren möchten und sich für die Stimmung in der WEG interessieren. Den WEG-Verwalter frage ich nach Sanierungsstau, „komplizierten Eigentümern“, Rechtsstreit oder Zahlungsrückstand. Auch wenn er mir vielleicht keine Details nennen darf, hat man mir bisher immer eine Tendenz genannt. Ich persönlich habe vielleicht einen kleinen Vorteil, weil ich so ein Gespräch immer damit beginne, dass ich selber Hausverwalter bin. Aber ich glaube, dass auch „normale Privatkunden“ gute Chancen haben, wenn sie ehrlich und freundlich sind und einfach fragen, ob größere Probleme auf sie lauern.

Die zukünftigen Miteigentümer wissen vielleicht nichts von solchen Details, weil sie nur einmal im Jahr zur Eigentümerversammlung gehen. Trotzdem: Wenn ich mich für eine Wohnung interessiere, klingele ich (im Zufallsprinzip) immer an mindestens einer der Wohnungstüren. Im Gespräch mit zukünftigen Nachbarn oder Miteigentümern können Sie viele interessante Informationen sammeln. Mit etwas Menschenverstand hören Sie schnell heraus, ob etwas nicht stimmt.

Wenn jemand sich schon im ersten Gespräch ausführlich über die „komischen Nachbarn“ auslässt, oder erwähnt, dass ein bestimmter Miteigentümer „etwas kompliziert“ ist, dann ist er entweder selbst die Nervensäge oder die WEG ist nicht gut. Sie sollten genauer nachbohren, was er meint. Wenn er immer noch um den heißen Brei herumredet, wollte er sich entweder mit seinem Gemotze nur wichtigmachen (und ist aufgeflogen, umso schlimmer), oder Sie wissen sofort, dass hier irgendwas nicht stimmt.

Denn: Nette Nachbarn freuen sich darüber, wenn sich jemand frühzeitig vorstellt. „Die Guten“ finden es ausgesprochen höflich, dass „der Neue“ klingelt und einen guten Tag wünscht.

Foto: Stephan Walochnik

Vorselektion Teil 3: Die WEG-Jahresabrechnung

Fordern Sie vom Verkäufer die letzten WEG-Jahresabrechnungen an (und bitte mehr als eine!)

Sie sollten sich nach auffälligen Kostenpositionen umschauen. Jede Geldbewegung muss in die Jahresabrechnung aufgenommen werden! Wenn Probleme juristisch ausgetragen wurden, kostet das Geld – und dann werden Sie fündig.

Vor allem unter den „nicht (auf den Mieter) umlagefähigen Kosten“ wird es spannend. Gibt es „Rechtsberatungskosten“? Sind diese niedrig, deuten sie evtl. nur auf eine routinemäßige Beratung des Verwalters bei einem Fachanwalt hin. Während „Rechtsberatungskosten“ in nennenswerter Höhe einen Rechtsstreit nahelegen, sind „Gerichtskosten“ der eindeutige Beweis, dass es ihn gab.

In diesem Fall wissen Sie, dass sich der Groll der Eigentümer untereinander bereits entladen hat und vor Gericht „geklärt“ werden sollte. Aber wenn der Streit erst einmal vom Zaun gebrochen ist, dann wird es in dieser WEG ganz bestimmt nie wieder Frieden geben, und sie sollten die Finger davon lassen.

In der Jahresabrechnung finden Sie auch Hinweise auf die finanzielle (In-) Stabilität der WEG, z.B. bei größeren Zahlungsrückständen oder leeren Instandhaltungsrücklagen.

Zudem können Sie erkennen, ob der Verwalter sein Handwerk beherrscht und eine verständliche Jahresabrechnung (oder ein durcheinandergewürfeltes Zahlendickicht) produziert. Eventuell können Sie auch vergangene Wirtschaftspläne mit den korrespondierenden Jahresabrechnungen vergleichen, um die Prognosequalität oder unerwartete Einflüsse zu überprüfen.

Sprechenden Menschen kann geholfen werden: Die persönliche Kontaktaufnahme zu Hausverwaltung, Beirat oder Nachbarn kann ebenso wertvolle Hinweise liefern.

Foto: Stephan Walochnik

Vorselektion Teil 2: Protokolle der letzten Eigentümerversammlungen

Vielleicht wurden bestimmte Themen in den letzten Versammlungen immer wieder (ergebnislos) thematisiert – und am Ende doch vertagt. Es kann darauf hindeuten, dass die Miteigentümer nicht wirklich wissen, was sie wollen und sich ständig um die eigene Achse drehen. Es kann aber auch bedeuten, dass der Verwalter einfach gründlich arbeitet und für ein großes Thema (z.B. eine Fassadensanierung) mehrstufige Beschlüsse fassen muss (z.B. bei Hinzuziehung eines Architekten).

Schauen Sie sich den Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ genauer an. Dieser TOP kann ebenfalls wertvolle Hinweise geben, ob es in der WEG ein paar Knallfrösche gibt. Hier darf man eigentlich gar keine Beschlüsse fassen, obwohl das manche Eigentümer nicht wissen oder einsehen wollen (siehe hier).

Vielleicht finden Sie inhaltslose Wortmeldungen bestimmter Eigentümer im Protokoll? Entweder ist  der Verwalter ein Stenotypist, der wirklich alles mitschreibt – oder es gibt … verhaltensauffällige Miteigentümer, die ihn dazu gedrängt haben, ihre mentalen Blähungen in die Mitschrift aufzunehmen. Auch hier ist wieder Fingerspitzengefühl gefragt – es muss nicht zwangsläufig ein schlechtes Zeichen sein, weil auch sympathische Wohnungseigentümer zuweilen ein etwas erhöhtes Mitteilungsbedürfnis aufweisen 🙂 Und auch die liebsten Mitmenschen können manchmal wichtiges nicht von unwichtigem unterscheiden.

Zumindest kann zu viel Text unter „Sonstiges“ auf anstrengende Miteigentümer hindeuten, die die ganze Versammlung blockieren, weil sie die schrägsten Themen thematisiert haben möchten, was ihnen natürlich erst am Abend der EV einfällt.

Manchmal schreibt der Verwalter im Punkt „Sonstiges“ auch von sich aus Hinweise zwischen die Zeilen, aus denen Sie vielleicht herauslesen können, dass zwischen manchen Eigentümern unterschwellige Aggressionen bestehen.

Übrigens: Der WEG-Verwalter muss (bzw. musste bis zur 2021er WEG-Reform) eine Beschlusssammlung führen. Dort finden Sie alle Beschlüsse der WEG in gesammelter Form.

Weitere Hinweise suchen wir in der Jahresabrechnung:

Foto: Stephan Walochnik

Vorselektion Teil 1: Woran erkennt man eine schlechte WEG vor dem Kauf?

Nach langer Suche haben Sie eine Wohnung gefunden. Die Zahlen sehen gut aus, offensichtlich rentiert sich das Investitionsobjekt und Sie nähern sich in großen Schritten Ihrem passiven Einkommen. Zeit, die faulen Eier auszusortieren, denn es gibt auch schlechte Wohnungen, die Sie auf gar keinen Fall anpacken sollten.

Jetzt geht es tiefer in die Materie, um eventuelle Katastrophenwohnungen schon vor dem Kauf zu erkennen und auszusortieren.

Das wichtigste an einer Eigentumswohnung sind nicht unbedingt Dach, Heizung oder Mietspiegel, sondern Eigentümergemeinschaft und Verwaltung. Beides können Sie fast gar nicht beeinflussen. Umso wichtiger ist es, einen großen Bogen um WEGs zu machen, bei denen etwas nicht stimmt.

In vielen Fällen sind Sie auf die Mitwirkung der Miteigentümer angewiesen. Sie möchten neue Fenster? Die sind Gemeinschaftseigentum. Bloß nicht austauschen, ohne zu fragen, das wäre Sachbeschädigung. Das gleiche gilt für Balkon (-außenseiten), Wohnungstüren, Hauptleitungen usw.

Sie müssen die WEG genauer unter die Lupe nehmen, damit Ihnen solche Situationen erspart bleiben. Nur Mut, die meisten Eigentümergemeinschaften sind unproblematisch. Aber ganz selten – und darauf müssen Sie achten – gibt es WEGs, bei denen die Stimmung völlig vergiftet ist. Alte Streitigkeiten haben sich mit der Zeit immer weiter hochgeschaukelt und zu tiefen Gräben entwickelt. Wenn Sie an eine WEG geraten, deren Eigentümer schon ganz allgemein nicht miteinander zurechtkommen oder sich dauernd gegenseitig blockieren, anschreien oder verklagen, dann können Sie bestimmt lange auf Ihre Erlaubnis zum Austausch der Fenster warten. Ganz zu schweigen von der Frage, wer die Fenster bezahlt. Strenggenommen die WEG, aber bei solchen Kaspern werden Sie nicht auf Gegenliebe stoßen, bestenfalls lassen Sie sich auf eine abweichende Kostenregelung ein („ich zahle selbst, aber gebt mir endlich die Erlaubnis“).

Es macht keinen Spaß, Mitglied in einer verseuchten WEG zu sein. Wichtig zu sagen: Das ist wirklich nur ein kleiner Bruchteil der Eigentümergemeinschaften. Trotzdem gibt es Erfahrungen, die ich Ihnen nicht wünsche. Abgesehen vom Geldbeutel der Anwälte kann niemand einen Nachbarschaftsstreit gewinnen. Auch nach dem Urteil werden Sie sich weiterhin das Grundbuch teilen. WEG-Mitglied zu sein, kostet dort unheimlich viel Zeit, Nerven – und Anwaltsgebühren. Oft ist es das Beste, die Wohnung schnellstens wieder zu verkaufen – oder gar nicht erst zu kaufen! Aber:

Wie kann man eine schlechte WEG schon vor dem Kauf erkennen?

Ein paar Stunden eigene Recherche kosten Sie nur einen kleinen Teil Ihrer Freizeit, aber danach können Sie sich relativ sicher sein, ob hier größere Probleme lauern oder nicht. (Eine variable Zinsbindung eignet sich oft als zusätzliche „Versicherung“.)

In erster Linie sind Sie auf die Aussagen des Verkäufers angewiesen, aber der sagt Ihnen vielleicht nicht die Wahrheit. Wenn es wirklich Probleme gibt, finden Sie meistens an bestimmten Stellen Anhaltspunkte, wenn Sie gründlich suchen. Diese sind:

  1. Die Protokolle vergangener Eigentümerversammlungen,
  2. die letzten WEG-Jahresabrechnungen (und bitte mehr als eine!) und
  3. ein Anruf oder Gespräch mit Hausverwaltung, Beirat oder Nachbarn.

Man braucht etwas Fingerspitzengefühl, denn nirgendwo werden Sie einen großen Vermerk finden „Achtung blöde Eigentümergemeinschaft, bitte nicht kaufen.“ Die Hinweise finden Sie natürlich zwischen den Zeilen. Auf welche Details müssen Sie achten? Fangen wir bei den Eigentümerversammlungen an:

Foto: Stephan Walochnik

Warum ist die Hausverwaltung nie erreichbar? Teil 3: Verrückte Kunden und die Negativselektion

Wenige Sandkörner im Getriebe können oftmals die ganze Verwaltung lahmlegen. Weil viele Verwalter sich nicht von Störenfrieden trennen, schauen sie lieber gar nicht mehr in ihre Mails und es dreht sich ihnen der Magen um, wenn das Telefon klingelt. Und die Kunden wundern sich, warum sie niemanden erreichen oder der Verwalter sich erst Wochen später zurückmeldet. Ich musste erst lernen, wie wichtig es ist, schlechte Kunden schnellstmöglich rauszuwerfen, weil sie die anderen blockieren. Wiederholung, damit keine Missverständnisse entstehen: Ernstgemeinte und normale Fragen darf jeder Wohnungseigentümer immer stellen, das ist sein grundlegendes Recht. Aber viele Eigentümer übertreiben maßlos. Und so gibt es „Beschäftigungstherapeuten“, die den Verwalter (ähnlich einer sprudelnden Quelle) täglich mit neuen Aufgaben überschütten.

Welche Kunden fressen denn Kapazität? Hier ein paar Beispiele: 

  • Erstens gibt es die Extremfälle, wo jemand offensichtliche … Probleme hat und seine Miteigentümer auf der Eigentümerversammlung anschreit. Aber mal abgesehen von solchen Extremfällen kenne ich viele weitere Spaßvögel:
  • Der pensionierte TÜV-Ingenieur ohne Fingerspitzengefühl, der das ganze Haus unaufgefordert nach abgelaufenen Prüfsiegeln, schiefliegenden Türmatten und lockeren Türklinken durchsucht – und dem Verwalter anschließend eine zwei Seiten lange Mail schreibt, um unter Fristsetzung um eine ebenso lange Stellungnahme zu „bitten“. 
  • Der „Beiratspräsident“, der seinen Nachbarn verbieten will, Hunde zu halten, nach 19 Uhr zu musizieren oder im Treppenhaus miteinander zu reden (während der Mittagsruhe und aus seiner Sicht lauter als in Zimmerlautstärke). 
  • Der pingelige Wirtschaftsprüfer, der die WEG-Jahresabrechnung durchleuchten und prüfen möchte, als wäre es eine Konzernbilanz (und dafür beim Verwalter fünf volle Arbeitstage blockiert, die keinem anderen Kunden mehr zur Verfügung stehen). 
  • Die Rentnerin, die sich beschwert, dass ihre Nachbarin nachts duscht, sich allerdings nicht traut, diese selbst anzusprechen, sondern Unterschriften sammelt, meine Privatadresse herausfindet und mich samstags mittags besucht, um mir einen Vortrag zu halten und den Brief mit den Unterschriften zu überreichen. 

Einmal habe ich eine WEG übernommen, die mir beim Kennenlerngespräch versicherte, dass es keinen Sanierungsstau gibt, keine größeren Probleme und auch sonst nichts. Später, bei Übernahme der Unterlagen, bekam ich drei Regalmeter an Gerichtsakten, denn die Eigentümer führten untereinander schon seit Jahren einen erbarmungslosen Rechtsstreit. Manche Prozesse lagen noch beim Amtsgericht, andere waren schon in der zweiten oder dritten Instanz. Wenn Sie als Verwalter solche Akten durchlesen, sind Sie um 13 Uhr völlig erschöpft und können schlafen gehen. An diesem Tag lösen Sie bestimmt keine kognitiven Aufgaben mehr. Und selbstverständlich steht die Kapazität anderen Kunden nicht mehr zur Verfügung, die vielleicht auch ein berechtigtes Anliegen haben. 

Oder die Eigentümer denken einfach mal über eine Baumaßnahme nach. Nicht, weil es nötig wäre, sondern einfach mal so. Wie wäre es mit neuen Geländern für die Balkone? Oder könnte man vielleicht die Kellertreppe verschönern lassen? Die sieht immer so schäbig aus. Wie wäre es mit einer neuen Haustür oder einer Umgestaltung des Vordergartens? Eine ständig sprudelnde Quelle neuer Ideen, die alle einen Rattenschwanz nach sich ziehen. Deswegen rechne ich sowas nach Stunden ab. Wird die WEG die Maßnahme überhaupt beschließen oder ist es bloße Beschäftigungstherapie? Als Verwalter muss man erstmal raus, um sich mit Handwerkern zu treffen und sich die verschiedenen Optionen erklären zu lassen. Damit nicht genug: Es müssen mehrere Angebote von verschiedenen Firmen eingeholt werden – für all das muss man mehrere Ortstermine wahrnehmen. Und wenn dann mal die Kosten auf dem Tisch liegen? 12.000 EUR? Viel zu teuer, das Thema „vertagen“ wir auf die nächste Eigentümerversammlung. Oder der Vorschlag wird sofort begraben – und die ganze Arbeit war für die Katz. Auch hier muss man differenzieren: Es gehört zu den Kernaufgaben des Verwalters, die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums zu begleiten, aber es macht einen großen Unterschied, ob die Eigentümer etwas wirklich haben wollen oder „nur mal fragen“ möchten und den Verwalter dann ein paar Tage beschäftigen. 

Schwierige Eigentümergemeinschaften steigern diese Arbeiten exponentiell. Man muss davon ausgehen, dass es zu einem großen Rattenschwanz an Folgearbeiten kommt, wenn die Eigentümer kompliziert sind oder sich eine Gemeinschaft untereinander nicht versteht. Dann gönnen die sich gegenseitig nichts und es kann vorkommen, dass jemand wegen einer Kleinigkeit Einspruch gegen die Jahresabrechnung erhebt. Also muss der Verwalter vor der Beschlussfassung die Abrechnung nochmal neu erstellen, drucken, versenden, und natürlich auch an die Fristen denken. Je weniger sich die Eigentümer einig sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass mehrere Versammlungen im Jahr nötig sind, weil es Gesprächs- und Diskussionsbedarf gibt, und die Eigentümer sich trotzdem einfach nicht einig werden. Trotzdem steht es ihnen ja laut Wohnungseigentumsgesetz zu, so oft eine Eigentümerversammlung einzuberufen, wie es etwas zu besprechen gibt.  

Hausverwalter können oft überhaupt nicht kostendeckend arbeiten. Sie strampeln sich für 5% der Kunden im Hamsterrad ab, und ärgern sich, dass so viel zu tun ist. Deswegen kommen sie nicht dazu, sich um die 95% guten Kunden zu kümmern, deren Abrechnung rechtzeitig anzufertigen oder die Versammlung bis März über die Bühne gehen zu lassen.  

Es sind 5% der Kunden, die 95% der Arbeit verursachen. Die anderen gucken in die Röhre, obwohl sie Besseres verdient hätten. Ich persönlich bin jedenfalls irgendwann aufgewacht und betreibe seit 2014 vehement „Kundenhygiene“, weil ich das Renteneintrittsalter halbwegs unbeschadet erreichen möchte und meine Gesundheit für diese 5% opfern möchte, die es mir sowieso nicht danken.

Gebäudeversicherungen sind konsequenter als Hausverwalter.

In der Branche schmeißt man Kunden raus, die zu viele Schäden verursacht haben, weil die Versicherung sonst nicht kostendeckend arbeiten kann.  

Und all diese Probleme passieren bei Ihnen nicht? Dann gratuliere ich Ihnen. Dann gehören Sie zu den guten Kunden. 

Foto: Stephan Walochnik

Warum ist die Hausverwaltung nie erreichbar? Teil 2: Das Pareto-Prinzip

Das Pareto-Prinzip besagt, dass 10% der Kunden 90% der Probleme verursachen. Oftmals ist die Quote noch viel schlimmer, z.B. 95% zu 5%. 

Wohnungseigentümer sollten ihren Verwalter immer alles fragen können! Und das ist der Punkt: Es gibt ganz bestimmte Kunden, die reizen dieses Recht gnadenlos aus. Der Verwalter muss jedes Anliegen ernstnehmen, sonst macht er sich unter Umständen haftbar.

WEG-Verwalter und Versicherungen haben das gleiche Problem: Konstante Grundgebühren (Verwaltervergütung bzw. Versicherungsprämien) versus variabler Aufwand (Arbeitszeit bzw. Schadenskosten). Vor allem in der Gebäudesparte haben Versicherungen mit hohen Schadenquoten zu kämpfen. Aber Versicherungen und Verwalter reagieren jeweils völlig anders:  

  • Bei Versicherungen werden schlechte Kunden rausgeschmissen, wenn sie die Kapazitätsgrenzen sprengen (z.B. Häuser mit 5 Wasserschäden im Jahr). So bereinigen die Gesellschaften ihr Portfolio, um weiterhin kostendeckend arbeiten zu können und ihren Kunden im Schadenfall weiterhin schnell helfen zu können. 
  • Viele WEG-Verwalter hingegen behalten schlechte Kunden oftmals und schleppen sie für immer mit. („Ich brauche doch den Umsatz, um meine Mitarbeiter bezahlen zu können.“) Nach 10 Jahren haben sie viel Schrott im Schlepptau. Sie möchten den Umsatz nicht verlieren, aber was passiert? Das Gegenteil! Die Mitarbeiter sind mittags schon völlig fertig und ausgelaugt, weil bestimmte (aber wenige) Kunden ihnen die Energie geraubt haben. So haben sie keine Kraft mehr, die Routinetätigkeiten zu erledigen, melden sich krank oder werden schwanger. Dann steht der Chef noch mehr unter Strom, weil er die ganze Arbeit alleine machen muss – und geht bestimmt nicht mehr ans Telefon, wenn Sie anrufen.

Was soll das heißen, schlechte Kunden? Das lesen Sie in Teil 3:

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