Die Rücklage ist ein Buchungsposten und hat NICHTS mit dem Sparkonto zu tun!

Es gibt ein paar Irrtümer, die sich hartnäckig in den Köpfen vieler Wohnungseigentümer festgesetzt haben. Dazu gehört z.B. der „Vorratsbeschluss“ und die „Weisungsbefugnis“ des Beirats gegenüber dem Verwalter. Mindestens genauso hartnäckig hält sich das Gerücht, dass die Rücklage der Höhe des Sparkontos entspricht. Das glauben sogar viele WEG-Verwalter.

Die Rechtsprechung hat aber schon lange klargestellt, dass die Rücklage nicht durch Überweisung ans Sparbuch entsteht, sondern durch Buchungsvorgang im Computer der Hausverwaltung. Natürlich muss der Betrag der Rücklage durch die Guthaben auf Sparbuch und Girokonto der WEG gedeckt sein, sonst geht die Rechnung nicht auf.

Aber stellen Sie sich mal vor: Am 01. Januar dürfte sich ja normalerweise kein Geld auf dem Girokonto der WEG befinden, abgesehen von den (noch zu berechnenden) Guthaben und Nachzahlungen der Eigentümer aus dem Vorjahr. Das Girokonto wäre quasi immer bei null. Und wenn die Stadtwerke dann am 02. Januar den Abschlag für Gas und Wasser abbuchen? Eben. Dann platzt die Lastschrift. Schon allein deswegen befindet sich immer etwas Geld auf dem Girokonto, weil der Verwalter nicht ins Minus geraten darf. Bitte verstehen Sie das nicht falsch, denn die (buchungstechnische) Rücklage darf nicht dazu genutzt werden, um ständig irgendwas vorzufinanzieren. Aber genau wie die Vorauszahlungen an die Stadtwerke verteilt sich auch die Zuführung zur Rücklage rechnerisch über das ganze Jahr.

Die Zuführung zur Rücklage ist ein Buchungsposten – und geschieht durch einen Mausklick am Jahresende.

Es kann sogar sein, dass die WEG nur ein einziges (Giro-) Konto führt, ganz ohne Sparkonto. Oder wie wäre das: Die WEG wählt einen neuen Verwalter, und der kündigt die alte Kontoverbindung und geht zu einer anderen Bank, wo er ein neues Giro- und Sparkonto eröffnet. Muss der Verwalter jetzt eine (temporäre) Auflösung der Rücklage buchen? Das ist natürlich Unsinn.

Merke: Nicht das Vorhandensein irgendeines Sparbuchs entscheidet über die Höhe der Rücklage, sondern nur der buchungstechnische Vorgang.

Siehe auch: BGH, Urteil vom 25.09.2020 – V ZR 80/19.

Grundrechte von Wohnungseigentümern in der Coronapandemie

Wenn man sowas liest, dreht sich einem der Magen um. Amtsgericht Lemgo, Urteil vom 24.08.2020 – 16 C 10/20. Worum streiten die sich? Der WEG-Verwalter hat alle Wohnungseigentümer von der Eigentümerversammlung ausgeladen – und die Versammlung trotzdem durchgeführt. Moment, Eigentümerversammlung ohne Eigentümer? Richtig gelesen.

Das Gericht hat diesen hirnverbrannten Unsinn zum Glück sofort kassiert. Alle gefassten Beschlüsse sind nichtig.

Zur Sachlage: Jeder Eigentümer hat bestimmte Grundrechte, die man ihm nicht nehmen kann. Dazu gehören Teilnahme-, Rede- und Stimmrecht auf der Eigentümerversammlung.

Andererseits muss ein Beschluss, damit er gültig ist, in der Einladung stehen. Man kann sich also nicht spontan irgendwas ausdenken, was man dann kurzerhand „beschließt“. Gut so. Verbraucherschutz davor, überrumpelt zu werden. Trotzdem erfolgt auf jeder Eigentümerversammlung immer ein Gedankenaustausch, der so nicht in der Einladung stand. Diese kollektive Willensbildung ist sehr wichtig. Und in der aktuellen Coronazeit ist das nicht unbedingt einfacher, vor allem bei großen Wohnungseigentümergemeinschaften. Wenn Sie sich überhaupt treffen, müssen Sie die Abstands- und Hygienemaßnahmen einhalten, sonst gibt’s Ärger mit dem Gesundheitsamt.

Der „geschulte“ Verwalter wollte es sich jedenfalls einfach machen.

Er lud zur „Eigentümerversammlung im Vollmachtsverfahren“ in sein Büro ein. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass sein Büro jedoch wegen der Covid-Pandemie für den Publikumsverkehr geschlossen sei und eine Eigentümerversammlung mit Eigentümern (!) wegen der Kontaktsperre nicht stattfinden darf. Die Eigentümer sollten dem Verwalter lieber Vollmacht erteilen und notfalls ihre Abstimmungswünsche anzukreuzen. Und dann schließt er die Einladung ernsthaft mit „Bitte erscheinen Sie nicht persönlich.“

Der Typ sollte sich wirklich mal Gedanken über seine Berufsvorstellung machen. So unschön die aktuelle Situation auch ist. Teilnahme-, Rede- und Stimmrecht sind jedenfalls elementare Rechte jedes Wohnungseigentümers, die man nicht einfach so aushebeln kann.

Ich weiß natürlich auch, dass es nicht mehr so einfach ist wie früher. Siehe auch hier: Artikel Vorschläge zur (Online- und Offline-) Eigentümerversammlung in der Corona-Zeit

Warum erklärt der Notar Ihnen nichts?

Die Beurkundung des Kaufvertrags ist Ihre Tür zum Wohnungseigentum. Aber leistet der Notar eine angemessene Aufklärungsarbeit über diese besondere und einzigartige Eigentumsform? Eher selten. Meistens stellt er nur Geschwindigkeitsrekorde auf, wenn er den Kaufvertrag vorliest.

Beim Führerschein ist das ganz anders: Bevor Sie auf die anderen Verkehrsteilnehmer losgelassen werden, müssen Sie zur Theorie und Fahrstunden nehmen, bevor Sie zur Prüfung gehen dürfen. Wenn Sie mit dem TÜV im Auto die Leitplanke rammen oder über rot fahren, war’s das.

So eine kleine Prüfung für werdende Wohnungseigentümer wäre klasse. Aber es gibt sie leider nicht, meistens nicht einmal eine Infobroschüre. Während Sie beim Autofahren intuitiv wissen, dass Sie dem Vordermann nicht zu dicht auffahren oder in den Gegenverkehr geraten sollten, steckt im WoEigG viel Zündstoff, der für Anfänger nicht so leicht zu erkennen ist.

Es steckt viel Konfliktpotential in den Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechts. Woher soll ein „durchschnittlicher“ Wohnungseigentümer z.B. wissen, dass er Sachbeschädigung begeht, wenn er ohne WEG-Beschluss „seine“ Fenster erneuert oder einen Türspion einbohrt? Richtig gehört: Fenster und Wohnungstüren sind zwangsläufig Gemeinschaftseigentum, ebenso wie Dach und Heizung. Aber die Nebenleitungen von Strom, Heizung und Wasser gehören (ab der ersten Absperrung) Ihnen alleine, ebenso wie der Fußbodenbelag und die Innenseite des Balkons, dessen tragende und abdichtende Elemente wiederum zwangsläufig Gemeinschaftseigentum sind. Wenn Sie nicht aufmerksam Ihre Teilungserklärung gelesen haben, erklärt Ihnen das niemand.

Schlimmstenfalls führen Missverständnisse
zu langwierigen Grabenkämpfen in einer WEG.

Anwalts- und Gerichtskosten sind Wertminderungen, weil Geld aus Ihrer Tasche fließt. Das Statistische Bundesamt sagt, dass es 22.500 gerichtlich ausgetragene WEG-interne Streitigkeiten allein im Jahr 2017 gab. Natürlich sollten Sie sich wehren, wenn Ihnen Unrecht geschieht. Aber viele WEG-Prozesse dienen nur zur Befriedigung von Egos. Manche Eigentümer hinterlassen eine Spur von gerichtlichen Aktenleichen, bloß um am Ende zu sagen „Ich hatte recht“.

Oder auch nicht. Diese Leute erleiden nämlich oftmals Schiffbruch, weil sie ihr „rechtsformspezifisches Fachwissen“ aus dem Internet beziehen. Dort findet man viel Gebrabbel. Schlimmer noch: Viele Beiträge stammen aus dem Bereich des Mietrechts und werden dann einfach so interpretiert, als ginge es um Wohnungseigentum.

Kommt einer zur Eigentümerversammlung: „Ich hab da was im Internet gefunden: Der Vermieter darf …“. Moment, Vermieter? Hier verwechseln Sie WEG- und Mietrecht. Das Wort „Vermieter“ kommt im WoEigG genau einmal vor, und zwar im § 36 (2). Dort geht es um das Dauerwohnrecht, dem verkümmerten zweiten Teil des Gesetzes, das keiner anrührt.

Die Rechtsgrundlagen von Miet- und WEG-Recht sind völlig anders.

Was im Mietrecht vorgeschrieben ist, kann im WEG-Recht verboten sein und andersrum. Zwei Paar Schuhe. Es ist keine Schande, dass man schnell mit seinem Latein am Ende ist und im Internet nichts Brauchbares findet.

Sollte man sich wirklich darauf verlassen, was der Benutzer „WEG_Kenner_m_1994“ im Forum „Plauderecke/Sonstiges“ zum Besten gibt?

Anstatt irgendwas zusammenzugoogeln, kann ich nur empfehlen, einen Fachanwalt für Wohnungseigentumsrecht anzurufen. Ein guter Anwalt ist wie ein Kompass. Er hilft Ihnen bei der Orientierung und erklärt Ihnen, was Sie dürfen und was nicht. Ein guter Anwalt bricht keinen Streit vom Zaun, sondern berät Sie, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Gute Anwälte findet man z.B. in den jährlichen Bestenlisten von Focus Money, aber auch über gute Bewertungen im Internet sowie über ihre Publikationen in Fachzeitschriften.

Foto: Stephan Walochnik

Größere Baumaßnahme? Immer mit einem Architekten!

Eine WEG hat beschlossen, die Fassade anstreichen zu lassen. Das ist ein umfangreicheres Projekt, weil es keine glatte, homogene Fassade ist. Hier finden Sie viele Vorsprünge, Erker, Markisen, Ecken, Winkel, Gitter, Zierelemente und so weiter. Meine Empfehlung: Das Bauprojekt dürfen Sie nicht ohne Architekten machen. Sie fahren ja auch nicht ohne Anschnallgurt Auto.

Foto: Stephan Walochnik

Was macht der Architekt?

Erstens: Er macht die Angebote vergleichbar, indem er ein einheitliches Leistungsverzeichnis erstellt. Er erstellt ein „Blanko-Angebot“ und schickt es an die Handwerker, damit sie es mit ihren Preisen ausfüllen. Das Ergebnis nennt man Preisspiegel.

Wenn man einfach nur Angebote bei Handwerkern einholt, erkennt man schnell, dass man sie einfach nicht vergleichen kann. Sie erkennen, dass sich nicht nur der Preis unterscheidet, sondern auch die enthaltenen Positionen. Es sind Ausführungsvorschläge – und damit nicht vergleichbar.

Oft erlebt man, dass die Angebote teils um den Faktor 3 bis 5 auseinanderliegen. Schon komisch, beim Anstrich der gleichen Fassade. Da muss es Leistungsunterschiede geben … oder einer klaut den Lack 🙂

Zweitens: Der Architekt überwacht die Baustelle. Das ist sehr wichtig. Es folgen ein paar Anekdoten aus früheren Bauprojekten (von mir oder Kollegen), die leider alle wahr sind. Ohne Bauleiter sieht man schnell alt aus:

  • „Oh, diese Arbeiten haben wir nicht mit eingerechnet. Wollen Sie die Balkone denn wirklich auch von innen angestrichen haben? Das war leider nicht absehbar, sorry, das hätten Sie sagen müssen. Hier ist das erste Nachtragsangebot – 20.000 EUR.“ (Malerwerkstatt mit „goldenem Meisterbrief“)
  • „Überlegen Sie sich das Nachtragsangebot in Ruhe. Währenddessen steht das Gerüst hier rum und kostet 400 EUR pro Woche.“
  • „Leider waren weitere unabsehbare Arbeiten notwendig. Sie waren telefonisch nicht erreichbar, deswegen haben wir einfach gemacht. Unseren Preisrahmen von 20.000 EUR mussten wir daher leider minimal überschreiten. Hier die Rechnung über 24.000 EUR. Sorry, leider 20% teurer, ging nicht anders. Den Skonto gewähren wir übrigens nur, wenn Sie binnen 7 Tagen zahlen.“
  • …oder das Ordnungsamt kontrolliert, ob wir alle möglichen Vorschriften einhalten (Dixi-Toilette, …). Besonders angenehm, wenn der Nachbar gepetzt hat.
  • Die Baustelle steht, weil die neue Fassadenbeleuchtung auch ein neues „Vorschaltgerät“, Trafo o.ä. braucht. Das war leider nicht absehbar, wir brauchen einen Elektriker, und zwar schnell. Bis dahin steht die Baustelle. Nix zu machen.
  • Huch, die Rücklage reicht nicht aus, weil der Handwerker sich „verkalkuliert“ hat (, um als Billigster den Zuschlag zu bekommen?!). Der Verwalter muss die Eigentümer kurzfristig um eine Sonderumlage bitten. Das macht keinen Spaß.

WEG-Reform 2020: Eine kurze Zusammenfassung

Endlich! Seit dem 01.12.2020 haben wir ein neues WoEigG. Auf dieser Seite finden Sie eine kurze Zusammenfassung der neuen Regeln – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn bei einer Zusammenfassung gehen ja schließlich Informationen verloren.

Eigentümerversammlung:

Die Einladungsfrist wurde von zwei auf drei Wochen verlängert. Der Hintergrund erschließt sich mir nicht. Nach wie vor handelt es sich um eine Soll-Frist, die aufgrund von Dringlichkeit abgekürzt werden kann. Die Einladung zur EV kann von jetzt an in Textform versendet werden (per E-Mail).

Die Eigentümerversammlung ist jetzt immer beschlussfähig, auch wenn weniger als 50% der Miteigentumsanteile vertreten sind. Die „Zweitversammlung“ mit gleicher Tagesordnung ist somit Geschichte.

Vereinfachter Umlaufbeschluss

Anstatt auf der Eigentümerversammlung kann man einen Beschluss auch als „Umlaufbeschluss“ fassen. Bisher war das ein „Unterschriftenzettel“, den aber 100% (!) der Eigentümer unterschreiben müssen. Seit der Reform entfällt die Schriftform (Unterschrift aus Tinte). Die Zustimmung kann jetzt auch in Textform erteilet werden(also per Mail, Fax, Whatsapp).Das vereinfacht den Vorgang erheblich. So kann man Formen und Fristen verkürzen und sinnvolle Entscheidungen „entkomplizieren“. Trotzdem müssen 100% der Eigentümer zustimmen.

Per Whatsapp hat der Verwalter allerdings ein Dokumentationsproblem…

Online-Eigentümerversammlung

Ab sofort ist es zulässig, Eigentümer online zu einer ortsgebundenen Versammlung zuzuschalten. Das bedeutet, dass auch eine reine Online-Versammlung zulässig ist, denn: Ein Sonderfall der Online-Zuschaltung zu einer ortsgebundenen Versammlung ist die Online-Zuschaltung aller Eigentümer zu einem Ort, an dem der Verwalter ganz alleine sitzt.

Eine Online-EV hat viele Vorteile. Fernab wohnende Eigentümer müssen nicht extra anreisen. Es gibt keinen Stress im Berufsverkehr und keine mühsame Parkplatzsuche. Außerdem entfällt die Gebühr für den Versammlungsort.

Die Beschlusssammlung bleibt

In der Beschlusssammlung findet man alle Beschlüsse aus der Vergangenheit einer WEG. Auch nach neuem Recht muss der Verwalter weiterhin die Beschlusssammlung führen. Richtig so! Sie ist ein wichtiges Informationsinstrument für Käufer.

Transparenzgebot!

Bislang wird „Datenschutz“ oftmals als Ausrede benutzt, um berechtigte Informationsbedürfnisse abzuwehren. Auch manche WEG-Verwalter verstecken sich hinter diesem Vorwand, obwohl ihnen klar sein müsste, dass Wohnungseigentümer Mitglieder derselben Vermögensgemeinschaft sind. Nun wird in §18 Abs. 4 des neuen WoEigG klargestellt:

„Jeder Wohnungseigentümer kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen.“

Warum „von der Gemeinschaft“? Weil der WEG-Verwalter immer als gesetzlicher Vertreter der WEG handelt. Er ist dann das ausführende Organ, wenn einer der Eigentümer Einsichtnahme verlangt.

Beirat

Der Verwaltungsbeirat besteht nicht mehr zwangsläufig aus drei, sondern aus beliebig vielen (oder wenigen) Eigentümern. Nach wie vor ist es die Hauptaufgabe des Beirats, den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen. Neu ist, dass der Beirat die WEG gegenüber dem Verwalter vertritt. Da hat sich der Gesetzgeber ziemlich missverständlich ausgedrückt. „Vertreten“ bedeutet NICHT, dass der Beirat Entscheidungen treffen oder dem Verwalter Anweisungen geben darf, sonst macht er sich ggf. schadenersatzpflichtig. Auch der Verwalter darf keine weitreichenden Entscheidungen treffen. Das Entscheidungsorgan einer WEG ist und bleibt die Eigentümerversammlung – niemand sonst.

Bauliche Veränderungen

Achtung, bauliche Veränderungen sind Umgestaltungen, z.B. nachträglicher Einbau einer Markise oder einer Klimaanlage. Nicht zu verwechseln mit normalen Renovierungsmaßnahmen, z.B. Neuanstrich der Fassade.

Stimmenmehrheit: Bisher scheiterte der Beschluss über eine bauliche Veränderung, wenn auch nur ein Eigentümer mit „nein“ stimmt. Von nun an genügt ein einfacher Mehrheitsbeschluss.

Kostentragung: Früher wurden die Kosten grundsätzlich nach MEA aufgeteilt. Von nun an zahlen grundsätzlich nur die Eigentümer, die mit „ja“ gestimmt haben. Der Gesetzgeber geht scheinbar von einer knappen Mehrheit aus, denn es gibt eine „Ausnahme“: Wenn mehr als zwei Drittel der abgegebenen Stimmen UND mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile mit „ja“ stimmen, dann zahlen alle Wohnungseigentümer entsprechend ihrer Miteigentumsanteile (also wie früher).

Privilegierte bauliche Veränderungen

Jeder Eigentümer kann von nun an verlangen, dass die WEG ihm gestattet, auf eigene Kosten eine „privilegierte bauliche Veränderung“ durchzuführen, nämlich der Einbau von…

  • Ladestationen (für E-Autos)
  • Einbruchschutz
  • Telekommunikationsanschluss mit hoher Kapazität
  • Maßnahmen zur Barrierefreiheit

WEG-Verwalter

Der bisherige gesetzliche Aufgabenkatalog existiert nicht mehr, der geregelt hat, welches die Aufgaben des WEG-Verwalters sind. Der Verwalter kann die WEG im Außenverhältnis uneingeschränkt vertreten. (z.B. einen Handwerker beauftragen, die Heizung zu reparieren). Im Innenverhältnis (= gegenüber den Eigentümern) kann die WEG beschließen, was der Verwalter alleine entscheiden darf. Laut Gesetz darf der Verwalter von nun folgende Dinge auf jeden Fall allein entscheiden:

  • Maßnahmen „zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils“,
  • Gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen sowie
  • Maßnahmen von „untergeordneter Bedeutung“, die „nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen“.

Endlich, der Sachkundenachweis!

Ab 2022 (Übergangsfrist) können Eigentümer verlangen, dass der WEG-Verwalter bei seiner Bestellung einen Sachkundenachweis vorlegt. Im Moment (17.12.2020) gibt es den Sachkundenachweis noch gar nicht, weil die IHK die Prüfungen erst vorbereiten muss. Wenn die WEG einverstanden ist, kann sich ein Verwalter natürlich trotzdem auch ohne Sachkundenachweis mit einfachem Mehrheitsbeschluss wählen lassen. Der Beschluss ist aber anfechtbar.

Jederzeitige Abberufung des Verwalters

Der Verwalter kann jederzeit abberufen werden (und er kann sein Amt jederzeit niederlegen, siehe Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31.08 2015, 2-13 s 87/19).

Der Verwaltervertrag ist bekanntlich vom Verwalteramt zu trennen. Der Anspruch auf Vergütung endet spätestens sechs Monate nach der fristlosen Abberufung/Niederlegung.

„Dreidimensionale Sondernutzungsrechte“

Jetzt können auch Freiflächen zu Sondereigentum erklärt werden, z.B. der Garten der EG-Wohnung. Bisher war für die Gartenfläche nur die Eintragung eines Sondernutzungsrechtes erlaubt. Das hat vor allem Auswirkungen auf Kostentragung und Umgestaltungsmöglichkeiten.

Änderung der Kostenverteilung

In manchen Fällen kann es fair sein, die sog. „Umlageschlüssel“ zu ändern, also den Maßstab, nach dem bestimmte Kostenarten verteilt werden. Denken Sie z.B. an die Kosten der Treppenhausreinigung. Vielleicht möchten Sie diese lieber nach der Anzahl der Wohneinheiten umlegen anstatt nach MEA? Bisher waren die Möglichkeiten eingeschränkt. Sie konnten nur (umlagefähige) Betriebskosten und die Kosten einmaliger Baumaßnahmen anders verteilen. Diese Beschränkung existiert nicht mehr. Das neue WoEigG erlaubt, dass die WEG per Mehrheitsbeschluss die Kostenverteilung aller Kostenarten ändern darf. Trotzdem muss die Änderung „verteilungsgerecht“ sein, also niemanden beliebig benachteiligen.

WEG-Reform 2020: WEG-Verwalter als Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft?

Nicht ganz, aber es geht jetzt eindeutig in diese Richtung. Man unterscheidet zwischen Außen- und Innenverhältnis.

Endlich! Seit dem 01.12.2020 haben wir ein neues WoEigG. Ich halte die WEG-Novelle für gut gelungen und sehe viele Vorteile. Hier gebe ich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) einen Überblick über die neuen Regeln:

Außenverhältnis: Der Verwalter kann die WEG uneingeschränkt vertreten. Diese Berechtigung kann nicht eingeschränkt werden.

Außenverhältnis bedeutet gegenüber Dritten, also wenn der Verwalter z.B. einen Handwerker beauftragt, die Heizung zu reparieren.

Innenverhältnis (= Haftung gegenüber den Eigentümern): Die WEG kann beschließen, was der Verwalter alleine entscheiden darf, ohne dass er sich ihnen gegenüber schadensersatzpflichtig macht.

Innenverhältnis bedeutet, dass der Verwalter sich vor der Eigentümergemeinschaft rechtfertigen muss, dass er das Geld (Treuhandvermögen!) ausgegeben hat, um die Heizung reparieren zu lassen.

Bisher gab es einen gesetzlichen Aufgabenkatalog, also eine Liste im WoEigG, welches die Aufgaben eines WEG-Verwalters sind. Diesen Katalog gibt es nicht mehr.

Von nun an kanndie WEG die Aufgaben des Verwalters „per Beschluss erweitern oder einschränken“. Ich frage mich, wie man etwas erweitern kann, wenn es keinen gesetzlichen Katalog mehr gibt…

Von nun an gibt es jedenfalls Dinge, die derVerwalter alleine entscheiden darf:

  • Maßnahmen die „zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind“,
  • Gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen (, weil die Hausgelder ja schon beschlossen sind).

Soweit klar. Außerdem darf der Verwalter alleine entscheiden über

  • Maßnahmen von „untergeordneter Bedeutung“, die
  • nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen“.

Was das ist, hängt vom Einzelfall ab. Worauf kommt es an?

  • Die Größe der Anlage und
  • das Volumen des Wirtschaftsplans .

Beispiel:

Der Wirtschaftsplan einer WEG hat ein Volumen von 100.000 EUR. Wenn der Antrieb des Tiefgaragentors kaputt geht, darf der Verwalter auch ohne Beschluss die Reparatur im Gegenwert von 1.000 EUR beauftragen.

Ebenfalls neu ist, dass der Verwalter sich nach außen hin nicht mehr durch die Verwaltervollmacht legitimieren muss, sondern durch seinen Bestellungsbeschluss. … Ob das die Sache einfacher macht…?

Endlich, der Sachkundenachweis!

(Der Verwalter als Multitalent MIT Zulassungspflicht.) Ab 2022 (Übergangsfrist) können Eigentümer verlangen, dass der WEG-Verwalter bei seiner Bestellung einen Sachkundenachweis vorlegt, also bei der Verwalterwahl auf Eigentümerversammlung.

Eine Alternative zum Sachkundenachweis ist eine adäquate Ausbildung oder höherwertige Qualifikation. Im Moment (17.12.2020) gibt es den Sachkundenachweis noch gar nicht, weil die IHK die Prüfungen erst vorbereiten muss.

Nur diese Art der qualifizierten Verwalterbestellung entspricht ab 2022 noch „ordnungsgemäßer Verwaltung“. Was bedeutet dieser Begriff? Er wird so oft missverstanden. Ordnungsgemäße Verwaltung bedeutet, dass ein einfacher Mehrheitsbeschluss anfechtbar ist, wenn ein Verwalter ohne Zertifizierung bestellt wird. Wenn die Eigentümergemeinschaft einverstanden ist, geht das natürlich trotzdem. Aber ein einfacher Mehrheitsbeschluss mit 50,01% ist eben anfechtbar.

Auch hier gibt es im neuen Gesetz Ausnahmen: Die Regelung greift nicht:

  • In Eigentümergemeinschaften mit weniger als neun Wohneinheiten (Vielleicht weiß der Gesetzgeber, dass sich ansonsten keiner mehr bewirbt?).
  • Wenn weniger als 33% der Eigentümer verlangen, dass ein zertifizierter Verwalter bestellt wird.

Jederzeitige Abberufung des Verwalters

1.) Der Verwalter kann jederzeit abberufen werden (und er kann sein Amt jederzeit niederlegen, siehe Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31.08 2015, 2-13 s 87/19).

2.) Der Verwaltervertrag endet spätestens sechs Monate nach Abberufung/Niederlegung.

Moment, passiert das nicht gleichzeitig? Nein. Nach der herrschenden juristischen Meinung muss man das Verwalteramt (Bestellung / Abberufung) vom Verwaltervertrag trennen. Diese herrschende Meinung finden Sie jetzt auch im neuen WoEigG.

Das ist kein Problem, wenn man den Verwalter rechtzeitig zum Ende der Laufzeit kündigt und abberuft (Richtig gelesen, Sie müssen beides tun! Kündigung und Abberufung).

Bei fristlosem Rauswurf („Abberufung“) eines unfähigen Verwalters kann es also sein, dass Sie trotz fristloser Abberufung noch das Honorar laut Verwaltervertrag bezahlen müssen. Viele Verwalter nutzen das aus, und fordern trotz Abberufung (und Beendigung der Tätigkeit) noch die Vergütung laut Verwaltervertrag, weil sie z.B. Löhne und Gehälter bezahlen müssen. Ich persönlich halte das zwar für unangebracht, aber es ist üblich und die Rechtsprechung hat diese Praxis bestätigt. Nach neuem Recht ist die Zahlung des Verwalterhonorars auf maximal (!) sechs Monate nach der Abberufung beschränkt.

WEG-Reform 2020: (Bauliche) Veränderungen am Gebäude

„Bauliche Veränderung“ – so nennt man es, wenn etwas am Erscheinungsbild oder am Wesen der Anlage umgestaltet wird. Dazu gehören große Änderungen wie der nachträgliche Einbau einer Klimaanlage, eines Aufzugs, aber auch kleiner Dinge wie einer Markise. Übrigens: Ein Anstrich der Fassade ist keine bauliche Veränderung, sondern Instandhaltung, weil nichts verändert wird!

Was ändert sich bei baulichen Veränderungen?

Endlich! Seit dem 01.12.2020 haben wir ein neues WoEigG. Ich halte die WEG-Novelle für gut gelungen und sehe viele Vorteile. Hier gebe ich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) einen Überblick über die neuen Regeln:

„Normale“ bauliche Veränderungen

1) Erforderliche Stimmenmehrheit:

Früher: Wenn nur ein Eigentümer mit „nein“ stimmt, scheitert die ganze Maßnahme.

Neu: Für die Entscheidung genügt ein einfacher Mehrheitsbeschluss.

2) Kostentragung:

Früher: Die Kosten der Maßnahme wurden grundsätzlich nach Miteigentumsanteilen auf die Eigentümer aufgeteilt (, sofern der Beschluss denn zustande kam).

Neu:

  • Grundsätzlich zahlen nur die Eigentümer, die mit „ja“ gestimmt haben.
  • Der Gesetzgeber geht scheinbar von einer knappen Mehrheit aus, denn es gibt eine „Ausnahme“: Wenn mehr als zwei Drittel der abgegebenen Stimmen UND mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile mit „ja“ stimmen, dann zahlen alle Wohnungseigentümer entsprechend ihrer Miteigentumsanteile (also wie früher).

Neu: Der Beschluss ist anfechtbar, wenn

  1. ein oder mehrere Eigentümer unbillig benachteiligt werden oder
  2. die Anlage „grundlegend umgestaltet“ wird.

Privilegierte bauliche Veränderungen

Von nun an kann jeder Eigentümer verlangen, dass die WEG ihm gestattet, auf eigene Kosten eine „privilegierte bauliche Veränderung“ durchzuführen, darunter versteht man:

  • Ladestationen (für E-Autos)
  • Einbruchschutz
  • Telekommunikationsanschluss mit hoher Kapazität
  • Maßnahmen zur Barrierefreiheit

Die Kosten trägt nur der Eigentümer, dem es gestattet wurde. Aber: Zu einem späteren Zeitpunkt können weitere Eigentümer verlangen, dass sie die geschaffene Infrastruktur mitbenutzen dürfen, wenn sie sich nachträglich an den Kosten beteiligen.

Beispiel:

Eigentümer 1 fordert die Erlaubnis, auf eigene Kosten eine E-Auto-Ladestation einbauen zu lassen. Natürlich reicht die Kapazität des Gebäudeanschlusses nicht, und es muss oben auf der Straße eine neue Trafostation installiert werden. Eigentümer 1 zahlt 20.000 EUR an die Stadtwerke für das Trafohäuschen.

Ein Jahr später möchte Eigentümer 2 auch eine Ladestation haben. Er darf von Eigentümer 1 verlangen, die Infrastruktur (= Trafohäuschen) mitzubenutzen und muss sich nachträglich an den Kosten beteiligen. Eigentümer 2 zahlt 10.000 EUR (also die Hälfte) an Eigentümer 1.

Zwei Jahre später möchte auch Eigentümer 3 eine Ladestation. Er darf von Eigentümer 1 und Eigentümer 2 verlangen, die Infrastruktur mitzubenutzen. Er muss sich dann ebenfalls am Trafohäuschen beteiligen, mit einem Drittel, also 6.666 EUR. Eigentümer 3 zahlt 3.333 EUR an Eigentümer 1 sowie 3.333 EUR an Eigentümer 2.

WEG-Reform 2020: Änderungen im Beirat – jetzt wird’s spannend

Kein Organ der WEG wird so oft missverstanden wie der Verwaltungsbeirat. Hier die wichtigsten Neuerungen:

Endlich! Seit dem 01.12.2020 haben wir ein neues WoEigG. Ich halte die WEG-Novelle für gut gelungen und sehe viele Vorteile. Hier gebe ich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) einen Überblick über die neuen Regeln:

Anzahl: Der Beirat besteht nicht mehr zwangsläufig aus drei, sondern aus beliebig vielen (oder beliebig wenigen) Eigentümern.

Aufgaben:

1) Nach wie vor heißt es, dass der Beirat den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben unterstützt. Der Beirat hat bestimmte SOLL- Aufgaben, d.h. er muss sie nicht machen, aber er soll sie erledigen. Der Beirat soll

  • Wirtschaftsplan,
  • Jahresabrechnung und
  • Handwerker-Angebote

durchsehen, prüfen und vor der Beschlussfassung mit seiner Stellungnahme versehen.

2) Neu ist, dass der Beirat die WEG gegenüber dem Verwalter vertritt.

Achtung! Da hat sich der Gesetzgeber ziemlich missverständlich ausgedrückt. Leider gibt es immer wieder „Beirats-Präsidenten“, die der Meinung sind, dass sie (ohne Beschlussfassung) alles über die Köpfe ihrer Miteigentümer hinweg selbst entscheiden dürfen. Die Vorstellung war schon immer falsch.

Mit „vertreten“ ist nicht gemeint, dass der Beirat Entscheidungen treffen oder dem Verwalter Anweisungen geben darf, denn sonst macht er sich ggf. gegenüber den Miteigentümern schadenersatzpflichtig. Entscheidungen treffen darf ja nicht einmal der Verwalter selbst. Das Entscheidungsorgan einer WEG ist und bleibt die Eigentümerversammlung – niemand sonst. Ohne Eigentümerversammlung darf der Beirat dem Verwalter keine Anweisungen geben.

Mit „vertreten“ ist eher folgendes gemeint: Der Beirat vertritt die WEG ja bei Unterzeichnung des Verwaltervertrags mit einem neuen Verwalter und bei Unterschrift des Protokolls der Eigentümerversammlung. Oftmals fungiert der Beirat auch als Zustellungsempfänger (wenn die WEG z.B. gegen den Verwalter klagt).

Außerdem steht nach wie vor die Informations- und Kommunikationsfunktion im Mittelpunkt. Kaum zu glauben, aber nicht alle Verwalter und WEGs kommunizieren per Mail, sondern per Brief und Telefon. Eine Telefonkette mit 20 Eigentümern kann richtig ausarten. Wenn der Verwalter der WEG etwas mitteilen möchte (und keine Mail schreiben will), kann er an den Beirat herantreten und (anstatt der WEG) mit dem Beirat kommunizieren. Der muss die Info dann weitergeben.

WEG-Reform 2020: Umlaufbeschluss und (Online-) Eigentümerversammlung

Bessere Formalitäten der Eigentümerversammlung

Endlich! Seit dem 01.12.2020 haben wir ein neues WoEigG. Ich halte die WEG-Novelle für gut gelungen und sehe viele Vorteile. Hier gebe ich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) einen Überblick über die neuen Regeln:

Die Eigentümerversammlung ist jetzt immer beschlussfähig, egal wie viele oder wenige Eigentümer erscheinen. Auch wenn weniger als 50% der Miteigentumsanteile zur Versammlung erscheinen, ist sie beschlussfähig. (Mit „erscheinen“ meine ich hier: Persönlich oder per Vollmacht oder per Online-Teilnahme.) Die sogenannte „Zweitversammlung“ mit gleicher Tagesordnung zur Erzwingung der Beschlussfähigkeit ist somit Geschichte.

Umso wichtiger ist es, dass die Einladung frühzeitig bei den Eigentümern ankommt. Es ist von jetzt an möglich, die Einladung nur in Textform zu versenden, d.h. per E-Mail anstatt per Brief. Ein guter Verwalter macht beides, denn man sollte berücksichtigen, dass eine Mail leicht im Spam-Ordner landen kann. Dann geht die Einladung zur EV ungesehen verloren. Ein Brief im Briefkasten kann nur schwer übersehen werden.

Die Einladungsfrist wurde von zwei auf drei Wochen verlängert. (Möglicherweise sieht Ihre Teilungserklärung auch eine längere Frist vor.) Die Änderung hätte man sich eigentlich auch schenken können… Die drei Wochen sind eine Soll-Frist. Man kann sie abkürzen, wenn das wegen Dringlichkeit geboten ist.

Unverändert kann man nicht unter „TOP Sonstiges“ irgendetwas „beschließen“, was den Anwesenden gerade einfällt. Alle Tagesordnungspunkte, über die abgestimmt werden soll, müssen in der Einladung stehen, also drei Wochen vorher in den Briefkästen der Eigentümer liegen. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist also weiterhin gewährleistet, dass sich jeder Eigentümer ausführlich mit den Tagesordnungspunkten auseinandersetzen kann. Es ist sehr wichtig, dass niemand auf der Versammlung überrumpelt werden kann. Natürlich kann man bei besonders eilbedürftigen Vorgängen die Einladungsfrist abkürzen, also auch hier keine Veränderung.

Vereinfachter Umlaufbeschluss

Was ist überhaupt ein Umlaufbeschluss? Laut WoEigG werden alle Entscheidungen immer von den Eigentümern per Beschluss getroffen, das bedeutet: Auf einer Eigentümerversammlung wird abgestimmt. Bei mindestens 50,01%iger Zustimmung kommt ein Beschluss zustande, die Entscheidung der Eigentümer ist gefallen.

Wenn es schnell gehen soll, kann man einen Beschluss abkürzen. Dann machte man bisher einen „Unterschriftenzettel“, genannt „Umlaufbeschluss“. Der kommt (ohne EV) zustande, wenn 100% (!) der Eigentümer dem Vorschlag des Verwalters zustimmen.

Neu: Seit der WEG-Reform entfällt die Schriftform (Unterschrift aus Tinte). Die Zustimmung können die Eigentümer in Textform erteilen (also per Mail, Fax, Whatsapp, natürlich auch per Brief). So kann man Formen und Fristen verkürzen und sinnvolle Entscheidungen „entkomplizieren“.

Ich persönlich werde keine Beschlussfassung per Whatsapp mitmachen, weil ich nur Emails dauerhaft speichern kann. Bei Whatsapp geht das nicht besonders gut.

Online-Eigentümerversammlung

Ab sofort ist es zulässig, Eigentümer online zu einer ortsgebundenen Versammlung zuzuschalten. Das bedeutet, dass auch eine reine Online-Versammlung zulässig ist, denn: Ein Sonderfall der Online-Zuschaltung zu einer ortsgebundenen Versammlung ist die Online-Zuschaltung aller Eigentümer zu einem Ort, an dem der Verwalter ganz alleine sitzt.

Damit es keine Missverständnisse gibt: Ja, es muss den Eigentümern zumindest möglich sein, persönlich vorbeizukommen. Denken Sie z.B. an ältere Leute, die weder Computer noch Mobiltelefon besitzen und sich deswegen nicht online zuschalten könnten. Andererseits haben 2020 auch sehr betagte Eigentümer ganz einfach an meinen Online-Versammlungen teilgenommen.

Corona hat diese Art der Eigentümerversammlung schon im März ins Rampenlicht gerückt. Zwar war das Gesetz noch nicht gültig, ich habe es aber trotzdem manchmal riskiert – für Beschlüsse ohne große Tragweite. So konnten die Eigentümer bspw. die Jahresabrechnung beschließen, als in der ersten Corona-Welle niemand wusste, ob man sich treffen darf oder nicht. (Siehe Beitrag: „Online-Eigentümerversammlungen in Zeiten von Corona“.)

Voraussetzungen: Eine Online-Plattform mit Passwortschutz oder ähnlicher Zugangsberechtigung (z.B. Cisco Webex). Ein gewisser Mindest-Sicherheitsstandard ist wichtig, um zu gewährleisten, dass nur Leute teilnehmen, die eingeladen wurden. Die Technik ist völlig unproblematisch (z.B. Cisco Webex oder Zoom), weil sie so einfach zu bedienen ist wie WhatsApp. (Siehe Beitrag: „Online-Eigentümerversammlungen in Zeiten von Corona“.)

Unverändert gilt das Gebot der Nichtöffentlichkeit (sowohl Online als auch bei einer „normalen“ EV). Es dürfen grundsätzlich nur Leute teilnehmen, die als Eigentümer im Grundbuch stehen.

Jedenfalls darf kein Fremder im Videochat danebensitzen (geschweige denn dauernd reinreden). Aber der abstrakte Gedanke, dass theoretisch jemand hinter der Kamera sitzen und mithören könnte, macht die Online-EV trotzdem nicht automatisch angreifbar. Und: Spielende Kinder im Hintergrund sind meiner Meinung nach unproblematisch.

Vorteile der Online-EV:

  • Fernab wohnende Wohnungseigentümer müssen nicht anreisen (z.B. von München nach Düsseldorf).
  • Es gibt keinen Stress im Berufsverkehr oder wegen der Parkplatzsuche.
  • Außerdem entfällt die Gebühr für den Versammlungsort.

Rechtssicherheit: Streng genommen muss die Eigentümergemeinschaft erst (auf einer normalen EV) beschließen, dass sie mit einer Online-EV einverstanden ist. Andernfalls wäre eine Anfechtung der Beschlüsse möglich. Bei homogenen und freundlichen WEGs dürfte das aber kein Problem darstellen. Der Verwalter muss wie so oft Fingerspitzengefühl haben. Eigentümergemeinschaften, die sich gerne streiten oder schon mal Beschlüsse angefochten haben, bekommen im Zweifel keine Online-EV und müssen dann eben länger warten. Ich werde für kritische Beschlüsse oder für Entscheidungen von großer Tragweite immer lieber ortsgebundene Eigentümerversammlungen veranstalten, falls das möglich ist.

Die Beschlusssammlung bleibt!

In der Beschlusssammlung findet man alle Beschlüsse aus der Vergangenheit einer WEG. Auch nach neuem Recht muss der Verwalter weiterhin die Beschlusssammlung führen.

Richtig so! Sie ist ein wichtiges Informationsinstrument, vor allem für den Käufer einer Wohnung. (Siehe auch Artikel Vorselektion von Eigentumswohnungen, Teil 2: Die Protokolle vergangener Eigentümerversammlungen.) So weiß jeder Interessent schon vor dem Kauf, ob in der WEG ein Hundehaltungs- oder ein Musizierverbot beschlossen wurde, an das er sich halten muss.

Der Aufwand für den Verwalter ist vertretbar. Nach jeder Eigentümerversammlung übernimmt er die Textelemente aus dem Protokoll mit Copy & Paste in die Beschlusssammlung. Beides sind in der Regel einfache Worddateien.

WEG-Reform 2020: Wenn die Eigentümer die Kostenverteilung nachträglich ändern möchten

Das neue WoEigG erlaubt, dass Sie per Mehrheitsbeschluss die Umlageschlüssel „für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten“ ändern dürfen (Erläuterung s.u.). Die Änderung darf aber nicht willkürlich sein, sonst ist der Beschluss angreifbar.

„Umlageschlüssel“ – so nennt man den Maßstab, mit dem die Kosten auf die Wohnungseigentümer verteilt werden. Gängige Umlageschlüssel sind u.a.

  • Miteigentumsanteile (MEA),
  • Personen x Tage (PxT),
  • Anzahl (Wohn-)Einheiten,
  • Gemessener Verbrauch (z.B. Wasserzähler).

(Siehe Artikel: WEG-Jahresabrechnung Teil 4 – Umlageschlüssel?)

Änderung der Kostenverteilung: Wenn die Teilungserklärung es nicht regelt und auch kein Beschluss existiert, werden Kosten in einer WEG grundsätzlich nach MEA umgelegt. Manchmal sind andere Umlageschlüssel aber passender. Beispiel Treppenhausreinigung: Bei Umlage nach Anzahl der (Wohn­) Einheiten zahlt jeder den gleichen Betrag. Für Treppenhauslicht oder Müll ist vielleicht die Personenzahl der beste Maßstab.

Sie können die Umlageschlüssel auf der Eigentümerversammlung per Mehrheitsbeschluss ändern.

Seit der WEG-Reform 2020 dürfen Sie Umlageschlüssel mit einfacher Mehrheit auf der EV dauerhaft für die Zukunft ändern. Allerdings müssen die Kosten konkret benannt werden (z.B. Aufzug, Winterdienst, Hausmeister…) – Sie dürfen nicht einfach den gesetzlichen Standard MEA durch Quadratmeter oder Personenzahl ersetzen. Natürlich können Sie auch direkt eine ganze Reihe von Kosten neu „besetzen“.

Der Gesetzestext spricht von einzelnen Kosten und bestimmten Kostenarten. Damit ist gemeint:

  • Einzelne Kosten: Das gab es auch schon vor der Reform: Sie können die Kostenverteilung für konkrete, einmalig anfallende Kosten festlegen, ohne die Verteilung dauerhaft zu ändern. Zum Beispiel: „Dem Eigentümer X wird gestattet, auf eigene Kosten eine neue Wohnungstür einbauen zu lassen.“ (Ja korrekt, die Wohnungstür gehört zum Gemeinschaftseigentum!) Aber selbst hier sind Sie an die sog. Maßstabskontinuität bei Folgebeschlüssen gebunden. Sie können ja nicht bei Eigentümer X beschließen, dass er die Wohnungstür auf seine Kosten austauschen darf, wenn zwei Jahre später die neue Tür von Eigentümer Y nach MEA auf alle umgelegt wird.
  • Kostenarten: Das sind die regelmäßig wiederkehrenden Positionen, die Sie aus der Abrechnung kennen: Hausmeister, Allgemeinstrom, Bankgebühren, Verwaltungskosten usw. Die tauchen ja jedes Jahr erneut auf. Seit der WEG-Reform können sie deren Umlageschlüssel mit Mehrheitsbeschluss ändern. Früher ging das nur bei Betriebskosten.

Austausch der Fenster:

Neu ist, dass man jetzt auch mit einfacher Mehrheit die Kosten bestimmter Bauteile regeln kann. Das ist im Sinne der Gleichbehandlung nur zu empfehlen! Sie können jetzt z.B. beschließen, dass jeder Eigentümer die Kosten von Reparaturen „seiner“ Fenster selbst trägt. Das gilt dann für die Zukunft. Sofern keine greifbare Maßnahme anstand, ging das früher nicht – man hätte die Teilungserklärung ändern müssen, jetzt nicht mehr.

Auch wenn Sie das beschließen – Fenster und Wohnungstüren sind Gemeinschaftseigentum. Sie haben dann zwar die Kosten geklärt, sollten die WEG aber trotzdem um Genehmigung bitten, wenn Sie Wohnungstür oder Fenster erneuern lassen möchten.

Keine Willkür

Die neuen Umlageschlüssel müssen verteilgerecht sein und dürfen niemanden willkürlich benachteiligen. Richtig, es geht um Willkür. Jede Änderung der Umlage verschiebt die Kostenlast ja zwischen den Eigentümern. Der Gesetzgeber räumt Ihnen einen Ermessensspielraum ein, weil sonst immer jemand die Änderung verhindern könnte, weil er mehr zahlt als vorher. Willkür bedeutet z.B.: „Wohnung 5 zahlt die gesamten Versicherungsprämien alleine“. Das wäre unzulässig.

Den Gebrauchsmöglichkeiten entsprechend

Daher sollte erkennbar sein, dass Sie sich über die Gebrauchsmöglichkeiten Gedanken gemacht haben. Ein paar Vorschläge:

  • Bei Wartungskosten von Rauchmeldern könnte man die Kosten nach deren Anzahl in jeder Wohnung verteilen.
  • Die Kosten der Fensterwartung könnte man nach Fensterflügeln umlegen.
  • Für die Aufzugskosten kann man statt Miteigentumsanteilen auch „Aufzugspunkte“ verwenden. Hier gibt es sogar ein Urteil vom Landgericht Nürnberg-Fürth, dass dies der verhältnismäßigen Beteiligung am Gebrauch entspricht (Urteil vom 25. 3. 2009 – 14 S 7627/08). Wer höher wohnt, zahlt mehr. Man differenzierte man nach Stockwerken:
    • EG: 1,3 Punkte
    • 1. OG: 1,4 Punkte
    • 2. OG: 1,5 Punkte
    • usw.
  • Wenn alle Balkone saniert werden sollen, aber EG- und DG-Wohnungen über gar keine Balkone verfügen, könnte man diese von den Kosten ausnehmen.
  • Auch eine Tiefgaragensanierung kann man nach Anzahl (oder MEA) der Stellplätze verteilen. Interessant vor allem, wenn es Stellplatzeigentümer gibt, die keine Wohnung im Haus besitzen (Stellplätze haben oft separate Grundbücher).

Kombi-Umlageschlüssel

Wenn man sich gar nicht einigen kann, sind auch Kombi-Umlageschlüssel eine gute Möglichkeit zum Kompromiss. So könnte man Treppenhausreinigung oder Allgemeinstrom zu 50% nach MEA und zu 50% nach Personen verteilen.

Standard ist und bleibt der MEA

Sie sollten aber nicht übertreiben, denn der Gesetzgeber hat sich schon etwas dabei gedacht, dass er sich den Miteigentumsanteil als Standard-Umlageschlüssel im WEG ausgedacht hat. Bei der Sanierung der Fassade sollte man nicht unbedingt diskutieren, wer hier mehr „Gebrauch“ von der Fassade macht – genauso beim Dach. Das gehört allen und kann auch nach neuem Recht nicht dem DG-Eigentümer allein auferlegt werden. Trotzdem öffnet die neue Gesetzeslage viele neue Perspektiven, die man auch nutzen sollte, wenn es angebracht ist.

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