WEG-Reform 2020: Der Verwalter kann jederzeit abberufen werden!

Was passiert, wenn Ihr Verwalter schläft und trödelt und einfach nicht ans Telefon geht? Nach der WEG-Reform können Sie sich schneller von ihm trennen.

Aber zuerst kurz zur Wahl des Verwalters, genannt „Bestellung“. Wenn Sie einen neuen Verwalter zum ersten Mal wählen, empfehle ich eine kurze Vertragsdauer, z.B. ein oder zwei Jahre. Lernen Sie sich doch erstmal kennen. Wenn die Chemie stimmt und Sie zufrieden sind, können Sie ihn bei der Wiederwahl länger beauftragen. Laut Gesetz darf die Bestellung für maximal fünf Jahre erfolgen. Eine Wiederwahl ist aber im Anschluss immer wieder möglich. jedoch darf der allererste Verwalter nach Gründung der WEG – der ja meistens der Bauträger oder ein enger Freund von ihm ist – für höchstens drei Jahre gewählt werden, weil die Gewährleistung nach fünf Jahren abläuft.

„Abberufung“ ist das Gegenteil der „Bestellung“ und bedeutet, den Verwalter aus seinem Amt zu entlassen. Nach § 26 WoEigG kann der Verwalter jederzeit abberufen werden. (Übrigens kann auch er selbst sein Amt jederzeit – nur nicht zur Unzeit – niederlegen, was die Gerichte oft genug bestätigt haben.) Der Verwaltervertrag endet spätestens sechs Monate nach der Abberufung. Moment, passiert das nicht gleichzeitig? Nein, denn laut der „Trennungstheorie“ unterscheiden die Juristen den Verwaltervertrag vom Verwalteramt: Die Beschlussfassung auf der EV „bestellt“ den Verwalter, und nun ist er Amtsträger. Zweitens geht die WEG ein Vertragsverhältnis mit ihm ein. Meistens ist es der Beirat, der den Verwaltervertrag fristwahrend nach der EV unterschreiben muss. Im Vertrag steht etwas ausführlicher, was in Kompaktform auf der Versammlung beschlossen wurde, z.B. Aufgaben und Vergütung. Diese Trennung zwischen Bestellung und Vertrag war früher „nur“ herrschende Meinung in der Rechtsprechung, jetzt steht sie schwarz auf weiß im Gesetzestext.

Es ist schon ein großer Vorteil, dass Sie den Verwalter jederzeit abberufen können, denn bis 2020 konnte man die vorzeitige Abberufung auf einen wichtigen Grund beschränken – was die meisten Verwalterverträge auch gemacht haben. Das bedeutete, dass mancher Verwalter ruhig vor sich hin schlafen konnte, denn er war ja für fünf Jahre bestellt. Es konnte zwar vorkommen, dass er keine vernünftige Leistung brachte, nicht ans Telefon ging und keine Emails beantwortete. Weil er aber weder geraubt noch geklaut hat, bleib er trotzdem Verwalter, weil Sie keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung hatten. Höchste Zeit für diese Änderung: Von nun an können Sie jederzeit beschließen, den Verwalter rauszuwerfen. Trotzdem brauchen Sie dafür eine Eigentümerversammlung, aber der Verwalter muss den Tagesordnungspunkt aufnehmen, sofern mehr als 25% der Eigentümer das verlangen.

Noch einmal zurück zur „Trennungstheorie“: Wenn Sie den Verwalter abwählen, müssen Sie unbedingt beide Dinge beachten: Die Abberufung des Verwalters zum Ende der Laufzeit (also die Entziehung des Amtes) und die Kündigung des Verwaltervertrags, der sonst 6 Monate weiterlaufen könnte.

Vor der Reform konnte es passieren, dass beschlossen wurde, den Verwalter abzuberufen. Oftmals wurde aber vergessen, gleichzeitig auch den Vertrag zu kündigen. Die zukünftigen Ex-Verwalter konnten sich darauf berufen, dass der Vertrag noch eine Restlaufzeit hatte. Obwohl schon jemand anders als Verwalter arbeitete, floss das Geld parallel z.B. zwei Jahre an den ehemaligen Verwalter, ohne dass er arbeiten musste. Ziemlich unschön, aber trotzdem legal.

Und es ist auch jetzt noch legal, aber eben nur für maximal sechs Monate. Bei fristlosem Rauswurf eines unfähigen Verwalters kann es sein, dass Sie trotzdem noch sechs Monate das im Verwaltervertrag genannte Honorar entrichten müssen. Eine merkwürdige Benachteiligung, obwohl es im WoEigG doch sonst so viel Verbraucherschutz gibt. Nach neuem Recht ist die Zahlung der Verwaltervergütung jedenfalls auf sechs Monate nach der Abberufung beschränkt. Und wie das Wort „maximal“ schon sagt, sind auch kürzere Fristen möglich, wenn die Restlaufzeit kürzer ist – oder wenn Sie mit dem Verwalter verhandeln oder Sie beweisen können, dass ein wichtiger Grund zur Abberufung und Kündigung vorliegt. Das Beste ist natürlich, wenn Sie den neuen Verwalter nahtlos zum Ende der Laufzeit wählen, wenn die Arbeitsleistung noch halbwegs tolerabel ist.

Online- und Hybride Eigentümerversammlung

Grundlagen Hybride Eigentümerversammlung

Seit der WEG-Reform im Jahr 2020 ist die Online-Teilnahme an Ihrer Eigentümerversammlung gesetzlich in § 23 Abs. 1 WoEigG verankert. Bevor Sie jedoch loslegen können, muss die WEG erst einmal beschließen, dass die Eigentümer sich online zuschalten dürfen. Weiterhin ist vorgeschrieben, dass es immer einen „echten“ Versammlungsort geben muss, den Sie aufsuchen können, falls Sie weder einen Internetanschluss noch ein Mobiltelefon besitzen. Es ist also niemals eine reine Online-EV, sondern eine Hybrid-Versammlung an einem bestimmten Ort, zu dem sich einige, manche oder alle Eigentümer aus der Ferne zuschalten können. Auf die rechtlichen Voraussetzungen kommen wir im nächsten Abschnitt noch einmal im Detail zurück. Hybride Eigentümerversammlungen sind effizient und nützen allen Beteiligten. Und weil sie so praktisch sind, kommt es immer häufiger vor, dass der Verwalter einsam am Laptop sitzt, weil kein Eigentümer mehr persönlich erscheint. Das gilt übrigens besonders für ältere Eigentümer, denen man zu Unrecht fehlende Technik-Affinität nachsagt.

Grundlage reine Online-Eigentümerversammlung

Etwas später wurde im WoEigG dann § 23 Abs. 1a ergänzt. Nun sind auch reine Online-Eigentümerversammlungen (ohne physischen Ort) zulässig. Leider liegen hier die rechtlichen Barrieren sehr hoch, wodurch man leicht die erforderlichen Fristen aus den Augen verlieren kann:

Ihre WEG muss mit Dreiviertelmehrheit beschließen, dass sie Online-Eigentümerversammlungen durchführen will. Der Beschluss ist für maximal drei Jahre gültig und muss dann auf einer normalen Eigentümerversammlung wiederholt werden.

Sie können sich sicherlich vorstellen, dass diese Vorschrift einen unnötigen bürokratischen Aufwand mit sich bringt. Was passiert, wenn der Verwalter nach drei Jahren vergisst, dass nun wieder eine ortsgebundene Eigentümerversammlung veranstaltet werden muss? Sind dann alle Beschlüsse, die im vierten Jahr gefasst werden, nichtig oder angreifbar? Es dürfte sich als organisatorisch schwierig erweisen, die Dreijahresfrist dauerhaft zuverlässig nachzuhalten.

Wegen der beschriebenen Hürden für reine Online-Eigentümerversammlungen bezieht sich der nachfolgende Text in erster Linie auf hybride Eigentümerversammlungen, die aus meiner Sicht ein verlässlicheres rechtliches Fundament besitzen.

Vorteile

Es hat sich gezeigt, dass Eigentümerversammlungen sehr effizient sind, zu denen Sie sich online zuschalten können. Eigentümer, die weiter entfernt wohnen, sind von Beginn an entspannter, weil ihnen die mühselige Anreise erspart bleibt. Unsere Hausverwaltung betreut z.B. viele Düsseldorfer Gebäude, aber die Eigentümer wohnen ja nicht alle in der Umgebung. Fast immer ist jemand dabei, der aus der Ferne anreisen muss. Aber auch die nähere Umgebung kann strapaziös sein: Auf der Strecke zwischen Köln und Düsseldorf ist beispielsweise ständig Stau. Wer von Köln nach Düsseldorf (-city) zur EV fährt, sollte im Berufsverkehr lieber eine Stunde mehr einplanen, weil der nervenaufreibende Weg sehr lange dauern kann. Selbst die Verkehrsverhältnisse innerhalb Düsseldorfs sind am späten Nachmittag nicht immer angenehm. Wer also bisher ständig zu spät zur EV kam, weil er nach dem Stau noch einen Parkplatz suchen musste, für den ist die Online-Teilnahme eine große Erleichterung. Wer online teilnimmt, hat weder Stress, Kosten noch Zeitverlust durch Hinfahrt, Parkplatzsuche oder Strafzettel.

Die Kostenseite spricht klar für die Online-Teilnahme: Zwar muss es bei der hybriden Eigentümerversammlung für jeden Eigentümer immer die Möglichkeit geben, an einen bestimmten Ort zu kommen, um körperlich an der EV teilzunehmen. Aber es kann hilfreich sein, wenn der Verwalter um Mitteilung bittet, wer persönlich erscheint. Wenn sich nur sehr wenige Leute ankündigen, ist es möglich, auf die teure Saalmiete zu verzichten, und die wenigen Teilnehmer ins Büro der Verwaltung einzuladen.

Als ich 2020 mit den ersten Online-Eigentümerversammlungen angefangen habe, war ich erstaunt, dass vor allem ältere Leute sehr angetan waren. Dabei liegen die Vorteile für die ältere Generation auf der Hand: Die Technik hat sich schließlich in den letzten Jahren so stark entwickelt, dass man kein Computerspezialist mehr sein muss, um an Videokonferenzen teilzunehmen. Im Gegenteil: Leichte Bedienbarkeit ist zur wichtigsten Anforderung jeglicher Software geworden. Als wir in der Corona-Pandemie besorgt waren, uns anzustecken, gehörten viele ältere Leute zur Risikogruppe. Für manche wäre es lebensgefährlich gewesen, unter Leute zu gehen und sich anzustecken. Eine ältere Dame wohnt in Baden-Württemberg und kam schon seit Jahren nicht mehr zur EV, weil die mühsame Anreise nach Düsseldorf ihr einfach zu viel war. Aber es gibt ja auch viele junge und alte Menschen mit körperlichen Behinderungen, denen die persönliche Teilnahme erschwert ist. Und selbst, wenn Sie in Urlaub sind, es aber auf der EV trotzdem ein Thema gibt, bei dem Sie mitreden möchten, können Sie von Griechenland aus ebenso dabei sein wie von Kapstadt. Für all diese Menschen wird die Teilnahme an der EV nun so einfach wie nie.

Viele Eigentümer sind von der Technik beeindruckt und berichten, dass die Online-Teilnahme an einer gut organisierten Eigentümerversammlung so „greifbar“ ist wie nie zuvor. Greifbar in dem Sinne, dass man ihnen an ihrem Computerbildschirm zu Hause die Dokumente oder Bilder zeigen kann, über die gerade gesprochen wird. Der Verwalter kann seinen Bildschirm „freigeben“, das heißt, für alle Teilnehmer sichtbar machen. Für die vor Ort Anwesenden wäre es dann natürlich gut, einen Beamer mit Leinwand zu haben, damit auch sie den Bildschirm sehen können. Sie können dann z.B. die vorbereiteten Beschlusstexte direkt mitlesen oder der Verwalter zeigt Ihnen am Bildschirm den Energieausweis, die Heizkosten- oder Jahresabrechnung oder eine Rechnung aus der Abrechnung, bei der es Erklärungsbedarf gibt. Ihr Einsichtsrecht in die Verwaltungsunterlagen nach § 18 (4) WoEigG kann richtig anschaulich sein, wenn es auf der EV ausgeübt wird. Der Verwalter kann Ihnen auch Fotos vom Einfahrtsbereich zeigen, wenn dieser neu gepflastert werden soll, oder vom Pflegezustand des Gartens, über den es in letzter Zeit öfters Beschwerden gab.

Deswegen sind Online- (gestützte) Eigentümerversammlungen auch so effizient: Alle Fragen werden ausführlich und anschaulich beantwortet und die Teilnehmer können sich aufs Wesentliche konzentrieren. Schließlich sitzt der Verwalter ja am Computer und hat alle Dokumente digital griffbereit. Daher verlaufen viele Versammlungen – trotz der ausführlichen Beantwortung vieler Fragen – wesentlich schneller, als Sie es von früher gewohnt sind. Wenn sich nur wenige (bis gar keine) Teilnehmer ankündigen, kann die Versammlung im Büro des Verwalters stattfinden. Anstatt die Zeit nach dem Ende der Veranstaltung mit 30 Minuten Heimfahrt zu vergeuden, kann er bereits anfangen, das Protokoll zu finalisieren oder die Guthaben der Jahresabrechnung zu überwiesen,während ernormalerweise noch im Auto gesessen hätte.

Glücklicherweise ist die Corona-Pandemie endlich vorbei. Ich persönlich werde auch in Zukunft ständig Hybrid-Veranstaltungen anbieten – einen Beschluss der WEG vorausgesetzt. Immer dann, wenn es jemanden gibt, der nicht selbst im Gebäude wohnt („weit weg“ ist ein relativer Begriff), werde ich Ihnen die Möglichkeit bieten, dass Sie sich online zuschalten können, sofern die WEG sich nicht verweigert.

Software

In der Coronazeit haben sich Softwarelösungen für digitale Konferenzen explosionsartig (weiter‑) entwickelt. Nun fordert der Gesetzgeber einen WEG-Beschluss über das „ob“ und das „wie“, also unter welchen (technischen) Voraussetzungen die Eigentümergemeinschaft damit einverstanden ist, die „alternative Teilnahme an einer ortsgebundenen EV über digitale Kommunikationswege“ zu erlauben.

Welche Anforderungen an die Software zu stellen sind, mit der Sie Ihre Online-Eigentümerversammlung veranstalten, wird bewusst offengelassen, um künftige technische Entwicklungen nicht kaputtzuregulieren. Trotzdem ist es wichtig, dass gewisse Mindeststandards eingehalten werden. Sowohl auf einer ortsgebundenen als auch auf einer hybriden Eigentümerversammlung muss die Nichtöffentlichkeit gewahrt sein, damit Sie unter sich sind und in Ruhe Ihre Angelegenheiten besprechen können. Unbefugte Dritte dürfen also nicht einfach so die Möglichkeit haben, zufällig zuzuhören oder unkontrolliert (virtuell) hereinzuspazieren. Wenn die Versammlung auf einer öffentlich einsehbaren Streaming-Plattform stattfinden würde, bei der sich alle möglichen Leute jederzeit ohne Passwort zuschalten könnten, wäre das ein grober Anfängerfehler des Verwalters. Gut geschützt sind die gängigen Softwarelösungen wie Zoom, Cisco Webex oder Microsoft Teams, die inzwischen auch von Behörden verwendet werden – oder die oftmals überteuerten Branchenlösungen für Verwalter, die auch nicht viel mehr Funktionen bieten. Bei allen genannten Programmen können Sie nur teilnehmen, wenn Sie die Meetingnummer und das Passwort kennen, welches Sie z.B. in der Einladung von der Verwaltung erhalten haben. Damit sich keine unbefugten Dritten online zuschalten, sollte Ihr Verwalter natürlich ein paar Verhaltenshinweise geben, z.B. Sie in der Einladung darauf hinweisen, dass Sie das Passwort nicht weitergeben dürfen – und dass nur im Grundbuch eingetragene Eigentümer oder deren Bevollmächtigte teilnehmen dürfen.

Die Funktionsweise der verfügbaren Softwarelösungen ist immer ähnlich: Für die Teilnahme vom Computer aus genügt es meistens, einen Link anzuklicken, den Sie vom Verwalter bekommen haben. Wenn Sie via Handy oder Tablet teilnehmen, müssen Sie in der Regel vorher eine entsprechende App herunterladen – und dann Meetingnummer und Passwort eingeben. Schon sind Sie dabei – egal, ob Sie gerade auf Ibiza am Strand liegen oder zu Hause im Arbeitszimmer sitzen.

Nach der Anmeldung kann es sein, dass Sie in einem sog. Warteraum landen, von wo aus der Veranstalter Sie dann bald reinlässt. Nun sehen Sie per Video auf Ihrem Bildschirm die Gesichter der anderen Teilnehmer und hören über die Lautsprecher deren Stimmen. Ihr Laptop oder Ihr Handy haben ebenfalls Kamera und Mikrophon, deren Zugriff Sie der App übrigens einmalig erlauben müssen. Hierüber können die anderen Teilnehmer Sie dann ebenfalls sehen und hören. Damit Sie sicher sein können, dass die Technik funktioniert, wird Ihr Verwalter sicherlich vorher eine Probeveranstaltung anbieten, zu der Sie sich nach Belieben einwählen und Ihre Technik ausprobieren können.

Technische Probleme

Jeder, der mal im Aufzug steckengeblieben ist oder einen platten Reifen hatte, weiß, dass technische Probleme immer mal vorkommen können. Was die Online-Teilnahme an der EV angeht, muss man an den Verwalter und dessen Vorsorgemaßnahmen andere Maßstäbe anlegen als an Sie als Eigentümer, denn er ist ja der Veranstalter.

Aber fangen wir mit Ihnen an: Wir gehen mal davon aus, dass der Verwalter einen Link zur Verfügung gestellt hat, wo Sie Ihre Bild- und Tontechnik vor der Versammlung ausprobieren konnten – und dass Sie das auch getan haben. Wenn jetzt am Abend der Versammlung Ihr Handy streikt oder Sie Verbindungsprobleme haben, werden dadurch trotzdem nicht alle Ergebnisse der Versammlung ungültig. Sie sind leider eben einfach nicht dabei. Beziehungsweise erst später, denn Probleme mit Handy oder Internet bekommt man ja meistens doch irgendwann in den Griff. Rechtlich verhält sich das wie eine Autopanne auf dem Weg zur Versammlung. Dass Sie nicht teilnehmen konnten, gehört eben zur höheren Gewalt. Aber es gibt Schutzmaßnahmen, nämlich rechtzeitig loszufahren – und wenn Sie liegenbleiben, notfalls ein kostenpflichtiges Taxi zu rufen. Auch im Digitalen gibt es solche Schutzmaßnahmen: Ein Zweithandy mit schneller Internetverbindung und einen WLAN-Stick für den Computer zu beschaffen. Wenn am Abend der Versammlung das Internet auf der ganzen Straße ausfällt, weil bei Tiefbauarbeiten versehentlich ein Kabel durchtrennt wurde, können Sie einfach mit dem Handy einen Hotspot erstellen und den Computer verbinden.

Technische Probleme könnten aber auch beim Verwalter auftreten. Bei ihm sind aber ganz andere Maßstäbe anzulegen, da er als Vertreter der WEG auch Veranstalter der Versammlung ist. Die verwendete Technik muss er beherrschen, sei es Zoom, Teams oder Webex. Auch ihm kann es passieren, dass er mit dem Auto liegenbleibt oder sein Computer kaputtgeht. Nur ist er halt für die Veranstaltung verantwortlich, daher muss er die Online-Plattform vorher ausgiebig getestet haben und mit den wesentlichen Systemfunktionen vertraut sein. Sollte Microsoft Teams trotzdem am Abend der EV einen deutschlandweiten Ausfall haben, ist das natürlich nicht seine Schuld. Wohl aber, wenn er die Technik nicht beherrscht und die Eigentümer nicht einmal aus dem Warteraum einlassen kann.

WEG-Reform 2020: Der neue Umlaufbeschluss – reicht jetzt die einfache Mehrheit?

April 2021, die WEG-Reform ist fünf Monate alt – und schon hat sich das erste Missverständnis in den Köpfen festgebrannt:

Viele Wohnungseigentümer und auch Verwalter glauben neuerdings, dass ein Umlaufbeschluss mit einfacher Mehrheit zustande käme. Aber so einfach ist es nicht.

Aber was ist überhaupt ein Umlaufbeschluss? Grundsätzlich treffen WEGs Entscheidungen per Beschluss auf der Eigentümerversammlung. Wenn es bei der Abstimmung 50,01% Zustimmung gibt, kommt der Beschluss zustande, die Entscheidung ist gefallen. Die einfache Mehrheit reicht aus.

Jede Eigentümerversammlung verursacht aber Organisationsarbeit. Der Verwalter muss Einladung und Tagesordnung vorbereiten, einen Termin abstimmen, den Versammlungsort buchen, Protokoll schreiben und so weiter. Das dauert eine Zeit und es gibt Möglichkeiten, das abzukürzen, wenn es nur um ein einziges Thema geht: Ein Umlaufbeschluss ist ein Beschluss ohne Eigentümerversammlung. Weil aber Formen und Fristen abgekürzt sind, reicht keine einfache Mehrheit. Alle Eigentümer müssen dem Beschlussvorschlag zustimmen, dann erst kommt er ohne EV zustande. Weil beim UB praktisch alle Formen und Fristen ersatzlos wegfallen, liegt die Hürde bei der notwendigen Mehrheit so hoch – mal wieder Verbraucherschutz. Auch die WEG-Reform hat nicht viel am Umlaufbeschluss gerüttelt. Nur an seiner Schriftform. Von nun an genügt es, wenn Sie per E-Mail zustimmen – es muss es keine eigenhändige Unterschrift aus Tinte mehr sein.

Nun glauben aber viele Eigentümer und Verwalter, dass ein Umlaufbeschluss jetzt auch immer mit einfacher Mehrheit gefasst werden kann. Das ist aber sehr gefährlich, weil ein UB mit einfacher Mehrheit normalerweise ungültig ist. Und ohne einen gültigen Beschluss fehlt dem Verwalter auch jede Rechtsgrundlage für eine Auftragserteilung. Im Gesetz steht:

„Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt“ (§23 Abs. 3 WoEigG).

Der UB kommt also doch nicht mit 50,01% Zustimmung zustande! Dort steht ja, dass es zuerst beschlossen werden muss, und dann geht es noch um einen einzelnen Sachverhalt, zu dem ein Umlaufbeschluss nachgeholt wird, der mit einfacher Mehrheit zustande kommt.

Wenn man zuerst einen Beschluss braucht, warum dann noch der Umlaufbeschluss? Warum beschließt man diesen Sachverhalt nicht direkt auf der EV? Weil man nun auf der EV das Thema in groben Zügen absegnen kann und die Details im Nachgang mit einem UB um alle Details ergänzen kann. Weil die formellen Hürden abgesenkt werden, will der Gesetzgeber, dass sich die EV vorab mit dem Thema auseinandergesetzt hat, damit niemand überrumpelt wird.

Vielleicht erinnern Sie sich an die formellen Hürden einer Beschlussfassung. Wenn einem Beschluss wichtige Details fehlen, z.B. die Auswahl des Handwerkers oder der Kostenrahmen, ist er nicht gültig. Wenn sich aus dem Beschluss keine konkrete Handlung ableiten lässt, ist er wertlos. Wenn die WEG beschließen würde, „die Fassade anstreichen zu lassen“, ohne weitere Angaben, fehlen praktisch alle relevanten Informationen: Welcher Handwerker? Welcher Kostenrahmen? Und vieles mehr. Die Auswahl des Handwerkers darf bei größeren Vorgängen nicht auf Verwalter oder Beirat delegiert werden. Alle relevanten Eckdaten müssen von der WEG per Beschluss abgesegnet werden.

Das Problem daran: Wenn noch Details fehlen, würden Sie sich von Versammlung zu Versammlung hangeln, aber der Vorgang würde nicht erledigt werden. Wenn der Verwalter auch noch kapazitätsmäßig voll ausgelastet ist, warten Sie evtl. bis nächstes Jahr auf die nächste EV. Der Gesetzgeber wollte diese Situation entschärfen, damit man schneller weitermachen kann. Ein UB ist schneller organisiert als eine zusätzliche EV.

Sie können z.B. auf der EV den Anstrich der Fassade beschließen und bereits einen groben Kostenrahmen freigeben. Wenn noch nicht alle Handwerker-Angebote vorliegen, können Sie auf der EV beschließen, die Auswahl der Handwerker und die Festlegung eines Kostenrahmens per Umlaufbeschluss nachzuholen – nun können Sie regeln, dass für diese Auswahl eine einfache Mehrheit ausreichen soll. Für diesen Fall ist die Neuerung im WoEigG gedacht. Das Sonderrecht gilt für den Einzelfall – und kann oftmals schon sehr weiterhelfen. Sie können aber nicht beschließen, dass von nun an jeder Umlaufbeschluss der Eigentümergemeinschaft mit einfacher Mehrheit gültig werden soll.

Foto: Stephan Walochnik

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WEG-Reform 2020: Die neuen Regeln – Eine kurze Zusammenfassung

Endlich! Am 01.12.2020 wurde das neue WoEigG geboren. Auf den nächsten Seiten finden Sie eine kurze Zusammenfassung der neuen Regeln, bevor wir später zu den einzelnen Punkten ins Detail gehen.

Eigentümerversammlung:

Die Einladungsfrist wurde von zwei auf drei Wochen verlängert. Der Hintergrund erschließt sich mir nicht. Nach wie vor handelt es sich um eine Soll-Frist, die bei Dringlichkeit abgekürzt werden kann. Die Einladung zur EV kann nun auch in Textform versendet werden, also z.B. per E-Mail.

Unabhängig von Anzahl oder Miteigentumsanteilen der Erschienenen ist die Eigentümerversammlung jetzt immer beschlussfähig. Früher mussten mindestens 50% der Miteigentumsanteile erschienen sein, ansonsten musste es eine Zweitversammlung mit gleicher Tagesordnung geben. Die ist jetzt Geschichte. Beschlüsse können gefasst werden, wann immer ein Thema in der Einladung stand und auch nur ein einziger Eigentümer erscheint oder eine Vollmacht erteilt.

Daneben hat sich auch das Stimmrecht verändert. Die „doppelt qualifizierte Mehrheit“ gibt es nicht mehr, höchstens in Ihrer Teilungserklärung – dann würde sie gültig bleiben. Abgesehen von Sonderfällen bei baulichen Veränderungen können Sie nun fast jeden Beschluss mit einfacher Mehrheit fassen.

Vereinfachter Umlaufbeschluss

Anstatt auf der Eigentümerversammlung kann man einen Beschluss auch als Umlaufbeschluss fassen. Das ist der sogenannte Unterschriftenzettel, den früher aber 100% der Eigentümer unterschreiben mussten, damit er zustande kam.

Von nun an entfällt die Schriftform, das heißt, eine eigenhändige Unterschrift aus Tinte ist nicht mehr nötig. Sie können jetzt auch in Textform zustimmen, also per Mail oder Fax – das vereinfacht den Vorgang erheblich, schon allein, weil Sie keine Briefmarken mehr kaufen müssen und der Weg zum Briefkasten entfällt. Die WEG kann nun für viele Sachverhalte die Formen und Fristen verkürzen, damit sinnvolle Entscheidungen entkompliziert werden. Trotzdem müssen 100% der Eigentümer zustimmen.

Falls die EV sich bereits mit einer Sache befasst hat, aber nicht alle Details beschlossen hat, können Sie einen Umlaufbeschluss mit einfacher Mehrheit fassen. Aber Vorsicht – das gilt wirklich nur für ausgewählte Sachverhalte, bei denen diese Vorgehensweise auf der EV besprochen wurde.

Hybrid- und Online-Eigentümerversammlung

Ab sofort können Sie sich online mit Bild und Ton zu einer ortsgebundenen Versammlung zuschalten lassen. Man nennt das eine Hybrid-Eigentümerversammlung. Im Extremfall bedeutet das, dass auch eine reine Online-Versammlung zulässig ist, sofern zumindest ein echter Versammlungsort zur Verfügung stünde. Denn ein Sonderfall der Online-Zuschaltung von manchen Eigentümern zur ortsgebundenen EV ist die Zuschaltung aller Eigentümer, so dass der Verwalter ganz alleine am Versammlungsort sitzt. Auch wenn das nicht unbedingt das Ziel des Gesetzgebers gewesen ist.

Die Online-Zuschaltung bietet wirklich viele Vorteile. Sie vermeiden den Stress im Berufsverkehr, die mühsame Parkplatzsuche und möglicherweise kann ein kleinerer Versammlungsort reserviert werden, der weniger kostet. Für Eigentümer, die weit weg wohnen oder gesundheitliche Einschränkungen haben, ist die Teilnahme erst jetzt ohne größere Hindernisse möglich.

Etwas später hat der Gesetzgeber auch reine Online-Eigentümerversammlungen für zulässig erklärt. Aber sie versinkt in Bürokratie. Es muss alle drei Jahre eine ortsgebundene EV geben und es muss alle drei Jahre erneut beschlossen werden. Die hierfür nötigen Wiedervorlagen lassen Verwalter verzweifeln. Zudem ist eine Zustimmung von drei Vierteln nötig.

Die Beschlusssammlung bleibt

In dieser finden Sie alle vergangenen Beschlüsse Ihrer WEG. Der Verwalter ist gesetzlich verpflichtet, sie zu führen. Es wurde überlegt, sie abzuschaffen, was glücklicherweise nicht passiert ist. Auch nach neuem Recht muss der Verwalter sie weiterhin führen. Richtig so! Denn sie ist ein wichtiges Informationsinstrument für Interessenten bzw. Wohnungskäufer, die sich ein Bild von der WEG machen möchten.

Transparenzgebot!

Wenn ein Verwalter keine Lust hat, Ihnen weiterzuhelfen, war es bisher ein beliebter Trick, Ihr Anliegen aufgrund von „Datenschutz“ abzuschmettern. Auch berechtigte Informationsbedürfnisse wurden leider oftmals verwehrt, obwohl jedem WEG-Verwalter klar sein müsste, dass Wohnungseigentümer Mitglieder derselben Vermögensgemeinschaft sind – und kein Mieter ohne Mitspracherecht. Nun wird Ihr berechtigtes Interesse in §18 Abs. 4 des neuen WoEigG klargestellt:

„Jeder Wohnungseigentümer kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen.“

Warum „von der Gemeinschaft“? Weil der Verwalter immer als gesetzlicher Vertreter der WEG handelt. Er ist das ausführende Organ für die Bereitstellung der Unterlagen, wenn Sie Einsichtnahme verlangen.

Beirat

Der Verwaltungsbeirat – das ist eine Gruppe von Eigentümern, deren „Job“ es ist, den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen und zu überwachen. Früher bestand er zwangsläufig aus drei Eigentümern, selbst bei einer WEG mit fünf Wohnungen. Nun kann er aus beliebig vielen (oder wenigen) Eigentümern gebildet werden. Nach wie vor ist es die Hauptaufgabe des Beirats, den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen und die Jahresabrechnung zu prüfen. Neu ist, dass der Beirat die WEG gegenüber dem Verwalter vertritt. Hier hat sich der Gesetzgeber etwas missverständlich ausgedrückt, was sicherlich zu Streitigkeiten mit manchen Beiräten führen wird. „Vertreten“ bedeutet nämlich nicht, dass er dem Verwalter gegenüber für die Eigentümergemeinschaft Entscheidungen treffen darf. Denn der Beirat kann sich bei Zuwiderhandlung sogar schadenersatzpflichtig machen. Aber auch der Verwalter darf keine weitreichenden Entscheidungen treffen. Das Entscheidungsorgan einer WEG ist und bleibt die Eigentümerversammlung im Mehrheitsprinzip.

Bauliche Veränderungen

Der Begriff darf nicht mit Renovierungen wie z.B. einem Neuanstrich verwechselt werden. Unter einer baulichen Veränderung im Sinne des WoEigG versteht man größere Änderungen, die keine Erhaltung oder Wiederherstellung sind, z.B. den nachträglichen Einbau einer Markise oder einer Klimaanlage.

Die erforderliche Stimmenmehrheit wurde wesentlich verändert: Früher durfte bei der Beschlussfassung kein einziger Eigentümer dagegen stimmen, sonst scheiterte der Beschluss. Von nun an genügt die Zustimmung mit einem einfachen Mehrheitsbeschluss.

Allerdings schiebt der Gesetzgeber grundlegenden Umgestaltungen einen Riegel vor. Die Mehrheit der Eigentümer kann also nicht fordern, dass ein Aussichtsturm aufs Dach oder ein Personenaufzug in den Hof gebaut wird. Grundlegende Umgestaltungen können nicht mit Mehrheit beschlossen werden, hierzu braucht man immer noch das Einverständnis aller – in Form eines Vertrages, der sog. Vereinbarung.

Bisher wurden die Kosten von Baumaßnahmen grundsätzlich immer nach Miteigentumsanteil auf die Eigentümer verteilt. Nun ist es etwas diffiziler: Nur die Eigentümer, die mit „ja“ gestimmt haben, müssen sich an den Kosten von baulichen Veränderungen beteiligen. Der Gesetzgeber geht scheinbar von einer knappen Mehrheit aus, denn es gibt eine Ausnahme: Wenn mehr als zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile mit „ja“ stimmen, dann werden eben doch alle Wohnungseigentümer an den Kosten beteiligt – diese werden wie früher nach ihren Miteigentumsanteilen auf sie verteilt. Die folgende Grafik zeigt die neue Kostenregelung für Beschlüsse über bauliche Veränderungen:

Privilegierte bauliche Veränderungen

Bestimmte Maßnahmen, die der Gesetzgeber fördern möchte, genießen ein Vorrecht. Man nennt sie privilegierte bauliche Veränderungen, darunter versteht man

  • Ladestationen (für E-Autos)
  • Einbruchschutz
  • Telekommunikationsanschluss mit hoher Kapazität (d.h. Glasfaser)
  • Maßnahmen zur Barrierefreiheit
  • Stecker-Solaranlagen

Auch wenn die Eigentümergemeinschaft so eine Maßnahme nicht mit Mehrheit beschließt und umsetzt, kann jeder Eigentümer von nun an verlangen, dass die WEG ihm gestattet, auf eigene Kosten eine „privilegierte bauliche Veränderung“ durchzuführen.

WEG-Verwalter

Bisher existierte ein gesetzlicher Katalog, welches die Aufgaben des WEG-Verwalters sind. Jetzt nicht mehr. Der Verwalter kann die WEG im Außenverhältnis nun uneingeschränkt vertreten, z.B. einen Handwerker mit der Reparatur der Heizung beauftragen. Anders verhält es sich im Innenverhältnis: Die WEG kann und sollte beschließen, was der Verwalter alleine entscheiden darf, also wofür er gegenüber den Eigentümern geradestehen muss.

Folgende Dinge, die der Verwalter entscheiden darf, können laut Gesetz nicht eingeschränkt werden:

  • Maßnahmen „zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils“,
  • Gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen sowie
  • Maßnahmen von „untergeordneter Bedeutung“, die „nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen“.

Endlich, der Sachkundenachweis!

Ab 2022 können (!) Eigentümer verlangen, dass der WEG-Verwalter bei seiner Bestellung einen Sachkundenachweis vorlegt. Wenn die WEG einverstanden ist, kann sich ein Verwalter natürlich trotzdem auch ohne Sachkundenachweis mit einfachem Mehrheitsbeschluss wählen lassen. Der Beschluss ist aber anfechtbar.

Jederzeitige Abberufung des Verwalters

Der Verwalter kann jederzeit abberufen werden (und er kann sein Amt – außer zur Unzeit – jederzeit niederlegen, siehe Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31.08 2015, 2-13 s 87/19). Der Verwaltervertrag ist bekanntlich vom Verwalteramt, also der Bestellung des Verwalters, zu trennen. Der Anspruch auf Vergütung endet spätestens sechs Monate nach der unberechtigten fristlosen Abberufung/Niederlegung.

Dreidimensionale Sondernutzungsrechte

Jetzt können auch Freiflächen zu Sondereigentum erklärt werden, z.B. der Garten der EG-Wohnung. Bisher war für Ihre Gartenfläche nur die Eintragung eines Sondernutzungsrechtes erlaubt. Das bedeutete, dass der Garten nach wie vor Gemeinschaftseigentum ist, Sie aber das alleinige Nutzungsrecht besitzen. Sie durften früher ohne Genehmigung der WEG nichts Wesentliches an Ihrem Garten verändern. Auch die Kostentragung für die Gartenpflege lag vom Grundsatz her bei der WEG, weil der Garten ja das Eigentum aller war.

Von nun an ist es auch zulässig, dass der Garten zu Sondereigentum erklärt wird. Bestehende Teilungserklärungen werden hierdurch aber nicht verändert. Die Zuordnung zu Sondereigentum oder zu einem Sondernutzungsrecht hat vor allem Auswirkungen auf Kostentragung und Umgestaltungsmöglichkeiten, nicht auf das laufende Nutzungsrecht.

Änderung der Kostenverteilung

In manchen Fällen kann es fair sein, die Umlageschlüssel zu ändern, also Zähler und Nenner, nach denen eine Kostenart verteilt wird. Vielleicht möchten Sie die Kosten der Treppenhausreinigung lieber nach der Wohnungszahl anstatt nach MEA verteilen? Bisher waren die Möglichkeiten eingeschränkt. Nur bei

  • (auf den Mieter umlagefähigen) Betriebskosten und
  • Kostenvon einmaligen Baumaßnahmen

konnten Sie mehrheitlich die Verteilung der Kosten ändern. Diese Beschränkung existiert nicht mehr. Die WEG kann jetzt mit einfachem Mehrheitsbeschluss die Kostenverteilung für alle Kostenarten ändern. Das gilt auch für Baumaßnahmen, die noch gar nicht geplant sind, z.B. die Kosten für den Einbau von neuen Fenstern. Trotzdem muss die Änderung „verteilungsgerecht“ sein, also niemanden willkürlich benachteiligen.

WEG-Reform 2020: Unbeschränkbare Vertretungsmacht des WEG-Verwalters?

Besitzt ein WEG-Verwalter jetzt die gleiche umfassende Vertretungsmacht wie der Geschäftsführer einer GmbH? In § 9b WoEigG finden Sie seit 2020 folgende Vorschrift:

„Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird durch den Verwalter gerichtlich und außergerichtlich vertreten […]. Eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht ist Dritten gegenüber unwirksam.“

Der Verwalter kann die WEG also nach außen hin uneingeschränkt vertreten. Wenn Sie Einschränkungen beschließen, sind diese Dritten gegenüber unwirksam. Das gilt aber nur im Außenverhältnis, also zwischen WEG und Handwerkern, Dienstleistern, Banken und Versicherungen und so weiter. Es ist keineswegs so, dass der Verwalter jetzt einfach alles machen darf, und einfach alles über Ihre Köpfe hinweg entscheiden darf. Nein, aber es gibt zwei neue, wichtige Vokabeln: Sie müssen zwischen „Innenverhältnis“ und „Außenverhältnis“ unterscheiden.

„Innenverhältnis“ bedeutet, was der Verwalter Ihnen, den Eigentümern, gegenüber rechtfertigen muss – und dafür auch geradestehen muss. Und das ist eine ganze Menge. Darauf kommen wir gleich noch einmal zurück, aber zuerst zum Grund, warum diese Vorschrift nötig geworden ist:

„Außenverhältnis“ bedeutet „gegenüber Dritten“, also gegenüber Personen, die nicht im Grundbuch stehen. Dritten gegenüber darf der Verwalter Aufträge erteilen und Vertragsverhältnisse eingehen und beenden. Das schafft für Vertragspartner Rechtssicherheit, was dringend nötig war. Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es ein sehr unschönes Gerichtsurteil. Der Verwalter darf Verträge, z.B. Hausmeister oder Versicherungen, nur dann kündigen, wenn wirklich jeder Eigentümer einverstanden ist. In welcher Instanz das war, weiß ich leider nicht mehr, aber es war schlicht realitätsfern. Auch wenn es in Ihrer Eigentümergemeinschaft vielleicht immer einen Konsens gibt – das ist nicht immer so. Es gibt auch WEGs, in denen es einen konsequenten Nein-Sager gibt. Oder Leute, die noch nie zur Eigentümerversammlung erschienen sind. Ich habe dieses Gerichtsurteil nicht weiter verfolgt, vermutlich wurde es später wieder kassiert. Wenn Ihr Hausmeister aber seinen Job vernachlässigt, muss der Verwalter in der Lage sein, ihn auszutauschen, auch wenn nicht jeder einzelne Eigentümer zustimmt. Mit der neuen Regelung gibt es nun Rechtssicherheit, dass externe Vertragspartner sich darauf verlassen können und müssen, dass Aufträge und Kündigungen des Verwalters immer wirksam sind. Wenn der Verwalter nun also den Austausch der Heizungsanlage beauftragt, muss der Handwerker sich nicht mehr den Beschluss zeigen lassen oder sonstige Nachweise erfordern. Dies bedeutet für ihn eine bessere Rechtssicherheit, auch was die Rechnungsstellung angeht. Insgesamt kommt es zu weniger Verzögerungen.

Nun zurück zum „Innenverhältnis“. Davon spricht man, wenn es um die Haftung des Verwalters gegenüber der WEG geht. Der Verwalter darf nämlich bei weitem nicht alles. Ihnen als Eigentümer gegenüber muss er für sein Handeln geradestehen. Die Grundsätze stehen ja schon im § 27 WoEigG, also bei den Aufgaben und Befugnissen des Verwalters: Er darf auf jeden Fall über Dinge entscheiden, die von untergeordneter Bedeutung sind. Das gilt bei allen Notfällen, Maßnahmen „zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils“ – und für die gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen. Zusätzlich kann die WEG beschließen, was der Verwalter sonst noch so alles alleine entscheiden darf, ohne jeweils einen Beschluss zu benötigen.

Aber für Entscheidungen, die weder von § 27 WoEigG, noch von einem Beschluss gedeckt sind, muss der Verwalter Sie auf einer Eigentümerversammlung um Erlaubnis bitten. Er darf zwar auch diese Dinge nach außen hin uneingeschränkt beauftragen, trägt aber das volle persönliche Risiko, dass Sie ihm die Genehmigung nicht erteilen. Daran ändert es auch nichts, wenn er vorher mit dem Beirat gesprochen haben sollte. Bei der Vertretungsbefugnis nach außen hin geht es darum, dass Vertragspartner, Handwerker, Banken etc. sich darauf verlassen können, dass der Verwalter auf jeden Fall der Vertretungsberechtigte der WEG ist, und dass er das nicht erst mit Vollmachten und Beschlüssen nachweisen muss.

WEG-Reform 2020: (Bauliche) Veränderungen am Gebäude

„Bauliche Veränderung“ – so nennt man grundlegende Umgestaltungen des Erscheinungsbildes, der Funktionalität oder des Wesens der Anlage. Nicht gemeint sind damit Instandhaltung und Instandsetzung, Reparaturen und Modernisierungsmaßnahmen.

Bauliche Veränderungen sind erkennbare, große Änderungen an der Anlage, wie z.B. der nachträgliche Einbau einer Klimaanlage oder einer Markise. Hingegen ist ein Anstrich der Fassade keine bauliche Veränderung, sondern Instandhaltung, also eine Erhaltungsmaßnahme – denn am Erscheinungsbild des Gebäudes wird nicht viel verändert, sondern erhalten.

Bei den neuen gesetzlichen Änderungen zu baulichen Veränderungen unterscheidet man zwischen „normalen“ und „privilegierten“ baulichen Veränderungen. Was hat sich 2020 geändert?

„Normale“ bauliche Veränderungen

Wenn Sie z.B. an Ihrem Balkon eine Markise anbringen möchten, müssen Sie unverändert die Eigentümergemeinschaft fragen, denn das äußere Erscheinungsbild wird in seinem Wesen verändert, daher nennt man es bauliche Veränderung.

Die erforderliche Stimmenmehrheit hat sich geändert. Nun brauchen Sie nur noch die einfache Mehrheit. Früher war es ein Problem, wenn auch nur ein Eigentümer Ihnen nicht gut gesonnen war. Denn bei einer einzigen „nein“-Stimme scheiterte die Genehmigung für die Markise. Leider waren viele WEGs dadurch kaum manövrierfähig, denn viele sinnvolle Maßnahmen konnten am Unwillen eines Einzelnen scheitern. Zum Beispiel das Anbringen eines Vordachs über der Haustür, um nicht im Regen stehen zu müssen. Nun genügt für eine Entscheidung ein einfacher Mehrheitsbeschluss. Bei 51% Zustimmung können Sie Ihre Markise direkt beauftragen.

Etwas kniffelig wird es bei der Kostenverteilung. Wenn früher ein Beschluss zustande kam, wurden die Kosten der Maßnahme grundsätzlich nach Miteigentumsanteilen auf die Eigentümer aufgeteilt. Seit 2020 scheint der Gesetzgeber von einer knappen Mehrheit auszugehen, denn grundsätzlich müssen sich nur die Eigentümer, die mit „ja“ gestimmt haben, an den Kosten von baulichen Veränderungen beteiligen, aber es gibt eine Ausnahme: Wenn mehr als zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile mit „ja“ stimmen, dann werden eben doch alle Wohnungseigentümer an den Kosten beteiligt – diese werden wie früher nach ihren Miteigentumsanteilen auf alle verteilt, wie die folgende Grafik zeigt.

Der Gesetzgeber schiebt grundlegenden Umgestaltungen zudem einen Riegel vor. Die Mehrheit der Eigentümer kann nicht fordern, dass ein Aussichtsturm aufs Dach oder ein Personenaufzug in den Hof gebaut wird. Grundlegende Umgestaltungen können nicht mit Mehrheit beschlossen werden, hierzu braucht man immer noch das Einverständnis aller – in Form eines Vertrages, der sog. Vereinbarung.

Privilegierte bauliche Veränderungen

Bestimmte Maßnahmen, die der Gesetzgeber fördern möchte, genießen ein Vorrecht, also ein Privileg. Man nennt sie daher privilegierte bauliche Veränderungen. Darunter versteht man:

  • Ladestationen für elektrische Fahrzeuge
  • Einbruchschutz
  • Telekommunikationsanschluss mit hoher Kapazität (Glasfaser)
  • Maßnahmen zur Barrierefreiheit
  • Stecker-Solaranlagen

Auch wenn die Eigentümergemeinschaft so eine Maßnahme nicht mit Mehrheit beschließt und umsetzt, kann jeder Eigentümer von nun an verlangen, dass die WEG ihm gestattet, auf eigene Kosten eine „privilegierte bauliche Veränderung“ durchzuführen. Die Kosten trägt dann nur der Eigentümer, dem es gestattet wurde. Aber zu einem späteren Zeitpunkt können weitere Eigentümer verlangen, dass sie die geschaffene Infrastruktur mitbenutzen dürfen, wenn sie sich nachträglich an den Kosten beteiligen. Bei einer Gestattung werden aus finanzieller Sicht Untergemeinschaften gebildet.

Am Beispiel Elektromobilität:

Eigentümer 1 erhält von der WEG die Erlaubnis, auf eigene Kosten eine Ladestation für sein E-Auto einbauen zu lassen. Natürlich muss ein Lastmanagementsystem eingebaut werden, um die Anschlusskapazität des Gebäudes nicht zu überlasten. Eigentümer 1 zahlt die Kosten von 20.000 EUR für das Lastmanagementsystem zunächst allein.

Ein Jahr später bekommt Eigentümer 2 einen neuen Dienstwagen und benötigt ebenfalls eine Ladestation, weil Elektroautos so eine geringe Reichweite haben. Er darf nun von Eigentümer 1 verlangen, die Infrastruktur mitzubenutzen, muss sich aber nachträglich an den Kosten beteiligen. Eigentümer 2 zahlt 10.000 EUR (also die Hälfte) indirekt an Eigentümer 1. Die Abwicklung läuft immer über Beschlüsse der WEG, in denen sie verbindlich und für alle nachvollziehbar festgehalten wird.

Zwei Jahre später möchte auch Eigentümer 3 eine Ladestation. Er darf von Eigentümer 1 und Eigentümer 2 verlangen, die Infrastruktur ebenfalls mitzubenutzen. Auch er muss sich dann am System beteiligen, und zwar mit einem Drittel, also 6.666 EUR. Eigentümer 3 zahlt davon jeweils die Hälfte, also 3.333 EUR an Eigentümer 1 sowie 3.333 EUR an Eigentümer 2.

WEG-Reform 2020: Änderungen im Beirat

Der Verwaltungsbeirat – das ist eine Gruppe von Eigentümern, deren „Job“ es ist, den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen und zu überwachen. Außerdem soll er die Jahresabrechnung prüfen und mit seiner Stellungnahme versehen.

Mit der WEG-Reform gab es Änderungen in der Anzahl der Beiratsmitglieder: Früher bestand er zwangsläufig aus drei Eigentümern, selbst bei einer WEG mit vier Wohnungen. Nun kann er aus beliebig vielen (oder wenigen) Eigentümern gebildet werden. Natürlich muss eine Eigentümergemeinschaft nicht zwangsläufig einen Beirat wählen – genau wie früher – denn er ist das fakultative Organ der WEG. Es ist auch möglich, einen Beirat mit null Mitgliedern zu haben.

Die Aufgaben des Beirats wurden ergänzt: Nach wie vor heißt es, dass der Beirat den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben unterstützt. Er hat bestimmte „Soll-Aufgaben“, d.h. dass er diese auch ablehnen kann, weil er ja ehrenamtlich tätig ist. Der Beirat soll Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung durchsehen, prüfen und vor der Beschlussfassung auf der Eigentümerversammlung mit seiner Stellungnahme versehen.

Neu ist die in § 9b WoEigG versteckte Regelung, dass der Beirat die WEG gegenüber dem Verwalter vertritt. Da hat sich der Gesetzgeber ziemlich missverständlich ausgedrückt. Leider gibt es immer wieder „Beirats-Präsidenten“, die der Meinung sind, dass sie (ohne Beschlussfassung) alles über die Köpfe ihrer Miteigentümer hinweg selbst entscheiden dürfen und das nun als „vertreten“ interpretieren. Aber „vertreten“ bedeutet nicht, ungefragt Anweisungen in fremdem Namen zu erteilen. Der Beirat darf keine weitreichenden Entscheidungen treffen oder dem Verwalter Anweisungen geben, denn sonst macht er sich gegenüber den Miteigentümern haftbar. Die Beirats-Haftpflichtversicherung deckt Vorsatz nicht ab. Weitreichende Entscheidungen treffen darf ja nicht einmal der Verwalter selbst. Das Entscheidungsorgan einer WEG ist die Eigentümerversammlung.

Mit „vertreten“ ist gemeint, dass der Beirat gegenüber dem Verwalter als Repräsentant der WEG auftritt, damit nicht alle Eigentümer das einzeln tun müssen. Zum Beispiel bei Unterzeichnung des Verwaltervertrags mit einem neuen WEG-Verwalter oder bei Unterschrift des Protokolls der Eigentümerversammlung. Manchmal fungiert der Beirat auch als gerichtlicher Zustellungsempfänger. Vertreten steht aber vor allem für die Funktion des Sprachrohrs zwischen WEG und Verwalter. Die Informations- und Kommunikationsfunktion steht immer noch im Mittelpunkt der Tätigkeit des Beirats. Kaum zu glauben, aber nicht alle Verwalter kommunizieren per Mail, sondern oftmals noch per Brief und Telefon. Eine Telefonkette mit 20 Eigentümern kann aber richtig ausarten. Wenn der Verwalter der WEG etwas mitteilen möchte (und keine Mail schreiben will), kann er an den Beirat herantreten und (anstatt der WEG) mit dem Beirat kommunizieren. Der muss die Informationen dann weitergeben.

WEG-Reform 2020: Umlaufbeschluss und (Online-) Eigentümerversammlung

Bessere Formalitäten der Eigentümerversammlung

Endlich! Seit dem 01.12.2020 haben wir ein neues WoEigG. Ich halte die WEG-Novelle für gut gelungen und sehe viele Vorteile. Hier gebe ich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) einen Überblick über die neuen Regeln:

Die Eigentümerversammlung ist jetzt immer beschlussfähig, egal wie viele oder wenige Eigentümer erscheinen. Auch wenn weniger als 50% der Miteigentumsanteile zur Versammlung erscheinen, ist sie beschlussfähig. (Mit „erscheinen“ meine ich hier: Persönlich oder per Vollmacht oder per Online-Teilnahme.) Die sogenannte „Zweitversammlung“ mit gleicher Tagesordnung zur Erzwingung der Beschlussfähigkeit ist somit Geschichte.

Umso wichtiger ist es, dass die Einladung frühzeitig bei den Eigentümern ankommt. Es ist von jetzt an möglich, die Einladung nur in Textform zu versenden, d.h. per E-Mail anstatt per Brief. Ein guter Verwalter macht beides, denn man sollte berücksichtigen, dass eine Mail leicht im Spam-Ordner landen kann. Dann geht die Einladung zur EV ungesehen verloren. Ein Brief im Briefkasten kann nur schwer übersehen werden.

Die Einladungsfrist wurde von zwei auf drei Wochen verlängert. (Möglicherweise sieht Ihre Teilungserklärung auch eine längere Frist vor.) Die Änderung hätte man sich eigentlich auch schenken können… Die drei Wochen sind eine Soll-Frist. Man kann sie abkürzen, wenn das wegen Dringlichkeit geboten ist.

Unverändert kann man nicht unter „TOP Sonstiges“ irgendetwas „beschließen“, was den Anwesenden gerade einfällt. Alle Tagesordnungspunkte, über die abgestimmt werden soll, müssen in der Einladung stehen, also drei Wochen vorher in den Briefkästen der Eigentümer liegen. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist also weiterhin gewährleistet, dass sich jeder Eigentümer ausführlich mit den Tagesordnungspunkten auseinandersetzen kann. Es ist sehr wichtig, dass niemand auf der Versammlung überrumpelt werden kann. Natürlich kann man bei besonders eilbedürftigen Vorgängen die Einladungsfrist abkürzen, also auch hier keine Veränderung.

Vereinfachter Umlaufbeschluss

Was ist überhaupt ein Umlaufbeschluss? Laut WoEigG werden alle Entscheidungen immer von den Eigentümern per Beschluss getroffen, das bedeutet: Auf einer Eigentümerversammlung wird abgestimmt. Bei mindestens 50,01%iger Zustimmung kommt ein Beschluss zustande, die Entscheidung der Eigentümer ist gefallen.

Wenn es schnell gehen soll, kann man einen Beschluss abkürzen. Dann machte man bisher einen „Unterschriftenzettel“, genannt „Umlaufbeschluss“. Der kommt (ohne EV) zustande, wenn 100% (!) der Eigentümer dem Vorschlag des Verwalters zustimmen.

Neu: Seit der WEG-Reform entfällt die Schriftform (Unterschrift aus Tinte). Die Zustimmung können die Eigentümer in Textform erteilen (also per Mail, Fax, Whatsapp, natürlich auch per Brief). So kann man Formen und Fristen verkürzen und sinnvolle Entscheidungen „entkomplizieren“.

Ich persönlich werde keine Beschlussfassung per Whatsapp mitmachen, weil ich nur Emails dauerhaft speichern kann. Bei Whatsapp geht das nicht besonders gut.

Online-Eigentümerversammlung

Ab sofort ist es zulässig, Eigentümer online zu einer ortsgebundenen Versammlung zuzuschalten. Das bedeutet, dass auch eine reine Online-Versammlung zulässig ist, denn: Ein Sonderfall der Online-Zuschaltung zu einer ortsgebundenen Versammlung ist die Online-Zuschaltung aller Eigentümer zu einem Ort, an dem der Verwalter ganz alleine sitzt.

Damit es keine Missverständnisse gibt: Ja, es muss den Eigentümern zumindest möglich sein, persönlich vorbeizukommen. Denken Sie z.B. an ältere Leute, die weder Computer noch Mobiltelefon besitzen und sich deswegen nicht online zuschalten könnten. Andererseits haben 2020 auch sehr betagte Eigentümer ganz einfach an meinen Online-Versammlungen teilgenommen.

Corona hat diese Art der Eigentümerversammlung schon im März ins Rampenlicht gerückt. Zwar war das Gesetz noch nicht gültig, ich habe es aber trotzdem manchmal riskiert – für Beschlüsse ohne große Tragweite. So konnten die Eigentümer bspw. die Jahresabrechnung beschließen, als in der ersten Corona-Welle niemand wusste, ob man sich treffen darf oder nicht. (Siehe Beitrag: „Online-Eigentümerversammlungen in Zeiten von Corona“.)

Voraussetzungen: Eine Online-Plattform mit Passwortschutz oder ähnlicher Zugangsberechtigung (z.B. Cisco Webex). Ein gewisser Mindest-Sicherheitsstandard ist wichtig, um zu gewährleisten, dass nur Leute teilnehmen, die eingeladen wurden. Die Technik ist völlig unproblematisch (z.B. Cisco Webex oder Zoom), weil sie so einfach zu bedienen ist wie WhatsApp. (Siehe Beitrag: „Online-Eigentümerversammlungen in Zeiten von Corona“.)

Unverändert gilt das Gebot der Nichtöffentlichkeit (sowohl Online als auch bei einer „normalen“ EV). Es dürfen grundsätzlich nur Leute teilnehmen, die als Eigentümer im Grundbuch stehen.

Jedenfalls darf kein Fremder im Videochat danebensitzen (geschweige denn dauernd reinreden). Aber der abstrakte Gedanke, dass theoretisch jemand hinter der Kamera sitzen und mithören könnte, macht die Online-EV trotzdem nicht automatisch angreifbar. Und: Spielende Kinder im Hintergrund sind meiner Meinung nach unproblematisch.

Vorteile der Online-EV:

  • Fernab wohnende Wohnungseigentümer müssen nicht anreisen (z.B. von München nach Düsseldorf).
  • Es gibt keinen Stress im Berufsverkehr oder wegen der Parkplatzsuche.
  • Außerdem entfällt die Gebühr für den Versammlungsort.

Rechtssicherheit: Streng genommen muss die Eigentümergemeinschaft erst (auf einer normalen EV) beschließen, dass sie mit einer Online-EV einverstanden ist. Andernfalls wäre eine Anfechtung der Beschlüsse möglich. Bei homogenen und freundlichen WEGs dürfte das aber kein Problem darstellen. Der Verwalter muss wie so oft Fingerspitzengefühl haben. Eigentümergemeinschaften, die sich gerne streiten oder schon mal Beschlüsse angefochten haben, bekommen im Zweifel keine Online-EV und müssen dann eben länger warten. Ich werde für kritische Beschlüsse oder für Entscheidungen von großer Tragweite immer lieber ortsgebundene Eigentümerversammlungen veranstalten, falls das möglich ist.

Die Beschlusssammlung bleibt!

In der Beschlusssammlung findet man alle Beschlüsse aus der Vergangenheit einer WEG. Auch nach neuem Recht muss der Verwalter weiterhin die Beschlusssammlung führen.

Richtig so! Sie ist ein wichtiges Informationsinstrument, vor allem für den Käufer einer Wohnung. (Siehe auch Artikel Vorselektion von Eigentumswohnungen, Teil 2: Die Protokolle vergangener Eigentümerversammlungen.) So weiß jeder Interessent schon vor dem Kauf, ob in der WEG ein Hundehaltungs- oder ein Musizierverbot beschlossen wurde, an das er sich halten muss.

Der Aufwand für den Verwalter ist vertretbar. Nach jeder Eigentümerversammlung übernimmt er die Textelemente aus dem Protokoll mit Copy & Paste in die Beschlusssammlung. Beides sind in der Regel einfache Worddateien.

WEG-Reform 2020: Wenn die Eigentümer die Kostenverteilung nachträglich ändern möchten

Das neue WoEigG erlaubt, dass Sie per Mehrheitsbeschluss die Umlageschlüssel „für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten“ ändern dürfen (Erläuterung s.u.). Die Änderung darf aber nicht willkürlich sein, sonst ist der Beschluss angreifbar.

In manchen Fällen kann es fair sein, die Umlageschlüssel zu ändern, also Zähler und Nenner, nach denen eine Kostenart verteilt wird. Vielleicht möchten Sie die Kosten der Treppenhausreinigung lieber nach der Wohnungszahl verteilen anstatt nach MEA? Bisher waren die Möglichkeiten eingeschränkt. Nur bei

  • (auf den Mieter umlagefähigen) Betriebskosten und
  • Kostenvon einmaligen Baumaßnahmen

konnten Sie mehrheitlich die Verteilung der Kosten ändern. Diese Beschränkung existiert nicht mehr. Die WEG kann jetzt mit einfachem Mehrheitsbeschluss die Kostenverteilung für alle Kostenarten ändern. Das gilt auch für Baumaßnahmen, die noch gar nicht geplant sind, z.B. die Kosten für den Einbau von neuen Fenstern. Trotzdem muss die Änderung „verteilungsgerecht“ sein, also niemanden willkürlich benachteiligen.

Der Standard

Wenn die Teilungserklärung es nicht regelt und auch kein Beschluss existiert, werden Kosten einer WEG grundsätzlich nach Miteigentumsanteil umgelegt. Manchmal sind andere Umlageschlüssel aber passender, z.B. die Umlage der Kosten der Treppenhausreinigung nach der Anzahl der (Wohn­-) Einheiten, damit jeder den gleichen Betrag bezahlt. Für Allgemeinstrom oder Müll ist die Personenzahl vielleicht ein geeigneter Maßstab. Seit 2020 dürfen Sie die Umlageschlüssel mit einfacher Mehrheit dauerhaft für die Zukunft ändern. Allerdings müssen die Kosten konkret benannt werden (z.B. Aufzug, Winterdienst, Hausmeister…). Sie dürfen nicht einfach den gesetzlichen Standard MEA durch Quadratmeter oder Personenzahl ersetzen. Natürlich können Sie auch direkt eine ganze Reihe von Kosten neu „besetzen“.

Bestimmte Bauteile

Neu ist, dass man jetzt auch mit einfacher Mehrheit die Kosten bestimmter Bauteile regeln kann. Sie können jetzt z.B. beschließen, dass jeder Eigentümer die Kosten von Reparaturen „seiner“ Fenster selbst trägt. Sofern keine konkrete Maßnahme absehbar war, ging das früher nicht – man hätte bisher die Teilungserklärung ändern müssen.

Die Änderung gilt übrigens nur für die Kostentragung, nicht für die Eigentumsverhältnisse. Fenster und Wohnungstüren sind nach wie vor Gemeinschaftseigentum, weshalb Sie die WEG trotzdem um Genehmigung bitten müssen, wenn Sie sie austauschen lassen möchten. Der Gesetzgeber möchte das einheitliche Erscheinungsbild wahren.

Keine Willkür

Die neuen Umlageschlüssel dürfen niemanden willkürlich benachteiligen, es muss die sog. Verteilungsgerechtigkeit gewahrt bleiben. Es geht hierbei um Willkür. Jede Änderung der Umlage verschiebt nämlich die Kostenlast zwischen den Eigentümern, das akzeptiert der Gesetzgeber mit der neuen Regelung. Ihnen wird ein Ermessensspielraum eingeräumt, sonst könnte ja immer jemand die Änderung verhindern, weil er sonst mehr zahlt als früher. Willkür bedeutet z.B.: „Wohnung 14 zahlt die gesamten Versicherungsprämien alleine“. Das wäre unzulässig.

Den Gebrauchsmöglichkeiten entsprechend

Daher sollte erkennbar sein, dass Sie sich über die Gebrauchsmöglichkeiten Gedanken gemacht haben. Ein paar Vorschläge:

KostenartVorschläge zur Kostenverteilung
Wartungskosten von RauchwarnmeldernAnzahl der Rauchwarnmelder je Wohnung
FensterwartungAnzahl der Fensterflügel
AufzugskostenMiteigentumsanteile oder „Aufzugspunkte“. Es gab ein Urteil vom Landgericht Nürnberg-Fürth. Aufzugspunkte entsprächen der verhältnismäßigen Beteiligung am Gebrauch (Urteil vom 25. 3. 2009 – 14 S 7627/08). Wer höher wohnt, zahlt mehr. Man differenzierte nach Stockwerken:

EG: 1,3 Punkte            
1. OG: 1,4 Punkte        
2. OG: 1,5 Punkte        
usw.
Balkonsanierung; EG und DG besitzen keine BalkoneSonderumlage, verteilt nach MEA der übrigen Wohnungen. EG- und DG-Wohnungen werden ausgenommen.
TiefgaragensanierungAnzahl (oder MEA) der Stellplätze

Kombi-Umlageschlüssel

Wenn man sich nicht einigen kann, sind kombinierte Umlageschlüssel oft ein guter Kompromiss. Sie können z.B. Treppenhausreinigung oder Allgemeinstrom zu 50% nach MEA und zu 50% nach Personenzahl verteilen.

Standard ist und bleibt der MEA Sie sollten aber nicht übertreiben, denn der Gesetzgeber hat sich schon etwas dabei gedacht, Ihren Miteigentumsanteil zum Standard-Umlageschlüssel der WEG zu erklären. Beim Fassadenanstrich sollten Sie nicht unnötig diskutieren, wer mehr „Gebrauch“ von der Fassade macht – genauso beim Dach. Trotzdem öffnet die neue Gesetzeslage viele neue Perspektiven, die man nutzen sollte, wenn es angebracht ist.

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WEG-Reform 2020: Dreidimensionale Sondernutzungsrechte?

Jetzt können auch Freiflächen zu Sondereigentum erklärt werden, z.B. der Garten der EG-Wohnung. Bisher war für Ihre Gartenfläche nur die Eintragung eines Sondernutzungsrechtes erlaubt. Das bedeutete, dass der Garten nach wie vor Gemeinschaftseigentum ist, Sie aber das alleinige Nutzungsrecht besitzen. Da Sie nur Inhaber des (Be-) Nutzungsrechts waren, durften Sie bisher nichts Wesentliches an Ihrem Garten verändern, ohne die Genehmigung der WEG einzuholen. Auch die Kostentragung für die Gartenpflege lag vom Grundsatz her bei der WEG, weil der Garten ja zwangsläufig das Eigentum aller war.

Von nun an ist es auch zulässig, dass der Garten zu Sondereigentum erklärt wird. Das war mangels (dreidimensionaler) Abgeschlossenheit der Gartenflächen bisher nicht möglich. Die Wiese hat halt weder Wände, Decke noch Wohnungstür. Die Vorstellung des Gesetzgebers hat sich geändert.

Das laufende Nutzungsrecht ist in beiden Fällen gleich. Sie durften „Ihren“ Garten also alleine benutzen, die anderen Eigentümer nicht. Daran ändert sich auch bei Zuordnung zum Sondereigentum nichts. Die Unterscheidung hat vor allem Auswirkungen auf Kostentragung und Umgestaltungsmöglichkeiten: Im Fall von Sondereigentum gehört Ihnen die Gartenfläche, damit liegen Kostentragung und Umgestaltungsentscheidungen bei Ihnen allein. Beim Sondernutzungsrecht bleibt die Gartenfläche Gemeinschaftseigentum, belegt mit einem Recht, dass nur Sie allein es nutzen dürfen – weshalb alle Eigentümer die Pflegekosten grundsätzlich mittragen müssen und bei Umgestaltungen ein Mitspracherecht haben. Meistens stehen in der Teilungserklärung aber bestimmte Regeln hierzu, z.B. die Übernahme der Gartenpflegekosten durch den berechtigten Eigentümer.

Ein wichtiger Hinweis: Bestehende Teilungserklärungen werden durch die neue Rechtslage nicht verändert! Das neue WoEigG schafft lediglich zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten für zukünftige Teilungserklärungen.

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